Protocol of the Session on February 18, 2016

Zweitens: Wie viele wären denn von der Einführung einer blauen Plakette betroffen? Sie haben ja gerade gesagt, wenn 80 % der Fahrzeuge eine blaue Plakette hätten, machte es Sinn. Aber ich frage jetzt andersherum: Wie viele wären be troffen, und wie viele gibt es denn, die keine blaue Plakette haben?

Sie können die Frage zwar umdrehen, aber die Antwort ist trotzdem die gleiche, nämlich die, die ich vorhin schon gegeben habe: Die Einfüh rung einer nächsten Stufe der Umweltzone mit blauer Plaket te ist erst nach Änderung des Bundesrechts möglich und macht mit den Vorläufen, die dafür notwendig sind, erst dann Sinn, wenn 80 % der Kfz und der leichten Nutzfahrzeuge diese An forderungen erfüllen. Daraus können Sie sich dann ausrech nen, wie viele von einer entsprechenden Regelung – blaue Pla kette – maximal betroffen sein könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Wie ist es mit Fahrverboten?)

Zu den Fahrverboten – das ist auch eine hypothetische Fra ge –: Ich habe ganz klar und deutlich gesagt, dass wir in der ersten Stufe in unserem Konzept auf Freiwilligkeit setzen. Dass wir auch weiterhin optimistisch sind, habe ich, glaube ich, ebenfalls anklingen lassen, also dass wir den Effekt, den der erste Feinstaubalarm hatte, noch steigern können. Inso weit ist es das, woran wir im Moment arbeiten und worauf wir setzen. Alles andere wird dann zu einem späteren Zeitpunkt zu diskutieren sein.

Es liegt eine weitere Fra ge vor, und zwar von Herrn Abg. Schmiedel.

Frau Staatssekretärin, berück sichtigt die Landesregierung bei ihrem Feinstaubkonzept, dass moderne Dieselfahrzeuge mit Partikelfilter luftreinigend, fein staubreinigend wirken? Denn nach einer Untersuchung, die in Paris durchgeführt wurde, bleiben etwa 80 % der einge saugten Feinstäube am Partikelfilter hängen, sodass es für die Feinstaubmenge nicht gerade hilfreich wäre, wenn all die Die selfahrzeuge mit Partikelfilter außerhalb der Stadt blieben.

Diesem Gedanken kann ich jetzt spontan nicht folgen.

(Heiterkeit der Abg. Norbert Beck und Nicole Raza vi CDU)

Mir ist die Untersuchung auch nicht bekannt. Aber erstens ist zu sagen, dass wir in Stuttgart ein Feinstaubproblem und ein Stickoxidproblem haben, dass wir also den Ausstoß von bei dem absenken müssen, um endlich die Grenzwerte einzuhal ten. Beim Feinstaub kommt zweitens hinzu, dass nur etwa die Hälfte des Feinstaubs, der über den Kfz-Verkehr erzeugt wird, tatsächlich aus dem Auspuff kommt und ein erheblicher An teil auf Abrieb und Aufwirbelung zurückzuführen ist.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Salzgehalt! Streusalz!)

Das Streusalz wird herausgerechnet. Der aufmerksame Zei tungsleser hat auch das aus dem Feinstaubalarm gelernt,

(Heiterkeit der Abg. Nicole Razavi CDU)

dass Streusalzanteile nachträglich per gravimetrischer Mes sung ermittelt und dann abgezogen werden.

Herr Kollege Schmiedel, ich finde den Gedanken

(Zuruf von der CDU: Entzückend!)

ganz charmant, aber ich glaube, dass er einer vertieften Be trachtung nicht standhält. Dass also mehr Fahrzeuge hinter her zu einer saubereren Luft führen,

(Heiterkeit der Abg. Nicole Razavi CDU)

ist nicht anzunehmen.

Es liegt eine weitere Zu satzfrage vor. – Herr Abg. Dr. Murschel, bitte schön.

Frau Staatssekretärin, ich möchte gern noch einmal auf die interessante Theorie des Dieselmotors als Feinstaubsauger zurückkommen. Eine wei tere Erkenntnis bei diesem Feinstaubalarm war – Sie haben es gerade angesprochen –, dass ein Drittel der Emissionen tat sächlich durch den Abrieb kommen. Dies bedeutet gedank lich einiges an Überlegungen, etwa hinsichtlich der Frage der Elektromobilität, aber auch bei der Frage der Neuausrichtung oder Forschungsoptimierung im Bereich abriebfester Brems beläge und anderer abriebfester Materialien.

Gedenkt die Landesregierung in dieser Richtung aktiv zu wer den und dort eine Neuausrichtung der Forschung zumindest anzuregen?

Herr Abgeordneter, wir denken laufend darüber nach und verfolgen natürlich auch die Fachdiskussion zu diesem Themenfeld und dazu, welche neu en Entwicklungen es gibt. Wir werden uns auch die vom Kol legen Schmiedel angesprochenen Fragen noch genauer an schauen. Aber bislang ist eine einfache Methode noch nicht gefunden worden, die entweder den Feinstaub absaugt oder das Entstehen von Feinstaub verhindert. Insoweit haben wir ein ganzes Maßnahmenbündel in unser Konzept aufgenom men, weil wir meinen, nur mit der Umsetzung eines Maßnah menbündels wirklich weiterzukommen.

Die Überlegung, was man alles machen könnte, etwa damit der Feinstaub kleben bleibt, gab es vor Jahren schon einmal. Aber bislang sind entsprechende Entwicklungen nicht mit dem Erfolg verbunden gewesen, den man sich zunächst erhofft hat te.

Es liegt eine weitere Zu satzfrage des Herrn Abg. Schwarz vor.

Frau Staatssekretärin, Sie haben gerade dargelegt, dass ein Maßnahmenbündel hilft. Bei der Frage der CDU-Fraktion könnte man auf den Gedanken kommen, der CDU ginge es nur um Fahrverbote.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Frage!)

Können Sie daher nochmals darlegen, dass die Landesregie rung im Rahmen dieses Maßnahmenbündels auf Freiwillig keit setzt, und können Sie auch nochmals den rechtlichen Rah men beschreiben?

Ich habe schon beschrie ben, dass wir uns in der ersten Stufe des Konzepts auf Frei willigkeit konzentrieren. Im Übrigen ist vom Feinstaubalarm – auch das möchte ich sagen – nicht nur das Thema „Auto ste hen lassen“ umfasst, sondern es geht auch um Holzfeuerun gen, um Komfortkamine, die nicht zur Heizung benötigt wer den. Auch diese Dinge sind in das Konzept eingebunden.

Natürlich setzt der Luftreinhalteplan – das war auch schon vor unserer Regierungszeit so – auf ein breites Bündel, bei dem es auch darum geht, den umweltverträglichen Verkehr insge samt in Stuttgart zu stärken, also z. B. Fußverkehr, Radver kehr usw. voranzubringen, den ÖPNV attraktiv zu machen, den Modal-Split so zu verschieben, dass die Anzahl der KfzBewegungen tendenziell abnimmt.

Ich hoffe, damit ist Ihre Frage beantwortet.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Hervorragend be antwortet!)

Es gibt eine weitere Zu satzfrage des Abg. Schmiedel.

Frau Staatssekretärin, ich habe aus Ihren Bemerkungen geschlossen, dass Sie vorhaben, die se Untersuchung, von der ich gesprochen habe, in die weite ren Überlegungen zum Feinstaubalarm einzubeziehen. Kön nen Sie sich vorstellen, auch die Überlegung mit einzubezie hen, dass manche zur Rechtfertigung, weshalb sie den Fein staubalarm missachtet haben, anführen, dass sie mit Elektro autos unterwegs sind? Deren Fahrzeuge wirken aber über Rei fen, über Bremsen ebenfalls feinstauberzeugend und haben keinen Partikelfilter, sodass alles in der Luft bleibt – anders als bei einem anständigen, guten Daimler-Diesel.

(Heiterkeit)

Es ist wie daheim. Da nimmt man auch einen Staubsauger, saugt die staubbehaftete Luft ein, und hinten kommt Schwarz waldluft raus. So ähnlich ist das auch beim Diesel.

Zweite Frage: Die Pflicht, Holzheizungen mit Filtern zu ver sehen, findet erst ab 2020 Anwendung. Können Sie sich vor stellen, mit der Landeshauptstadt zusammen ein Anreizpro gramm auf den Weg zu bringen, um Holzheizungen mit den dringend benötigten Filtern zu versehen und damit die Grund belastung der Stuttgarter Luft durch diese Holzheizungen im Winter zu mindern, statt zu warten, bis die Pflicht eintritt? Ein solches Anreizprogramm würde, meine ich, mehr helfen als ein Fahrverbot.

Zur ersten Anregung ha ben Sie mich richtig verstanden, dass wir das gern prüfen und uns die Studie anschauen, die Sie genannt haben.

Zum Zweiten – auch das nehme ich gern im Sinne eines Prüf auftrags mit – will ich grundsätzlich sagen: Die Staubsauger theorie ist sicherlich nicht ganz so einfach, dass die Luft ein gesaugt wird und hinten die Schwarzwaldluft herauskommt. Es ist auch bei vielen Staubsaugern nicht der Fall, dass sie von der Qualität her so arbeiten.

Wie eingangs schon gesagt: Wir haben nicht nur das Fein staubproblem, sondern auch das Stickoxidproblem. Sie ken nen auch die Diskussion, die uns in den letzten Monaten in

tensiv beschäftigt hat, ob am Ende wirklich das aus dem Aus puff herauskommt, was der Hersteller angibt. Auch das spielt bei unseren Überlegungen eine Rolle.

Wir müssen insgesamt dazu kommen, dass die Luft den Qua litätsanforderungen, auf die sich die Mitgliedsstaaten der EU vor vielen Jahren geeinigt haben, entspricht – im Sinne der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner und deren Ge sundheit. Das Ziel ist, eine saubere Luft zu haben, von der kei nerlei Gesundheitsgefahren ausgehen.

Danke schön. – Es liegt eine Frage des Herrn Abg. Hauk vor. – Kollege Hauk, Sie hat ten sich gemeldet.

Frau Staatssekretärin, neben der Staubsaugertheorie haben Sie sich vielleicht auch mit der Messtheorie oder der Messpraxis beschäftigt. Vielleicht könn ten die Feinstaubwerte ein höheres Maß an Realismus erfah ren, wenn die Messstellen endlich so aufgestellt würden, wie die Feinstaubrichtlinie der Europäischen Union es vorsieht, nämlich repräsentativ und nicht so, wie sie derzeit stehen. Denn damals – vor 30 bis 40 Jahren – wurden sie, z. B. am Neckartor, mit einer völlig anderen Intention aufgestellt.

Haben Sie sich mit dieser Richtlinie und mit Messpraxis oder Messtheorie schon einmal beschäftigt?

Ja, ich weiß sehr genau, dass die Messstellen dieselben sind, die die Vorgängerregie rung gewählt hat – unter Beachtung der Regelungen, die die EU für die Anordnung solcher Messstellen vorgegeben hat. Es haben auch Vergleichsmessungen stattgefunden, um aus zuschließen, dass es an einer Stelle, z. B. am Neckartor, eine örtlich begrenzte Anomalie ist. Insoweit halten wir die Mess stationen und deren Anordnung weiterhin für richtig.

Eine Rückfrage wäre, ob Sie uns empfehlen würden, die Messstellen jetzt zu ändern, nachdem sie noch zu Zeiten der CDU-geführten Regierung genau an diesen Stellen mit dem fachlichen Hintergrund aufgestellt wurden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das war eine konkrete Fra ge, Frau Staatssekretärin!)

Ja, es hätte mich einfach interessiert, ob das ein Ratschlag wäre.

Kollege Hauk, eine Zu satzfrage?

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein, ich möchte nur die Frage der Frau Staatssekretärin beantworten!)

Dann beantworten Sie die Frage der Frau Staatssekretärin. Dann machen wir die Fragestunde einmal andersherum.