Protocol of the Session on October 29, 2015

Vielen Dank, Herr Ab geordneter. – Ich darf für die Landesregierung Herrn Staats sekretär Walter ans Rednerpult bitten.

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Kollege Bullinger, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst über den aktuellen Stand des Förderprogramms „Akademisierung der Gesundheitsfach berufe“ berichten.

Mit Schreiben vom 11. März dieses Jahres wurde die Aus schreibung an die Universitäten, Pädagogischen Hochschu len, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die Duale Hochschule sowie die nicht staatlichen Hochschulen des Lan des versandt. Die Ausschreibung umfasst die Studiengänge in den Bereichen Pflege/Pflegewissenschaft, Physiotherapie und Hebammenwesen mit dem Ziel, diese Gesundheitsfachberu fe in Baden-Württemberg zu akademisieren. Die Bewertung der Anträge erfolgt unter Einbeziehung einer externen Gut achtergruppe. Das Programm sieht eine Förderung von zu sätzlichen Studienanfängerplätzen im Bereich der etablierten Studiengänge sowie die Einrichtung neuer Studiengänge vor.

Die Förderung erfolgt in zwei Tranchen: die erste Tranche mit Start zum Wintersemester 2015/2016 und die zweite Tranche mit Start zum Wintersemester 2016/2017. Auf der Grundlage der Gutachterempfehlungen wurde im Rahmen der ersten

Tranche die Förderung von insgesamt 145 zusätzlichen Stu dienanfängerplätzen in vier bereits etablierten Studiengängen zum Wintersemester 2015/2016 bewilligt. Dies betrifft den Bachelorstudiengang „Angewandte Gesundheitswissenschaf ten für Pflege“ der DHBW an den Standorten Stuttgart und Karlsruhe, den Bachelorstudiengang Pflege der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg sowie den Bachelorstudiengang Physiotherapie an der SRH Hochschule Heidelberg.

Die Kriterien für die Bewertung sind für die Anträge beider Tranchen identisch. Ich möchte die wichtigsten nennen:

Erstens: Zielstellung. Entspricht das Vorhaben dem Ziel der Akademisierung der Gesundheitsfachberufe?

Zweitens: arbeitsmarktbezogene Aspekte. Werden diese im Antrag berücksichtigt?

Drittens: Struktur und Entwicklungsplan. Wie passt das zu sätzliche Studienangebot in das Gesamtkonzept der Hoch schule?

Viertens: Forschungsbezug. Wie wird der Forschungsbezug ausgestaltet?

Fünftens: Kooperationspartner. Erfolgt bzw. inwieweit erfolgt eine Kooperation mit einer medizinischen Fakultät, z. B. im Rahmen eines Gesundheitscampus, mit einem Universitäts klinikum oder einem akademischen Lehrkrankenhaus mit Ma ximalversorgung?

Sechstens: Berufszulassung. Inwieweit erfolgt die Berufszu lassung gemäß den einschlägigen Berufsgesetzen?

Siebtens: Interdisziplinarität. Inwiefern besteht eine Verbin dung zu vorhandenen Studiengängen der Hochschule oder Studiengängen anderer Hochschulen?

Übergreifend für alle Anträge empfahl die Gutachtergruppe, dass die Einrichtung fachspezifischer Professuren als Voraus setzung für die Förderung festzulegen sei. Als Voraussetzung müsse bei der Etablierung von Studiengängen an neuen Stand orten oder an Standorten, an denen bisher nur Berufsfachschu len existieren, eine akademische Sozialisation der Auszubil denden erreicht werden. Auch die Frage der räumlichen Dis tanz mit Blick auf die Durchführbarkeit – Bibliothek, inter disziplinäre Veranstaltungen, Infrastruktur – müsse beantwor tet werden.

In Bezug auf die vier Studiengänge der ersten Tranche mit Start zum Wintersemester 2015/2016, bei denen es sich um etablierte Studiengänge handelt, legten die Vertreterinnen und Vertreter der Hochschulen überzeugend dar, dass die Kriteri en erfüllt sind. Die Antragstellerinnen und Antragsteller der bei der ersten Gutachtersitzung im Mai 2015 positiv begut achteten Studienkonzepte wurden dazu aufgefordert, die An träge auf der Grundlage der Gutachterempfehlungen zu über arbeiten und Vollanträge einzureichen.

So weit zu Frage a.

Zu Frage b: Zum Antrag, einen Bachelorstudiengang Pflege der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg am Standort Schwäbisch Hall einzurichten, empfahl die externe Gutach tergruppe keine Förderung. Die Gutachtergruppe bemängel

te, dass in Schwäbisch Hall die geforderte Interdisziplinarität derzeit nicht erreicht werden könne, da fachlich affine inter disziplinäre Studienangebote und die notwendige fachliche Infrastruktur – eine einschlägige Bibliothek – nicht vorhan den sind. Die Gutachtergruppe befürchtete darüber hinaus, dass ein gleichzeitiger Aufbau in Schwäbisch Hall in der Auf bauphase des Studiengangs in Ludwigsburg zu Qualitätspro blemen führen könnte.

Das Wissenschaftsministerium hat sich dieser Einschätzung der Fachexperten angeschlossen. Der Ausbau der Evangeli schen Hochschule Ludwigsburg soll im Rahmen des Sonder programms deshalb nur am Standort Ludwigsburg erfolgen. Mit der Hochschule wurde dies so besprochen. Sie hat für die se Entscheidung Verständnis gezeigt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger.

Herr Staatssekre tär, vielen Dank für die Aufhellung. Das war einfach bisher nirgendwo bekannt.

Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Muss man für die zweite Tranche davon ausgehen, dass keine neuen Standorte dazu kommen, sondern die jetzt begonnenen Ausbaustufen erwei tert werden? Bedeutet dies dann mit Sicherheit das endgülti ge Aus für den gewünschten Standort der Ludwigsburger Hochschule in Schwäbisch Hall?

Zweitens: Sind Sie mit mir der Meinung, dass diese Entschei dung in Richtung der Universitätsstädte Heidelberg, Karlsru he, Ludwigsburg, Stuttgart einen besonderen Beitrag zur Stär kung des ländlichen Raums darstellt?

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Karlsruhe ja!)

Ich gehe einmal auf die letz te Frage ein. Wir sind immer sehr daran interessiert, den länd lichen Raum zu fördern. Aber das macht nur dann Sinn, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Man tut dem ländlichen Raum keinen Gefallen, wenn man einen Studiengang einführt, der gar nicht in dem Maß eingerichtet werden kann, wie er sollte. Deswegen sage ich: Man kann nicht immer alles über einen Kamm scheren und eine Folie darüberlegen, sondern man muss die spezifischen Gegebenheiten berücksichtigen. Die von uns eingesetzten Experten haben natürlich auch den ländlichen Raum im Blick, aber ihnen geht es vor allem um die Qualität des Studiums. Diese muss in erster Linie gewähr leistet sein.

Zu Ihrer ersten Frage: Natürlich gelten all die Kriterien, die wir für die erste Tranche erhoben haben, auch für die zweite Tranche. Wenn sich daran nichts ändert, dann wird sich eben auch zukünftig an den Standorten nichts ändern. Jetzt warten wir einmal ab, welche Anträge es in Zukunft gibt, und dann wird wieder entschieden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber grund sätzlich wären neue noch möglich? Freiburg z. B.?)

Ich weiß im Moment nicht, woher die Anträge kommen. Jetzt haben wir einmal die ersten Tranchen entschieden, und dann warten wir. Ich befürchte, dass sich die Infrastruktur in Schwäbisch Hall so schnell nicht verändern wird.

Keine weiteren Zusatz fragen. – Vielen Dank, Herr – –

(Zuruf)

Was?

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ich melde mich die ganze Zeit!)

Sie haben sich gemeldet?

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ja, bestimmt schon zehn Mal!)

Das ist mir nicht signalisiert worden. – Bitte, Frau Abg. Mie lich.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nicht nur nach rechts schielen! – Weitere Zurufe – Heiterkeit)

Es ist nichts verloren gegan gen.

Irgendwie dachte ich immer, dass ich gar nicht so zart aussehe, dass man mich so ohne Wei teres übersehen kann. Aber da werde ich jetzt eines Besseren belehrt.

Aber man kann Sie nicht überhören.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Staatssekretär, bei diesem Ausbau der Studiengänge ist das zentrale Kriterium ja die Un terscheidung, dass bei der ersten Tranche ausdrücklich fest geschrieben worden ist, dass bestehende Studiengänge um ei nen Anteil aufgestockt werden sollen, dass aber bei der zwei ten Tranche neue Studiengänge eingerichtet werden sollen.

Ist es richtig, dass ein ganz zentrales Auswahlkriterium der zweiten Tranche – auch das ist die Umsetzung der Empfeh lung des Wissenschaftsrats – die Schaffung von Studiengän gen vor allem in Verbindung mit Universitäten ist, um den Austausch zwischen den medizinischen und nicht medizini schen Gesundheitsberufen deutlich zu forcieren mit dem Ziel, dass es eine Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe insge samt geben kann?

Ich möchte noch ge schwind sagen: Die Frage müsste ich jetzt gar nicht zulassen, aber weil Sie so vergeblich gestreckt haben, lasse ich sie zu.

(Heiterkeit)

Das ist eine Feststellung, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das kann sie ja ausführen!)

Herr Präsident, mit Ihrer Er laubnis kann ich feststellen, dass Frau Abg. Mielich hervor ragend informiert ist und recht hat.

(Heiterkeit bei den Grünen – Beifall des Abg. Man fred Lucha GRÜNE)

Gibt es weitere Zusatz fragen? – Keine.

(Vereinzelt Beifall – Zurufe)

Dann darf ich den Herrn Staatssekretär mit Dank auf die Re gierungsbank entlassen.