Zu einer sachlichen Analyse gehört schlicht – – Das wissen all die Kollegen, die in kommunalen Gremien noch Verant wortung tragen. Ich weiß nicht, ob die FDP da noch vertreten ist,
aber bei den anderen Kollegen, gerade auch von der CDU, weiß ich, dass viele Kollegen auch kommunale Mandate ha ben und sehr wohl wissen, wie groß momentan die Erwartung bei den Bürgerinnen und Bürgern ist, den Bereich Kinderbe treuung, Betreuung von unter Dreijährigen, Ganztagsbetreu ung auszubauen. Der Druck ist doch da. Viele, viele Bürger meisterinnen und Bürgermeister wenden sich an uns und sa gen: „Wir können mit den in unseren Kommunen vorhande nen Mitteln diesen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger nicht gerecht werden.“ Was wir jetzt tun, ist: Wir helfen den Städten und Gemeinden, diesen Anforderungen der Bürgerin nen und Bürger gerecht zu werden. Das ist das, was wir tun.
Dies nicht zu tun und stattdessen zu sagen, wir überlassen es den Kommunen, wie sie das regeln, wäre aus meiner Sicht ei ne Verletzung des Gebots, dass das Land für die Finanzaus stattung der Kommunen zuständig ist.
Wenn die Aufgaben der Kommunen erweitert werden, müs sen wir den Kommunen auch die Möglichkeit geben, diese Aufgaben zu finanzieren. Das tun wir mit der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes.
Jetzt hat man zwei Möglichkeiten, wenn man die Kommunen besser ausstatten will. Man kann jetzt sagen, wie das Kolle gen angesprochen haben: „Ihr habt doch jetzt so viele Steuer mehreinnahmen. Das könnt ihr doch aus diesen Steuermehr einnahmen finanzieren. Da bedarf es doch keiner Steuererhö hung.“ Das kann man natürlich tun.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache jetzt acht Jahre Finanzpolitik in Baden-Württemberg, und ich weiß ei nes: Haushalte werden in guten Jahren ruiniert. Wenn die Steuereinnahmen sprudeln, dann werden Haushalte ruiniert, indem man mit diesen einmaligen Steuermehreinnahmen Dau eraufgaben finanziert.
(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: CDU-Linie! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das hat man bei Rot-Grün in Berlin gesehen!)
Deswegen wollen wir das jetzt nicht tun. Wir wollen eine nachhaltige Finanzpolitik und wollen einer strukturellen Mehr ausgabe strukturelle Mehreinnahmen gegenüberstellen und eben nicht von diesem Einmaleffekt der Steuermehreinnah men leben.
Meine Damen und Herren, dass wir da nicht völlig neben der Spur sind, wird doch dadurch bewiesen, dass andere Bundes länder das auch tun: Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen. Ich habe jetzt nicht mehr ganz den Überblick, in welchen Bundesländern die FDP noch mit an der Regie rung ist,
aber ich glaube, da sind welche dabei. Deshalb würde ich da, lieber Herr Dr. Rülke, die Backen nicht so aufblasen. Auch andere schwarz-gelbe Landesregierungen beschäftigen sich mit dem Thema „Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes“, weil sie genau wissen: Wenn man mehr Aufgaben hat, braucht man dafür auch mehr Einnahmen.
Es ist auch keine Mogelpackung. Wir sind momentan mit den kommunalen Landesverbänden in der Diskussion darüber, wie dieses Geld dort ankommt, wo wir es haben wollen, nämlich im Bereich von Betreuung und Bildung. Wir haben aber auch versprochen, dass wir jetzt nicht einfach vom Land aus fest legen, wie wir das machen, sondern dass wir das im Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden gemeinsam entwi ckeln. Wer die Presse aufmerksam liest, weiß, dass wir da mo mentan in Diskussionen sind. Dass es da ab und zu auch ein Hin und Her gibt, ist selbstverständlich. Aber wir wollen das gemeinsam entwickeln und nicht von oben herab, sondern ge meinsam mit den Kommunen auf Augenhöhe besprechen, wie wir dieses wichtige Thema „Bildung und Betreuung“ voran bringen.
Dann haben Sie von einer Mogelpackung gesprochen: rechte Tasche, linke Tasche. Die Kollegen haben in der letzten De batte im Finanzausschuss – Kollege Maier hat es eben auch noch einmal erwähnt – deutlich gemacht, dass wir junge Fa milien nicht stärker belasten wollen. Das nehmen wir ernst, und daran können Sie uns auch messen. Wir werden in Kür ze die neuen Leitlinien für das Wohnungsbauförderungspro gramm des Landes vorlegen. Dort werden Sie sehr schnell er kennen, dass eine – so haben sie es genannt – durchschnittli che Familie in Baden-Württemberg eben nicht deutlich stär ker belastet ist.
Sie brauchen nicht mehr lange zu warten. Es wird in Kürze vorgestellt. Da werden Sie erkennen, dass junge Familien nicht stärker belastet sind und dass sie zusätzlich durch die sen Ausgleich über das Wohnungsbauförderungsprogramm mehr Bildung, mehr Betreuung, eine bessere Infrastruktur be kommen.
Herr Staatssekretär, wie stehen Sie zu der folgenden Aussa ge? Ich bekam einen Brief des Bürgermeisters – ich darf den Namen nennen – Haußmann aus Dettingen/Teck, der sagt: „Die Kommune gibt jungen Familien 5 000 € zur Errichtung von Wohneigentum im Neubaugebiet. Jetzt ist das ein Affront. Wenn der Notarvertrag nicht vor dem angeblichen Stichtag gemacht wird oder es keinen Stichtag gibt, können wir das Geld fast behalten. Ich brauche es früher, denn ich muss gleich bezahlen. Das Geld wird von der Kommune gegeben, und dann führt man das Geld wieder ab. Bei uns kostet ein Häus chen mindestens 334 000 €; das ist der unterste Preis.“ Wie stehen Sie zu dieser Aussage? Der Bürgermeister beschwert sich.
Zweite Frage: Bis jetzt hat man weder in der Ersten Beratung noch in der Ausschussberatung eine für mich schlüssige Aus sage getroffen: Warum treffen Sie gerade in diesem Gesetz keine Stichtagsregelung, nachdem Notare, Banken und Bau willige konkret fragen: Wann tritt das jetzt in Kraft? Tritt das am 4. November in Kraft? Warum regeln Sie das nicht? Ich finde, in diesem Gesetz ist diese Regelung dringend notwen dig. Warum nennen Sie keinen Stichtag?
Zu Ihrer ersten Frage: Ich finde es sehr löblich, wenn Kommunen junge Familien unterstützen, damit sich diese dort ansiedeln können. Daran hat die Kom mune auch ein Eigeninteresse. Die Kommune würde das nicht machen, wenn sich das für die Kommune nicht rechnen wür de. Das muss man auch sagen. Das macht sie ja nicht selbst los. Vielmehr hat die Kommune ein Interesse daran. Deswe gen finde ich es toll, dass es viele Kommunen gibt, die so et was machen. Wie gesagt: Wir wollen und werden das den jun gen Familien zweifach zurückgeben.
Zum einen geschieht dies durch eine bessere Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur. Wenn Sie den Bürgermeister fragen, wird er Ihnen sicher sagen, dass die Kommunen dort eine deutliche Unterstützung brauchen.
Bisher hat noch kein Bürgermeister zu mir gesagt: „Den Aus bau der Kleinkindbetreuung stemmen wir völlig ohne irgend welche zusätzlichen Mittel.“ Nein, die Kommunen brauchen da Unterstützung. Herr Zimmermann, Sie sind vielleicht auch noch Mitglied eines Gemeinderats und wissen, dass wir die Kommunen dabei nicht im Stich lassen dürfen.
Zum Zweiten: Es stimmt einfach nicht, dass noch kein Gesetz ohne Stichtagsregelung verabschiedet worden sei.
Die Formulierung, dass das Gesetz am Tag nach seiner Ver kündung im Gesetzblatt in Kraft tritt, haben wir bei sehr vie len Gesetzen. Bei Steuergesetzen ist dies nicht ganz so oft der Fall.
Denn die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuer, Herr Wald, die wir als Land selbst beschließen dürfen. Daher kann ich Ih re Frage, Herr Zimmermann, nicht verstehen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung wird mit die ser Erhöhung drei Ziele umsetzen. Erstens werden wir besse re Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten für unsere Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg schaffen. Zweitens werden wir die Finanzausstattung der Kommunen deutlich verbessern und nicht wie die Vorgängerregierungen die Kom munen beim Thema Kinderbetreuung alleinlassen. Drittens werden wir den Haushalt nicht nachhaltig zusätzlich belasten. Im Prinzip ist es also ein abgerundetes Paket: mehr Bildung und Betreuung und eine nachhaltige Haushaltspolitik.
Wir werden in den kommenden Wochen mit den Kommunen zum Abschluss kommen, was das Gesamtpaket zum Thema „Bildung und Betreuung“ angeht. Ich bin mir sicher, dass wir damit nicht nur für die jungen Familien, sondern auch für die Kommunen eine hervorragende Lösung finden werden.
Wir werden in Kürze das neue Wohnungsbauförderungspro gramm vorlegen, mit dem dann nachgewiesen sein wird, dass eine junge Familie mit Kindern keine zusätzliche Belastung hat.
Alles in allem ist das eine hervorragende Sache im Sinne der Nachhaltigkeit, im Sinne der Bildungsgerechtigkeit und im Sinne der Finanzausstattung unserer Kommunen.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/497.