Am 22. November 2001 und damit exakt an meinem 40. Ge burtstag erfreute mich der damalige FDP-Fraktionschef JörgUwe Hahn aus Hessen mit der Aussage, es sei Wunsch der Fraktion, den Nationalpark Kellerwald zu einer echten Attrak tion zu machen. Die Liberalen stellten sich – Zitat – „eine Qualität wie im Nationalpark Bayerischer Wald“ vor. Bravo FDP Hessen!
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Dann müsst ihr nach Hessen ziehen!)
Im Jahr 2001 betonte der damalige Vorsitzende der CDU Bensheim, Dr. Zanger, dass die Einrichtung eines nordhessi schen Nationalparks eine ureigene Idee der CDU sei, und hob zugleich die Wirtschaftsimpulse eines Nationalparks hervor. Bravo CDU Hessen!
Mit dem Projekt „Europas wildes Herz“ knüpft der Nati onalpark an die Erfolge der Vergangenheit an und trifft den Nerv der Zeit. Die Wildnis dort ist seit Jahrzehnten gewachsen. Es ist richtig, mit ihr als Markenzeichen zu punkten.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Im Nordschwarz wald haben wir aber keine Wildnis! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Wer formulierte das so schön und überzeugend im Oktober 2009? Die bayerische Staatssekretärin für Wirtschaft, Infra struktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, von der FDP.
Warum, werte Kolleginnen und Kollegen, ist nun ein Natio nalpark in Baden-Württemberg wünschenswert und sinnvoll?
Naturschutz ist gemäß Grundgesetz Ländersache. Der Bund darf nicht nur keine Nationalparks einrichten, er darf uns noch nicht einmal das Personal dafür bezahlen. Kurz: Dieser, un ser baden-württembergischer Landtag trägt die Verantwortung für Naturschutz und Nationalparks. Hic Rhodus, hic salta, lie be CDU und liebe FDP/DVP.
Bei der interessantesten aller Fragen, nämlich der Frage nach dem Warum, stoßen wir auf die eingangs genannte Debatte: Warum benötigen wir Naturschutz? Es waren Politiker wie Richard von Weizsäcker und Klaus Töpfer, die sich neben Grünen und SPD für eine breite gesellschaftliche Mehrheit für den Schutz der Natur um ihrer selbst willen und damit auch für ungestörte Prozesse einsetzten.
Die Bewahrung der Schöpfung ist hier ein zentrales Argument aus der Sicht des christlichen Glaubens. Verantwortung für unser Naturerbe lautet die Botschaft derjenigen, die nicht re ligiös, jedoch umweltethisch argumentieren. Denn der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge.
Der Ablauf natürlicher Prozesse dauert in unseren Wäldern mehrere Jahrhunderte. Wenn wir also von Nationalparks spre chen, dürfen und müssen wir dauerhaft in langen Zeiträumen – länger als in Legislaturperioden – denken.
In diesem Zusammenhang gilt es ein sprachliches Missver ständnis aufzuklären: Nichts, lieber Kollege Bullinger, ist le bendiger als Totholz – richtiger: Biotopholz.
Jetzt kommen wir zu einem entscheidenden Unterschied zum Biosphärengebiet. Es gibt Tausende von Pilz- und Insekten arten, die auf absterbende Bäume und abgestorbene Bäume spezialisiert sind.
Daher gibt es in dauerhaft ungenutzten Wäldern auch eine ganz andere biologische Vielfalt als selbst in naturnah genutz ten Wäldern.
Es gibt aber auch ganz andere, egoistische, anthropozentri sche Motive von uns Menschen für die Erhaltung aller Arten
aller, auch derjenigen, die nur in ungenutzten Wäldern über leben können. Denn wer weiß, welche Pilzart genau den Wirk stoff enthält, den wir morgen für die Bekämpfung einer neu en Krankheit brauchen? Und wer weiß, welche Pflanzenart genau so zusammengesetzt ist, dass sie morgen für die Ent wicklung einer neuen Faser in der Autoindustrie benötigt wird?
Nein, das ist nicht mehr erforderlich. Übrigens habe ich über Arbeitsplätze promoviert; so viel zum Thema.
Der Mensch, lieber Kollege Röhm, war bisher weder in der Lage, den Spinnenfaden zu übertreffen noch die Libelle. Des wegen gibt es Lehrstühle speziell für Bionik.
Erstens: Es gibt nicht nur Wege in der Kernzone, sondern es ist auch möglich, dass dort neue gebaut werden.
Zweitens: Das Land bezahlt allein und ohne Kommunen und Kreise und ohne spezielle Taxe. Das Leuchtturmprojekt wür de uns 3 Millionen bis 10 Millionen € jährlich kosten, sich aber vielfach rentieren.
Drittens: Förster und Waldarbeiter werden in Nationalparks noch dringender gebraucht als vorher, wenn auch mit teils ver änderten Aufgaben.
Viertens: Nach den weltweiten IUCN-Kriterien sind Erholung und Naturbeobachtung ein gleichrangiges Ziel neben dem Na turschutz, solange der Schutzzweck nicht gefährdet ist. Na türlich darf nicht jeder immer überall „nadappen“.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da sind wir uns ei nig! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Außer im Schlosspark!)
Sechstens: Sind Nationalparks in Naturparks eingebettet – wie in diesem Fall –, sind die Naturparks und die darin ansässi gen Handwerker und touristischen Dienstleister die Haupt nutznießer des Nationalparks.
Siebtens: Sponsoren aus der Wirtschaft – ich arbeite auf die sem Feld seit 17 Jahren, auch auf der internationalen Ebene – haben ein besonderes Interesse an Nationalparks.
Wir Grünen sind daher fest davon überzeugt und werben für einen Nationalpark Nordschwarzwald, weil er eine große Chance für Mensch und Natur darstellt.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und war um kein Kompromiss?)