Protocol of the Session on May 23, 2012

Meine Damen und Herren, wenn ich mir heute diese Vermer ke, diese Gutachten mit den politischen Vermerken anschaue, dann – das will ich gern sagen – kommt tatsächlich auch mein Blutdruck entsprechend in Wallung,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Noch mehr?)

weil darin nämlich mit einer Ignoranz all diese Vorschläge ab gebügelt wurden, wie ich es mir gar nicht vorstellen kann. Denn dies waren im Prinzip Vorschläge der Fachebene. Die se sollte man politisch nicht immer einfach beiseitewischen.

Deshalb will ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, wel chen Rucksack Sie eigentlich unserer Polizei und der grünroten Landesregierung im Bereich der Polizei hinterlassen ha ben. Ich will es relativ kurz machen: Sie haben über viele Jah re hinweg überhaupt keine politische Reaktion gezeigt, was die Schieflage der Personalstruktur anbelangt. Die Vorredner haben darauf hingewiesen, wie sich diese in den kommenden Jahren entwickeln wird und dass wir jetzt im Prinzip mit

Hochdruck – z. B. mit der Maßnahme, die wir gemacht haben – daran arbeiten müssen,

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: 800er-Regelung?)

für dieses Haushaltsjahr 50 % mehr Anwärter einzustellen. Das haben Sie nämlich in dieser Form nicht gemacht,

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Aber die 800 gab es doch? – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

obwohl es dringend notwendig gewesen wäre, meine Damen und Herren.

300 Millionen € Investitionsstau und Investitionsdefizit – auch das will ich jetzt noch einmal in Erinnerung rufen, obwohl ich dies in der Vergangenheit immer sehr verhalten getan habe, Herr Kollege Blenke – waren das, was uns auf den Tisch ge legt wurde, als wir im vergangenen Mai in Regierungsverant wortung gekommen sind: 172 Millionen € an nicht finanzier ten Projektkosten beim Digitalfunk, zudem eine mittelfristi ge Finanzplanung mit stetig sinkenden Personal- und Finanz budgets. Ich habe die Zahlen dabei. Wenn Sie es wissen wol len, nenne ich Ihnen gern die Größenordnungen, in denen Sie die dezentralen Budgets in den Direktionen für die Dienststel len vor Ort in den zurückliegenden Jahren massiv herunterge kürzt haben: Für die dezentralen Budgets sanken die Beiträ ge von über 60 Millionen € auf jetzt knapp über 50 Millio nen €.

(Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Um 12 Millionen € haben Sie diese Budgets gekürzt und sie so auch in der mittelfristigen Finanzplanung entsprechend ver ortet.

(Zuruf des Abg. Konrad Epple CDU)

Das sind die Ausgangslagen, meine Damen und Herren, die uns u. a. veranlasst haben, diese Reform anzugehen. Von ir gendwelchen Kleinigkeiten, etwa Finanzlücken bei der Um setzung der Einführung der neuen Uniform, will ich da ein mal gar nicht reden angesichts der Summen, die an anderer Stelle zu nennen sind.

Bei einer solchen Ausgangssituation, meine Damen und Her ren, überhaupt nur daran zu denken, dass wir es beim Status quo belassen könnten, beim Stand, wie wir ihn heute haben, halte ich schlicht und ergreifend für abenteuerlich.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Matthias Pröfrock CDU: Das will doch niemand! – Abg. Tho mas Blenke CDU: Hat das jemand von uns gesagt?)

Herr Pröfrock, schön, dass Sie den Zwischenruf machen, dass Sie gar nicht beim Status quo stehen bleiben wollen.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: So ist es!)

Das gibt mir nämlich die Gelegenheit, auf den Versuch einzu gehen, den Sie, die CDU-Fraktion, Mitte März dieses Jahres unternommen haben, um in der Öffentlichkeit das zu verkau fen, was Sie als Eckpunkte für eine zukünftige Polizeireform sehen würden. Als Kern war nämlich vorgesehen, dass Sie, wie wir im Prinzip auch, die Landespolizeidirektionen auflö sen, dass Sie aber die Abteilung 3 aus dem Innenministerium

herauslösen wollen, quasi als eine Art Sonderbehörde – etwas, was Sie in anderen Bereichen mit Ihrer Verwaltungsreform längst abgeschafft haben. Dort hätten Sie wieder eine Sonder behörde eingeführt, und dort wollten Sie im Prinzip den Un terbau der Polizei wieder andocken. Das war Ihre Reform, die Reform, die Sie vorgeschlagen haben.

Als ich davon gehört habe, habe ich mich gefreut, Herr Pröf rock, dass auch Sie die grundsätzliche Notwendigkeit einer Polizeireform sehen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich habe mir dann aber die Frage gestellt: Warum haben Sie diese dann nicht längst auf den Weg gebracht? Sie haben sich schlicht und ergreifend politisch nicht getraut, obwohl es fach lich und sachlich dringend notwendig gewesen wäre.

Ich habe mein Haus nun in der Tat gebeten, sich mit der Fra ge zu beschäftigen, ob ein solches Modell aus unserer Sicht, aus der Sicht der Polizei vielleicht doch denkbar wäre. Die Antwort aus meinem Haus habe ich relativ schnell erhalten; das hat mich ein bisschen gewundert, denn ich hatte eine sorg fältige Prüfung angeordnet.

(Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

Es ging aber deshalb so schnell, weil die Mitarbeiter sagten: Über das alles wurde bereits zu Zeiten der damaligen Landes regierung diskutiert. Man hatte sich also damit schon befasst.

Herr Kollege Rau, der damals, im Jahr 2010, im Staatsminis terium war, wird es wissen: Sie sind damals im StaMi ange treten – am Innenministerium vorbei –, um für diese Vorschlä ge die entsprechende politische Unterstützung von der Spitze der Regierung zu erhalten.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Hört, hört! – Abg. Georg Nelius SPD: Ach!)

Dort hat man Sie schlicht und ergreifend auflaufen lassen. Es hat niemanden interessiert. Mir wurde bekannt, dass diesem Modell auf Geheiß des Ministerpräsidenten kein Erfolg be scheinigt wurde.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Deswegen weiß der Rech nichts davon!)

Sie haben nichts anderes getan, als alten Kaffee aufzuwärmen. Heute möchten Sie es als großartigen Reformgedanken ver kaufen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, nach dieser Aktion war mir klar: Sie sind gar nicht gewillt, sich mit uns in der Diskussion hie rüber halbwegs seriös auseinanderzusetzen. Sie wissen, war um Sie es nicht machen: Auf der sachlichen Ebene können Sie einfach schlicht und ergreifend nicht mithalten.

Sie, Herr Hauk, ziehen durch das Land – Sie an erster Stelle –, mit gelegentlicher Unterstützung durch die Bundesebene. Herr Binninger und Herr Kauder melden sich gelegentlich aus dem fernen Berlin zu Wort und meinen, Sie etwas auf Vorder mann bringen zu müssen, weil Ihr Widerstand nach ihrem Ge

schmack nicht groß genug ist. Das will ich aber gar nicht be werten.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Ja.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Und in der Zeit den Blutdruck runter!)

Ich frage Sie, was Sie inhaltlich zu unserer Kritik bezüglich der Bewertung der Entfernung, zur zeitlichen Komponente – vor allem für die Kriminalbeamten – sagen. Ich gehe jetzt von meinem Landkreis aus: Im Prin zip ziehen zehn Posten aus dem Stab nach Heilbronn, aber aus dem operativen Geschäft der Verkehrspolizei, der Kriminal polizei werden 40 Stellen abgezogen, die in der Fläche nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Polizeibeamten haben länge re Anreisen.

(Abg. Georg Nelius SPD: Stimmt nicht! Nicht ein mal das stimmt!)

Es wäre uns ganz recht, wenn Sie dazu etwas sagen und viel leicht auch manche Merkwürdigkeiten Ihrer Standortentschei dung begründen könnten. Warum wählen Sie beispielsweise Konstanz, obwohl kein Mensch diese Wahl begründen kann?

(Zuruf von den Grünen: Doch!)

Deshalb, Herr Minister, gibt es auch die Fragen zu manchen Standortentscheidungen.

Auch Ihre Mitarbeiter bei der Polizei – Sie haben ein gewal tiges Beförderungsprogramm; Beförderungen nach B 3 und höher –, die dieses Reformkonzept entworfen haben, finden auf die Frage nach mancher Merkwürdigkeit keine Antwort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Hauk, Sie be stätigen, was ich eigentlich gerade sagen wollte. Sie ziehen durchs Land – das tun Sie gerade aufmunitioniert wieder – und führen fachlich schlicht falsche, rein populistische Argu mente ins Feld.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ach was!)

Wir haben versucht, Ihnen auf der sachlichen Ebene die Zu schnitte zu begründen, die Wahl für die neuen Standorte der Präsidien – das haben wir wiederholt getan – deutlich zu ma chen: Sie wollen diese Argumente aber einfach nicht zur Kenntnis nehmen.

(Abg. Georg Nelius SPD: Er will es nicht!)

Ich bitte Sie: Laden Sie mich doch einfach noch einmal in Ih re Fraktion ein. Dann können wir in aller Ausführlichkeit – –