(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Und heute finden Sie es richtig? – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: 60 Ohrenpaare haben es gehört! – Gegenruf des Abg. Thomas Blen ke CDU: Und das Protokoll!)
Ich unterstreiche ausdrücklich, dass die Polizei in BadenWürttemberg nach wie vor zweifelsohne in hohem Maß leis tungsfähig ist. Wir sind leistungsfähig, weil wir leistungsbe reite, motivierte, engagierte Beamtinnen und Beamte haben, und nicht aufgrund der Struktur. Das Erstaunliche und wirk lich Lobenswerte ist, dass unsere Polizei noch immer moti viert, noch immer leistungsstark und noch immer engagiert ist, obwohl sie ihre Arbeit in den bestehenden Strukturen aus führen muss.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Greift er auch noch die ei gene Reform an?)
Meine Damen und Herren, eingangs hatte ich versucht, die Rahmenbedingungen ein bisschen in den Mittelpunkt zu rü cken und zu erläutern, warum wir die Reform eigentlich ma chen. Titus Plautus, ein römischer Dichter, hat einmal gesagt:
Deshalb beginnen wir heute, im Jahr 2012, mit dieser Reform, weil wir sie nicht erst dann angehen können, wenn sich die Personalsituation bei der Polizei noch weiter verschärft hat. Wir haben Zukunftsaufgaben zu bewältigen.
Das hat, meine Damen und Herren, auch etwas mit unserer Fürsorgepflicht für die Beamtinnen und Beamten zu tun. Ich weiß – das sollten Sie einem Sozialdemokraten allemal ab nehmen –, dass mit diesen Veränderungen natürlich auch Ver änderungen für einzelne Personen vor Ort verbunden sind. Bisherige Arbeitsplätze müssen aufgegeben und andere müs sen angenommen werden.
Aber Sie sollten sich nicht als oberster Gralshüter der Perso nalinteressen aufspielen. Überlassen Sie das den Interessen vertretungen, lassen Sie Gewerkschaften ihre Arbeit tun; sie machen ihre Arbeit außerordentlich gut. Ich wage zu behaup ten, dass die Interessen der Beschäftigten bei einem Sozialde mokraten allemal besser Gehör finden als in der Vergangen heit bei Ihnen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Allein durch das Par teibuch, oder wie?)
Meine Damen und Herren, ich habe es ausdrücklich gesagt: Dieses Reformvorhaben der Polizei gründet sich schon auch auf polizeifachlichen Erfordernissen, neben der Berücksich tigung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Solche Er fordernisse lassen sich nicht an Verwaltungsgrenzen festma chen. Aber die gegenwärtige Struktur orientiert sich an die sen Verwaltungsgrenzen und nicht an den dringenden Not wendigkeiten.
Dass Sie die Verwaltungsgrenzen so sehr verteidigen, wun dert mich doch. In der gestrigen Debatte wurde zweimal der Wunsch an mich herangetragen, z. B. im Bereich des Ret tungsdienstes auf solche Grenzen keine Rücksicht zu nehmen und sogar die Zusammenarbeit mit Bayern zu suchen – was ich im Übrigen gern mache.
Dann können Sie doch nicht zur Polizeireform sagen, wir müssten uns an bestehenden Verwaltungsgrenzen orientieren. Verbrechen, Verbrechensaufklärung und Prävention, meine Damen und Herren, orientieren sich nicht an Verwaltungs grenzen.
Meine Damen und Herren, zum Stichwort Kriminalaußenstel len: Wissen Sie eigentlich, in wie vielen Zuständigkeitsberei chen jetziger Polizeidirektionen es Kriminalaußenstellen gibt?
(Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben doch gesagt, wir wüssten es nicht! Aber ich weiß es schon! – Zuruf: 624! – Abg. Volker Schebesta CDU: Herr Sakellariou weiß es auch nicht! – Unruhe)
Ich merke es schon. Ich sage es für diejenigen, die es nicht wissen: In mehr als der Hälfte der jetzigen Polizeidirektionen gibt es überhaupt keine Kriminalaußenstellen. Es gibt irgend welche Konstrukte. Originär gibt es nur in fünf Direktionsbe reichen entsprechende Kriminalaußenstellen.
(Abg. Thomas Blenke CDU: „Entsprechende Krimi nalaußenstellen“? – Zuruf des Abg. Karl Zimmer mann CDU)
Hätten Sie, meine Damen und Herren, den Mut gehabt, den tatsächlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen, dann hät ten Sie Ihre Meinung längst geändert. In der von Ihnen erlas senen Verwaltungsvorschrift für die Polizei aus dem Jahr 2004 gibt es klare Kriterien dafür, wo Kriminalaußenstellen über haupt sinnvoll sind. Hätten Sie diese Kriterien angewandt, dann wäre bereits heute im Prinzip überhaupt keine Krimi nalaußenstelle mehr vorhanden. Aber dazu hatten Sie schlicht und ergreifend nicht den Mut.
Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Wir streben mit dieser Reform an, ein Personalreservoir von 650 Kräften im Vollzugsdienst frei zu machen, in erster Linie zur Verstärkung der Polizeireviere, plus 240 bis 250 Kräften aus dem Nicht vollzugsdienst.
(Abg. Peter Hauk CDU: Ja, wann und wie? – Gegen ruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: „Ja, wann und wie? Jetzt gleich sagen, wo!“ Mein Gott, das sind Re former! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Drexler ist auch wieder erwacht!)
Herr Hauk, völlig klar: Das Stichwort ist wichtig, keine Fra ge. Diese Reform wird nicht per Schalterdruck am 1. Januar 2013
oder wann auch immer vollständig umgesetzt sein können, sondern die Polizei hat bei den Reformvorhaben, die wir auf den Weg bringen, die Chance, in diese Struktur hineinzuwach sen. Das heißt, durch die Altersabgänge gelingt es uns relativ schnell, diese Reform umzusetzen. Wir haben die Chance, uns durch den Veränderungsprozess sorgfältig darauf vorzuberei ten, wo wir in Technik investieren und in welchem Umfang
wir in Technik investieren – in der Tat mit dem Ziel, dort zu künftig weniger Geld in die Hand nehmen zu müssen.
Das Beispiel liegt doch, glaube ich, völlig klar auf der Hand: Wir haben bisher 42 Leitstellen, die wir zu unterhalten, im mer wieder zu erneuern und in Betrieb zu halten haben. Zu künftig werden dies deutlich weniger sein. Es liegt doch auf der Hand, dass da schlicht und ergreifend Synergien liegen. Das werden wir Schritt für Schritt umsetzen, aber zügig an gehen; das will ich ausdrücklich sagen.
Deshalb haben wir gesagt: Bis Ostern – das sind noch etwa acht Wochen – werden wir sowohl die Standorte als auch die Gebiete festlegen. Bis dahin wird auch relativ klar sein, wer Verantwortung in diesen neuen Häusern übernehmen wird. Auf diese wird es natürlich schon maßgeblich ankommen, wenn es darum geht, wie dann dieses Haus – kein Legohaus, Kollege Blenke – ausgebaut wird. Das heißt im Klartext nichts anderes als: Es wird Rücksicht auf örtliche Belange, auf Inf rastruktur, z. B. auf Grenznähe, genommen. Da wird es klare Parameter geben, woran man dann festmachen kann, ob es noch Kriminalkommissariate an Außenstellen geben wird oder nicht. Das wird sich entwickeln. Dort werden wir hineinwach sen.
Ich bin mir jedenfalls sicher, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn diese Reform umgesetzt ist, dann wird das Er gebnis sein, dass dies eine Chance für die Bürgerinnen und Bürger und eine Chance für die Polizei war. Es wird nicht nur eine Chance bleiben, sondern es wird am Ende des Tages klar und deutlich sein: Wir haben das wahr gemacht, was wir ver sprochen haben – mehr Präsenz in der Fläche –, und wir wer den für die Aufgaben der Zukunft gerüstet sein.
Ich würde mich noch immer darüber freuen, wenn Sie zumin dest in einem breiten Konsens wesentliche Schritte dieser Re form gemeinsam mit uns gehen könnten.
(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut! – Zuruf von der CDU: Helau!)
Meine Damen und Herren, die CDUFraktion hat noch eine restliche Redezeit von eineinhalb Mi nuten für die zweite Runde, während ansonsten die Redezei ten aufgebraucht sind.
Herr Präsident, verehrte Kolle ginnen und Kollegen! Herr Minister, wir können dieses Eck punktepapier lesen. Ich habe es von vorn bis hinten gelesen.
Wir können Ihnen auch zuhören. Da stellen sich halt einige Fragen, weil sich eine Diskrepanz auftut. Diese Fragen haben Sie heute leider nicht beantwortet.
Sie haben vorhin vor allem einen Eindruck erweckt – viel leicht haben Sie es auch zu flapsig ausgedrückt –: Sie haben den Eindruck erweckt, für den Bürger sei nur erheblich, wie viele uniformierte Polizisten vor Ort sind.
(Abg. Ingo Rust SPD: Subjektives Sicherheitsemp finden! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Subjektive Si cherheit!)
Auch Kriminalbeamte, die per se in Zivil arbeiten, sind aus gebildete Polizeibeamte, die vor Ort für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen.
nein, ich lasse auch keine Zwischenfragen zu –, dass Sie die Kriminalpolizei vor Ort bis auf kleine Kommissariate – eines pro Kreis, pro bisherigem PD-Bezirk; so steht es hier – abzie hen.
Sie lassen vielleicht 15 Leute dort. Alle anderen müssen weg. Die brauchen Sie in der Zentrale für den Kriminaldauerdienst. Diese sind aber nicht mehr vor Ort. Diese Stellen lösen Sie auf.