Protocol of the Session on October 10, 2012

Wir haben uns darüber ja schon vor der Sommerpause ausge tauscht. Da habe ich Ihnen genau die gleichen Zahlen vorge tragen. Diese sind schon belastbar. Sonst würde ich sie nicht benennen.

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

Das ist Statistik.

Zum zweiten Punkt, ob ich denn belegen kann, dass wir jetzt tatsächlich ein geringeres strukturelles Defizit haben: Dazu – das wissen Sie sehr genau aus der Praxis – kann ich erst dann verlässliche Aussagen machen – –

(Abg. Georg Wacker CDU: Warum behaupten Sie es dann?)

Moment! Ich habe mit 100 zusätzlichen Deputaten die Vo raussetzungen dafür geschaffen, dass wir diesen Schritt tat sächlich gehen können. Sie wissen, dass es jetzt davon ab hängt, wie sich die Schülerströme tatsächlich entwickeln

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Genau hinhören! – Abg. Georg Wacker CDU: Was hat die Enquete be schlossen?)

und wie sich der Rückgang der Schülerzahlen tatsächlich ge staltet. Dann werden wir sehen, ob wir tatsächlich bei 4,1 % landen. Das ist etwas, was man sehr gut ausrechnen kann. Das ist ja überhaupt kein Geheimnis. Ich bin sicher, wir werden dann an dieser Stelle auch wieder darauf zu sprechen kom men,

(Abg. Georg Wacker CDU: Da bin ich auch sicher!)

und das ist ja auch nichts Schlimmes. Also, es wird in diesem Prozess weitergehen, und wir werden mit Sicherheit sehr sorg fältig darauf achten, dass wir tatsächlich in der Lage sind, je de Unterrichtsstunde an den beruflichen Schulen, die erfor derlich ist, auch tatsächlich zu gewährleisten. Denn jede aus gefallene Unterrichtsstunde dort ist genauso wie an den all gemeinbildenden Schulen eine zu viel.

Im Übrigen darf ich noch einmal daran erinnern, dass die zu sätzlichen Eingangsklassen an den beruflichen Gymnasien letztlich auch dazu beitragen, ein Defizit, das einfach vorhan den war, abzubauen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Kern?

Ja, natürlich.

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Frau Ministerin, da wir ge rade bei Zahlen waren, wollte ich fragen: Stimmen die Zah len, die aus der Presse zu entnehmen waren, oder können Sie diese Zahlen bestätigen, nämlich dass Sie planen, bis zum Jahr 2015 850 Stellen im beruflichen Bildungswesen zu streichen, und dass Sie das damit begründen, dass im laufenden Schul jahr 15 000 Schüler weniger die beruflichen Schulen besu chen? Können Sie diese Zahlen bestätigen, oder können Sie sie nicht bestätigen?

Herr Dr. Kern, jetzt gehen wir wieder mitten in die Haushaltsberatung.

(Abg. Georg Wacker CDU: Da sind wir mittendrin!)

Bitte, dann machen wir an dieser Stelle weiter. Es ist klar: Es gibt Berechnungen dazu, wie sich die sogenannte demografi sche Rendite, das heißt der Schülerzahlenrückgang, rechne risch auf die jeweiligen Lehrerbedarfe auswirkt. Das ist kein Hexenwerk, sondern diesen Berechnungen liegen Daten des Statistischen Landesamts zugrunde. Das ergibt nun einmal 15 000 Schülerinnen und Schüler weniger für die beruflichen Schulen.

Ob sich das so bestätigt, das werden wir sehen, wenn wir die Zahlen für die beruflichen Schulen tatsächlich vorliegen ha ben. Das wissen Sie doch ganz genau. 15 000 sind doch kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis einer Prognose. Eine Pro gnose wird in der Regel durch die Realität bestätigt oder aber durch die Realität eingeholt. Dann muss man nacharbeiten.

Jetzt kommen wir zu den berühmten 810 Stellen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: 850! – Zuruf: Viel zu wenig!)

Das ist der Anteil von Stellen, der sich aus der demografischen Rendite ergibt, also die Anzahl an Lehrinnen und Lehrern, die wir aufgrund des Rückgangs der Schülerzahlen nicht mehr brauchen. Wir werden uns für jeden Doppelhaushalt im De tail, in der Lehrerbedarfsplanung anschauen, wie viele und welche Lehrer welche Schule braucht. Danach werden wir entscheiden, wie viele Lehrerinnen und Lehrer wir in welchem Bereich nicht mehr benötigen.

Alles andere ist im Augenblick eine Grobprognose im Rah men der mittelfristigen Finanzplanung. Daher gibt es im Au genblick gar keinen Grund, etwas zu bestätigen oder aber zu dementieren. Man muss unterscheiden zwischen einer Prog nose, das heißt groben Planungsdaten, die Orientierung zu ei nem Sachverhalt bieten, der möglicherweise so eintritt, und tatsächlichen Haushaltsplanungen und Ergebnissen von Haus haltsberatungen. Es bleibt bei der Grundaussage: Die Schu len in diesem Land, auch die beruflichen Schulen, werden die Lehrerinnen und Lehrer bekommen, die sie brauchen, um ih ren Unterricht vernünftig durchzuführen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Muhte rem Aras GRÜNE: Sehr gut!)

Wir werden das Defizit an den beruflichen Schulen – das ist die perspektivische Frage, die Sie aufgeworfen haben – wei ter reduzieren, und zwar in Schritten, die auf der einen Seite natürlich der aktuellen Haushaltslage entsprechen müssen

(Abg. Georg Wacker CDU: Enquetebeschlüsse!)

und die auf der anderen Seite tatsächlich einen Beitrag leis ten. Deshalb werden wir das im Zusammenhang mit dem ak tuellen Bedarfsdeckungskonzept sehr sorgfältig besprechen. So viel darf ich sagen: Wir werden mit Sicherheit zumindest so große Schritte formulieren können wie im letzten Jahr und vielleicht sogar noch ein bisschen größere. Das müssen wir insgesamt bei der Verteilung der Ressourcen betrachten.

Es ist doch völlig klar – ich habe es heute bei der Regierungs befragung bereits erklärt –, dass wir uns selbstverständlich auch für den beruflichen Bereich Gedanken darüber machen müssen, wie wir angesichts der zurückgehenden Schülerzah len vorgehen. Da arbeiten wir mit der regionalen Wirtschaft im Schulterschluss. Mittlerweile ist es so, dass fast alle Land räte und im Übrigen auch die Oberbürgermeister mit der Wirt schaft an regionalen Fachkräftegewinnungskonzepten arbei ten. Das muss doch sein. Denn wir müssen doch tatsächlich sicherstellen, dass die jungen Menschen in unserem Land auch wirklich in den Betrieben landen, die Fachkräfte benötigen. Daher ist das, was wir vornehmen, nichts Neues.

Auch die beruflichen Schulen werden Gegenstand der regio nalen Schulentwicklung sein. Da ist es in der Tat wichtig, dass wir insbesondere für das regionale Handwerk sicherstellen, dass Ausbildung auch stattfinden kann. Ich sage es Ihnen sehr deutlich: Für mich ist insbesondere das regionale Ernährungs handwerk, das Handwerk, das einfach auch Qualität in die Produkte bringt, sehr wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da wird gerade ge schlossen!)

Nein, da wurde zusammengelegt. – Wir machen das nie, oh ne mit der Wirtschaft zu sprechen. Jetzt doch einmal Hand aufs Herz. Es ist doch nicht so, dass das Handwerk sagen wür de: „Wir verlangen von euch, dass ihr Klassen mit drei Schü lerinnen und Schülern aufrechterhaltet.“ Vielmehr sagt es: „Wir wollen, dass wir für unsere Betriebe weiterhin junge Menschen haben, die den Beruf Bäcker oder den Beruf Metz ger lernen.“ Darum geht es doch.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen. Das tun wir. Wir tun es auch mit Augenmaß.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Wacker?

Natürlich.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der will Sie doch nur aus dem Konzept bringen! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist nicht nötig! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Bitte, Herr Wacker.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Da Sie jetzt selbst das Thema „Regionale Schulentwicklung“ im Zusammenhang mit den beruflichen Schulen und auch in Zu sammenhang mit dem örtlichen Handwerk und der örtlichen Wirtschaft noch einmal angesprochen haben, möchte ich kon kret die Frage stellen: Beabsichtigen Sie konkret, wenn Sie ein Konzept der regionalen Schulentwicklung, auch bezogen auf die beruflichen Schulstandorte, planen, auch die örtliche Wirtschaft in die Planung einzubeziehen? Eine solche Einbe ziehung dürfte dann aber nicht erst geschehen, wenn die Be schlüsse seitens des Landes gefällt wurden, sondern diese müsste im Zuge der Entwicklung von unten nach oben statt finden.

Ich möchte Sie bitten, hierzu eine konkrete Aussage zu for mulieren.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Schickt ihn mal in den Kurs „Zuhören lernen“!)

Selbstverständlich werden wir das tun. Das ist für mich überhaupt keine Frage. Wir müssen den Sach verstand der Wirtschaft vor Ort in den jeweiligen Planungs regionen mit einbeziehen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist drin gend notwendig!)

Das ist denknotwendig der Fall, insbesondere wenn es um die Sicherstellung der dualen Ausbildung geht. Das ist klar; das ist vollkommen klar. Es geht nicht nur darum, dass man zu ei nem Prozess, der bereits abgeschlossen ist, Stellung bezieht.

Noch einmal zu den Kleinstklassen, zu den berühmten Kleinst klassen in der dualen Ausbildung: Im Augenblick weisen von den 9 500 Berufsschulklassen 1 400 Klassen nicht die Min destschülerzahl auf. Es stimmt doch einfach nicht, Frau Schmid, dass wir die jetzt alle schließen. Das passiert doch nicht. Viel mehr überlegen wir sehr wohl über die Landkreisgrenzen hin weg: Wie können wir damit umgehen? Wie können wir dabei die Interessen des Handwerks ebenso berücksichtigen wie die Interessen der jungen Leute, die in der Regel ja noch nicht so mobil sind, und wie bekommen wir vernünftige, auch päda gogisch vernünftige Größen hin? Da gilt das, was ich heute Morgen bereits formuliert habe: Das ist ein Prozess, und man kann beileibe nicht formulieren, wir würden einfach die gan ze Landschaft sozusagen kahlschlagen und es würde keine vernünftige Planung mehr stattfinden.

Wir steigen ein in die regionale Schulentwicklungsplanung. Das Konzept wird gesetzlich verankert. Ich habe es bereits ge sagt: Ich bin ganz sicher, dass wir das große Pfund, das wir in Baden-Württemberg tatsächlich haben, nämlich ein ausge zeichnet funktionierendes berufliches Schulsystem, gemein sam mit all denjenigen, die wirklich etwas von der Materie verstehen – das sind in der Regel die Menschen aus der Wirt schaft –, weiterentwickeln können.

Wir werden in sorgfältigen Schritten auch weiterhin unseren Beitrag dazu leisten, das strukturelle Defizit abzubauen. Ich denke, wenn wir das hinbekommen, dann haben wir schon ein sehr gutes Fundament für ein weiterhin gut funktionierendes berufliches Schulsystem.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.