Protocol of the Session on October 28, 2015

Wir sichern damit ab, dass in diesem Land nicht weniger, son dern mehr Investitionen erfolgen, weil wir damit natürlich auch die kommunalen Hebel in Gang setzen.

Nochmals: Es gibt arme Kommunen in diesem Land, aber im Schnitt sind die Kommunen nicht ärmer als das Land BadenWürttemberg. Deswegen ist es keine Zumutung – wie Sie das beschreiben –, sondern ein faires Miteinander. Der Fixbetrag zwingt jene, die die Planung machen, fairer und solider zu rechnen.

Denn was ist die Folge, wenn – siehe Karlsruhe – bei einem Projekt dramatische Preissteigerungen eintreten? Die Folge ist, dass alle Nachrückenden keine Chance mehr haben, Geld zu bekommen; denn zunächst müssen die Preissteigerungen und die Mehrkosten abgevespert werden.

(Zuruf des Abg. Karl Klein CDU)

Insoweit ist es ein sehr, sehr faires Angebot an alle, die in der Rangfolge weiter hinten sind. Es ist also ein fairer Umgang mit den Kommunen. Insoweit ist der Fixbetrag durchaus rich tig.

Vielleicht noch ein Hinweis: Es werden mehr Fördertatbestän de eingeführt. Einige der Fördertatbestände erleichtern das Bauen, machen es kostengünstiger. Aber klar ist: Auch wir wünschen uns mehr Geld. Sich mehr Geld zu wünschen kann jedoch nicht heißen, inhaltlich Stillstand zu bewahren. Viel mehr müssen sinnvolle Merkmale, die über die Jahre auf tauchten, ins Gesetz aufgenommen werden.

Insoweit sind wir überzeugt: Das Gesetz weist einen guten Weg, einen Weg, bei dem die eine oder andere Gemeinde um denken muss. Die eine oder andere Gemeinde wird vielleicht auf ein Projekt verzichten; das schließen wir nicht aus. Aber die Folge wird sein, dass eine andere Kommune eintreten

wird. Gerade im ländlichen Raum hat das Gesetz eine große hilfreiche Wirkung.

In diesem Sinn bitten wir um Ihre Zustimmung zu diesem Ge setz.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man in den Gesetzentwurf hineinschaut und unter „Zielsetzung“ nach liest, wird klar, dass die Landesregierung mit diesem Gesetz das Ziel einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung verfolgt. Das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz soll ökolo gisch, nachhaltig und kommunalfreundlich ausgestaltet wer den. Das erinnert mich ein bisschen an die Landesbauordnung, die Fahrradstellplätze und den Mehraufwand.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Minister Franz Untersteller: Jesses Gott!)

Diese Aussage, die unter „Zielsetzung“ steht, darf zumindest angezweifelt werden. Wenn das, was Kollegin Razavi sagt, dem Widerspruch der Regierungsfraktionen anheimfällt, darf ich die Hauptgeschäftsführerin des Städtetags Baden-Würt temberg, Frau Gudrun Heute-Bluhm, zitieren:

Wir halten den Ansatz, möglichst viele kleine Projekte oh ne verstärkte Mittelbereitstellung zu fördern, für nicht zielführend. Ein solcher Schritt würde zulasten der gro ßen und... wichtigen Vorhaben... gehen.

Dem können wir nur zustimmen. Sie haben mit dem Gesetz die Fördertatbestände erweitert. Da gibt es durchaus auch in teressante neue Fördertatbestände. Die Frage ist aber schon: Muss alles gefördert werden, insbesondere auch kleinere Pro jekte – denn Sie stellen nicht mehr Mittel bereit –, seien es Fahrradgaragen, Fahrradabstellanlagen, Fußgängerinfrastruk tur? Da muss man sich schon fragen, ob diese Dinge – die durchaus sinnvoll sind – tatsächlich immer mit Landesmitteln gefördert werden müssen. Denn dadurch bekommen wir eine Inflation von Fördertatbeständen.

Der Verkehrsminister sagt dem Städtetag dann, wenn es um mehr Geld geht, dass der Bund zuständig ist. Diese Taktik kommt bei unserem Verkehrsminister immer wieder zum Aus druck, nämlich dass man vieles auf die Agenda setzt und er es immer dann, wenn es ums Geld geht, auf den Bund schiebt. So können wir Verkehrspolitik in Baden-Württemberg nicht machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Im kommunalen Straßenbau gibt es die Umschichtung zu gunsten des Umweltverbunds. Mit dieser Maßnahme wurden dem kommunalen Straßenbau 35 Millionen € pro Jahr entzo gen. Die Förderquote wurde von 75 auf 50 % reduziert, und es gibt eine Festbetragsfinanzierung. All diese Maßnahmen werden dazu führen, dass weniger in den kommunalen Stra

ßenbau investiert wird. Der Bedarf des kommunalen Straßen baus wird auch von der Bauwirtschaft mit erheblichen Milli ardeninvestitionen angegeben, sodass diese Umschichtungen überhaupt nicht zeitgemäß sind.

Deswegen sagen wir: Wenn man in diesem Gesetz mehr För dertatbestände will, dann muss man auch mehr Mittel bereit stellen. Das wird jedoch nicht gemacht. Insofern kommt es zu einer Zerfledderung der Fördertatbestände. Es werden weni ger Projekte, die tatsächlich eine große verkehrliche Wirkung haben, realisiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich habe heute im Pressespiegel das „Zitat des Tages“, ein Zi tat des Ministerpräsidenten, gelesen:

Das Schneckentempo ist das Tempo der Demokratie.

Zumindest für den kommunalen Straßenbau, lieber Herr Mi nisterpräsident, ist das schon Realität geworden,

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

und mit diesem Gesetz wird dies noch verstärkt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Hermann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Novelle des Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetzes modernisieren wir die Finanzierung von kommunaler Verkehrsinfrastruktur aller Art. Ich gebe gern zu: Das Gesetz hat einen wirklich schwerwiegenden Mangel. Es gelingt uns offenbar nicht, die Politik der Opposition zu mo dernisieren. Denn die redet in allen Denkfiguren sozusagen immer noch in alten Schablonen.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Widerspruch bei der CDU)

Was meinen wir mit dieser Modernisierung im Sinne der nach haltigen Mobilitätspolitik? Wir fördern statt vieler Großpro jekte gezielt Kleinprojekte, die dann vielen zunutze kommen. Wir befördern ganz bewusst nicht nur alte, sogenannte harte Infrastruktur wie Straßenbau, sondern auch digitale Infrastruk tur, moderne Leittechnik, moderne Fahrgastinformationssys teme, E-Ticketing und vieles mehr. All das, was bisher nicht förderfähig war, sondern allenfalls in Sonderprogrammen ab gewickelt werden kann, wird jetzt in die Regelförderung über führt.

Eben hat eine Oppositionspolitikerin auch behauptet, wir wür den mit diesem Gesetz die Barrierefreiheit untergraben. Das Gegenteil ist wahr! Jetzt wird zum ersten Mal im Rahmen ei nes Gesetzes regelhaft Barrierefreiheit gefördert. Das war vor her nur in Sonderprogrammen möglich. Sie verdrehen also völlig die Tatsachen und den Inhalt dessen, was mit diesem Gesetz vorgelegt wird.

Herr Haußmann hat eben gesagt, wir würden durch viele Wahlmöglichkeiten eigentlich eine große Verwirrung schaf fen. Das erstaunt bei einem Politiker der Partei der Freiheit. Denn erst dann, wenn Kommunalpolitiker die Freiheit der Wahl haben, können sie sich ja verantwortlich entscheiden. Wir eröffnen mehr Wahlmöglichkeiten. Man muss nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen, sondern man muss sich in einer Kommune entscheiden, ob man z. B. den Fußverkehr, den Radverkehr oder den ÖPNV ausbauen will oder mehr auf den Straßenbau setzt. Das ist die Freiheit, die die Kommunen ha ben. Die Freiheitsrechte haben wir erweitert, indem wir die Wahlgegenstände erweitert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der Abg. Rosa Grünstein SPD)

Wir geben also die Chance für mehr Software statt mehr Hard ware, und wir haben in der Tat die Möglichkeit eröffnet, dass man mehr finanzielle Mittel für den Umweltverbund als für den herkömmlichen Straßenbau zur Verfügung hat. Das ist be wusst gewollt, hat übrigens aber gar nichts mit dem Gesetz zu tun. Bereits zu Beginn dieser Regierungsperiode haben wir das als eine Schwerpunktsetzung beschlossen, um eben die nachholende Finanzierung und die nachholenden Investitio nen im Bereich des Umweltverbunds zu ermöglichen.

Jetzt sind ja bei der Anhörung und auch in der Öffentlichkeit immer wieder Kritikpunkte vorgetragen worden. Ich will da zu gern noch einmal Stellung nehmen, obwohl ich das schon vielfach getan habe. Aber man hört ja immer wieder die glei chen Einwände.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist halt so!)

Bei der Anhörung und in den öffentlichen Kommentaren – deswegen war es auch nicht mehr notwendig, noch einmal ei ne Anhörung im Verkehrsausschuss zu machen; denn es gab ein öffentliches Anhörungsverfahren; wir hatten von allen Ver bänden schriftlich die Kritikpunkte; wir haben alles auf dem Tisch; da hätte man wirklich nur das Gleiche wiederholt, und das macht Politik nicht besser – ist von allen positiv darge stellt worden, dass wir die neuen Fördertatbestände geschaf fen haben, Fördertatbestände, die zeitgemäß, modern sind und eben auch wichtige Herausforderungen wie Barrierefreiheit unterstützen. Das ist von allen begrüßt worden.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Aber das Geld dafür fehlt!)

Jetzt kommt die Aussage: Aber das Geld reicht nicht. Nun ist das jedoch eine andere Frage. Denn das, was wir an Mit teln einsetzen – das will ich doch noch einmal deutlich sagen –, sind exakt die 165 Millionen €, die wir vom Bund als Ent flechtungsmittel bekommen. Exakt diese Summe setzen wir in kommunale Infrastrukturinvestitionen und die neuen Tat bestände ein und keinen Euro weniger. Sie tun öffentlich stän dig so, als würden wir die Mittel kürzen. Wenn Ihnen das Geld nicht reicht,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Aber Sie erhöhen sie nicht!)

hätten Sie mindestens acht Jahre lang auf Bundesebene Zeit gehabt, mit Ihrer Bundeskanzlerin und Ihrer Mehrheit für ei ne höhere Finanzierung kommunaler Verkehrsinfrastruktur über Entflechtungsmittel zu sorgen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wo sind denn da Ihre Anstrengungen? Dazu habe ich nie et was gehört.

Sie schreien immer nur nach mehr Geld, aber ich sehe nicht, dass Sie sich darum bemühen würden.

Was waren jetzt die Kritikpunkte, die wieder mehrfach ge nannt wurden? Ein Kritikpunkt war z. B., es gebe zu wenig Mittel. Aber diese Klage gilt praktisch bei allem; das muss man schon einmal sagen. In dieser Zeit ist es eben schwierig. Man muss abwägen, wofür man Geld ausgeben will.

Der zweite Kritikpunkt war die Absenkung der Förderquote auf 50 %. Ich kann Ihnen aber sagen: Es ist besser, man hat eine klare Quote und weiß, wer etwas bekommt, als dass man allen eine höhere Quote verspricht, aber nichts entscheiden kann, weil man nie weiß, was man im Topf hat, weil man nie weiß, was man ausgegeben hat, und weil es sehr viele Altfäl le gibt.

Frau Razavi, Sie haben jetzt wieder einmal behauptet, Mittel würden nicht abgerechnet, Projekte würden nicht umgesetzt. Dazu sage ich Ihnen einmal eines: Wir haben Altfälle, die zehn Jahre und älter sind, die nicht abgerechnet worden sind, und zwar noch aus Ihren Zeiten.