Protocol of the Session on June 28, 2012

die auf der Abgeltungsbasis bleiben soll, aber wie der Spit zensteuersatz ebenfalls um 7 Prozentpunkte angehoben wer den sollte. Wir sind davon überzeugt, dass diese moderate An hebung des Spitzensteuersatzes für Baden-Württemberg, für Deutschland der richtige Schritt ist. Denn wer es mit der Haus haltskonsolidierung ernst meint, der muss auch bereit sein, für diese Maßnahmen einzutreten.

Wir werden die Debatte über die Wiederbelebung der Vermö gensteuer weiterhin begleiten. Es gibt eine Arbeitsgruppe, die erste Eckpunkte für einen möglichen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Dieser Gesetzentwurf ist in dem heute ebenfalls zu debat tierenden Antrag referiert worden. Es ist richtig, dass da die Eckpunkte festgesetzt worden sind. Ein wichtiger Eckpunkt ist schon einmal der – deshalb auch das Thema Villen –, dass es hohe persönliche Freibeträge in Höhe von 2 Millionen € geben soll. Deshalb geht es mir in der Tat nicht um Omas klei nes Häusle, sondern um die großen Villen im Land.

Was noch offen ist, was politisch noch nicht entschieden ist, ist die Frage, wie wir mit den Betriebsvermögen umgehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

Das ist politisch noch nicht entschieden. Ich sage ganz deut lich: Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir die Betriebs vermögen verschonen. Da gibt es die verfassungsrechtliche Frage, ob man eine komplette Verschonung im Lichte des Grundgesetzes durchsetzen kann. Ich meine, es gibt gute Gründe dafür; denn anders als die Erbschaftsteuer ist die Ver mögensteuer eine Steuer, die jedes Jahr erhoben wird. Des halb wäre die Belastung für die Unternehmen eben nicht nur im Todesfall gegeben, sondern jährlich.

(Abg. Leopold Grimm FDP/DVP: Täglich ist die Be lastung!)

Deshalb ist der Gesichtspunkt der Arbeitsplatzsicherung und der Wertschöpfung ein gewichtiger. Er könnte dazu führen, dass man eine totale Verschonung vornimmt. Ansonsten wird diskutiert, dass man einen hohen sachlichen Freibetrag für Be triebsvermögen oder eben entsprechend ermäßigte Steuersät ze für Betriebsvermögen einführt. Dies ist alles noch in der Diskussion und politisch noch nicht abgestimmt.

Das Entscheidende ist aber das Folgende: Wir müssen es schaffen, dass diejenigen, die in den letzten Jahren davon pro fitiert haben, dass die Kapitaleinkommen stark gestiegen sind, die davon profitiert haben, dass Vermögen in dieser langen Friedenszeit in Deutschland angewachsen sind, die davon pro fitiert haben, dass sie es dank der guten öffentlichen Infra struktur, der guten Verkehrsinfrastruktur, eines guten Bil dungssystems, aufgrund der Sozialstaatlichkeit und eines da mit einhergehenden guten sozialen Klimas unter all diesen Rahmenbedingungen geschafft haben, Vermögen anzuhäufen, auch einen gerechten Beitrag zur Finanzierung des Gemein wohls leisten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dann geht es noch darum – das sollte ein Anliegen von uns allen im Landtag von Baden-Württemberg sein –, dass eine solche wiederbelebte Vermögensteuer, wenn sie dann konkret wird, ein Hebesatzrecht für die Landtage vorsieht. Das halte ich für unverzichtbar.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann können wir das doch gleich selbst einführen!)

Denn wir sollten darüber diskutieren und auch die Gesell schaft auffordern, darüber zu diskutieren, was es uns wert ist, mehr in Hochschulen, mehr in Schulen, mehr in eine gute Kin derbetreuung zu investieren. Sind wir bereit, in Baden-Würt

temberg dafür auch einen bestimmten Steuersatz bei der Ver mögensteuer zu akzeptieren,

(Abg. Winfried Mack CDU: Warum dann der Um weg über den Bundesrat?)

so wie wir bereit sind, hier in Baden-Württemberg eine höhe re Grunderwerbsteuer zu akzeptieren, um die Kinderkrippen auszubauen? Das hat in der Gesellschaft breiten Konsens ge funden. Es gab kaum Widerstände dagegen.

Ich bin überzeugt, dass wir diesen Zusammenhang zwischen den zu finanzierenden öffentlichen Aufgaben, den wichtigen Zukunftsaufgaben des Landes auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Quelle, aus der die Finanzierung kommt, nämlich einer Steuer mit einem Hebesatz, der vom Landtag festgelegt wird, transparent machen und dieses Band der Ver antwortung stärken müssen.

Ich bin auch überzeugt, dass wir dann sehr gelassen darüber diskutieren können, wie hoch wir diese Steuer ansetzen. Ich bin dafür, dass mit der Wiederbelebung der Vermögensteuer auch der Föderalismus und die Parlamente der Länder in Deutschland gestärkt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die Berechnungen des DIW, die vorläufig angestellt worden sind, zeigen, dass der Vorwurf, mit der Vermögensteuer wür de ein Bürokratiemonster begründet, nicht zutreffend ist. Man rechnet nach Aussage des DIW mit Verwaltungskosten in Hö he von 0,5 %. Für eine Steuer ist das eine völlig normale Bandbreite.

Insofern sollten wir diese Debatte nicht zu stark über die Fra ge der Verwaltungskosten führen; denn sonst stellt sich die Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Frak tion der FDP/DVP und der Fraktion der CDU, ob Sie grund sätzlich, auch mit Blick auf andere Steuerarten, etwas gegen die Aktualisierung der Vermögenswerte, der Verkehrswerte haben. Denn bei der Erbschaftsteuer brauchen wir Verkehrs werte.

Wenn übrigens die Grundsteuer auf Dauer verfassungsrecht lich Bestand haben sollte, brauchen wir auch hier in der einen oder anderen Form aktuelle Bewertungen des Grundvermö gens. Insofern ist dieser Verwaltungsaufwand auf alle Fälle auf der Tagesordnung; denn ich bin dafür, dass wir die Grund steuer für unsere Kommunen erhalten, dass sie nicht für ver fassungswidrig erklärt wird und die Erhebung nicht wie bei der Vermögensteuer dann ausgesetzt wird.

Ich kämpfe für die Grundsteuer. Aber dazu brauchen wir auch eine Steuerverwaltung, die diese aktuellen Verkehrswerte er heben kann; dann können diese für die Vermögensteuer auch gleich mit erhoben werden. Die Debatte über den Verwal tungsaufwand ist also vorgeschoben und kann die Vermögen steuer nicht verhindern.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich will noch etwas zur Erbschaftsteuer sagen, weil das im Antrag zu Recht abgefragt worden ist: Die Landesregierung will, dass die jetzige Regelung der Erbschaftsteuer, die nach einem zähen Ringen gefunden worden ist – ein komplexer

Kompromiss, der gesetzestechnisch durchaus nicht einfach ist –, vor der Verfassung Bestand hat.

Es gibt verfassungsrechtliche Zweifel, die der Bundesfinanz hof formuliert hat, weshalb der Bundesfinanzhof die Bundes regierung in ein laufendes Verfahren beigeladen hat. Um die se verfassungsrechtlichen Zweifel auszuräumen, wollen wir jetzt im Jahressteuergesetz Klarheit schaffen.

Wir wollen die Erbschaftsteuer nicht grundlegend reformie ren, sondern es geht darum, Schlupflöcher zu schließen, die der Bundesfinanzhof schon genannt hat; denn wir können es uns nicht leisten, dass die Erbschaftsteuer erneut in die De batte gerät. Es war so mühselig, eine Lösung zu finden. Wir sollten uns jetzt dafür einsetzen, dass die gefundene Lösung auch vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungs gericht Bestand hat. Deshalb nehmen wir eine solche Präzi sierung in das Jahressteuergesetz auf, um verfassungsrechtli che Zweifel auszuräumen und nicht um die Erbschaftsteuer insgesamt infrage zu stellen.

Ich würde mir wünschen, dass wir zumindest diesen gemein sam erzielten Kompromiss bei der Erbschaftsteuer auch in Zu kunft unterstützen könnten. Denn die Erbschaftsteuer ist wie derum eine zu 100 % in die Länderhaushalte fließende Steu er. Deshalb sollte es unser gemeinsames Anliegen sein, diese Erbschaftsteuer aufrechtzuerhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Gemeinwe sen geht uns alle an. Auch diejenigen mit großem Vermögen müssen ihren Beitrag leisten, starke Schultern mehr tragen als schwache. Nur so werden wir die Haushalte konsolidieren können, und nur so findet diese schwierige Konsolidierung auch die notwendige Akzeptanz in der breiten Bevölkerung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt ein besonderer Gruß dem Botschafter der Republik Türkei, Seiner Exzellenz Herrn Hüseyin Avni Karslioglu

(Beifall bei allen Fraktionen)

herzlich willkommen –, sowie dem türkischen Generalkon sul in Stuttgart, Herrn Türker Ari. Herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Der Herr Botschafter stattet heute dem Landtag seinen ersten offiziellen Besuch ab und nutzt die Gelegenheit u. a. zu Ge sprächen mit den Vorsitzenden der Landtagsfraktionen sowie mit Mitgliedern der Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Botschafter, seien Sie im Landtag von Ba den-Württemberg jederzeit herzlich willkommen. Sie sind ein gern gesehener Gast. Ich freue mich auf die Fortsetzung der sehr guten Zusammenarbeit zwischen dem Land Baden-Würt temberg und der Republik Türkei und wünsche Ihnen eine er folgreiche Amtszeit und alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Für die CDU-Fraktion erhält nun Herr Abg. Herrmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat eine aufschlussrei che historische und finanzwirtschaftliche Vorlesung – im wahrsten Sinn des Wortes – hier gehalten.

(Zurufe von den Grünen)

Er hat Erhard zitiert und gerechte Elemente angemahnt. Herr Finanzminister, gerechte Elemente sind das Grundsystem der sozialen Marktwirtschaft. Wer wenig verdient, zahlt bei uns keine Steuern oder sehr wenig Steuern. Wer viel verdient, zahlt viel Steuern. Und wer sehr viel verdient,

(Unruhe bei den Grünen und der SPD)

nämlich bei Ledigen über 250 000 € im Jahr und bei Verhei rateten über eine halbe Million Euro im Jahr, zahlt sehr viel Steuern. Übrigens wurde das von der CDU-geführten Bun desregierung 2007 eingeführt. Unter Einbeziehung des Soli beträgt da die Steuerlast fast die Hälfte des Einkommens.

Bei uns im Land geschieht also genau das, was Sie einfordern, dass nämlich die Starken mehr tragen und damit die Schwa chen unterstützen. Das ist richtig, das ist soziale Marktwirt schaft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zur sozialen Marktwirtschaft gehört aber auch, dass das Steu ersystem Anreize setzt, um die Investitionstätigkeit zu fördern, um Arbeitsplätze zu schaffen und um Leistungsträger in der Gesellschaft gerecht zu besteuern.

Zu Recht ist von der Regierung Schröder der Spitzensteuer satz von über 50 % abgesenkt worden. Dies geschah deshalb zu Recht, weil dadurch dazu ermutigt wird, für Wachstum zu sorgen, Geld in die Staatskassen zu bringen und damit die not wendigen Mittel in die öffentlichen Haushalte zu bringen, da mit man die Sozialausgaben und die Bildungsausgaben auch finanzieren kann.

Dann haben Sie, Herr Finanzminister, angesprochen, Sie woll ten ein Hebesatzrecht der Landtage bei der Vermögensteuer, falls diese wieder eingeführt wird. Gut, darüber kann man re den. Dies betrifft aber ausgerechnet eine Steuerart, die nur ein kleiner Teil der Bevölkerung bezahlt. Sie haben ja angeführt, wie viele Ausnahmen Sie wollen. Sie wollen die Produktiv vermögen ausnehmen, Sie wollen hohe Freibeträge und alle möglichen anderen Dinge. Dann bleibt ein kleiner Teil übrig, nämlich diejenigen, die sich ein Vermögen erarbeitet haben, das bereits besteuert wurde, und zwar durch die Einkommen steuer oder durch die Körperschaftsteuer. Das wollen Sie er neut belasten und die Substanz des Vermögens angreifen, aber nicht den Ertrag. Das halten wir für einen Fehler. Deshalb leh nen wir das ab.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Frau Aras, Sie haben gesagt, wir sollten die Wirklichkeit be trachten

(Abg. Walter Heiler SPD: Ja!)