Protocol of the Session on November 18, 2015

(Minister Reinhold Gall betritt den Plenarsaal. – Zu rufe: Da kommt er doch! – Er ist doch da!)

Wir bleiben beim Aufruf des Tagesordnungspunkts 5. Das Wort zur Begründung dieses Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Minister Gall. – Bitte, Herr Minister.

(Zurufe: Punkt 4!)

Ja, Punkt 4. Ich habe schon längst wieder zurückgeschaltet. Leute, ihr müsst ein bisschen schneller mitdenken. Hört doch auf!

(Heiterkeit – Unruhe)

Herr Minister, Sie haben zu Punkt 4 das Wort. Bitte.

Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Ich bitte, das von mir verursachte To huwabohu zu entschuldigen

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dieses To huwabohu entschuldigen wir!)

ein anderes gibt es nicht, Herr Kollege Rülke –, aber das hat einfach mit der gegenwärtigen Situation zu tun.

Mit dem von der Landesregierung unterzeichneten Staatsver trag können die Träger der Landesbausparkassen Baden-Würt temberg und Rheinland-Pfalz, die Sparkassenverbände beider Länder, die Fusion ihrer Institute, nämlich der jeweiligen LBS Landesbausparkassen, zur LBS Landesbausparkasse Südwest beschließen.

Die Fachpolitiker werden es wissen: Seit Beginn dieses Jah res sprechen die Verbände über dieses Thema. Seit Mai ver handeln mein Haus, das Innenministerium, und das Wirt schaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz über den Staatsvertrag, über den der Landtag dann beschließen und ab stimmen soll.

Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen und deutlich zu ma chen, dass der Staatsvertrag diese Fusion nicht selbst herbei führt, sondern dass dieser Staatsvertrag mit einigen wenigen,

aber unabdingbaren Regelungen nur die Rechtsgrundlage da für schafft, auf der die Träger diese Fusion dann beschließen können – und dies offensichtlich auch wollen. Dieser Be schluss bedarf danach dann wieder der Genehmigung durch die Landesregierung.

Diese Konstruktion, meine Damen und Herren, verdeutlicht zweierlei: Sie unterstreicht zum einen, wie die Landesregie rung Selbstverwaltung auch im Sparkassenbereich versteht, nämlich in erster Linie als unterstützende Dienstleistung, die es zu stärken gilt. Dies unterstreicht auch die Satzungsauto nomie, die der LBS Südwest im Staatsvertrag jedenfalls in weitem Umfang gewährt wird.

Der zweite Aspekt ist gewissermaßen die andere Seite der Me daille. Die Träger und die betroffenen Institute tragen allein die unternehmenspolitische Verantwortung für diese Fusion und deren Folgen – Erfolg oder Misserfolg, Effizienzrendite oder Verbesserung der strategischen Position innerhalb des LBS-Verbunds. Ob dies gelingt, liegt allein am Geschick des neuen Instituts und seiner Träger. Selbstverwaltung und Ei genverantwortung gehören hier also zusammen.

Man kann sich fragen: Warum braucht die Fusion zur LBS Südwest einen Staatsvertrag? Es bedarf deshalb eines Staats vertrags, weil eine neue Anstalt des öffentlichen Rechts ent steht, die deshalb auch der Kontrolle der öffentlichen Hand unterliegen muss, zugleich aber auch deshalb, weil diese An stalt auf dem Gebiet zweier Bundesländer tätig wird. Die im Staatsvertrag z. B. vereinbarte Geltung baden-württembergi schen Rechts auch in Rheinland-Pfalz bedeutet die Ausübung hoheitlicher Rechte in einem anderen Bundesland. Genau hierfür braucht es den mit Gesetzeskraft ausgestatteten Staats vertrag.

Welche Regelungen im Staatsvertrag sind für Baden-Würt temberg besonders bedeutsam? Ich denke, der Unternehmens sitz ist für das Land Baden-Württemberg von großer Bedeut samkeit. Mit der Zentralisierung der ersten und zweiten Füh rungsebene sowie aller Stabsfunktionen in Stuttgart wird der Standort Baden-Württemberg insgesamt gestärkt, zumal auch Karlsruhe seine Niederlassung behalten soll. In Baden-Würt temberg entstehen dadurch zusätzliche Arbeitsplätze, und wir gehen davon aus, dass auch das Steueraufkommen davon pro fitieren wird.

Das Land Baden-Württemberg – das ist mir sehr wichtig – be hält die rechtliche Kontrolle über dieses neue Institut. Für die LBS Südwest gilt ausschließlich baden-württembergisches Landesrecht. Es bleibt bei der einvernehmlich mit RheinlandPfalz auszuübenden Aufsicht durch unser Haus, durch das In nenministerium Baden-Württemberg. Dies entspricht, finde ich, zu Recht nicht nur den Größenverhältnissen des neuen In stituts – der SVBW hält immerhin 87,5 % am Stammkapital –, sondern führt auch das seit Jahren bewährte baden-würt tembergische Modell der Aufsicht über die LBS durch das In nenministerium fort. Auch aus diesem Grund werden alle bis her im Sparkassengesetz enthaltenen Rechte und Zuständig keiten des Innenministeriums, wenn man so will, 1 : 1 in den Staatsvertrag übernommen.

Schließlich ist mir auch folgender Punkt ganz wichtig: Die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Landes bausparkassen werden gewahrt. Es soll und wird – so die Aus

sage der Träger – keine fusionsbedingten Kündigungen ge ben. Der Staatsvertrag enthält darüber hinaus Übergangsrege lungen für die Personalräte bis zu einer Neuwahl der Perso nalvertretung für die LBS Südwest. Dies wurde mit den Per sonalräten beider Landesbausparkassen vereinbart. An dieser Stelle möchte ich auch einmal lobend erwähnen: Die Perso nalräte haben sich sehr konstruktiv in diesen Fusionsprozess eingebracht und sich engagiert.

Meine Damen und Herren, wir sind davon überzeugt, dass die LBS Baden-Württemberg die Anstrengungen des Fusionspro zesses auch wirklich meistern kann. Denn sie steht im Ver gleich mit den Anstalten der übrigen Länder wirklich gut – ich denke, man kann sagen: sehr gut – da. Im Jahr 2014 er zielte sie mit einem Bruttoneugeschäft von 7,7 Milliarden € das beste Neugeschäftsjahr ihrer Geschichte. Sie ist nach wie vor die kapitalstärkste Landesbausparkasse mit einer sehr gu ten Eigenkapitalquote und mit immer noch guten – manche sagen sogar: besten – Betriebsergebnissen.

Der Staatsvertrag hilft darüber hinaus, das Geschäftsmodell insgesamt zu stärken, das durch die Niedrigzinsphase, vor al lem aber auch durch die von der europäischen Ebene betrie bene Regulatorik in der bisherigen Form gefährdet ist. Wir sind, was Zinsen angeht – wer wüsste es nicht? –, mittlerwei le fast an der Nulllinie. Bei allen Bausparkassen steigt dadurch massiv der Druck auf das Betriebsergebnis. Es wird schwie riger, für fällig werdende langfristige Anlagen und die eigent lich erfreulicherweise in erheblichem Umfang neu zufließen den Spargelder auch rentierliche Anlagemöglichkeiten zu fin den.

Hinzu kommt – das ist einfach ein Problem für die Bauspar kassen –, dass viele Bausparer logischerweise – ich mache es gerade so – die Ansparphase ihrer noch ordentlich verzinsten alten Verträge so lange wie möglich fortsetzen wollen. Zudem ist es eher möglich, sich günstige Darlehen auf dem freien Markt zu besorgen.

Ich begrüße deshalb, dass die Träger der beiden Landesbau sparkassen dieser Tendenz mit dieser Fusion entgegensteuern wollen. Wenn es am Ende den Bausparern und dem Bauspar gedanken zugutekommt, dann lohnen sich auch die erforder lichen Investitionen, die für diesen Fusionsprozess benötigt werden.

Deshalb denke ich, dass dieser Staatsvertrag bzw. die Ent scheidung, die damit einhergeht, die Grundlage, die wir schaf fen, für die Bausparkassen, gerade auch für unsere, ein wich tiger Baustein ist, um ein Wesensmerkmal unseres Landes auch in Zukunft zu erhalten. Bausparen, meine Damen und Herren, gehört ganz einfach zu Baden-Württemberg. Allen Unkenrufen zum Trotz stellt man auch fest – das, finde ich, spricht für die Qualität dessen, was dort gemacht wird –, dass rund die Hälfte aller Neukunden unter 26 Jahre alt sind.

Bausparkassen und Bausparen ist etwas, worauf sich jeden falls die Menschen im Land verlassen können. Bei anderen Geldanlagen in New York, in London, in Frankfurt ist dies, wie allgemein bekannt ist, offensichtlich nicht immer der Fall. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung für diesen Staatsver trag.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache über den Gesetzentwurf hat das Prä sidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Kollegen Hollenbach.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bausparkassen sind eine sehr stabile Institution und kommen nicht gleich ins Wanken, wenn Sie, Herr Innenminister, nach dem Aufruf des Tagesord nungspunkts ein paar Minuten zu spät kommen.

(Minister Reinhold Gall: Zehn Sekunden!)

Die Bausparkassen sind in einem Land, das sich „Land der Häuslebauer“ nennt, ein sehr wichtiger, ja unverzichtbarer Wirtschaftspartner. Viel privates Wohnungs- und Hauseigen tum wäre wahrscheinlich nicht zustande gekommen – insbe sondere in der Zeit des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg –, wenn es die Bausparkassen nicht gegeben hätte. Das Mo dell der Bausparkasse – eine gewisse Zeit sparen und dann mit einem gesicherten Zinssatz Kredite bekommen – ist ein Erfolgsmodell, das ganz besonders in Baden-Württemberg se gensreich gewirkt hat. Es spricht für sich, dass der Sitz von großen Bausparkassen in Baden-Württemberg liegt. Auch die öffentlich-rechtlichen Bausparkassen, getragen von den Spar kassen, spielen da eine große und bedeutende Rolle.

Seit Jahrzehnten hat sich am Modell der Bausparkasse nichts Wesentliches geändert. Aber die großen Veränderungen, die in der internationalen Finanzwirtschaft in den letzten Jahren eingetreten sind, mit der Niedrigzinspolitik, die ja von den Re gierungen schon etwas gesteuert und gewollt ist, bringen die Bausparkassen in gewisse Probleme und fordern eine Neu ausrichtung.

Wenn nun die LBS Baden-Württemberg Kontakt zu einem Partner in einem Nachbarland aufnimmt, um neue wirtschaft liche Konzepte zu entwickeln, dann ist das sehr lobenswert und muss meines Erachtens von allen Seiten unterstützt wer den.

Wir hier im Landtag von Baden-Württemberg haben nicht die Aufgabe, über die Frage der Wirtschaftlichkeit und über Fra gen der Risiken in diesem Bereich zu diskutieren. Wir müs sen die Rechtsgrundlage schaffen, damit eine Fusion, ein Zu sammengehen dieser beiden Bausparkassen so, wie sie es sich vorstellen, möglich wird. Der Herr Innenminister hat dazu ei niges ausgeführt.

Wenn wir im gesamten Finanz- und Kreditwesen einen öffent lich-rechtlichen Partner erhalten wollen, dann müssen wir eben auch handeln, wenn die Institute – in diesem Fall die bei den Bausparkassen – etwas verändern wollen, indem wir die Rechtsgrundlagen schaffen. Zu den Rechtsgrundlagen gehört zum einen der Staatsvertrag, der notwendig ist, wenn eine öf fentlich-rechtliche Aufgabe in mehreren Ländern verwirklicht werden soll, und zum anderen das Sparkassengesetz, das bis her die Rechtsgrundlage darstellt.

Wir sind der Meinung: Das ist richtig, und das kann man nur unterstützen. Verantwortlich – das hat der Minister auch an geführt – sind die Gremien der beiden Bausparkassen, sind

die Gremien der Sparkassen, die Sparkassenverbände. Wie wir hören, sind die Verhandlungen schon sehr weit gediehen, sodass man davon ausgehen kann, dass sie zu einem Erfolg geführt werden.

Deshalb, meine Damen und Herren, denke ich, haben wir die Aufgabe, dies zu unterstützen und zu begleiten. Wir können eigentlich auch schon aus heutiger Sicht feststellen: Dieses neue Institut wird wohl die größte Landesbausparkasse Deutschlands sein, wenn dieses Institut zustande kommt.

Risiken sind mit jedem Geschäft verbunden. Das ist logisch. Die Risiken müssen die Verantwortlichen abklären und be werten. Ein kleiner Verlust ist für uns natürlich dabei: Das Wort „Baden-Württemberg“ wird dann nicht mehr hinter ei ner öffentlich-rechtlichen Bausparkasse stehen. Aber „Süd west“ klingt ja auch nicht schlecht.

In diesem Sinn werden wir die Fusion positiv begleiten. Ich hoffe, dieses Haus insgesamt unterstützt diese Idee einer Fu sion von Bausparkassen, damit das Modell Bausparkasse bei uns eine Zukunft hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die Bankenlandschaft ändert sich ra sant. Die Bausparkassen sind erheblichen Marktveränderun gen und einem verschärften Wettbewerbsumfeld ausgesetzt. Die drastische Niedrigzinsphase und eine stärkere Regulie rung schlagen hier zu Buche. Noch ist kein Ende dieses Trends in Sicht. Es ist zu erwarten, dass er sich weiter fortsetzen wird. Damit ist das Geschäftsmodell der Bausparkasse in der her kömmlichen Form bedroht. Es sind neue Wege gefragt.

Die angestrebte Fusion ist nach der Vorstellung der Träger ein wesentlicher Baustein, um diesen aktuellen Herausforderun gen zu begegnen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der Fusion um die Vereinigung zweier gleichberech tigter Partner unterschiedlicher Größe handelt.

Mit dieser Fusion sind natürlich positive Auswirkungen ver bunden, deren Erzielung wir erhoffen und bei denen wir si cher sind, dass sie kommen werden. Durch die Fusion wer den Synergien bei den internen Kosten und beim Vertrieb ge hoben. Damit kann auch ein markt- und zukunftsfähiges Ver bundunternehmen für die Sparkassen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz erhalten werden. Durch die Fusion wird eine angemessene Ausschüttung an die Träger gesichert. Auch das ist sehr wichtig. Durch die Fusion wird der Stand ort Baden-Württemberg gestärkt, weil zentrale Funktionen – auch die bislang in Mainz angesiedelten Funktionen – künf tig in Baden-Württemberg konzentriert werden. Damit wer den qualifizierte Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen gesichert.

Mit der Fusion entsteht die größte Landesbausparkasse Deutsch lands. Beide Institute kämen nach den Angaben der Sparkas se auf eine Bilanzsumme von rund 15 Milliarden €. Und – was noch ganz entscheidend ist – mit der Fusion bleibt die LBS nahe am Kunden.

Zum Staatsvertrag hat der Minister einiges ausgeführt. Ich möchte dazu nur noch ein paar Sätze sagen. Der Staatsvertrag enthält nur die rechtlich unabdingbaren Regelungen der Ver einigung beider Landesbausparkassen. Die eigentlichen Fusi onsbeschlüsse werden von den zuständigen Gremien und durch einen Fusionsvertrag umgesetzt. Zur Wirksamkeit die ser Fusion muss die Fusion durch die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg genehmigt werden.

Die endgültige Verabschiedung des Fusionsvertrags durch die Träger kann erst dann vorgenommen werden, wenn der Staats vertrag in Kraft getreten ist. Er beinhaltet zudem eine weitge hende Satzungsautonomie der vereinigten LBS, wobei wie auch bisher schon die Satzung und deren Änderungen jeweils der Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde bedürfen. Der Staatsvertrag ist notwendig, weil die beiden als öffentlichrechtliche Anstalten verfassten Landesbausparkassen über die Grenzen der Bundesländer hinweg vereinigt werden sollen.

Der umwandlungsrechtliche Vorgang ist im Sparkassengesetz geregelt. Nach der Systematik werden alle bisher zur LBS Landesbausparkasse Baden-Württemberg im Sparkassenge setz enthaltenen Vorschriften 1 : 1 in den Staatsvertrag über nommen, der durch die Zustimmung des Landtags zum Rati fizierungsgesetz ebenfalls Gesetzeskraft erhalten wird. Insbe sondere werden sämtliche Kompetenzen, die das Innenminis terium als Rechtsaufsichtsbehörde bereits bisher hatte, im Staatsvertrag abgebildet. Darüber hinaus hat die Rechtsauf sichtsbehörde künftig auch ein Teilnahmerecht im neuen Or gan der Anstalt, der Trägerversammlung.

Ich freue mich über die von Ihnen, Herr Hollenbach, ange kündigte Zustimmung der CDU-Fraktion. Nun können wir den Verantwortlichen ein glückliches Händchen und viel Er folg bei der Umsetzung der Fusion wünschen. Wir, meine Fraktion und ich – und ich denke, wir alle hier im Landtag –, wünschen der neuen LBS Landesbausparkasse Südwest viel Erfolg bei der Verfolgung ihrer Ziele.