Protocol of the Session on February 18, 2016

Meine Damen und Herren, dass wir Fluchtursachen bekämp fen müssen, dass wir den Zustrom minimieren müssen, dass wir für eine gerechtere Verteilung sorgen müssen, darin sind wir uns doch einig. Deshalb verstehe ich die Schärfe auch gar nicht, die in diese Diskussion gebracht wird. Ja, es ist so – die Integrationsministerin hat darauf hingewiesen –: Wenn es um die Stärkung von Frontex oder EASO geht, so ist dies relativ schnell beschlossen und auch artikuliert. Aber die Umsetzung kann doch nicht auf Knopfdruck, von heute auf morgen funk tionieren. Auch dies muss erst organisiert und in die Gänge gebracht werden.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Präsident, ich las se jetzt keine Zwischenfragen zu.

Sie gestatten keine Zwischenfra ge.

Herr Mack, Sie haben so sa lopp von den 3 Milliarden € gesprochen, die zur Verfügung gestellt worden seien. Ja, diese waren zwar zugesagt, aber zur Verfügung gestellt sind sie noch immer nicht, jedenfalls nicht in Gänze, nicht in vollem Umfang. Eine solche Kritik richten Sie doch bitte nach Berlin, an Ihre Kanzlerin und an Ihre Par teifreunde, damit diese auf der europäischen Ebene dafür sor gen, dass in den Ländern, in denen Vertreter von Parteien re gieren, die Ihnen nahestehen, das umgesetzt wird, was zuge sagt worden ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Ich habe keine Kritik an der Bundesregierung geübt! – Abg. Willi Stäche le CDU: Steinmeier!)

Meine Damen und Herren, auch wenn es darum geht, mit den hauptsächlichen Herkunftsländern Maßnahmen zur Verhinde rung von Ausreisen zu beschließen, ist doch am allerwenigs ten das Land Baden-Württemberg gefordert. Baden-Württem berg ist zwar ein starkes und gutes Land, ein durchsetzungs fähiges Land, aber es ist nicht unsere Aufgabe, dies umzuset zen, sondern es ist Aufgabe des Bundes, hier voranzukom men. Der Bund muss dafür sorgen, dass die Nachbarländer Syriens entsprechend Unterstützung erhalten, um die mehr als vier Millionen Flüchtlinge, die gegenwärtig dort sind, adäquat zu verpflegen und ihnen zumindest unter humanitären Bedin gungen zu ermöglichen, ihr Leben zu gestalten.

Ich möchte nun noch zu der Frage kommen, was Baden-Würt temberg hierzu beiträgt. Ich will ausdrücklich festhalten: Ba den-Württemberg, unser Bundesland, diese Landesregierung, hat an keiner einzigen Stelle und zu keinem Zeitpunkt irgend ein Verfahren auf der Bundesebene verschleppt oder gar blo ckiert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Doch! Das Asylpaket II!)

Ich lese Ihnen beispielsweise einfach einmal den Zeitplan der Bundesregierung, des Bundeskanzleramts für die Behandlung des Themas „Sichere Herkunftsstaaten“ im Bundesrat vor. Im Zeitplan der Bundesregierung steht: Erste Beratung am 18. März. Da haben wir weder etwas behindert noch etwas verschleppt, noch haben wir irgendetwas gemacht. Das ist der Zeitplan Ih res Bundeskanzleramts, dem wir hierbei folgen; das will ich einmal in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Auch was die Vergangenheit betrifft, haben Sie offenbar völ lig vergessen, dass diese Landesregierung, dass Baden-Würt temberg im September 2014 im Bundesrat der Ausweisung sicherer Herkunftsstaaten, nämlich Serbien, Mazedonien, Bos nien-Herzegowina, zugestimmt hat

(Zuruf des Abg. Matthias Pröfrock CDU)

und dies im Herbst 2015 gleichermaßen auch für Kosovo, Montenegro und Albanien getan hat.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Um welchen Preis?)

Nicht: „Zu welchem Preis?“ Es ist doch nicht nur legitim, sondern es ist eine Pflicht, in solche Verhandlungen gute Vor schläge einzubringen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf: Unter welchen Bedingungen?)

Es gibt keine Voraussetzungen dafür, unter welchen Bedin gungen wir verhandeln. Der Ministerpräsident war immer ge rade einer von denjenigen, die gesagt haben: Man muss sich zusammensetzen, man muss verhandeln, man muss gesprächs bereit sein. Ich will ausdrücklich hinzufügen: Man muss be reit sein, über gute Vorschläge zu diskutieren und darüber nachzudenken, ob nicht zumindest ein gewisser Teil derer, die eine Duldung erfahren – aus welchen Gründen auch immer –, tatsächlich in eine Altfallregelung überführt werden kann.

Dies halte ich übrigens für einen außerordentlich klugen Vor schlag, der das Verfahren doch gar nicht behindert, sondern der eher dazu beitragen kann, dass das BAMF entlastet wird und dass gerade solche Menschen schneller Zugang zum Ar beitsmarkt finden können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Nein, Herr Zimmermann, Sie wissen ganz genau, dass eine Duldung an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist und nicht etwa aus dem Ärmel geschüttelt wird. Sie wissen näm lich sehr genau – deshalb finde ich diese Zahlenvergleiche, die Sie anstellen, Herr Rülke, einfach unredlich –,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Windig!)

dass manche der Menschen, die eine Duldung erfahren und dadurch zugestandenermaßen auch ausreisepflichtig sind, aus unterschiedlichen Gründen eben nicht ausreisen oder abge schoben werden können. Denn es gibt einfach Abschiebungs- und Ausreisehindernisse, die wir allein nicht beseitigen kön nen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Deshalb haben wir in unserem Bundesland – das wurde heu te wiederholt deutlich gemacht – – Ich wundere mich schon, dass Sie uns immer für etwas kritisieren, wofür uns der Bun desinnenminister und übrigens auch die Kanzlerin tatsächlich loben: Wir haben das, was aufgrund der auf Bundesebene ge troffenen Beschlüsse rechtlich möglich war, schneller und konsequenter umgesetzt als andere Länder. Und Sie meinen, dies hier bei uns kritisieren zu können.

Wenn Sie von abgeschobenen Asylbewerberinnen und Asyl bewerbern reden, dann vergessen Sie immer ganz geflissent lich, dass wir beispielsweise im Bereich der freiwilligen Aus reise ebenfalls exzellente Zahlen erzielt haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die sind erhöht wor den, die Abschiebungszahlen dagegen nicht!)

Wir haben nämlich die Zahl der Rückführungen um 150 % er höht, sind also wesentlich erfolgreicher gewesen als beispiels weise bei den zwangsweise durchgeführten Abschiebungen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das hätte ich lieber nicht noch mals gesagt!)

Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, Herr Kollege Mack: Sie können hier so viele Zeitungsartikel präsentieren, wie Sie wollen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist eine Pressemit teilung!)

Diese Aussage entspricht jedenfalls nicht der Lebenswirklich keit. Der Kollege Sakellariou hat es deutlich gesagt: Der Ab gang der algerischen Asylbewerber in Stuttgart wäre bei Bay ern eine Ausreise, bei uns aber nicht,

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

weil wir genau wissen – jedenfalls spricht vieles für diese An nahme –, dass sich diese noch in Baden-Württemberg bzw. in der Bundesrepublik befinden.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Jetzt kapiert er es hoffentlich!)

Deshalb sind sie gegenwärtig auch zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Und Sie dürfen sicher sein: Sollten sich dar unter Straftäter befinden, dann werden diese auch in Abschie behaft genommen. Das kann ich Ihnen ganz einfach sagen.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Aha! Wo denn?)

Übrigens, nur nebenbei bemerkt: Wir haben im zurückliegen den Jahr 502 Ausweisungsverfügungen gegen Straftäter erlas sen. Auch dies will ich dem Märchen, wir würden in diesem Bereich nichts tun, ausdrücklich entgegenhalten.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf des Abg. Matthias Pröf rock CDU)

Unser Kosovo-Projekt, das heißt, das beschleunigte BAMFVerfahren, unsere Priorisierung beispielsweise der Rückzu führenden aus dem Westbalkan, werden wir auf die MaghrebStaaten ausweiten. Wir haben im Übrigen – auch das wissen Sie – die Stellenzahl im Regierungspräsidium um rund 200 erhöht, um dort noch aktiver werden und noch konsequenter agieren zu können, als wir dies gegenwärtig tun.

Meine Damen und Herren, wir in Baden-Württemberg haben uns diesbezüglich gar nichts vorzuwerfen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Nein, nein!)

Wenn es Nachholbedarf gibt, dann gibt es diesen auf der Bun desebene – es gibt ihn selbstverständlich –, und es gibt ihn gleich zweimal auf der europäischen Ebene. Aber die badenwürttembergische Landesregierung und die sie tragenden Par teien haben deutlich gemacht: Wir handeln koordiniert, ent schlossen und mit der ganzen Verantwortung und Kraft, die wir in diese Prozesse einbringen können.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Deshalb könnten Sie sich Diskussionen wie die heutige spa ren. Fragen Sie sich einmal selbst, welche dieser Maßnahmen und Äußerungen denn tatsächlich zu einer Stärkung des rech ten Randes in unserer Gesellschaft beitragen.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, nach dem die Regierung die Redezeit überschritten hat, teile ich je der Fraktion noch einmal zwei zusätzliche Minuten Redezeit zu.

Herr Kollege Mack, bitte.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, man muss für die se zwei Wortmeldungen Ihrer Kabinettsmitglieder geradezu dankbar sein. Sie haben nämlich nichts anderes gemacht, als hier einen Offenbarungseid zu leisten. Das muss ich einmal ganz klar sagen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die Trophäe für den Witz des Tages ist Ihnen sicher, Herr Kollege!)