Es hat in der Vergangenheit eine Mischverteilung gegeben, zum einen über die Gäubahntrasse und zum anderen durch ei ne Güterumleitung über die S 6 bzw. in Zukunft über eine Ver längerung durch die S 60 bis Böblingen/Sindelfingen.
Wie wird das in Zukunft gehandhabt? Soll dieser durchaus be trächtliche Güterverkehr auf andere Strecken – Rheintal – ver lagert werden, soll er reduziert werden? Denn Sie sagten: „Man kann das den Menschen dort eigentlich kaum zumuten.“ Soll es ein Mischverkehr auf dieser offenzuhaltenden Trasse der Gäubahn plus Verbindung über die S 60/S 6 sein, oder soll eine alleinige S 6/S 60 diesen Güterverkehr in Zukunft in Richtung Süden und Norden abwickeln?
Vielen Dank. – Vielleicht muss ich doch noch einmal deutlich machen: Das Land bestellt zwar Nahverkehrszüge, aber keine Güterzüge. Das heißt, über die Frage, wo Güterzü ge fahren und wie sie fahren, entscheidet natürlich zunächst die Bahn. Das wird auch so bleiben.
Aber was wir politisch tun können, ist – in diesem Zusam menhang will ich das auch sehr deutlich machen –: Die jetzi ge Gäubahn, die aus Stuttgart kommt und die durch Stuttgar ter Wohngebiete führt, die ersatzweise immer wieder einmal für Güterverkehre genutzt wurde, wird, wenn sie offen ist, auch dafür wieder genutzt werden können. Aber es kann nicht im Ernst eine Zielvorstellung der Landesregierung sein, das zu einer Güterverkehrstrasse zu erklären. Dafür taugt sie nicht; dafür ist sie zu laut und zu nahe an den Wohngebieten. Aber es wird Fälle geben, in denen man sie ersatzweise braucht.
Das gilt, glaube ich, auch für die anderen Strecken, die Sie an gesprochen haben. Ersatzweise wird man so etwas einmal nut zen können. Aber das können nicht die eigentlichen Trassen sein. Die eigentliche Trasse ist in Zukunft die Rheintalbahn für die großen Nord-Süd-Verkehre; die Gäubahn ist nur eine Ausweichtrasse.
Deswegen hat sich dieses Haus und habe auch ich mich sehr dafür eingesetzt, dass wir den Ausbau der Rheintalbahn schnell hinbekommen, dass wir die Widerstände vor Ort durch eine andere Planung überwinden. Das haben wir hier auch gemein sam beschlossen. Wir haben da in entscheidenden Punkten auch Fortschritte erzielt und wissen heute, dass wir in den nächsten zehn Jahren das dritte und vierte Gleis im Süden des Rheintals ausbauen können. Wenn der Bund liefert, können wir das schaffen. Dann haben wir dort deutlich mehr Kapazi täten. Übrigens: Im internationalen Maßstab findet dort der Güterverkehr statt, und hier auf der Gäubahn ist es eher sozu sagen der Ersatzverkehr.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Die für die Regierungsbefragung vorgesehene Zeit von 60 Minuten ist abgelaufen.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Kultus, Jugend und Sport – Notengebung und Wiederholung von Klassen – Drucksache 15/344 (ge änderte Fassung)
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minu ten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Juli letzten Jahres hat die CDU-Fraktion einen Antrag zum Thema „Notengebung und Wiederholung von Klassen“ gestellt. Wir waren damals in Sorge, wie es in Ba
den-Württemberg mit den Noten in der Schule und mit der Möglichkeit, eine Klasse zu wiederholen, weitergeht. In an deren Bundesländern waren gerade starke Veränderungen im Gang. In Hamburg z. B. kann man eine Klasse jetzt nur noch nach der Klasse 6 wiederholen. Wir hatten Hinweise aus dem Koalitionsvertrag von Grünen und SPD im Land, dass sich auch in Baden-Württemberg einiges ändern sollte.
Zu diesem Antrag ist, wie wir es jetzt leider ganz oft erfahren, ausgesprochen lapidar Stellung genommen worden. Die Lan desregierung hat wieder zu Fragen zusammenfassend Stellung genommen. Da sind irgendwelche alten Verordnungen zitiert worden. Kurz und gut: Wenn ich eine Note hätte geben sol len, Frau Ministerin, hätte ich ein „mangelhaft“, eine „Fünf“, erteilt.
Unsere Ziffernnoten sind sprachlich alle sehr genau definiert, und zwar schon seit Jahrzehnten. Die Note „Fünf“ heißt nicht einfach nur „mangelhaft“, sondern:
Die Leistung entspricht nicht den Anforderungen, lässt jedoch erkennen, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit beho ben werden können.
Wir haben gedacht, wir bringen diesen Antrag noch einmal ins Parlament. Inzwischen sind seit der Antragstellung zehn Monate vergangen. Es gab also Zeit, Mängel zu beheben. Wir haben in der Zwischenzeit die Gesetzgebung zur Gemein schaftsschule erfahren. Vielleicht können wir jetzt auch etwas mehr über die Planungen zur Gemeinschaftsschule erfahren. Im Gesetz steht noch immer nichts zur Notengebung, und es wird auf eine Rechtsverordnung verwiesen.
Wir wissen, dass vieles, was mit der Gemeinschaftsschule auf den Weg gebracht wird, ganz ausdrücklich auch auf andere Schulen Auswirkungen haben soll. Frau Ministerin, wir sind sehr daran interessiert, zu erfahren, wie es mit den Noten wei tergeht. Wir wissen mittlerweile, dass es in der Gemeinschafts schule keine Nichtversetzungen geben soll; ein Klassenwie derholen ist dort nicht mehr vorgesehen. Jeder kommt immer weiter. Man kann nicht mehr sitzen bleiben.
Wir wissen auch, dass Sie die Notengebung, die wir bisher kennen, um eine sogenannte verbale Leistungsbeurteilung er gänzen wollen. Wir sind ganz gespannt, zu hören, was genau geplant ist. Bisher hatten wir schon eine sehr breite Palette der Beurteilungen. Es wurden nicht einfach kalte Zahlen verge ben. Die Ziffernnoten entsprechend der KMK sind, wie ich vorhin beschrieben habe, sehr ausführlich verbal unterlegt. Wir haben zusätzlich Schülerbeobachtungen, Leistungsport folios. Wir haben mittlerweile die Möglichkeit, dem Zeugnis ein Beiblatt beizulegen, das ehrenamtliche Tätigkeit beschei nigt. Wir haben Kompetenzraster. Wir haben also eine fachli che Leistungsbeurteilung plus die Beurteilung persönlicher Kompetenzen, Einstellungen und Verhaltensweisen.
und geben eine sehr differenzierte Beurteilung ab. Ich habe wirklich nicht den Eindruck, dass Noten in diesem Land als „Folterwerkzeuge“ betrachtet wurden, im Gegenteil. Wenn Sie einmal die Schülerblogs im Internet lesen, stellen Sie fest: Die Schüler haben einen lockeren Umgang mit den Noten und akzeptieren sie durchaus. Eltern sind dankbar für die klare Rückmeldung, und – das ist uns auch sehr wichtig – die Be triebe erhalten eine sehr gute Aussage und können mit Blick auf Einstellungen sehr gut beurteilen, ob ein junger Mensch in ihren Betrieb passt oder nicht.
Ganz wichtig finde ich: Wir haben in Baden-Württemberg als einem der wenigen Bundesländer noch die Kopfnoten. Das ist in anderen Ländern nicht mehr selbstverständlich. Sie haben es vielleicht gelesen: Der Deutsche Industrie- und Handels kammertag fordert wieder die Einführung von Kopfnoten. Ich sehe in Kopfnoten auch eine Chance für Schülerinnen und Schüler, die in manchen Fächern vielleicht nicht so stark sind, dass ein Betrieb sagt: „Da stimmen aber die persönlichen Vo raussetzungen, die sozialen Kompetenzen. Den nehmen wir.“
Uns geht es darum, zu wissen: Wie geht es weiter? Was ha ben Sie vor? Wollen Sie die von der KMK definierte Noten skala abschaffen? Wie viel Zeit werden die Lehrkräfte in Zu kunft darauf verwenden müssen, diese Prosatexte in die Zeug nisse zu schreiben? Sollen die Zeugnisse in Zukunft gemalt werden? Halten Sie die Lehrkräfte für ausreichend ausgebil det, um diese individuelle Benotung oder Beschreibung, die Sie jetzt vorhaben, vorzunehmen?
Gibt es dafür möglicherweise zusätzliche Deputatsstunden? Ich glaube, dass das sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen wird.
Was mich wirklich bedenklich stimmt: Im GEW-Handbuch habe ich eine Anzeige für ein Handbuch „Zeugnisschreiben leicht gemacht“ gelesen. Da frage ich mich wirklich, wie viel von dieser individuellen verbalen Beurteilung noch übrig bleibt, wenn es in Zukunft wieder eine neue Nomenklatura gibt, die die Notenskala ersetzen oder ergänzen soll. Wenn das wieder Worthülsen und standardisierte Textbausteine sind, dann sehe ich darin keine Bereicherung.
In Zukunft soll es kein objektives Klassenziel mehr geben, das ein Kind erreichen muss, sondern es geht nur noch dar um, dass es sein Potenzial ausschöpft. Insofern braucht es nicht mehr sitzen zu bleiben, wenn man sagt: „Es hat sich kräftig angestrengt, es hat sich stets bemüht“, egal, ob ein ob jektives Ziel oder nur ein subjektives Ziel erreicht wurde.
Ich frage mich: Wie wollen Sie denn sicherstellen, dass jun ge Menschen auf den Beruf, auf das wirkliche Leben vorbe reitet sind?
Im Berufsleben geht es dann anders zu. Ich glaube einfach, dass es berechtigt ist, dass Betriebe objektive Leistungsanfor derungen haben, und ich meine, die Schule hat die Aufgabe, die jungen Menschen darauf vorzubereiten, wenn sie sie auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereiten will.
Ich denke, junge Menschen haben Anspruch auf eine klare Rückmeldung; sie haben Anspruch auf eine ehrliche Antwort auf die Frage nach ihrem Leistungsstand. Dazu gehören ein fach auch vergleichbare Noten, und dazu gehören unserer Meinung nach auch Ziffernnoten, die, wie ich eben beschrie ben habe, durch andere, zusätzliche Qualifikationsbeschrei bungen ergänzt werden müssen.
Jetzt ist einfach die Frage, was Sie vorhaben und was wir uns dazu vorzustellen haben. Die Quote der Sitzenbleiber lag in Baden-Württemberg zuletzt bei nur noch 1,2 %. Das ist die bundesweit niedrigste Quote. Aber man muss doch wirklich fragen: Warum soll man ein solches Instrument, das im Ein zelfall eine Chance bieten kann und einem jungen Menschen ermöglichen kann, ein Jahr zu wiederholen, einfach aus dem Instrumentenkasten nehmen? Wir halten das nicht für sinn voll, und wir hatten in der Vergangenheit auch den Eindruck, dass dieses Instrument verantwortungsbewusst und sensibel angewendet wurde.
Auch aus meiner persönlichen Erfahrung als Mutter von drei Kindern habe ich den Eindruck, dass Kinder mit Noten ganz gut umgehen können. In vielen Fällen bedeutet die Schulno te auch ein Erfolgserlebnis und stellt eine positive Rückmel dung dar.
Viele Kinder suchen regelrecht den Wettbewerb. Schauen Sie in den Sport, schauen Sie in die Musik: „Jugend trainiert für Olympia“, „Jugend musiziert“. Sogar der Landtag veranstal tet seit Jahrzehnten einen Schülerwettbewerb, der sich stei gender Nachfrage erfreut. Da gibt es einen Förderpreis, es gibt einen ersten Preis sowie zweite und dritte Preise. Das wird gern in Anspruch genommen. Die Herausforderung wird ge sucht. Junge Menschen wollen nicht in Watte gepackt werden. Sie wünschen sich eine klare Ansage, eine klare Rückmel dung.
Deswegen plädieren wir von der CDU-Fraktion dafür, dass Sie die breite Palette der Bewertungsmaßstäbe und -möglich keiten, die wir, glaube ich, in der Vergangenheit sehr verant wortungsbewusst entwickelt haben, beibehalten und hier nicht Tabula rasa machen. Wenn es anders sein sollte, dann sagen Sie uns das bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Bewertung von Schulleistungen gehört nicht nur zu den zentralen Aufgaben unserer Lehrerinnen und Lehrer, sondern stellt auch mit die schwierigste Aufgabe für Lehrerinnen und Lehrer dar.
Frau Kollegin Kurtz, Sie haben die Frage bereits gestellt: Wie werden die Lehrerinnen und Lehrer künftig auf die neuen Be urteilungsformen vorbereitet? Welche Ausbildungsteile gibt es dafür? Derzeit haben die Lehrerinnen und Lehrer auch für das Ziffernnotensystem keine einheitliche Ausbildung, wie damit umzugehen ist und welche Bewertungsskala zugrunde gelegt wird. Vielmehr sind die Lehrerinnen und Lehrer mit dem Instrument der Noten zur Leistungsbewertung immer nur eingeschränkt in der Lage, objektive Leistungsbeurteilungen vorzunehmen.
Die schon angesprochene Ausschöpfung der Notenskala ist von Lehrer zu Lehrer individuell verschieden. Der Abstand zwischen den einzelnen Noten ist nicht immer gleich. Dazu kommt: Keine Note ist wertfrei. Dies ist selbst bei Befürwor tern der Notengebung unstrittig. Denn Noten sind immer Teil eines Vergleichsergebnisses, das davon beeinflusst wird, wie sich die Gruppe zusammensetzt, wie die Vorbereitung einer Gruppe war und wie die persönliche Einstellung des Lehrers ist.
Die Rückmeldeleistung von Noten liegt nicht in der individu ellen Widerspiegelung des tatsächlichen Lernfortschritts, des Wissenstands oder der sozialen Kompetenz; nein, sie liegt nur in der Einordnung des Schülers in die Klassenstruktur.
Hinzu kommt, dass die Noten für viele Schülerinnen und Schüler eben keine Motivation darstellen, sondern ein Hemm nis bedeuten. Auch das kann man in Schülerforen oder Blogs lesen und feststellen, dass die Schüler dadurch eben keine Mo tivation erfahren, sondern in ihrer Leistung eingeschränkt wer den. Eine entsprechende Rückmeldung gibt auch der Landes schülerbeirat.