Protocol of the Session on May 23, 2012

Herzlichen Dank. – Von seiten der SPD-Fraktion liegt keine Wortmeldung vor.

Ich erteile daher Herrn Kollegen Wacker für die CDU-Frak tion das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Herr Staatssekre tär, wie stehen Sie zu Erzieherinnen?)

Immer positiv.

Herr Staatssekretär, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mich zunächst einmal durchaus darüber freue, dass SBS zumindest eine weitere Entwick lungschance hat, auch durch den Ausbau, den Sie hier ab dem ersten Kindergartenjahr vornehmen. Ich sage es auch ganz persönlich: Das freut mich. SBS hat eine Chance, und somit haben die Träger auch die Chance, dieses Programm qualita tiv weiterzuentwickeln.

Ich möchte gern einen konstruktiven Beitrag hierzu leisten, indem ich einige wichtige ergänzende Fragen stelle.

Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage nach der Schwer punktsetzung vor Ort. Ich denke, die meisten Kindergärten nehmen sehr wohl für sich in Anspruch, ein besonderes Ge wicht auf die Sprachförderung zu legen. Deswegen besteht aus meiner Sicht die Gefahr, dass SBS nach und nach durch die Sprachförderung verdrängt werden könnte, solange die Träger vor Ort nur die Möglichkeit haben, eines dieser beiden Programme anzubieten.

Deswegen stelle ich ganz präzise die Frage: Beinhaltet Ihr Konzept neben der Wahlmöglichkeit auch die Möglichkeit, Sprachförderung und SBS in einer Kindergarteneinrichtung zu entwickeln? Das wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, dass SBS tatsächlich nicht im Wettbewerb zur Sprachförde rung stehen muss.

Die zweite Frage: SBS ist nicht nur ein Programm, um die Sprachkompetenz der Kinder zu entwickeln, sondern SBS hat, wie Sie wissen, mehrere Zielsetzungen. Das ist in konzeptio neller Hinsicht auch das eigentlich Tolle an diesem Programm: Es geht um die Förderung des Singens, der motorischen Ent wicklung der Kinder, der Rhythmik unter Einbeziehung früh musikalischer Instrumente und des Tanzes sowie die Förde rung des Sprechens. Damit ist natürlich auch die Vorbereitung auf das Musizieren und die Hinführung zur Musik eine ganz wichtige Zielsetzung. Vor diesem Hintergrund ist die Fortset zung dieses Konzepts in den Grundschulbereich hinein sehr wichtig; denn das war bislang Bestandteil des entwickelten Konzepts.

Jetzt haben wir als Opposition zu akzeptieren, dass Sie eine Fortsetzung in den Grundschulbereich hinein nicht vorneh men wollen. Aber es wäre vor dem Hintergrund weiterer Ent wicklungsoptionen zielführend, SBS zumindest modellweise so fortzusetzen, dass an einigen Standorten eine Übertragung in den Grundschulbereich möglich wäre.

Deswegen stelle ich die Frage, ob Sie das zumindest in Erwä gung ziehen und ob Sie bereit sind, SBS als Modell, beispiels weise an Modellstandorten, in den Grundschulbereich auszu dehnen.

Die dritte Frage, Herr Staatssekretär: Sie beginnen mit dem Programm ab dem dritten Lebensjahr. SBS ist konzeptionell bisher nicht für diese Altersgruppe vorgesehen. Das heißt, die Veranlagungen und Potenziale der Kinder sind bei Dreijähri gen natürlich noch auf einem anderen Entwicklungsstand als bei Fünfjährigen. Das bisherige Konzept sah im Grunde die sen frühen Einstieg nicht vor. Gibt es denn eine konzeptionel le Vorbereitung dafür, dass SBS bereits ab dem dritten Lebens jahr gelingen kann? Denn das Konzept sah bislang den Ein stieg erst ab dem fünften Lebensjahr, frühestens ab dem vier ten Lebensjahr vor.

Die letzte Frage: Es gibt Stimmen aus den Kindergärten, vor allem vonseiten der Erzieherinnen und der wenigen Erzieher, die besagen, es sei zunächst einmal wichtig und sinnvoll, im Sinne einer vernünftigen Diagnose die Kinder erst einmal auf zunehmen und sie zunächst einmal ankommen zu lassen, be vor mit einer Programmatik begonnen wird. Sehen Sie da nicht ein bisschen das Problem, dass nach Ankunft der Kin der der sofortige Einstieg in die Umsetzung der Programme möglicherweise zu Komplikationen vor Ort führt?

Das waren meine Fragen.

Vielen Dank.

Es bleibt dabei, dass sich die Tageseinrichtungen pro Gruppe zwischen diesen bei den Förderwegen entscheiden müssen und nur für einen der Förderwege dann auch pro Gruppe vom Land Geld bekom men.

Ich kenne auch Einrichtungen, die es sich dennoch überlegen, ob sie SBS zusätzlich anbieten und die Finanzierung gegebe nenfalls über Elternbeiträge abbilden. Das ist, wenn man das auf einzelne Kinder herunterrechnet, kein so ganz dramati scher Betrag. Eine SBS-Gruppe kostet im Jahr 2 200 bis 2 400 €. Da sind Fortbildungen nicht eingerechnet. Das kann man gegebenenfalls auch anderweitig, etwa über Sponsoren, darstellen.

Diesen Wettbewerb wird es aber geben. Ich finde es ein biss chen spekulativ, darüber nachzudenken, ob es am Ende zu gunsten oder zulasten von SBS ausfällt. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich die Erzieherinnen und Erzieher im Rah men der Umsetzung des Orientierungsplans zunehmend auch kompetenter fühlen und ausgestattet fühlen, um Sprachförde rung als selbstverständlichen Bestandteil der Kindertagesstät te zu betreiben und zusätzlich noch SBS als musikpädagogi sches Highlight in ihre Kindertagesstätte zu integrieren.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass man – so, wie Sie es beschreiben – sagt, man nimmt diese Mittel jetzt, um diese zusätzlichen Kräfte einzustellen, und dann bleibt für SBS viel leicht nichts übrig. Aber das können und sollen die Kinderta gesstätten bitte selbst entscheiden.

Sie haben die Aufgabenstellung beschrieben, dass SBS auch in der Förderung über Sprachförderung im engeren Sinn hin ausgeht. Ich könnte jetzt natürlich antworten und sagen: Die

se Aufgabenstellung sollte im Rahmen des Orientierungsplans sowieso umgesetzt werden, genauso im Rahmen der Grund schulpädagogik. Wir wissen, dass es von den Rahmenbedin gungen her zum Teil noch nicht funktioniert. Daher halte ich es für richtig, auf der einen Seite SBS weiter anzubieten und auf der anderen Seite zu sagen: Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass musikalische Förderung stärker im selbstver ständlichen Rahmen der Kindertagesstätte stattfindet.

Modellweise Fortsetzung in Grundschulen: Da habe ich den interessierten Fachhochschulen angeboten, dass wir gern bei der Sponsorensuche helfen. Ich würde es aber politisch für das falsche Signal halten, zu sagen: Wir machen das mit Lan desmitteln und vom Land aus. Denn im Moment würde ich es aus verschiedenen Gründen für keine vorrangige Strategie hal ten, die Aufgabenstellung, die Sie beschrieben haben, durch Fortsetzung von SBS in der Grundschule sicherzustellen. Aus meiner Sicht würden wir damit falsche Anreize setzen.

Wir müssen uns der Themen Musikpädagogik, „Ausstattung mit Musikpädagogen“ und „Musik als Instrument der Päda gogik in der Grundschule“ noch einmal verstärkt annehmen. Denn hier gibt es seit Jahren nachgewiesene und auch gemein sam bestätigte Defizite. Aber jetzt SBS als Programm zu neh men, das uns an dieser Stelle die Lücke stopft, würden wir auch fachlich für nicht angemessen halten.

(Beifall des Abg. Manfred Lucha GRÜNE – Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Über alles, worüber wir jetzt hier diskutieren, wurde seit Herbst im Lenkungskreis SBS mit allen Beteiligten regelmä ßig diskutiert. Wir hatten, glaube ich, vier oder fünf Sitzun gen, bis wir uns da einigermaßen geeinigt hatten. Da gab es von keiner Seite die Rückmeldung, dass man sich konzeptio nell nicht imstande fühlte, das mit Kindern ab dem dritten Le bensjahr umzusetzen. Die Gruppengröße müsste gegebenen falls etwas kleiner werden, weil 20 Kinder im Alter von drei Jahren etwas anderes als 20 Kinder im Alter von vier oder fünf Jahren sind. Das ist etwas, was, denke ich, vor Ort in gemein samer Verantwortung organisiert werden kann.

(Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Der letzte Punkt?

(Abg. Georg Wacker CDU: Erzieherinnen! Die Zeit für die Aufnahme der Kinder!)

Die Bewerbungsfrist für diese Mittel endet am 30. Novem ber. Das heißt, zwischen September und November besteht ausreichend Zeit. Ich bin mir daher sicher, dass man es, selbst wenn man es für Ende November beantragt, dann dennoch in diesem Kindergartenjahr hinbekommt, diese Stunden darzu stellen. Ich persönlich glaube, dass die Einrichtungen, gerade weil die Schwelle, eine andere Muttersprache, relativ schnell zu klären ist – man kann sie im Grunde schon klären, wenn das Kind in der Einrichtung angemeldet wird –, eher dazu übergehen werden, schon möglichst vor den Sommerferien eine relative Planungssicherheit zu bekommen, mit Mitteln in welcher Höhe sie für ihre jeweiligen Kinder ab Herbst rech nen können, und sie diese Mittel dann auch beantragen.

Dass man nicht gleich in der ersten Woche anfängt, die Kin der mit einer fremden Musikpädagogin in Kontakt zu bringen,

wenn sie noch nicht einmal die Einrichtung kennen, liegt auf der Hand. Ich denke, da macht es vielmehr Sinn, erst einmal vier oder sechs Wochen zu warten. Man kann aber dennoch – da bin ich mir sicher – schon vorher für einen Großteil der Kinder die Mittel beantragen und dann gemeinsam mit dem jeweiligen Kooperationspartner entscheiden, wie man das um setzt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen jetzt zur zweiten Runde der Regierungsbefra gung. Die Opposition darf ein Thema auswählen. Ich erteile einem Vertreter der FDP/DVP-Fraktion das Wort.

(Abg. Peter Hauk CDU: Es gibt keine Vertreter! Es gibt nur Abgeordnete, Frau Präsidentin!)

F i l d e r d i a l o g

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als The ma den Filderdialog ansprechen. Die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 hat einen klaren Auftrag für dieses Projekt gege ben. Dazu gehört natürlich auch die Anbindung der Gäubahn an den Flughafen. Ich glaube, alle Fraktionen haben das Ziel der Landesregierung mitgetragen, einen Filderdialog stattfin den zu lassen.

Wenn ich die Broschüre mit dem Titel „Die Bilanz des ersten Jahres“ des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur zur Hand nehme, lese ich im Abschnitt „Bürgerbeteiligung bei In frastrukturvorhaben verbessern“:

Der Konflikt um Stuttgart 21 hat deutlich vor Augen ge führt, wie wichtig eine frühzeitige und transparente Be teiligung der Bürger bei Großprojekten ist. In enger Zu sammenarbeit mit der grünen Staatsrätin Gisela Erler entwickelt das MVI neue Formen der Beteiligung und des Dialogs bei Planungsverfahren.

Nun kommen mir aber gewisse Zweifel an dieser neuen Form der Bürgerbeteiligung. Sie sind offensichtlich etwas in die fal sche Richtung gegangen, weil bereits vor Beginn des eigent lichen Dialogs sehr viel Porzellan zerschlagen wurde.

In diese Richtung zielt auch die folgende Frage: Wie beurteilt die Landesregierung die scharfe Kritik am gewählten Verfah ren des Filderdialogs – die „Stuttgarter Zeitung“ schrieb am 22. Mai 2012, „noch nie zuvor habe man einen derartigen Di lettantismus erlebt“ –, und welche Konsequenzen zieht sie da raus für das weitere Dialogverfahren?

Herzlichen Dank. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Hermann das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine sehr verehr ten Damen und Herren! In der Tat: Das Zitat ist richtig. Der Landesregierung ist es wirklich wichtig, dass wir neue, früh zeitige Bürgerbeteiligungsverfahren entwickeln. Das tun wir tatsächlich, zusammen mit der Staatsrätin, und zwar insge

samt, nicht nur bezogen auf Stuttgart 21, sondern auch bezo gen auf alle anderen größeren Verkehrsinfrastrukturprojekte.

Das Problem von Stuttgart 21 ist gerade, dass wir keinen früh zeitigen Bürgerbeteiligungsprozess hatten, sondern dass wir jetzt im Nachhinein einen sehr schwierigen Bürgerbeteili gungsprozess haben. Ich finde es besonders nett, dass dieje nigen, die den frühzeitigen Bürgerbeteiligungsprozess bei Stuttgart 21 versäumt haben, uns jetzt vorwerfen, dass dieser zu spät komme. Das ist, finde ich, nicht ganz passend, denn wir haben den Versuch unternommen, wenigstens in dem Be reich, in dem die Planfeststellung noch nicht formal festge schrieben ist, die Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen.

Ich habe mich zusammen mit Herrn Ministerpräsident Kretsch mann direkt nach der Volksabstimmung mit der Spitze der Bahn AG zusammengesetzt, und wir haben uns überlegt: Wie können wir auf den Fildern einen Bürgerbeteiligungsprozess durchführen, der diesen Namen verdient? Wir haben dann mit den verschiedenen Projektpartnern sehr lange darum gerun gen, wie dieser Beteiligungsprozess in etwa aussehen könnte und wie der Rahmen gestaltet sein könnte.

Dabei war natürlich von Anfang an klar, dass das schwierig werden würde. Denn erstens gilt als Rahmenbedingung die Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden €. Zweitens gibt es als Grundlage die Vereinbarung zu Stuttgart 21; auch der Bürger entscheid stellt natürlich eine Grundlage dar. Auf der anderen Seite gibt es die Bereitschaft – ohne das Projekt grundsätzlich infrage zu stellen –, dass es bezogen auf die Verkehrsführung auf den Fildern, den Anschluss an den Flughafen, den Fern- und den Nahverkehrsbahnhof noch eine Aussprache mit den Bürgern geben soll, bevor das eigentliche Planfeststellungs verfahren beginnt.

Dafür haben sich alle Projektpartner ausgesprochen. Ich kann sagen, es war im Wesentlichen das Verdienst meines Hauses und meiner Mitarbeiter, dass wir alle Projektpartner dafür ge wonnen haben, sich auf dieses Verfahren einzulassen.

Jetzt war von Anfang an die schwierige Frage: Wie viel dür fen die Bürger eigentlich noch besprechen? Ist nicht eigent lich schon alles festgelegt?

Sie selbst haben im Verkehrsausschuss mitbekommen, dass auf der einen Seite gesagt wurde – etwa von Ihrer Fraktion oder von der CDU-Fraktion –: „Daran ist gar nicht mehr zu rütteln; es ist alles entschieden. Sie müssen sich erneut zu all dem bekennen, was schon zu der bisherigen Antragstrasse ge sagt wurde“, und auf der anderen Seite die Bürgermeister und Oberbürgermeister auf den Fildern, die Gemeinderäte und die Bürgerinitiativen gesagt haben: „Da muss sich aber alles grund legend ändern.“

(Zuruf von der CDU)