Protocol of the Session on December 9, 2015

Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Ta gesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Blaue Plakette, City-Maut, Versuchs ballon Tempo 120 auf der Autobahn und Verwirrspiel um die Straßenbauverwaltung: Erlebt die Straßenverkehrs politik Baden-Württemberg unter Grün-Rot ihr blaues Wunder? – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort dem Kol legen Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit den Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchun gen bei der Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg wur de dieser Tage in einer Zeitungsüberschrift die Note „Fünf“ vergeben. In diesem Zusammenhang ging es auch um die Füh rung des Verkehrsministers im Bereich des Straßenbaus, im Bereich der Straßenverkehrspolitik im MVI.

Rufen wir uns in Erinnerung: Im Koalitionsvertrag 2011 auf Seite 28 steht – ich zitiere –:

Wir werden schnellstmöglich prüfen, ob durch die Ein führung eines Landesbetriebes Straßen die Bewirtschaf tung der Bundes- und Landesstraßen wirtschaftlicher ge staltet werden kann als bisher.

„Schnellstmöglich“ heißt hier: Man hat zwei Jahre später, im Jahr 2013, einen Auftrag erteilt, das extern prüfen zu lassen. Der Verkehrsminister hat Erfahrung mit externen Gutachten; es ist üblich, alles extern prüfen zu lassen. 2013 hat man also das Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis kam jetzt En de 2015. Das ist ein Gutachten für über 600 000 €. Besonders pikant ist – ich zitiere den Verkehrsminister aus den „Stutt garter Nachrichten“ vom 7. Dezember 2015 –:

Das Erbe der dezentralen und teilweise intransparenten Verwaltungsstruktur auf und zwischen den unterschiedli chen Ebenen war uns von Anfang an bewusst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte dieses Zi tat vor dem Hintergrund eines fünfjährigen Bewertungspro zesses schlicht und ergreifend für einen Skandal.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn man offenbar wider besseres Wissen fünf Jahre nichts unternommen hat, dann ist das, glaube ich, nicht die Verkehrs politik, die wir für unsere Straßen in Baden-Württemberg brauchen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der hat doch auch einen Amtseid geleistet, oder?)

Fazit des Verkehrsministers: „Wir müssen viel korrigieren.“ Der Reformbedarf muss offensichtlich im Verkehrsministeri um liegen, wenn der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Hans-Martin Haller, betont, dass die Straßenbauverwaltung des Landes leistungsfähig, erfahren, effektiv und effizient sei. Dann muss der Fehler im Verkehrsministerium liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Offensichtlich kann der Verkehrsminister sein Ministerium in diesem Bereich nicht ordentlich in Schuss halten.

(Oh-Rufe von den Grünen)

Er zeigt damit, dass das Thema Straßenverkehr für ihn kaum einen Stellenwert hat. Da werden lieber Radmodenschauen, Radsternfahrten oder Fußverkehrswettbewerbe gemacht, als sich um die eigentliche Aufgabe zu kümmern, nämlich um die Straßenverkehrspolitik in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Uns interessiert, was nach Ansicht des Verkehrsministers kor rigiert werden soll. Brauchen wir wirklich einen Landesbe trieb? Das bezweifeln wir. Oder brauchen wir eine bessere Steuerung im Verkehrsministerium? Brauchen wir gar einen besseren Verkehrsminister für Baden-Württemberg?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es stimmt aber nicht ganz, dass nichts unternommen wurde. Es wurde doch einiges unternommen. 2011 müssen wir abha ken. Da war keine Zeit für Straßenverkehr. Da musste man sich um das Thema Stuttgart 21 kümmern und gegen dieses Projekt agitieren. Da war keine Zeit für anderes. 2012 ging es weiter mit der Forderung nach einer Citymaut, was dann noch ergänzt wurde durch die Forderung nach einer blauen Plaket te und zuletzt nach eigenen Abgasmessungen auf baden-würt tembergischen Straßen.

Überall gab es Rückzieher. Selbst OB Kuhn hatte den Ver kehrsminister im Regen stehen lassen. Auch für die Abgas messungen von Fahrzeugen gab es in der Verkehrsminister konferenz eine Abfuhr für den Verkehrsminister. Dort wurde gesagt – was auch richtig ist –, dass dies Bundesaufgabe sei. Stellen Sie sich vor, dass jedes Bundesland mit eigenen Ab gasmessungen anfinge.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jede Orts verwaltung!)

Dann hätten wir viel zu tun, und wir kämen in der Straßen baupolitik nicht vorwärts.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mit all diesen Themen schadet er dem Automobilstandort Ba den-Württemberg massiv. Das führt zu einer großen Verunsi cherung und Verärgerung der Autofahrerinnen und Autofah rer in Baden-Württemberg, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zuletzt soll es ein vierjähriges Projekt zum Thema „Tem po 120 auf der Autobahn“ für die A 81 und die A 96 geben. Das ist bemerkenswert. Denn im Koalitionsvertrag steht aus drücklich, dass die Einführung eines Tempolimits kein The ma der Koalition ist, sondern dass dies Bundesaufgabe ist. Auf eine Anfrage, die wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode gestellt hatten, wurde vom Verkehrsminister geantwortet – ich zitiere –:

Es wäre schon komisch gewesen, wenn ich als Bundes tagsabgeordneter in den vergangenen 13 Jahren nicht ge merkt hätte, dass nicht das Land, sondern der Bund da für zuständig ist. Deswegen unternehmen wir in diesem Bereich nichts. Denn das wäre ziemlich dumm.

Ziemlich dumm ist es, jetzt ohne triftigen Grund ein Tempo limit über eine Strecke von 80 km für eine vierjährige Ver suchsphase einzuführen. Das hat nichts mit der Problematik in Geisingen an der A 81 zu tun. Das ist pure Schikane.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Quatsch!)

Der Verkehrsminister will hier zum Ausdruck bringen, was er vom Straßenverkehr in Baden-Württemberg hält – nämlich überhaupt nichts.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ein weiteres Beispiel sind die vierjährigen Bemühungen, den Feldversuch Lang-Lkws zu bekämpfen.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Da musste erst der Ministerpräsident kommen und auf ihn ein wirken, damit er nachgegeben und eine wichtige Maßnahme, nämlich den Feldversuch für die Lang-Lkws, auch in BadenWürttemberg zugelassen hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ökologisch sinnvoll!)

Das ist ein schönes Beispiel.

Es wird natürlich immer deutlich, dass der Verkehrsminister einfach seine Schwierigkeiten mit dem Auto, mit dem Stra ßenverkehr hat. Ich darf aus einem Interview zum autonomen Verkehr aus dem „Reutlinger General-Anzeiger“ vom 14. Ap ril 2015 zitieren:

Deswegen werden sich in Zukunft rational denkende Men schen kein Auto mehr kaufen müssen.

Ich habe dennoch eine gewisse Hoffnung, dass wir doch noch zu einer vernünftigen Straßenverkehrspolitik in Baden-Würt temberg kommen. Der Verkehrsminister hat sich jetzt näm lich eine Modelleisenbahn für das Verkehrsministerium zuge legt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Eine schöne! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Haben Sie da auch et was dagegen?)

Ich freue mich, Herr Schmiedel, in der Pressemitteilung zu le sen: Neben Zügen und Bahnen sind auch Straßen mit Autos auf dieser Modelleisenbahn.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Völlig neu! Die ste hen dort, die fahren nicht!)

Das stimmt mich positiv. Dennoch sollte sich unser Verkehrs minister im Bereich der Straßenverkehrspolitik jetzt darum kümmern, was eigentlich in Baden-Württemberg notwendig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion der CDU ertei le ich das Wort der Kollegin Razavi.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! „Baden-Württemberg ist nicht mehr Autoland.“ Das hat unser Verkehrsminister schon mehrfach gesagt. Das ist es, wovon der Verkehrsminister von BadenWürttemberg wohl träumt. Er versucht alles, was in seiner Macht und eben auch nicht in seiner Macht steht, um das zu erzwingen, Gesetzeslage hin oder her.

Aber im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister, und im Gegen satz zu den Grünen bekennt sich die CDU zum Automobil land Baden-Württemberg,