Protocol of the Session on February 8, 2012

Dazu braucht man kein eigenes Ministerium.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Dann kam die dritte Phase mit dem trotzigen Erhaschen von Aufmerksamkeit und mit Provokationen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da ma chen wir Ihnen nichts vor, Herr Lasotta!)

Es wurde über den Fernsehkonsum der Türken gesprochen. Dann mussten die Aussagen wieder zurückgenommen wer den. Es wurde eine Antidiskriminierungsstelle im Integrati onsministerium angekündigt. Das hat dann das Sozialminis terium einkassiert. Es werden ständig Forderungen an die Bundespolitik gestellt. Aber letzten Endes hört man relativ wenig Vorschläge dazu, wie die Integrationsbemühungen im Land Baden-Württemberg fortgeführt werden sollen. Wenn es kritisch wird, wird immer über die Abschaffung des Ge sprächsleitfadens für Einbürgerungsgespräche gesprochen.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Das wird immer als Riesenerfolg verkauft.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das ist es! – Abg. Florian Wahl SPD: Das ist auch einer!)

Sie müssen sich einmal vorstellen: Ein Gesprächsleitfaden für Einbürgerungsgespräche ist abgeschafft und durch Einzelge spräche ersetzt worden. Das ist doch ein irrer Erfolg. Unglaub lich!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Mehr als Sie geschafft haben!)

Nach dieser Phase der Orientierungslosigkeit stellen wir jetzt fest, dass eine Konzeptionslosigkeit vorhanden ist. Sie hätten die Chance gehabt, in diesem Haushaltsplan Ziele zu definie ren. Aber es ist eigentlich überhaupt nicht klar, wohin die Rei se gehen soll.

(Zuruf von der CDU: Berlin! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das spricht für eine gewisse Hilflosig keit!)

Es werden 500 000 € für ein Gutachten über die Einstellun gen in der Aufnahmegesellschaft in Fragen der Integration veranschlagt. Ihnen fehlt also der innere Kompass, überhaupt die klare Zielsetzung, wohin es bei der Integrationspolitik ge hen soll. Das wollen Sie erst einmal abfragen.

Die CDU hingegen hat klar ihre Ziele definiert.

(Abg. Florian Wahl SPD: Sie haben doch 60 Jahre nichts gemacht!)

Wir wollen eine Verantwortungsgemeinschaft. Wir haben kla re Leitsätze. – Ja, wir haben lange in Baden-Württemberg re giert,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Und nichts gemacht!)

und deswegen sind die Migranten im Bundesvergleich in Ba den-Württemberg am besten integriert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Volker Schebesta CDU: Das Ergebnis von 60 Jahren! – Abg. Alfred Winkler SPD: Das ist eine ge wagte Behauptung!)

Wir haben klare Leitsätze. Wer hier seinen verantwortungs vollen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten will, ist bei uns herzlich willkommen. Aber genauso erklären wir allen eine klare Absage, die sich hiervon distanzieren, die sich gegen un sere freiheitliche demokratische Grundordnung stellen oder die in Parallelgesellschaften leben wollen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf: Genau so ist es!)

Das Geld für solche Studien wäre besser aufgewendet wor den, um es den Kommunen zu geben, wo die entsprechende Integrationspolitik betrieben wird oder wo man Migranten ge zielt und effizient unterstützen kann.

Frau Öney, Sie wissen in vielen Fragen nicht, wohin Sie über haupt wollen. In vielen Fragen sind Sie nicht positioniert. Ich erinnere an das Thema „Kopftuch im öffentlichen Dienst“. In einem Artikel in der „Zeit“ aus dem Oktober letzten Jahres sagten Sie, Sie seien der Auffassung, dass das Kopftuch im öffentlichen Dienst nichts verloren habe. Im gleichen Atem zug stellen Sie fest, dass das Kopftuchverbot ein Integrations hindernis und -hemmnis sei, dass dieses jedoch nicht beho ben werden könne, weil das von der Gesellschaft nicht akzep tiert würde.

Irgendwo muss man sich doch einmal positionieren. Auch wenn man in einer Koalition ist, muss man sagen, wofür man steht und was wichtige Ziele in der Integrationspolitik sind.

Sie legen sich nicht fest. Sie haben keine klare Linie. Deswe gen schlägt sich auch in diesem Haushalt nieder, dass Sie im Endeffekt kaum Ansätze haben, um mit Projekten die Integ rationspolitik voranzubringen.

Nach der Phase der Orientierungslosigkeit und der Konzept losigkeit kommt noch die Phase der Kompetenzlosigkeit hin zu.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Integration ist eine Querschnittsaufgabe und findet primär in den Kommunen statt, wird vor Ort gelebt. Aber Ihr Haushalt, den Sie uns präsentieren, ist ohne wirkliche Handlungsfelder. 58 Millionen € sind für die Aufnahme, Unterbringung und Be treuung von Flüchtlingen veranschlagt. Die wirklich wichti gen Dinge, bei denen es um die tatsächlichen Aufenthaltstitel geht, werden im Innenministerium geregelt. Auch hier haben Sie wenig Kompetenzen. Gerade einmal etwa 5 Millionen € sind für den Betrieb und für Projekte veranschlagt.

Das Integrationsministerium ist ein zahnloser Tiger. Sie wer den den Ansprüchen, die Sie an das Thema gestellt haben, in keiner Weise gerecht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Frau Öney konnte sich bei der Aufstellung des Haushalts nicht durchsetzen. Die Finanzmittel fehlen. Wo sind denn die ange kündigten Mittel für die Kommunen, um die Integrationsar beit vor Ort zu unterstützen? Die Kompetenzen fehlen. Sie werden in vielen Bereichen überhaupt nicht beteiligt, müssen sich Kompetenzen aus anderen Ressorts mühsam herausar beiten. Sie werden – auch das sieht man – von anderen Mi nisterien nicht ernst genommen. Sie werden an der Erarbei tung der Asylaufenthaltsverordnung nicht beteiligt. Die Resi denzpflicht, um die es in diesem Zusammenhang geht, berührt einen Kernpunkt der Integrationspolitik. Hier wurde das Mi nisterium überhaupt nicht beteiligt, sondern das wurde rein im Innenministerium abgearbeitet.

(Abg. Peter Hauk CDU: Oho!)

Es wird also ein kompetenzloser Apparat unterhalten. Allein für die Betreuung der Bürokommunikation und der Lizenzen werden 9 000 € pro Mitarbeiter aufgewendet. Aber es wird im Endeffekt keine Integrationspolitik für Baden-Württemberg gestaltet.

Es fehlt an Seriosität, an Führungsvermögen. Die 58 Millio nen € für die Flüchtlinge sind eingestellt. Aber gleichzeitig definieren Sie neue Zielsetzungen, eine Verbesserung bei der Unterbringung, Geld statt Sachleistungen. Wir haben gleich zeitig steigende Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen. Die 58 Millionen € werden in diesem Jahr in keiner Weise ausrei chen, um einen entsprechenden Kostenersatz an unsere Kom munen zu leisten. Wir rechnen mit mindestens 70 Millionen €. Das wird im Laufe des Jahres eine Hypothek sein, die Sie noch einholen wird.

Dann die Führung im Ministerium. Heute wird in den „Stutt garter Nachrichten“ über das Personalchaos im Haus berich tet: Verlust von Fachkräften, mittlerweile ist der dritte Zent ralstellenleiter angestellt, die Besetzung der Stellen gestaltet sich als äußerst schwierig. Es wird auch davon gesprochen,

dass mittlerweile der grüne Koalitionspartner Kritik übt – Kri tik kommt also nicht nur von der Opposition, sondern auch aus Kreisen der Grünen –, das Ministerium habe inhaltlich bisher keine Akzente setzen können. Dem können wir uns nur anschließen. Schön, dass Sie das mittlerweile auch so sehen. Mittlerweile wendet sich auch eine Vielzahl von Mitarbeitern an uns, die über die Arbeitsbedingungen in diesem Haus be richten.

Deswegen können wir nur feststellen, dass der Haushaltsplan für den Bereich des Integrationsministeriums, der uns hier vor gelegt wurde, in keiner Weise neue Akzente setzt und in kei ner Weise das umsetzt, was von Ihnen beim Regierungswech sel angekündigt wurde.

Ich frage: Wo bleibt die Unterstützung für die Kommunen? Wann nehmen Sie Ihre Querschnittsaufgabe endlich wahr, in dem Sie aktiv werden? Wann kümmern Sie sich um alle Mi granten? Wann entsteht der Eindruck, dass nicht nur die tür kische Community bedient wird? Wann beginnen Sie mit der eigentlichen Integrationspolitik? Wann lassen Sie es sein, sich auf einen Egotrip zu begeben, der nur Sie als Person in den Vordergrund stellt, aber nicht die Arbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Beim Thema Integrationspolitik darf es nicht nur um Schlag zeilen gehen. Diesbezüglich hat die SPD Erfahrung mit Herrn Sarrazin, der ständig provokante Forderungen in den Raum gestellt hat. Wir müssen aktiv werden im Sinne unserer Mit bürgerinnen und Mitbürger. Wir müssen ihnen ermöglichen, in Baden-Württemberg weiter gut Fuß zu fassen. Wir müssen die Integrationsbereiche der Sprachförderung, der Bildung, der Ausbildung und der Integration in den Arbeitsmarkt und in das Ehrenamt entsprechend bearbeiten. Auch dazu finden sich keine Antworten im Haushaltsentwurf des Integrations ministeriums.

Die CDU-Fraktion ist für einen ehrlichen Dialog und für kla re Antworten. Dazu gehört aber auch ein klarer innerer Kom pass, den man insbesondere als Ministerin haben muss, um ein Ministerium führen und um die Integrationspolitik in Ba den-Württemberg voranbringen zu können. Werden Sie end lich aktiv, Frau Öney!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Als ich die Änderungsanträge der CDU-Fraktion zum Haushaltsplanentwurf des Integrationsministeriums gelesen hatte, dachte ich, dass Sie Ihren Frieden gemacht und ein Ein sehen gehabt hätten, dass wir in diesem Land ein Integrati onsministerium brauchen, um dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden. Herr Lasotta, nach Ihrem Auftritt muss ich jedoch feststellen, dass Sie diese Einsicht leider doch noch nicht erreicht haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle zurückweisen, dass wir Ihre Kri tik am Ministerium, die Sie hier vorgetragen haben, auch nur ansatzweise teilen würden.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das müssen Sie jetzt sagen, das ist doch klar! Als Koalitionspartner!)

Es ist schön, dass Sie mich schon interpretieren, während ich noch spreche.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: So schnell bin ich!)

Aber vielen Dank. Wir haben mit dem Integrationsministeri um ein neues Haus geschaffen, das seine Rolle finden muss te, das neu aufgebaut werden musste und bei dem es, anders als bei den anderen Ressortzuschnitten, keine Vorarbeiten und keine Teile gab, die zusammengesetzt werden konnten. Des halb muss dieses Haus mit seinen Aufgaben wachsen. Bisher sind auch noch immer nicht alle Stellen in diesem Haus be setzt.

Beim Haushalt des Integrationsministeriums sprechen wir zu gegebenermaßen über einen kleinen Etat, über insgesamt et wa 75 Millionen €. Integration gelingt allerdings nicht einfach dadurch, dass wir spektakuläre Maßnahmen und Prestigeob jekte mit Unsummen bedenken, sondern durch die Beseiti gung struktureller Hindernisse, manchmal auch durch kleine wirkungsvolle Verbesserungen im Alltag und – dabei gebe ich Ihnen recht, Herr Lasotta – durch die Stärkung der kommu nalen Strukturen.