Meine Damen und Herren, ich bitte, nachher in der zweiten Runde vielleicht noch zu dem einen oder anderen Punkt, den ich hier angesprochen habe, Ausführungen machen zu dürfen.
Herr Kollege Dr. Bullin ger, die Zeit für eine zweite Runde haben Sie schon im ersten Durchgang verbraucht. Die zehn Minuten sind um.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Setzen! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ich habe es zur Kennt nis genommen, Frau Präsidentin!)
Frau Präsidentin, sehr verehr te Kolleginnen und Kollegen! Die Beurteilung der Frage – Thema dieser Debatte –, ob der Nationalpark Nordschwarz wald ein Prestigeobjekt ist oder nicht, steht uns jetzt noch nicht zu, glaube ich. Fakt ist: Am 24. September 2011 wollte die grün-rote Regierung mit der Infoveranstaltung in Bad Wildbad die Rolle des Moderators in Sachen Einrichtung des Nationalparks übernehmen. Stattdessen fand eine Vorfestle gung statt, wie Kollege Dr. Bullinger eben auch festgestellt hat. Vielleicht war das in der jetzigen Situation etwas unge schickt.
Die CDU-Fraktion steht der Einrichtung eines Großschutzge biets zunächst einmal offen gegenüber. Wir erkennen die Not wendigkeit im Hinblick auf die Einrichtung von Schutzgebie ten, wir erkennen die Notwendigkeit im Hinblick auf Arten vielfalt und Artenerhalt. Aber wir zweifeln den Nutzen an, den Sie hier für den Tourismus angeben. Wenn Sie sich im Vor feld mit diesen Dingen auseinandergesetzt hätten, wären Ih
nen, denke ich, auch die entsprechenden Arbeiten in die Fin ger gekommen, die klar belegen, dass ein derartiger Zusam menhang nicht herzustellen ist.
Grundsätzlich ist wichtig, vor diesem Haus und vor denjenigen, die die Entscheidung zu tref fen haben, festzuhalten, dass wir von der CDU-Fraktion mehr fach vor Ort waren und dort enorme Sorgen und Ängste der Bevölkerung wahrgenommen haben.
Der erste Punkt ist der Klimaschutz. Sie von Grün-Rot haben in Ihr Programm die Förderung der entsprechenden regenera tiven Energien und Rohstoffe aufgenommen. Zugleich planen Sie hier, zu beschließen, dass rund 6 500 ha an Holzbodenflä che weggenommen werden. Sie nehmen damit rund 50 000 Festmeter Holz aus der Nutzung. Allerdings ist der Bedarf in diesem Großschutzgebiet vorhanden. Das heißt, Sie müssen das Holz von irgendwo hertransportieren. Sie können sich den Taschenrechner von Herrn Kollegen Schmiedel ausleihen. Die Rechnung dazu ist ganz einfach.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! Ich bringe den Taschenrechner beim nächsten Mal wieder mit! – Ge genruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist die SPD! Wenn man sie braucht, hat sie es nicht da bei! – Vereinzelt Heiterkeit)
Heute hat er ihn nicht mit. – 1 600 Fuhren Holz müssen in das entsprechende Gebiet gebracht werden. Das entspricht umgerechnet 50 t CO2, die pro Jahr zusätzlich produziert wer den. Die Fraktion GRÜNE hat vor Jahren noch für den Kli maschutz und für Klimaschutzziele gestanden. Dafür haben Sie gekämpft. Jetzt erklären Sie uns und den Menschen drau ßen, was mit diesen Zielen geschehen ist und warum diese nicht mehr gelten.
Der zweite Punkt betrifft die Arbeitsplätze. Ich weiß, dass manche von Ihnen mit dem Begriff „Arbeitsplatz“ herzlich wenig anfangen können.
Deswegen will ich es Ihnen verdeutlichen. Wenn man das wegfallende Wertschöpfungspotenzial betrachtet, erkennt man, dass rund 800 Arbeitsplätze in Gefahr sind. Da sind auch entsprechend viele Familien mit Kindern betroffen. Diesen Kindern nehmen Sie die Zukunft. Dabei hilft die gesamte ideologische Bildungspolitik nichts. Das müssen Sie ernst nehmen. Darauf müssen Sie eingehen. Diese Punkte müssen Sie beachten.
Der dritte Punkt betrifft die Artenvielfalt. Mir ist bekannt, dass Sie alle Berufsökologen sind. So, wie Sie hier sitzen, so geht es nach außen. Aber ich muss Ihnen sagen, dass Sie, wenn Sie diesen radikalen Umbau im Wald so vornehmen, wie Sie ihn mit einem Nationalpark planen, zusätzlich Arten, die bereits vorhanden sind, gefährden. Hier gilt es, in einen Abwägungs prozess einzutreten. Sie wissen genau, dass Sie dem Auerwild die Lebensgrundlage nehmen, wenn es zu der geplanten Bu chenwaldstruktur kommt. Es gilt abzuwägen, was uns wich tiger ist. Das gilt es zu klären.
Herr Minister, Sie haben ein entsprechendes Gutachten in Aussicht gestellt. Das halte ich für richtig. Das halte ich für wichtig. Ich hoffe allerdings, dass nicht das eintritt, was be reits gesagt wurde, nämlich dass das Gutachten in drei oder vier Monaten auf dem Tisch liegt. Vielleicht sollten Sie sich dabei genauso viel Zeit nehmen wie für die Verhinderung von Verkehrsprojekten.
Das Zuhören und das Aufnehmen der Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Gebiet halte ich für sehr wichtig. Es geht nicht nur darum, den Stuttgart-21-Gegnern Gehör zu ver schaffen. Es geht auch darum, den Kritikern, die von einem Nationalpark betroffen sind, Gehör zu verschaffen.
Sie zitieren in letzter Zeit sehr oft die Bewahrung der Schöp fung. Gestatten Sie mir dazu eine Anmerkung, auch in Rich tung des Herrn Ministerpräsidenten. Ich zitiere niemand Ge ringeren als den Heiligen Vater:
Sehr geehrte Frau Land tagspräsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ein Nationalpark hat viel mit Verantwortung zu tun. Dabei han delt es sich, Herr Kollege Rapp, um Verantwortung für die Schöpfung.
Dabei handelt es sich auch um Verantwortung für die künfti gen Generationen, für uns Menschen. Genau deswegen erlau be ich mir, eingangs den ehemaligen Bundespräsidenten Ri chard von Weizsäcker zu zitieren. In einer Rede am 3. Okto
ber 1990 hat er im Hinblick auf die schließlich im Jahr 1994 erfolgte Änderung des Grundgesetzes – die Einfügung des Ar tikels 20 a – gesagt:
Gibt es zur Ergänzung unserer Ziele ein Dringlicheres als den Schutz der Natur in ihrer Rechtlosigkeit? Haben wir eine größere Aufgabe, als die Schöpfung zu bewahren und damit für die Nachwelt zu schützen?
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das müssen Sie mor gen bei der Diskussion über die Windkraftanlagen be rücksichtigen!)
Damit formulierte Richard von Weizsäcker eine zentrale Bot schaft für die Begründung von Nationalparks. Denn National parks sind ein zentraler Baustein für den Naturschutz, für den Schutz der Natur um ihrer selbst willen, in den tropischen Re genwäldern genauso wie hier bei uns in Baden-Württemberg.
Schauen wir in puncto Nationalparkdiskussion einmal über den Tellerrand von Baden-Württemberg hinaus. Beispiel Hes sen: Schon 1987 forderte die CDU in Hessen – Zitat – „die Einrichtung eines Nationalparks in Nordhessen, um die unge störte Entwicklung typischer Waldgesellschaften zu ermögli chen“.