Protocol of the Session on February 17, 2016

Zur Ausstellungseröffnung und Übergabe sowie zum anschlie ßenden Stehempfang lade ich Sie herzlich ein.

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr fortgesetzt.

Vielen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:03 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

(Zuruf von der SPD: Wir nehmen den Stuhlkreis! – Abg. Walter Heiler SPD: Das ist ja unglaublich! – Vereinzelt Heiterkeit!)

Das ist für Sie vielleicht ungewöhnlich, für mich nicht. Das ist bei allen Nachmittagssitzungen so.

(Abg. Walter Heiler SPD: Ich bin immer da!)

Herr Kollege, dann wissen Sie auch, dass das immer so ist und heute keine Ausnahme darstellt.

Ich eröffne den Nachmittagsteil der Sitzung mit Tagesord nungspunkt 5: Regierungsbefragung. Bei der Regierungsbe

fragung hat die Fraktion GRÜNE das erste Thema angemel det. Ich darf bitten, vorn am Pult vorzutragen. Sie kennen die Abfolge: Drei Minuten, und dann hat die Regierung fünf Mi nuten Zeit für die Antwort.

H o c h w a s s e r s c h u t z

Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine Damen und Herren! Ich stelle folgende Frage an das Umweltministerium, an Herrn Minister Untersteller.

Herr Minister, die Hochwassersaison neigt sich dem Ende zu, und glücklicherweise gab es im abgelaufenen Jahr 2015 kei ne gravierenden Hochwasserereignisse, vor allem kein so massives wie im Jahr 2013 an der Elbe. Ein Elbehochwasser wie 2013 ist uns in diesem Jahr erspart geblieben. Der Klima wandel führt allerdings zu immer nasseren Wintern, gelegent lich auch einmal zu exzessiven Regenereignissen im Sommer. Aber vor allem im Winter ist das Hochwasserrisiko deutlich höher als sonst im Jahr.

Beim Thema Hochwasserschutz ist es immer besser, vorzu sorgen, als hinterher nachsorgen zu müssen, sprich etwa Stra ßen neu zu bauen, Uferabbrüche zu ersetzen usw. In diesem Zusammenhang interessiert mich, was die Landesregierung unternommen hat, und rückblickend, welches Gewicht sie dem Hochwasserschutz in der Vergangenheit eingeräumt hat. Was hat die Regierung also in den letzten vier bis fünf Jahren getan, und wie lief der Hochwasserschutz früher ab?

Dazu meine Frage: Könnten Sie uns die Entwicklung der Haushaltsansätze von 2005 bis heute aufzeigen? Zweimal fünf Jahre sind zwei schöne Blöcke, um das gut darzustellen.

Die Regierung darf auf eine Frage immer nur fünf Minuten lang antworten. Das will ich nur vorausschicken.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen Abgeordnete! Zunächst bedanke ich mich vielmals für die Frage. Im Bereich des Hochwasserschutzes gilt in der Tat, dass eine ausreichende Vorsorge für statistisch durchaus sel tene größere Hochwasserereignisse zu schaffen ist, um die Schäden, die daraus resultieren können – die Schäden können in die Milliarden gehen –, zu vermeiden.

Wir haben selbst vor einigen Jahren – besser gesagt: sogar meine Vorgängerin – eine Studie beim KIT zu der Frage fer tigen lassen: Wie groß könnten die Schäden beispielsweise im Oberrheingebiet sein, wenn ein hundertjährliches Hochwas ser eintritt? Ergebnis: Es könnte im Extremfall zu Schäden in einer Größenordnung von 6 bis 7 Milliarden € kommen. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, haben wir alle gemeinsam – Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt – im Jahr 2013 erlebt, als wir an Donau und Elbe innerhalb weniger Tage Schäden zwi schen 6 und 7 Milliarden € hatten.

Das heißt, wir müssen den Hochwasserschutz gerade in Zei ten des Klimawandels, in denen wir verstärkt mit größeren Niederschlagsmengen in kürzerer Zeit rechnen müssen, um

so ernster nehmen. Es geht um technische Bauwerke, um Dämme, aber natürlich auch um ausreichende Überschwem mungsflächen. All das benötigt eine ausreichende Finanzie rung.

Ich habe vorhin dem Fraktionsvorsitzenden der CDU sehr ge nau zugehört, der konstatiert hat, ich hätte aus der Vorgänger zeit keine Altlasten kritisiert und mich auch hier in meinen Reden in der Vergangenheit nicht dazu geäußert.

Ich will Ihnen am Beispiel dieser Grafik zeigen, wie solche Altlasten aussehen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Das ist Ihre Regierungszeit, und hier beginnt die Regierungs zeit von Grün-Rot. Ich mache jetzt den Schmiedel, wie man so schön sagt, Claus.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Hier beginnt die Regierungszeit von Grün-Rot. Das heißt, wir haben das Thema IRP-Finanzierung – also die Finanzierung des Integrierten Rheinprogramms – hochgefahren. Wir haben das Thema Dammsanierung, das Sie – das müssen Sie sich schon sagen lassen – über Jahre hinweg sträflich vernachläs sigt haben, und das Thema Gewässerökologie hochgefahren. Um das in Zahlen auszudrücken: Als wir das Amt im Jahr 2011 übernommen haben, standen in Baden-Württemberg nach 23 Millionen € im Jahr 2005 25 Millionen € im Jahr 2011 für das IRP, für Dammsanierung, für gewässerökologi sche Maßnahmen und die Unterstützung der Kommunen beim Hochwasserschutz zur Verfügung. Mittlerweile haben wir die se Mittel auf 53 Millionen € hochgeschraubt. Wir haben sie also mehr als verdoppelt. Damit sind wir in der Lage, den An forderungen gerecht zu werden.

Ich finde schon, dass Sie dieses Thema über Jahre hinweg sträflichst vernachlässigt haben; das will ich ausdrücklich sa gen. Es bestand wirklich die Gefahr eines solchen Hochwas sers, wie wir es an Elbe und Donau erlebt haben. Wir hatten 2013 vor allem eines, nämlich fürchterliches Glück, weil da mals die Gewitterfront an der Wasserscheide der Schwäbi schen Alb hängengeblieben ist und nur noch Richtung Donau herunter abgeregnet hat, aber nicht hinüber Richtung Rhein. Wir hatten hier ein 40- oder 50-jährliches Hochwasser, das wir damals gut bewältigen konnten.

Wir haben aber nicht nur die Mittel im Haushalt hochge schraubt. Ich habe mich auch einmal mit dem einen oder an deren Vorgänger im Amt unterhalten, der konstatiert hat, dass er auf das, was wir beschlossen haben, neidisch ist.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ihr habt ja auch Geld gehabt!)

Nein, nicht Geld gehabt, Frau Kollegin Gurr-Hirsch.

Ich will Ihnen einmal sagen, um was es geht: Wir brauchen heute kein Geld mehr aus dem Haushalt für den Hochwasser schutz. Warum? Wir haben in dieser Legislaturperiode etwas beschlossen, was so mancher meiner Vorgänger auch versucht hat, was aber an Ihrer Fraktion, soweit ist weiß, gescheitert ist. Wir haben mit Unterstützung der beiden Koalitionsfrakti onen das Wasserentnahmeentgelt – umgangssprachlich: Was

serpfennig – zweckgebunden. Wir haben das Wasserentnah meentgelt zu Beginn des letzten Jahres – das will ich auch sa gen – von 5 Cent auf 8 Cent erhöht. Das hat die Bürgerinnen und Bürger nicht so arg getroffen, aber für mich bedeutet es, dass wir Mehreinnahmen in erheblichem Umfang haben, und das in einer Zeit der Energiewende, in der Einnahmen weg brechen, weil weniger Kraftwerke laufen. Damit haben wir selbst in Zeiten, in denen Einsparmaßnahmen in den einzel nen Ministerien anfallen, eine ausreichende Finanzierung.

Wer den Haushalt des Umweltministeriums kennt, weiß: Der größte Brocken darin ist der Hochwasserschutz. All meine Vorgängerinnen und Vorgänger, gleich welcher Couleur, muss ten immer an die Gelder für den Hochwasserschutz gehen, wenn sie Einsparbeiträge erbringen mussten. Jetzt sind wir auf die nächsten Jahre hinaus in der Lage, eine kontinuierliche Finanzierung all dieser Maßnahmen – IRP, Dammsanierung, Gewässerökologiemaßnahmen – zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Minister, ich will das nun nicht vertiefen, aber die Haushaltssituation war bei uns tat sächlich eine signifikant andere.

Sie haben gerade Ihre neue Einnahmequelle beschrieben, und Sie haben auch davon gesprochen, dass möglicherweise da von Einnahmen wegbrechen. Können Sie uns noch einmal et was genauer schildern, wie sich gerade vor dem Hintergrund der Energiewende die Verbesserung der Einnahmesituation für den Hochwasserschutz – die sich aus Ihrer Sicht ja ergibt – gestaltet, wenn zukünftig immer mehr Kraftwerke, die die ses Entgelt zu bezahlen haben, vom Netz gehen? Muss man nicht eher sagen, dass dies eine Vereinbarung mit dem Finanz minister war, die zulasten des Hochwasserschutzes geht?

Herzlichen Dank für die Frage, Herr Abg. Lu sche. – Das krasse Gegenteil ist der Fall. Ich habe gerade zu erläutern versucht, dass in all den Jahren vor unserer Regie rungszeit alle meine Amtsvorgängerinnen und -vorgänger im mer mit der Tatsache konfrontiert waren, dass die von ihnen zu erbringenden Einsparbeiträge in aller Regel aus den unter dem Haushaltstitel für den Hochwasserschutz etatisierten Mit teln entnommen wurden. Das kann man ganz klar auch an der zeitlichen Entwicklung aller Maßnahmen im Rahmen des In tegrierten Rheinprogramms ablesen; man kann daran erken nen, wie sich dies immer weiter hinausgezögert hat.

Wir haben nun die Zweckbindung eingeführt. Ich habe es be reits gesagt: Natürlich haben wir in den kommenden Jahren geringere Einnahmen aus dem Wasserentnahmeentgelt, das im Rahmen der Kühlung von Kraftwerken zu entrichten ist. Dies ist zwar noch nicht dramatisch – wir haben RDK 8 neu gebaut; wir haben GKM 9 neu gebaut; dafür sind die beiden Kernkraftwerke Philippsburg 1 und Neckarwestheim I weg gefallen –, aber tendenziell ist das tatsächlich so.

Eben weil das so ist – das haben wir bei unseren Überlegun gen durchaus mit eingeplant –, haben wir mit Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen ein Konzept entwickelt, das vorsah, dass wir zum Anfang letzten Jahres und dann noch

mals zum 1. Januar 2019 das Wasserentnahmeentgelt jeweils um 2 Cent anheben. Dies wird dazu führen, dass wir in den kommenden Jahren kontinuierlich gut über 50 Millionen € pro Jahr zur Verfügung haben, um die Maßnahmen des Integrier ten Rheinprogramms, die Dammsanierung sowie auch die Ökologisierung des Hochwasserschutzes zu realisieren.

Herr Kollege Lusche, wir hatten noch nie die Situation, dass drei Projekte des IRP gleichzeitig im Bau sind – noch nie! – und dass sich zugleich eine Reihe von Projekten in der Pla nung befinden, die wir dann in den nächsten Jahren angehen können. Ein Projekt konnte ich im letzten Jahr einweihen, des sen Fertigstellung acht Jahre über der Zeit lag. Diese Verzö gerung von acht Jahren ergab sich aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe, nämlich weil vor meinem Amtsantritt die Finanzierung nie gesichert war und die Maßnahmen da her immer wieder gestreckt werden mussten.

Daher sage ich: Eigentlich müssten alle froh sein, dass wir diese Entwicklung aufgrund einer aus Ihrer Regierungsver antwortung resultierenden unzureichenden Finanzierung jetzt unterbrochen haben und dass wir heute in der Lage sind, die anstehenden Aufgaben in Baden-Württemberg Jahr für Jahr mit den Mitteln, die wir jetzt zur Verfügung haben – das ist mehr als das Doppelte dessen, was Sie in den Haushalt einge stellt hatten –, angehen zu können, und zwar unabhängig von der konjunkturellen Situation.

Herr Abg. Schmiedel.

Herr Minister, Sie haben gera de die großen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Integrierten Rheinprogramm geschildert. Ich möchte einmal den Blick auf die Nebenflüsse und dabei gerade auf die klei neren Nebenflüsse lenken, beispielsweise auf Murr und Enz. Da entstehen zwar keine Milliardenschäden, aber es kann doch zu Schäden in beträchtlicher Millionenhöhe kommen. Deshalb meine Frage: Haben wir angesichts der großen Her ausforderungen an Donau und Rhein genügend Reserven, um auch an kleineren Flüssen den Hochwasserschutz voranzutrei ben?