Protocol of the Session on October 24, 2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 48. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Stächele erteilt.

Krankgemeldet ist Herr Abg. Schwehr.

Das Geburtstagskind des heutigen Tages ist noch nicht hier. Wir warten daher mit unseren Glückwünschen, bis es kommt.

Im E i n g a n g , liebe Kolleginnen und Kollegen, befin det sich die Mitteilung der Landesregierung vom 15. Oktober 2012 – Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusre form im Wohnungswesen – Artikel 1 Landesgesetz zur För derung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstruk turen (Landeswohnraumförderungsgesetz – LWoFG). Sie wird Ihnen als Drucksache 15/2492 zugehen. Ich schlage vor, die Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 15/2492, an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Fünf Jahre Landesmesse – eine Er folgsgeschichte! – beantragt von der Fraktion der FDP/ DVP

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Die Redezeit der Regierung wird darauf nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bit ten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Zeitrahmen zu hal ten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen einer Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Das Wort für die FDP/DVP-Fraktion erhält Herr Fraktions vorsitzender Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Unsere Landesmesse auf den Fildern hat in diesen Tagen das Jubiläum ihres fünfjährigen Bestehens gefeiert. Dabei haben alle Beteiligten und – so kann man fast sagen – alle politischen Lager durch die Bank fest stellen können, dass diese fünf Jahre eine Erfolgsgeschichte sind.

Ein Land wie Baden-Württemberg braucht eine schlagkräfti ge Landesmesse. Ein Land wie Baden-Württemberg braucht auch eine verkehrstechnisch gut angebundene Landesmesse. Das ist der Fall, was die Anbindung über die A 8 angeht, das ist der Fall, was die Anbindung an den Flughafen angeht, und wir sind ganz sicher, dass die Realisierung des Projekts Stutt gart 21 dazu führen wird, dass die Landesmesse auch noch besser an den Schienenverkehr angebunden wird. Auch das ist ein gutes Argument für dieses Projekt, meine Damen und Herren.

Im Jahr 2012 – das zeigt, dass die Landesmesse auch wirt schaftlich ein Erfolg ist – werden dort etwa 119 Millionen € umgesetzt. Dabei ist ein Gewinn nach Steuern von etwa 7 Mil lionen € zu erwarten.

Es ist wichtig, dass die Wirtschaft unseres Landes die Chan ce hat, ihre Leistungskraft auf einer solchen Landesmesse zu präsentieren, und es ist auch wichtig, dass die Wirtschaft die Chance hat, dieses Schaufenster für sich selbst zu nutzen.

Wir begrüßen auch die Internationalisierung dieser Messe. Wir begrüßen ausdrücklich das Kooperationsabkommen von Nanjing. Wir halten es für gut und richtig, den chinesischen Markt noch besser zu erschließen. Damit kann sich diese Lan desmesse weiter internationalisieren, und es ist sicher auch ei ne positive Rückkopplung auf die Stadt Stuttgart und auf das Land Baden-Württemberg insgesamt zu erwarten.

Im Outbound-Bereich weiter positiv zu erwähnen sind die Entwicklungen in Richtung Russland und auch Türkei.

Meine Damen und Herren, nach fünf Jahren kann man fest stellen, dass die große Skepsis, die am Anfang vorhanden ge wesen ist, unberechtigt war. Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie waren am Anfang wie immer dagegen. Aber auch Sie haben feststellen müssen, dass diese Landesmesse eine Erfolgsgeschichte ist: eine Punktlandung in der Finan zierung und heute ein allgemein anerkannter positiver Stand ortfaktor.

Nach fünf Jahren stellt sich aber die Frage, wie es jetzt mit unserer Landesmesse weitergeht. 107 Messetage in diesem Jahr – der Rechnungshof war vielleicht an der einen oder an deren Stelle der Meinung, es könnten noch etwas mehr Tage pro Jahr sein. Die Messeleitung hält dem entgegen, dass man auch die Auf- und Abbautage hinzuzurechnen hat. Im Übri gen ist sicher auch darauf hinzuweisen, dass es auf unserer Landesmesse eine ganze Reihe von weiteren Veranstaltungen gibt, sodass man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass die Landesmesse gut belegt ist.

Wir verzeichnen eine gestiegene Nachfrage bei den Spitzen messen. Zu nennen wären die AMB, die CMT und auch die R+T. Für die Großmessen – das ist, glaube ich, am heutigen Tag das Entscheidende – könnte noch bedeutend mehr Fläche verkauft werden. Das heißt, wir müssen uns die Frage stellen: Wie geht es weiter mit der Landesmesse? Welche Entwick lungschancen gibt es, und welche Entwicklungschancen soll ten zeitnah realisiert werden?

Es gibt nun bekanntermaßen den offensichtlichen Wunsch der Messeleitung nach ein bis zwei neuen Hallen – ich betone: auf eigenem Grund und ohne weiteren Landschaftsverbrauch. In sofern relativieren sich sicherlich die aus ökologischen Grün den gegen diesen Wunsch vorgebrachten Argumente. Im Üb rigen sind die Messeleitung und die Messegesellschaft bereit, dies mit eigenen Mitteln zu finanzieren. Die Gesellschafter, das Land und die Stadt Stuttgart, würden also nicht in An spruch genommen.

Unsere Frage ist jetzt, wie sich einer dieser beiden Gesell schafter – der andere hat sich ja schon positiv geäußert oder hat das zumindest angedeutet –, nämlich das Land BadenWürttemberg, zu diesen Wünschen der Messeleitung verhält. Wie steht der Gesellschafter Land zu diesem Wunsch? Wie steht die Landesregierung zu diesem Wunsch? Wie stehen die Regierungsfraktionen zu diesem Wunsch? Das würden wir gern wissen. Wie stehen sie zu dem Wunsch, zu den derzeit etwa 105 000 m2 zusätzlich 25 000 bis 35 000 m2 zu erschlie ßen? Wir wären Ihnen dankbar, meine Damen und Herren, wenn Sie am heutigen Tag Ihre Position dazu erläutern könn ten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Löffler.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wenn wir uns heute fragen, welche Entwicklung die Landesmesse in den letzten fünf Jahren voll zogen hat und welche Entwicklung sie in Zukunft nehmen soll, fällt die Antwort je nach Standpunkt unterschiedlich aus. Wer unsere Landesmesse als wirtschaftspolitisches Infrastruk turprojekt, als Instrument der Wirtschaftsförderung für den Mittelstand sieht und die gesamtökonomischen Effekte be trachtet – ich meine, das ist die richtige Betrachtungsweise –, wird eine positive Bilanz ziehen, und das aus guten Gründen. Wer die Landesmesse als reines Renditeobjekt betrachtet, wird eher kritische Töne anschlagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Unsere Landesmesse ist Schaufenster und Brückenkopf un serer Wirtschaft für den heimischen und den internationalen Markt. Wenn wir in der wirtschaftsstärksten Region in Euro pa den Anspruch haben, die Arbeits- und Lebensqualität zu halten und zu verbessern, reicht es nicht, dass unsere Produk te im Keller liegen, sondern dann müssen wir sie auf einer großen Bühne präsentieren. Noch sind die Auftragsbücher voll, die Ertragslage ist zufriedenstellend. Aber schon jetzt zeigen sich die Gefahren auf dem Radarschirm: Verschul dungskrise in Europa, konjunkturelle Überhitzung in Fernost,

explodierende Rohstoffpreise und Anstieg der Inflation. Hier kann die Messe helfen.

Gute Wirtschaftspolitik zeigt sich auch in Umwegrenditeef fekten. Handel, Gastronomie, Hotelgewerbe und Dienstleis tungen erlebten einen Aufschwung. Selbst in dem verschlafe nen Provinzstädtchen Tübingen

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

schmücken sich heute die einstigen Messegegner mit dem Prä dikat „Messestadt“.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Aber auch betriebswirtschaftlich hat sich die Messe erfolg reich entwickelt. Der Umsatz hat sich seit Beginn vor fünf Jahren nahezu verdoppelt. Vergleicht man die deutschen Mes sestandorte, liegt unsere Messe bei der Auslastung an der Spit ze. Bei der CMT, der AMB, der Messe für Rollladen und To re, der Retro Classic, der Intergastra sowie bei einigen Gast veranstaltungen sind die Wachstumsgrenzen längst erreicht. Die Wartelisten werden länger. Auch bei den Kongressveran staltungen und Firmenevents kann die Messe längst nicht mehr alle Nachfragewünsche bedienen.

Der Rechnungshof rügt, dass die Pacht an die Projektgesell schaft nur Zins und Tilgung deckt und die Abschreibungen nicht finanziert. Das ist richtig, aber das ist das von den Ge sellschaftern gewählte Modell. Bei anderen Messestandorten in Deutschland werden von den Gesellschaftern über Kapital erhöhungen zusätzliche Mittel für das operative Geschäft be reitgestellt.

Mit einer Messe strebt man nicht nach betriebswirtschaftli cher Rendite, sondern sorgt dafür, dass die Umwegrentabili tät wächst und neue Absatzmärkte für innovative Produkte er schlossen werden. Das geschieht bei uns sehr erfolgreich, wie auch die Auslandsaktivitäten der Messe in der Türkei, in Russ land und in China gezeigt haben. Unser Mittelstand profitiert davon. Wachstum und Arbeitsplätze bleiben im Steigflug.

Ich schätze die Arbeit des Rechnungshofs. Aber in der Denk schrift 2012 war der Prüfgriffel ziemlich spitz. Richtig ist die Kritik des Rechnungshofs, es werde langsam Zeit, dass eine abschließende Finanzabrechnung für den Messebau vorgelegt wird. Das sehen wir auch so. Aber schon jetzt ist abzusehen, dass die Kostensteigerung unter 15 Millionen € liegen wird. Das sind weniger als 2 % der Gesamtkosten, und das ist schon fast eine Punktlandung. Wowereit hätte die Sektkorken knal len lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Weiter rügt der Rechnungshof, es gebe zu viele Parkplätze, das Brückenparkhaus sei zu aufwendig gestaltet, die Ausstat tung sei zu üppig, die Tagungsräume seien zu groß, es seien zu viele mobile Geländerbügel beschafft worden und die Aus lastung könnte durch ein noch effizienteres Raummanagement verbessert werden. Vielleicht ist das nicht ganz unberechtigt; dennoch habe ich den Eindruck, bei der Denkschrift war der „Entenklemmer“ Schriftführer.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Schon im Jahr 2008 war die Messe Klassenbeste in Sachen Auslastung, und heute ist es wieder so. Der Rechnungshof übersah, dass bei Messeveranstaltungstagen auch Auf- und Abbauzeiten im Preis der Messen enthalten sind und hinzu gerechnet werden müssen.

Die CDU-Fraktion dankt den beiden Geschäftsführern Ulrich Kromer von Baerle und Roland Bleinroth, aber auch den Mit arbeiterinnen und Mitarbeitern für die letzten fünf Jahre. Sie haben einen tollen Job gemacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wie geht es weiter? Der Rechnungshof formuliert es denkbar knapp: „Messeerweiterung nicht plausibel“. Das aber ist nicht die Entscheidung des Rechnungshofs, sondern die Entschei dung der Gesellschafter Stadt und Land.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Wir könnten uns seitens der CDU-Fraktion durchaus vorstel len, dass sich die Messe auf dem bestehenden Anwesen bau lich erweitert. Wir wollen den Lebensraum des Filderspitz krauts nicht weiter einschränken,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

aber Wachstum auf bestehendem Gelände ist kein Tabuthema. Noch liegen uns keine Konzepte und Pläne der Geschäftsfüh rung vor; wir wissen auch nicht, was die Landesregierung vor hat. Noch können wir keine Abwägung von Risiken und Chan cen treffen, auch was die anderen Messen im Land betrifft, die Messen in Karlsruhe und Friedrichshafen. Aber wir wer den eine Messeerweiterung ergebnisoffen diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)