Entscheidend ist aber, meine sehr verehrten Damen und Her ren: Wir müssen für die Familien im Land mehr tun, wir müs sen mehr für Bildungsgerechtigkeit tun, und wir dürfen das nicht immer über Schulden finanzieren. Deshalb müssen wir alle Spielräume nutzen, die sich der Landespolitik bieten, müssen konsequent sparen, aber auch die Einnahmesituation verbessern.
Wie wir alle wissen, ist die Grunderwerbsteuer nun einmal die einzige Steuerart, bei der das Land zumindest den Hebesatz selbst bestimmen kann. Das ist bedauerlich – wir haben alle gemeinsam in der letzten Föderalismuskommission dafür ge kämpft, dass die Länder auch bei anderen Steuerarten mehr Spielräume erhalten –, aber das ist nun einmal das, was Recht und Gesetz vorsehen. Im Übrigen ist durch die Erhöhung, die wir bei der Grunderwerbsteuer vorhaben, der Länderfinanz ausgleich nur geringfügig berührt. Deshalb ist die Botschaft klar: Diese Steuererhöhung kommt allein dem Land zugute. Sie stärkt die Familien im Land. Insofern ist es eine gute Steu ererhöhung für Baden-Württemberg.
Wir sollten diesen Spielraum für die wichtigen Zukunftsauf gaben nutzen, bei denen Länder zu Recht darauf hinweisen, dass sie mehr Geld bekommen müssen und dass sie bei einer anstehenden Föderalismusreform III, wie sie der Ministerprä sident angekündigt hat, dafür kämpfen werden, dass sie auch bei anderen Steuerarten mehr Spielräume erhalten. Das ist die zentrale Zukunftsaufgabe: mehr für Bildung, für Wissenschaft und Forschung zu tun und vor allem die Betreuungsangebote für die Kinder im Kleinkindalter zu verbessern. Das sollte uns eine soziale und kinderfreundliche Gesellschaft allemal wert sein.
Ich will noch darauf hinweisen, dass im Präsidium eine Re dezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt wurde. – Bit te, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Land Baden-Württemberg hat nach der aktuel len Auswertung des Statistischen Landesamts im ersten Halb jahr 2011 Steuern in Höhe von 13,4 Milliarden € eingenom men. Das sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 1,4 Mil liarden €, also fast 12 %, mehr.
Herzlichen Dank, richtig. Es ist schon erstaunlich, dass die Landesregierung gerade jetzt einen Gesetzentwurf einbringt, der massive Steuererhöhungen vorsieht. Der Gesetzentwurf der grün-roten Landesregierung sieht eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 40 % vor. Damit setzt sich BadenWürttemberg in negativer Hinsicht an die Spitze der Bundes länder – und dies in einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Land, in dem ohnehin Spitzenpreise für Immobilien bezahlt werden.
Die Landesregierung erklärt, dass die Erhöhung notwendig sei, um Kinderbetreuungsleistungen bezahlen zu können. Die Mehreinnahmen aufgrund der Grunderwerbsteuererhöhung kommen aber nach dem bisherigen Schlüssel nur im Jahr 2011 den Kommunen zugute. Danach kassiert das Land die Ein nahmen aus der Erhöhung allein – und dies, obwohl die Kom munen die Ausgaben für die Kinderbetreuung zu tragen ha ben.
Gerade unter ökologischen Aspekten ist eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer kontraproduktiv. Die Grunderwerbsteuer ist dann so angelegt, dass ein Neubau auf der grünen Wiese begünstigt und der Bestandserwerb benachteiligt wird.
Die Fläche unseres Landes ist endlich. Unser langfristi ges Ziel ist die Netto-Null beim Flächenverbrauch.
Baden-Württemberg wird sich in diesem Sinn für eine Grundsteuer- und Grunderwerbsteuerreform einsetzen.
Haben Sie dies schon vergessen, Herr Minister? Der Neubau von Immobilien wird mit Ihrem Gesetzentwurf attraktiver als Investitionen in den alten Immobilienbestand. Somit subven tionieren Sie die Stadtflucht.
Dem Landtag sollte es darum gehen, den Erwerb von Wohn eigentum gerade durch junge Familien nicht zu erschweren, sondern Möglichkeiten finanzieller Erleichterungen zu schaf fen.
Meine Damen und Herren, für Familien mit durchschnittli chem Einkommen wird der Traum vom eigenen Haus oder von der eigenen Wohnung zukünftig nahezu unerschwinglich. Nach fünf Monaten an der Regierung zeigen Sie Ihr wahres Gesicht.
(Beifall bei der CDU – Abg. Willi Stächele CDU: Sehr richtig! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bra vo!)
Die Entscheidung für Wohneigentum gilt es zu fördern und nicht durch eine Steuererhöhung zu konterkarieren.
Bessern Sie das Gesetz nach. Sehen Sie eine Unterstützung für Familien vor. Wenn ein junges Paar in der Phase der Fa miliengründung Wohneigentum erwerben will, dann zählt je der Euro bei der Entscheidung, ob man sich die Immobilie leisten kann oder nicht. Eine Erhöhung der Grunderwerbsteu er um 1,5 Prozentpunkte bedeutet bei einem Immobilienwert von 300 000 € sage und schreibe 4 500 € mehr Steuern.
(Abg. Willi Stächele CDU: Für eine junge Familie ist das viel! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Viel zu viel!)
Da nützt es auch nichts, wenn später möglicherweise eine Teil entlastung bei den Kosten für die Kinderbetreuung eintritt. Diese kommt dann zu spät.
In der Regel ist die Grunderwerbsteuer der erste Betrag, der nach Abschluss des Kaufvertrags zu bezahlen ist. Wir wissen es aus der Praxis: Kaum ist der notarielle Vertrag geschlossen, liegt bereits der Grunderwerbsteuerbescheid im Briefkasten.
Eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer wäre allenfalls dann denkbar, wenn der Ersterwerb einer Immobilie für Wohnzwe cke steuerfrei wäre und sich die Landesregierung vor allem auf einen nachhaltigen Konsolidierungskurs einließe und nicht, wie bislang geschehen, immer neue Mehrausgaben be schließt.
Die Grunderwerbsteuererhöhung trifft aber nicht nur denjeni gen, der eine Immobilie kauft, um darin zu wohnen. Grund stücke und Gebäude sind wichtige Produktionsmittel unserer Unternehmen. Zu einer funktionierenden Marktwirtschaft ge hört auch, dass Unternehmen gegründet, verlagert, übernom men oder umgewandelt werden. Hierbei handelt es sich um Vorgänge, die für die Grunderwerbsteuer relevant sind und die nun deutlich kostspieliger werden.
Eine höhere Grunderwerbsteuer führt auch dazu, dass beim Erwerb älterer Immobilien an den notwendigen Investitionen gespart wird, auch im Bereich der energetischen Sanierung,
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie tragen die Politik des Gehörtwerdens wie eine Monstranz vor sich her, selbst hören wollen Sie aber nicht.
In der Anhörung haben Sie lediglich die kommunalen Spit zenverbände, die von der Steuererhöhung zunächst profitie ren, berücksichtigt.
Die Gesetzesbegründung zeigt, dass die Landesregierung die Nachteile einer Grunderwerbsteuererhöhung zwar erkennt, diese aber bewusst in Kauf nimmt. Die CDU-Landtagsfrakti on lehnt den unausgegorenen und unsozialen Gesetzentwurf ab.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ja, heute steht die Veränderung des Steuersatzes für Grunderwerb auf der Tagesordnung. Fakt ist aber: Der Gesetzentwurf der grün-roten Regierung reicht weit über den Steuersatz hinaus. Denn im Kern diskutieren wir heute einen Meilenstein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in diesem Land.