(Beifall der Abg. Muhterem Aras und Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Abg. Tobias Wald CDU: Dann le gen Sie ein Gesetz vor! – Zuruf der Abg. Tanja Gön ner CDU)
Mit den Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in der ge schätzten Höhe entlasten wir die Kommunen. Wir bauen die Kleinkindbetreuung aus und setzen den Orientierungsplan um; hinzu kommen Sprachförderung und der Wiedereinstieg des Landes in die Finanzierung der Schulsozialarbeit und der Ganztagsbetreuung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit stärken wir die Familien. Das ist die wichtigste Botschaft.
Die verbesserten Betreuungsangebote werden es für viele Menschen einfacher machen, Familie und Beruf zu vereinba ren. Es ist richtig – da stimme ich den kritischen Zwischen fragern durchaus zu –, dass eine Steuererhöhung den Erwerb eines Bauplatzes oder eines Eigenheims auch für Familien teurer macht. Das streiten wir nicht ab. Wir können im Gesetz aber leider keine Ausnahmetatbestände formulieren.
Wir haben hier nur die Möglichkeit, den Steuersatz zu erhö hen. Das ist nach der Föderalismusreform unser Zuständig keitsbereich.
Herr Wald, das Gesetz nachzubessern ist nicht möglich. Aber wir wollen die Menschen von den Belastungen, die auf sie zu kommen, entlasten und werden das Landeswohnungsbauför derungsgesetz zu einem Instrument machen, mit dem entste hende Härten abgefedert werden. Wir können das nicht gleich machen. Zuerst müssen natürlich die Einnahmen kommen, bevor wir das Geld ausgeben. Das geht alles der Reihe nach und erfolgt in einem richtigen Konsens.
Einen Teil der Steuereinnahmen geben wir damit den Famili en zurück. Dann haben wir genau das, was eigentlich auch die CDU wollte: Grunderwerbsteuererhöhung und Entlastung der Familien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie können dem Gesetzentwurf also ruhigen Gewissens zustimmen und damit den Familien und den Gemeinden etwas Gutes tun.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ein Gesetz da, und ein Gesetz da! – Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Föderalismusre form haben wir dieses Instrument bekommen. Die Gemein den machen Gebrauch davon. Elf der 16 Bundesländer haben schon jetzt einen Steuersatz von über 3,5 %. Darunter sind durchaus auch CDU/FDP-regierte Länder.
Leider ist die Grunderwerbsteuer die einzige Möglichkeit des Landes, über Steuern Einnahmen zu beschaffen, die nicht
gleich über den Länderfinanzausgleich wieder weggenommen werden. Wir haben bei der Grunderwerbsteuer also Gestal tungsspielraum.
Ich trete auch Argumenten entgegen, diese Steuer belaste nur Familien oder Käufer. Auch auf dem Grundstücksmarkt gel ten noch die Regeln von Angebot und Nachfrage. Mit im Boot sind dort sicher auch Verkäufer bis hin zu Grundstücksmak lern.
Gestatten Sie mir noch zwei Anmerkungen aus der Praxis als langjähriger Bürgermeister und als Ratschreiber:
Erstens: Ich habe in den letzten 26 Jahren als Käufer und als Verkäufer unzählige Verträge abgeschlossen. Ich kann mich nicht erinnern, dass einer dieser Verträge an der Grunderwerb steuer gescheitert wäre.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sonst wä ren sie ja nicht abgeschlossen worden! – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)
Zweitens: Meine Stadt baut gerade zusammen mit der größ ten örtlichen Firma eine neue, große Kinderkrippe. Wir stel len damit die Kleinkindbetreuung sicher; wir tun das auch schon mit den Kirchen. Aber die Belastungen sind enorm. Wir verzweifeln beinahe, wenn wir die Folgekosten dieser wich tigen Arbeit sehen. Ich kann Ihnen versichern: Städte und Ge meinden warten heute händeringend darauf, dass wir dieses Problem lösen.
Unsere Fraktion schluckt die bittere Pille Steuererhöhung. Wir gleichen Belastungen für Kommunen und Familien aus. Wir reichen den Kommunen die Hand zum Pakt und stimmen die ser Grunderwerbsteuererhöhung zu.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich Sie, Herr Kollege Maier, dazu beglückwünschen, dass keiner der Ver träge, die Sie abgeschlossen haben, an der Grunderwerbsteu er gescheitert ist. Das ist auch einigermaßen logisch. Es sind nur die Verträge gescheitert, die Sie nicht abgeschlossen ha ben.
Wenn wir uns einmal die Frage stellen, wer bei der heutigen Argumentation „Wir erhöhen oder erfinden eine bestimmte Steuer zu einem bestimmten Zweck“ Pate gestanden hat, dann kommen wir, Herr Finanzminister, relativ rasch auf Kaiser Wilhelm II., glaube ich. Wilhelm II. hat einmal die Sektsteu er erfunden mit der Begründung, man brauche diese Einnah men zum Ausbau einer Schlachtflotte.
Diese Schlachtflotte liegt mittlerweile seit mehr als 90 Jahren versenkt im Skagerrak, aber die Sektsteuer gibt es noch im mer.
Eine ähnliche Entwicklung wird in diesem Fall eintreten. Denn es gibt keine Bindung von Steuern für einen bestimm ten Zweck. Der einzige Grund, dass Sie diese Verbindung her stellen, ist, dass Sie das Ganze der Öffentlichkeit besser ver kaufen können. Denn es klingt gut, dass man eine Steuer er höht, um die Betreuung von Kindern zu finanzieren.
Meine Damen und Herren, in dieser Debatte wurde bisher viel zu wenig über die Auswirkung dieser Steuererhöhung auf die Wirtschaft diskutiert. Die vorherige Regierungskoalition hat – das ist richtig – im vergangenen Jahr darüber diskutiert, ob man eine Grunderwerbsteuererhöhung vornehmen und im Ge genzug – so, wie Kollege Wald es geschildert hat – beim Erst erwerb von Wohnungseigentum eine Entlastung gewähren kann. Sie haben das wieder angesprochen.
Sie haben allerdings auch angesprochen, dass der Mittelstand, die Unternehmen, mit belastet werden. An dieser Stelle haben Sie keine Entlastung vorgeschlagen. Weil wir in einer Grund erwerbsteuererhöhung eine deutliche Belastung des Mittel stands sehen, haben wir diese Maßnahme im letzten Jahr ab gelehnt. 70 % bis 80 % der Betriebsimmobilien sind im Be sitz mittelständischer Unternehmen. Herr Minister Schmid, es ist keine Polemik, sondern geht auf eine wissenschaftliche Un tersuchung zurück, wenn das RWI sagt, dass Sie mit dieser Grunderwerbsteuererhöhung kleine und mittelständische Un ternehmen sowie junge Familien mit Kindern treffen, die beim Immobilienerwerb ohnehin eine zu geringe Eigenkapitalquo te von im Durchschnitt 30 % haben, die so weiter reduziert wird.
Ein guter Teil der rund 15 000 Unternehmensnachfolgen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2015 wären betroffen, wenn die Unternehmen nicht in Familienbesitz blieben. Es muss da rum gehen, die Möglichkeit zu schaffen, diese Unternehmens nachfolgen zu gestalten. Wenn die Unternehmen nicht im Fa milienbesitz bleiben, dann wird Grunderwerbsteuer – in die sem Fall die höhere Grunderwerbsteuer – fällig.
Frau Kollegin Aras, insofern kommt dieses Vorhaben nicht nur dem Baugewerbe nicht zugute, sondern dieses Vorhaben schadet dem Mittelstand und der Wirtschaft insgesamt. Mit dieser Maßnahme treiben Sie Unternehmen aus dem Land und verhindern Betriebsweiterführungen. Das ist die Wahrheit. Deshalb sind wir heute genauso dagegen, wie wir vor einem Jahr dagegen waren.
Dass Sie die jungen Familien treffen, die man fördern will, ist auch klar. Ihre Argumentation ist schon etwas lustig. Zunächst wollen Sie die Grunderwerbsteuer zugunsten junger Famili en erhöhen. Damit verhindern Sie, dass sie Wohneigentum schaffen. Anschließend gewährt man diesen jungen Familien einen Bonus für die Kinderbetreuung. Das ist ungefähr so, als wenn Sie jemandem erst den Führerschein wegnehmen und ihm dann einen Benzinkostenzuschuss gewähren. Das ist die
Nicht die FDP/DVP, sondern wiederum das RWI sagt, dass damit andere Fördermaßnahmen wie beispielsweise der „WohnRiester“ konterkariert werden. Zudem schaffen wir so kein at traktives Angebot für Fachkräfte. Sie haben von Fachkräften gesprochen, meine Damen und Herren von den Regierungs fraktionen. Wir wollen Fachkräfte nach Baden-Württemberg locken. Das schafft man aber sicherlich nicht, wenn die Kos ten für den Erwerb von Wohneigentum steigen. Das ist näm lich ein Standortfaktor.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Kinderbetreu ungsplätze sind auch ein Standortfaktor!)
An dieser Stelle konterkarieren Sie Ihren eigenen Koalitions vertrag. In diesem haben Sie festgehalten, dass Sie den Mit telstand und Existenzgründer fördern wollen. Sie machen aber genau das Gegenteil. Die Wahrheit ist, dass Sie mit dieser Er höhung der Grunderwerbsteuer, mit dieser Steuererhöhungs orgie, zu der Sie jetzt ansetzen – die Grunderwerbsteuer wird um mehr als 40 % erhöht –, am Ende des Tages letztlich eine Gegenfinanzierung für die Versorgung Ihrer Parteigänger im öffentlichen Dienst suchen.
Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Allgemei ne Aussprache ist damit beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/497 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Wirt schaft zu überweisen. – Dagegen erhebt sich kein Wider spruch. Damit ist es so beschlossen und Punkt 4 der Tages ordnung somit erledigt.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Rückabwicklung des Universitätsmedizinge setzes (UniMed-Rückabwicklungsgesetz – UniMed-RüG) – Drucksache 15/631
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die baden-württembergische Universitäts medizin leistet hervorragende Arbeit und erfreut sich deutsch landweit und auch international eines vorzüglichen Rufs.
Damit dies auch in Zukunft so bleibt, brauchen wir starke Uni versitätsklinika, Klinika, die über Entscheidungsfreiheit und Handlungsfähigkeit verfügen, Klinika, die sich mit ihrer gan zen Kraft ihren Aufgaben in Forschung, Lehre und Kranken versorgung widmen. Was wir hingegen nicht brauchen, sind Klinika, die entscheidungsschwach sind, die verstrickt sind in