Protocol of the Session on December 17, 2015

Für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Herrmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf ist in sei ner Grundzielrichtung durchaus richtig. So können kurzfris tig Pensionärinnen und Pensionäre gewonnen werden, um die entstandene Problematik zu lösen. Dass man dabei Hand lungskompetenz unter Beweis stellen sollte, ist sicherlich rich tig.

Wir fragen uns aber, ob es wirklich die unbegrenzte Öffnung der Hinzuverdienstgrenze sein muss, wie Sie es vorschlagen. Ein Rentner darf im Gegensatz dazu monatlich nur 450 € hin zuverdienen. Das ist nun einmal Fakt.

Der Chef des Bundes der Steuerzahler des Landes, der sonst nicht sehr beamtenfreundlich ist, sagt: In dieser Situation be darf es eines besonderen Anreizes. Aber muss dieser Anreiz beim 1,7-Fachen liegen? Wäre nicht das 1,35-Fache, wäre al so nicht die Hälfte des Zuwachses immer noch angemessen genug? Dies wäre durchaus sehr ernsthaft zu überlegen.

Einen weiteren Punkt möchte ich hier auch ansprechen: Im Rahmen der Beratung des Gesetzentwurfs über die Verlänge rung der freiwilligen Lebensarbeitszeit im Innenausschuss war festgestellt worden, dass ein Beamter, der seine Lebensarbeits zeit verlängert, 110 % bekommt. Wenn er aber in Pension geht und sich danach auf der Grundlage des nun geplanten Geset zes reaktivieren lässt, dann bekommt er 170 %.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Skandal!)

Der Innenminister wollte das mit dem Finanzminister noch besprechen. Wir werden es im Finanz- und Wirtschaftsaus

schuss hinterfragen; wir wollen wissen, ob man in dieser Fra ge inzwischen eine vernünftige und praktikable Lösung ge funden hat.

Die angehörten Verbände haben das Gesetz insgesamt be grüßt; allerdings haben Städtetag und Beamtenbund erneut angemahnt, dass man mit diesem Gesetz auch die Abschaf fung der Absenkung der Eingangsbesoldung verbinden soll te. Wir halten dies nach wie vor für richtig und sinnvoll.

Wir haben im Finanz- und Wirtschaftsausschuss die Umset zung des Gesetzes im Vorgriff abgelehnt, weil es ohne Ab sprache bzw. ohne Anhörung der betroffenen Verbände äu ßerst schnell gestrickt worden war.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wir werden jetzt im Finanz- und Wirtschaftsausschuss noch Lösungsvorschläge einbringen, wie man einerseits den aku ten Mangel in bestimmten Bereichen mithilfe von auf Frei willigkeit basierenden Initiativen aufgrund dieser neuen Rechtslage verringern kann, andererseits aber den Beamten insgesamt nicht schadet. Denn sonst würde sich unter Um ständen schnell denen gegenüber Neid entwickeln, die zusätz lich zu ihren Pensionen ein volles Gehalt – ohne eine auch nur teilweise Anrechnung – hinzubekommen. Das sollte nicht er folgen, und deshalb werden wir in den Beratungen im Aus schuss für Finanzen und Wirtschaft eigene Vorschläge einbrin gen, um dieses Missverhältnis auszuräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Aras.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich glaube, Konsens ist, dass wir hier eine besondere Notlage haben; das belegen die Flüchtlings zahlen tagtäglich aufs Neue. Insofern bin ich froh und dank bar, dass die grün-rote Landesregierung so schnell gehandelt hat und uns nun diesen Gesetzentwurf vorlegt.

Wie sehen denn die konkreten Zahlen aus? Ein Drittel der Flüchtlinge sind Kinder im schulpflichtigen Alter oder jünger. Unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, diese Kinder schnellstmöglich zu integrieren, und das geht natürlich in ers ter Linie über die Landessprache. Heute war wieder von die ser Studie zu lesen, wonach Integration im Grunde nur über das Erlernen der Landessprache gelingen kann, und zwar am besten bereits in der frühkindlichen Bildung.

Genau da setzen wir an. Es ist doch klar: Die Schülerzahlen in den Vorbereitungsklassen sind allein innerhalb eines Schul jahrs um knapp 10 000, nämlich von 18 000 auf knapp 27 000 Schülerinnen und Schüler angestiegen. So kurzfristig kann man einfach keine Lehrer für das Fach Deutsch oder auch an deres qualifiziertes Personal finden, das den Kindern Deutsch beibringt.

Da wir nun jedoch schnell handeln und keine Zeit verlieren sollten, um die Kinder möglichst rasch zu integrieren, müs sen wir neue Wege gehen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Instrument, um kurzfristig diese Notlage beheben zu kön nen oder ihr zumindest entgegenzuwirken. Es geht darum,

dass man für Menschen – Fachkräfte, Lehrerinnen und Leh rer, andere Berufsgruppen –, die in Pension sind, Möglichkei ten eröffnet und die Voraussetzungen dafür schafft, um diese Menschen kurzfristig zurück in den Beruf bringen zu können. Denn wir brauchen die engagierten Beschäftigten im Land in den Vorbereitungsklassen für die Flüchtlinge; wir brauchen sie aber auch in der Koordination von Ehrenamtlichen, in den LEAs, wir brauchen Polizisten, die in Pension sind und mög licherweise zurückkehren können; wir brauchen Fachkräfte für Sprachkurse und für viele andere Bereiche.

Wichtig ist, dass eine solche Reaktivierung eine Ausnahme ist und dass es sich um eine Notlage handelt. Die Entscheidungs befugnis liegt ja jeweils bei den obersten Landesbehörden. In sofern kann man nicht sagen, ein Beamter würde taktieren oder dieses und jenes machen. Man muss aufpassen, mit wel chen Unterstellungen man arbeitet.

Was ist Inhalt des Gesetzentwurfs? Es geht um die Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, indem die Hinzuver dienstgrenzen geöffnet werden. Ehrlich gesagt – – Herr Herr mann, Sie haben Zahlen genannt und vom 1,7-Fachen gespro chen. Das ist richtig. Aber man sollte doch erstens die Pensi on außer Acht lassen. Das haben sich diese Beamten erarbei tet; das steht ihnen zu. Man darf dies auch nicht verwechseln mit einer freiwilligen Weiterarbeit – was Sie ständig machen, auch im Finanzausschuss. Hier ist es so, dass wir die Beam ten zurückgewinnen wollen, Menschen, die in Pension sind. Bei der freiwilligen Weiterarbeit hingegen geht die Initiative von dem Beamten selbst aus, von dem Beschäftigten, der den Antrag stellt, weiterzuarbeiten, und zwar bis zum 70. Lebens jahr. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied; man sollte hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Insofern habe ich den Eindruck, dass diese Neiddebatte, die Sie ja auch nicht haben wollen, im Grunde von Ihnen selbst mit den von Ihnen angeführten Argumenten geschürt wird. Die Pension ist erarbeitet worden, und wir wollen etwas von den Beamten; wir wollen diese zurückhaben, um die beste hende Notlage möglichst schnell und effizient beheben zu können; wir wollen, dass die Kinder schnell integriert wer den. Das Anliegen ist wichtig, und es ist uns dies wert.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Auch das Ergebnis der Anhörung ist interessant: Sowohl die Berufsverbände als auch die Spitzenorganisationen der Ge werkschaften und die kommunalen Landesverbände sind grund sätzlich einverstanden, ebenso die Kirchen. Der einzige Punkt, den die Berufsverbände, etwa der Beamtenbund, vorgebracht haben, war, dass sie dies mit weiteren Forderungen verknüp fen wollten, nämlich mit der Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung usw. Dies hat aber erst einmal nichts mit unserem Thema zu tun.

Insofern bin ich der Landesregierung sehr dankbar, dass sie schnell und effizient gehandelt hat, dass sie dieses Gesetz auf den Weg bringt. Ich bin mir sicher – jedenfalls hoffe ich es –, dass wir damit genügend Menschen zurückgewinnen können und so die Integration voranbringen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Maier.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Flüchtlingsthematik ist eine große Aufgabe, und um die se große Aufgabe zu bewältigen, müssen wir eine ganze Men ge von Entscheidungen treffen, vielleicht auch von kleinen Entscheidungen. Hier treffen wir auf jeden Fall eine Entschei dung, und wir sind auf dem Weg, die Verwaltung zu stärken und hierdurch einen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlings krise zu leisten.

Wir brauchen dazu Menschen. Wir brauchen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir brauchen hauptamtli che Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unzählige Bürger en gagieren sich in diesem Bereich. Wir brauchen aber zusätz lich auch Menschen, Fachleute, die schon in den betreffenden Bereichen gearbeitet haben und etwas davon verstehen. Dies sind Pensionärinnen und Pensionäre, die wir kurzfristig ge winnen wollen.

Im Gegensatz zu den Tarifbeschäftigten, die in Rente sind, können pensionierte Beamte nur in sehr engen Grenzen hin zuverdienen. Diese Hinzuverdienstgrenze ist ein Hemmschuh; hier soll sie abgeschafft werden. Hier besteht auch ein Unter schied zu den Rentnern: Rentner können hinzuverdienen. – Herr Herrmann, die Einschränkung gilt nur bis 65 Jahre. Wer früher in Rente geht, hat Einschränkungen beim Hinzuver dienst; ab einem Alter von 65 kann man ganz normal hinzu verdienen.

Die Probleme, die hier von der Opposition aufgezeigt werden, sind also eher theoretischer Natur.

Der Gesetzentwurf ist klar; er steckt einen engen Rahmen: kurzfristig, Notlage, akuter Mehrbedarf an Personal; zudem muss die Initiative vom Arbeitgeber ausgehen. Diese Rege lung bedeutet auch keine Konkurrenz zur freiwilligen Weiter arbeit.

Bei der freiwilligen Weiterarbeit soll es den im aktiven Dienst befindlichen Beamtinnen und Beamten ermöglicht werden, den Eintritt in den Ruhestand auf Antrag bis zum 70. Lebens jahr hinauszuschieben. Ein dienstliches Interesse muss dies erfordern. Die Weiterarbeit erfolgt im bisherigen Amt mit ei nem Besoldungszuschlag.

Bei der geplanten Gesetzesänderung handelt es sich hingegen um einen Anreiz für ehemalige Beamtinnen und Beamte, die sich bereits im Ruhestand befinden. Sie bekommen einen neu en Arbeitsplatz – sie arbeiten also nicht automatisch da wei ter, wo sie aufgehört haben –, die Entlohnung orientiert sich konkret an der ausgeübten Tätigkeit – diese kann auch sehr niedrig eingestuft sein –, und sie richtet sich nach dem Tarif recht. Bei der Änderung des Landesbeamtenversorgungsge setzes geht es also lediglich darum, die Beschäftigung nicht durch Hinzuverdienstgrenzen unattraktiv zu machen.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gab es überwiegend Zu stimmung. Der Beamtenbund und der DGB haben wiederum weitgehende Forderungen gestellt, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Regelungen des vorliegenden Ge setzentwurfs stehen. Die Kritik verstehe ich nicht. Ich glau

be, man ist dem Beamtenbund selten so sehr entgegengekom men wie mit diesem Gesetzentwurf.

Der Finanz- und Wirtschaftsausschuss hat der sofortigen An wendung der neuen gesetzlichen Regelung im Vorgriff auf die Entscheidungen des Parlaments zugestimmt, also hier schon eine positive Aussage getroffen. Dieser positiven Aussage schließt sich die SPD-Fraktion an. Wir werden dieses Gesetz positiv begleiten.

Ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch in ein gesundes neues Jahr 2016.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Dass es sinnvoll und richtig ist, sich bei diesem Thema zu bewegen, ist überhaupt keine Frage. Der Bedarf ist anschaulich geschildert worden.

Wir diskutieren und – das muss man auch sagen – wir strei ten eigentlich nur um die Durchführung. Dabei geht es für uns vor allem auch um Fragen der Darstellbarkeit: Wie wirkt das, was hier beschlossen wird? Die Zahlen, die in der Zeitung standen und bei denen es einen, auf Deutsch gesagt, hinsetzt, sind ja offensichtlich richtig. Danach kann ein Oberstudien rat gut 9 000 € verdienen, wenn er aus dem Ruhestand wie der in den Dienst zurückkehrt und an der Schule Flüchtlinge unterrichtet. Jetzt frage ich mich: Wie wirkt das auf die Eh renamtlichen, die in die Schule kommen, um beim Unterricht zu helfen?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Genau! Das ist der Punkt!)

Das ist doch der Punkt. Das ist die Vergleichbarkeit und ist die Darstellbarkeit

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das macht mür be!)

gegenüber denen, die eine gesetzliche Rente beziehen. Die Neuregelung betrifft gerade auch diejenigen, die zwar schon im Ruhestand sind, aber noch nicht das 65. Lebensjahr voll endet haben. An sie wird man sich schwerpunktmäßig wen den. Diese Personen haben, wenn sie in der Rentenversiche rung sind, eine sehr begrenzte Hinzuverdienstmöglichkeit und sehen jetzt, dass man als Pensionär, der in den Dienst zurück kehrt, auf 170 % seines Gehalts kommen kann. Dies wirkt sich nicht gerade motivierend aus.

Ich frage auch: Wie wirkt sich diese Regelung auf die Stim mung bei den Ehrenamtlichen aus? Ich möchte es einmal so ausdrücken: Wenn es schon die einleuchtende Maxime „Wir schaffen das“ gibt – dies übrigens über alle Parteigrenzen hin weg – und wenn das die Stimmung ist, die wir brauchen, wie sieht es dann aus, wenn man es einer bestimmten Berufsgrup pe vergoldet, dass sie sozusagen nur vom Sofa herunterkommt?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)