Protocol of the Session on October 10, 2012

Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich mir z. B. sehr gewünscht hätte, dass sich auch die kommunalen Landesverbände offen siver in diesen Prozess eingeschaltet hätten. Die kommunale Kompetenz hinsichtlich der Schulstruktur, das Sonderwissen der Kommunen muss unbedingt in diesen Prozess einbezogen werden.

Vielen Dank. – Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abg. Wacker.

Frau Ministerin, zunächst ist ei nes klar: Richtig ist, dass es schon in der letzten Legislatur periode einen Rückgang der Schülerzahlen bei den Werkreal schulen gab.

(Zuruf von der SPD: Etwas ganz Neues!)

Klar ist auch, dass durch den Wegfall der verbindlichen Grund schulempfehlung dieser Rückgang der Schülerzahlen dras tisch beschleunigt wurde mit dem Ergebnis, dass jetzt akut Schulstandorte gefährdet werden, wenn Sie Ihr Konzept so umsetzen, wie Sie es vorhaben.

Frau Ministerin, Sie haben das Bargel-Gutachten erwähnt. Dieses Bargel-Gutachten geht präzise davon aus, dass eine Schullandschaft in Baden-Württemberg nur dann eine Pers pektive hat, wenn entweder eine Sekundarschule mit einer Zweizügigkeit entsteht oder größere Einheiten in Form von dreizügigen Schulen entstehen. Wenn Sie das Bargel-Gutach ten als Grundlage nehmen, gehen Sie folglich davon aus, dass einzügige Schulstandorte überhaupt keine Chance mehr ha ben sollen. Lautet somit die präzise Aussage, dass Sie dieses „Schulschließungsprogramm“ im Rahmen der regionalen Schulentwicklung so gestalten, dass einzügige Schulen über haupt keine Perspektive mehr haben?

Eine weitere Ergänzungsfrage: Wer moderiert diesen Prozess?

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Wer hat die Federführung? Wird das nach Ihren Vorstellun gen eine kommunale Aufgabe sein? Werden es die Landkrei se sein, die die unangenehmen Gespräche mit den Schulträ gern zu führen haben, obwohl sie selbst befangen sind? Denn Landkreise sind ja auch Schulträger. Oder wird es eine staat liche Aufgabe und damit die Aufgabe der Schulverwaltung sein, diesen Prozess so, wie Sie ihn beschrieben haben, in die Wege zu leiten?

Die entscheidende Frage, Frau Ministerin, die ich noch an schließen möchte, ist: Was geschieht nach Ihren Vorstellun gen, wenn sich ein Schulstandort, beispielweise eine funktio nierende einzügige Werkrealschule, gegen die Schließung stemmt? Werden Sie dann trotzdem eine Schließung anord nen, oder räumen Sie diesen Schulstandorten nach Ihren Vor stellungen ein Vetorecht ein in dem Sinn, dass Kommunen auch tatsächlich noch Gehör finden, wenn sie für ihren eige nen Schulstandort werben?

Frau Ministerin, bitte.

Herr Abg. Wacker, schon an Ihrer Fra gestellung wird deutlich, dass wir eine völlig unterschiedli che Auffassung vom Ablauf solcher Prozesse haben.

Fakt ist, dass sich jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin, auch jede Schulleitung, dessen bzw. deren Schule zurückge hende Schülerzahlen hat, sehr verantwortlich damit befasst, wie es weitergehen kann. Fakt ist selbstverständlich auch, dass sich jeder überlegt, in seinem Ort eine weiterführende Schu le zu halten. Fakt ist aber auch, dass man, wenn man zurück gehende Schülerzahlen hat, irgendwann zu so kleinen Schü lerzahlen kommt, dass das nicht mehr funktioniert, und zwar pädagogisch und natürlich auch finanziell nicht mehr funkti oniert.

Wir werden jetzt gemeinsam mit allen Beteiligten die Verant wortung dafür tragen, dass wir diesen Prozess nicht einfach laufen lassen und irgendwann gar keine Schüler mehr in der Schule sind. Dabei werden wir gemeinsam beraten, wie wir durch Zusammenlegung, beispielsweise durch Entwicklung hin zur Form der Gemeinschaftsschule, tatsächlich eine gute Schulstruktur in Baden-Württemberg erhalten können. Das ist etwas völlig anderes, als wenn irgendjemand sich am grünen Tisch eine Landkarte von Baden-Württemberg anschaut und sagt: Ich schließe da einmal ein paar Schulen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aber Sie haben doch Mindestschülerzahlen in den Raum geworfen!)

Darum geht es doch überhaupt nicht. Wir beantworten eine Frage, die Sie bislang nie angegangen sind. Man muss dann ganz klar die Frage stellen: Welches sind die Schülerzahlen, die dazu führen, dass eine pädagogisch sinnvolle Einheit ent steht?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Was sind solche Schü lerzahlen? Genau! Das wollen wir auch wissen!)

Fragen zum Verfahren und dazu, wer die Federführung hat, werde ich Ihnen beantworten, wenn die Regierung sich inso weit abschließend geeinigt hat. Dann will ich das Konzept gern vorstellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Da gibt es also noch Unei nigkeit!)

Ich habe eingangs ja gesagt, dass wir da noch nicht ganz am Ende der Beratung sind.

Eine weitere Zusatzfra ge des Herrn Abg. Schebesta.

Frau Ministerin, es sind schon Krokodilstränen, wenn Sie erwähnen, dass nur noch 25 % der Haupt- und Werkrealschulen eine fünfte Klasse bilden kön nen. Denn Sie selbst haben im Schulausschuss zugestanden, dass es auch durch Ihre Regelungen nicht mehr zu mehr fünf ten Klassen gekommen ist. Aufgrund des Organisationserlas ses haben Sie nämlich erstmals nicht nur verlangt, dass in den Stufen 5 oder 6 je 16 Schüler in einer Schulklasse sind, son dern dass in den Stufen 5 u n d 6 jeweils 16 Schüler in einer Klasse sein müssen. Sie haben also selbst dazu beige tragen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Jetzt ist schon mehrfach die Frage nach Mindestschülerzah len gestellt worden. Sie haben dabei auf die regionale Schul entwicklung verwiesen und gesagt: „Wir reden mit allen.“ Es waren nicht die Oppositionsfraktionen, die in den Raum ge stellt haben, dass es künftig in jeder Schulart eine Mindest schülerzahl von 40 Schülerinnen und Schülern in einer Klas senstufe geben soll, sondern es waren Vertreter der Landesre gierung und Vertreter der Koalitionsfraktionen.

Sie haben vorhin selbst gesagt, es werde Mindestschülerzah len geben. Jetzt müssen Sie einfach ertragen, dass wir fragen: Bleibt es zum jetzigen Stand, nach den ersten Äußerungen, bei der Zahl von 40 Schülern je Klassenstufe? Sie müssen die se Frage vor allem deshalb ertragen, weil Sie vorhin selbst ge sagt haben: „Das gilt für diejenigen, die jetzt einen Antrag stellen.“ Wie gehen Sie eigentlich mit den Kommunen um, die gerade Gremienbefassungen in der Frage haben, ob sie ei nen Antrag für eine Gemeinschaftsschule stellen sollen oder nicht, wenn Sie denen jetzt nicht sagen, wie viele Schülerin nen und Schüler eigentlich mindestens in diesen Klassen sein müssen?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das erwar te ich als Gemeinderat!)

Die lassen Sie vor sich hin beraten, und irgendwann im De zember sagen Sie ihnen nach Eingang des Antrags: Ätsch, bei 40 ist Schluss!

Jetzt müssen Sie den Kommunen vor Ort für ihre Beratungen schon einmal Zahlen auf den Tisch legen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Bitte, Frau Ministerin.

Herr Kollege, ich will es noch einmal ganz explizit sagen: Die Mindestschülerzahl von 40 gilt grund sätzlich für alle Schulen, die neu entstehen. Denn es ist klar, dass in einer Situation, in der die Schülerzahlen insgesamt zu rückgehen, neue Schulstrukturen entstehen müssen, die tat sächlich auch langfristig stabile Schülerzahlen versprechen. Da gibt es die Größe von 40.

Jetzt ist die spannende Frage: Wie geht man denn mit den Standorten um, die schon da sind? Das ist eine Frage, die man in der regionalen Schulentwicklungsplanung behandeln muss. Das heißt, wir werden uns gemeinsam Schülerströme und Ein zugsbereiche anschauen, und wir werden dann gemeinsam über die Frage beraten: Wie bekommen wir denn leistungsfä hige, pädagogisch leistungsfähige Einheiten hin?

Das ist ein Prozess, bei dem nicht alle über einen Kamm ge schoren werden. Vielmehr ist völlig klar, dass man sich dabei regionale Besonderheiten anschauen muss. Man muss sich Verkehrsverbindungen anschauen, man muss sich die Lage ei ner jeden Schule anschauen, und man muss die Entwicklungs möglichkeiten betrachten. Das ist vollkommen klar.

Nötig ist also ein sehr differenziertes, sorgfältig abgewogenes Vorgehen für bestehende Schulen, ein Vorgehen, wie es drin gend erforderlich ist, damit tatsächlich auch Planungssicher heit gegeben ist. Für neu entstehende Schulstandorte bedarf es ganz klarer Regeln.

Zum aktuellen Genehmigungsverfahren der Gemeinschafts schulen: Es ist klar – das wissen die Antragsteller auch; die Staatlichen Schulämter beraten alle Antragsteller in diesen Fragen, wenn dies nicht direkt meine Stabsstelle tut –, dass wir die Prognosezahlen anwenden, die eine stabile Zweizü gigkeit garantieren. Damit sind Sie in der Regel – Ausnahmen sind möglich – bei dieser Schülerzahl von 40.

Vielen Dank, Frau Mi nisterin.

Die einstündige Regierungsbefragung ist damit beendet. Vie len Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU – Gesetz zur Änderung des Kreistagswahlrechts – Druck sache 15/2138

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Für die Begründung erteile ich Herrn Abg. Herrmann von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf Ver zerrungen des Wählervotums bei der Kreistagswahl abschaf fen, und wir wollen überdurchschnittliche Bevorzugungen von Kleinstparteien – ich meine damit nicht die FDP –,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das beru higt aber!)

Splittergruppen und Radikalen, die bisher bestehen, abschaf fen. Wir wollen, dass die personenbezogenen Elemente im Kreistagswahlrecht wieder stärker gewichtet werden gegen über reinen Verhältniswahlmechanismen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben über das Thema im April 2010 im Innenausschuss sehr sachlich und ruhig diskutiert. Ich möchte nun kurz be gründen, warum wir diesen Gesetzentwurf einbringen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sagen Sie auch dazu, wer das Thema eingeführt hat!)

2003 – vor neun Jahren – haben wir, die damalige Landesre gierung und die sie tragenden Fraktionen FDP/DVP und CDU, zwei Änderungen im Kommunalwahlrecht eingeführt, die wir damals durchaus für richtig gehalten haben.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Oh!)

Das war zum einen, dass man auch in einem anderen Wahl kreis eines Landkreises kandidieren kann als dem, in dem sich der Hauptwohnsitz befindet.