Protocol of the Session on May 23, 2012

Deshalb wäre es gut, wenn wir da entsprechend aufwarten könnten. Es wäre notwendig, dass Sie da Ihre passive Haltung endlich aufgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Georg Nelius SPD: Wir haben unsere ei gene Rolle!)

Sehr verehrter Herr Abg. Locherer, so wichtig war Ihnen der Antrag bisher offenbar nicht; denn Sie haben ihn im Ausschuss nicht einmal zur Sprache gebracht.

(Abg. Paul Locherer CDU schüttelt den Kopf.)

Insofern verwundert es hier schon, welcher Oppositionspo panz an dieser Stelle aufgebaut wird – um das auch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben intensive Gespräche mit der Witzigmann-Preis GmbH geführt. Dann haben wir mitgeteilt bekommen, dass aus nachvollziehbaren Gründen – dem 70. Geburtstag von Herrn Witzigmann; ich finde, man muss diese Entscheidung von Herrn Witzigmann akzeptieren – der Preis wieder an der Ursprungsstelle des Schaffens von Herrn Witzigmann verlie hen werden soll. Dieser Grund ist mehr als respektabel, und ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Ich finde es auch selt sam, wie das hier dauernd infrage gestellt wird.

Dass Herr Witzigmann sagt, er wolle diesen Preis internatio nal ausrichten, das muss ich – so muss ich sagen – respektie ren. Da werde ich jetzt nicht wöchentlich mit Herrn Witzig mann über die Frage reden, ob er es sich nicht doch noch über legen möchte und ob man nicht doch Stuttgart statt New York, Paris oder andere Städte wählt. Wie gesagt, die Tür steht of fen.

Das weiß Herr Witzigmann, und, wie gesagt, er kommt auch. Er hat dies für den Gipfel Ende dieses Jahres zugesagt. Inso fern glaube ich, dass wir hier gut miteinander im Gespräch sind.

Dann möchte ich Ihnen noch Folgendes sagen: Wenn Sie sich für andere Dinge in diesem Land so einsetzen würden wie für diese eine Veranstaltung, dann kämen wir hier in Sachen Ge nuss auch etwas weiter. Denn bei aller Bedeutung dieses Prei ses

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

glaube ich schon, dass wir hier im Landtag auch bezüglich der Frage Genießerland das eine oder andere Wichtigere zu dis kutieren haben.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Was die Aussage angeht, dies sei Chefsache, so ist, glaube ich, das Thema Genuss bei mir wirklich gut aufgehoben. Das scheint mir auf den Leib geschneidert, und da brauchen wir uns vor dem einen oder anderen oppositionellen Hungerha ken hier nicht zu fürchten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags. Der Antrag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des In nenministeriums – Polizeipräsenz im Internet – Drucksa che 15/1374

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Sakellariou.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Über schrift unseres Antrags lautet „Polizeipräsenz im Internet“. Die Bedeutung des Instruments Internet ist gerade in den letz ten Tagen wieder deutlich geworden, wenn man daran denkt, dass die Facebook-Idee an der Börse über 104 Milliarden Dol lar erlöst hat und damit mehr Wert hatte – jedenfalls zum Zeit punkt des Börsengangs – als jedes andere Unternehmen in Amerika, und wenn man weiß, dass die Firma Apple das Un ternehmen ist, das weltweit die größte Werthaltigkeit besitzt. Aber die Bedeutung des Internets erkennt man auch schon dann, wenn man ehrlich ist und sich selbst und seine Kinder sowie die neuen Umgangsformen beobachtet und sieht, wie dieses Medium – Internet und Facebook – in unser aller Le ben Eingang gefunden hat.

Dabei fällt auf, dass das Internet aus polizeilicher Sicht bis lang eher Gegenstand von Ermittlungsverfahren gewesen ist, dass also Verbrechen, die im Internet begangen worden sind, aufgeklärt werden mussten. Wenn dort etwas passiert ist, musste dies aufgeklärt und erforscht werden. Das hat sich ge wandelt. Das Internet wird nicht nur als Instrument zur Ver brechensbekämpfung, zur Verbrechensaufklärung genutzt, sondern kann auch zur Prävention und für Ermittlungszwecke genutzt werden.

Der Sinn der Fragen an die Regierung war, einmal Folgendes abzuklären: Wie weit ist die Polizei in Baden-Württemberg in diesem Prozess? Sehen Polizei und Innenministerium auch Potenziale, wie diese neuen Medien in die Ermittlungsarbeit aufgenommen werden können?

Die Antwort ist – darüber bin ich sehr froh –: Ja, die Polizei ist so weit; sie hat dieses Instrument entdeckt und wendet es auch an. Man kann das in drei Stichworten zusammenfassen: Internet und Facebook können die Ermittlungsarbeit effekti ver machen; sie können die Kontaktaufnahme niedrigschwel liger gestalten; sie haben das Potenzial, Polizeiarbeit image fördernder darzustellen.

Jetzt im Einzelnen zur Nutzung als Instrument: Wir erreichen auf den konventionellen Wegen immer weniger Jugendliche. Wenn wir uns erinnern, wie Fahndungsaufrufe früher gelau fen sind, dann denken wir an Plakate an Bäumen oder an Ver

öffentlichungen in Tageszeitungen. Heutzutage lesen Kinder und Jugendliche viel weniger Zeitung, aber dafür sind sie über das Medium Facebook und im Internet relativ kurzfristig und in großem Umfang informiert. Ich erinnere nur an die Face book-Party, die Herr Seehofer initiiert hat, und an die Reso nanz, die er damit im Internet ausgelöst hat.

Wenn wir sagen, dass wir in diesem Bereich arbeiten wollen, müssen wir klären, ob wir da auch Fahndungen laufen lassen können, also Personen suchen können. Da fängt aber das Pro blem an. Die Server stehen in den USA; die Daten sind dort unter ganz anderen rechtlichen Voraussetzungen gespeichert. So verlockend der Gedanke ist, eine Person, die nur tatver dächtig ist, über Facebook mit Bild und mit Klarnamen zu su chen, so gefährlich ist er bei jemandem, der nur Tatverdäch tiger ist; denn er ist dann für den Rest seines Lebens gezeich net, weil diese Spur im Internet festgefahren ist. Es ist halt noch ein Unterschied, ob bei jemandem zu Hause einmal ein Polizeiwagen vorfährt, um irgendwelche Fragen abzuklären, und dann wieder weg ist, oder ob das letztlich auf Jahrzehnte im Internet gespeichert ist.

Beim Lesen der Stellungnahme zu diesem Antrag hat mich auch gefreut, dass man sieht, dass die intelligente Nutzung dieser neuen Möglichkeiten auch zu Erfolgen geführt hat. Ich erinnere an die Episode im Stuttgarter Schlossgarten, als die Atmosphäre Ende Januar 2012 stark aufgeheizt war, weil da mit gerechnet wurde, dass demnächst eine Baumfällaktion an steht, und dass allein durch das Twittern von bestimmten In formationen die Luft herausgegangen ist und die Polizeibe amten vor Ort gespürt haben: Nein, die Aggressivität lässt nach; nein, in diesem Monat passiert garantiert nichts mehr. Daran sieht man, dass ein kleines Instrument aus dem Netz in der Lage ist, in einer bestimmten Szene zu einem bestimmten Zeitpunkt Erhebliches zu bewirken.

Die Reichweite ist ja auch beachtlich. Man muss nur beden ken, dass sich allein in der einen Woche zwischen Ende Janu ar und Anfang Februar dieses Jahres 53 788 Personen beim eingerichteten Facebook-Account des Polizeipräsidiums in Stuttgart informiert haben oder zumindest draufgeschaut ha ben – 320 Personen stündlich – und dass die Polizeidirektion Hannover, die das schon länger betreibt, über 100 000 Fans hat, 100 000 Personen, die bereit sind, Informationen der Po lizei in Sachen Prävention und in Sachen Information abzu rufen und sich informieren zu lassen. Daran sieht man, dass das eine beachtliche Möglichkeit ist. Denn die betreffenden Personen können heutzutage schon ganz niedrigschwellig, et wa beim Warten an der Bushaltestelle, über das Smartphone Informationen bekommen.

Ein interessantes Beispiel: Ich habe mich jetzt auch angemel det – als Freund des Polizeipräsidiums in Stuttgart.

(Zurufe von der SPD: Oi!)

Das habe ich im Zusammenhang mit dieser Parlamentsdebat te gemacht. Dann habe ich festgestellt: Da wurde z. B. aktu ell berichtet bzw. das Polizeipräsidium Stuttgart hat mitgeteilt – das fand ich sehr reizvoll –: „Wir haben in der vergangenen Woche Schwarzfahrer im öffentlichen Personennahverkehr ermittelt. 4 600 Personen haben wir kontrolliert, 260 davon sind schwarzgefahren“ – nur so als Information.

(Zurufe der Abg. Rita Haller-Haid und Martin Rivoir SPD)

Das Faszinierende war, fand ich, dass sich daraus sofort eine muntere Debatte entwickelt hat, ob Schwarzfahren in Ord nung ist, ob das nicht in Ordnung ist, ob Kontrollen sinnvoll sind oder nicht, was es kostet usw. Aber allein diese Debatte mit einem Personenkreis, bei dem ich sicher davon ausgehe, dass wir den auf anderem Weg in dieser Situation niemals er reicht hätten, ist eine Möglichkeit, mit Personen in Kontakt zu kommen, bei denen man um Verständnis für die Aufgaben der Polizei im konkreten Einzelfall werben und Debatten aus lösen kann und auf diese Art und Weise auch Verständnis für bestimmte Aufgaben der Polizei wecken kann, was auch dem Image der Polizei zugutekommen kann.

Wenn man sich die Seite näher anschaut und sie durchforstet, sieht man, dass da beispielsweise auch hilfreiche Tipps zur Aufbewahrung von Geldbeuteln in Biergärten zu finden sind.

(Heiterkeit des Abg. Martin Rivoir SPD)

Das ist zwar etwas Banales, aber wenn man auf diese Art und Weise über ein Medium, das attraktiv verpackt ist, an Jugend liche herankommt, die man auf anderem Weg niemals erreicht hätte – nicht über die Tageszeitung, nicht über das SPD-Orts vereinsblättle und auch nicht über die öffentlich-rechtlichen Medien –, dann kann ich nur sagen: Dieses Instrument ist aus baufähig und hat Zukunft. Ich bin froh, dass die Innenverwal tung das auch so sieht.

In diesem Sinn hoffe ich, dass wir da weiterkommen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ich gehe davon aus, dass wir hier, lie ber Kollege Sakellariou, alle Freunde des Polizeipräsidiums Stuttgart sind.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sowieso!)

Die Polizei ist schon seit Längerem im Internet präsent. Das ist auch gut so. Sie ist dort wachsend präsent und geht mit der Zeit. Das ist absolut richtig so.

Seit Anfang dieses Jahres – ich glaube, seit Januar – ist der Facebook-Account des Polizeipräsidiums Stuttgart freige schaltet. Er wird bislang – Herr Kollege Sakellariou, Sie ha ben es beschrieben – ausschließlich für Informationen genutzt. Angefangen hat es mit Informationen über Polizeieinsätze rund um Stuttgart 21. Das war wohl auch der Anlass, dies frei zuschalten.

Ich will einmal dahingestellt sein lassen, ob es der Weisheit letzter Schluss ist, Informationen über Polizeieinsätze dort einzustellen. Ich begrüße ausdrücklich, dass man diesen Schritt gegangen ist und die Polizei sich auch im Medium Facebook präsent zeigt. Das ist ein Anfang, aber wir müssen dort wei termachen. Das klingt in Ihrem Antrag, Kollege Sakellariou, durchaus an.

Die Polizei in Niedersachsen, konkret das Polizeipräsidium Hannover, ist seit März dieses Jahres auch mit Fahndungsauf rufen im Medium Facebook präsent. Sie will damit noch mehr

Menschen erreichen und mehr Fahndungserfolge erzielen. Das gilt übrigens auch für öffentliche Zeugenaufrufe. Sie nutzt da mit ein sehr modernes und sicherlich auch nicht unumstritte nes Mittel, und sie nutzt ein soziales Netzwerk, das eine de mografische Ausrichtung auf junge Menschen hat, die viel leicht die klassischen Medien wie Zeitung und dergleichen so nicht nutzen.

Meine Damen und Herren, während dieses Modellversuchs in Niedersachsen konnten bislang bereits acht Fahndungen er folgreich durch Facebook abgeschlossen, zwei vermisste Kin der gefunden und der Polizei eines anderen Bundeslands Hin weise für die Verfolgung in einem Mordermittlungsverfahren gegeben werden. Ich will ausdrücklich sagen: Das ist durch aus ein Erfolg.

Deswegen, Herr Minister, möchte ich Sie ermutigen, hier ei nen Schritt weiterzugehen und durchaus den Mut zu haben, sich nicht nur hinter datenschutzrechtlichen Bedenken, die vorhanden sind, zu verschanzen, sondern nach Lösungen zu suchen.