Protocol of the Session on October 12, 2011

Solche Lücken tun sich bei näherer Betrachtung en masse im Landeshaushalt auf. Dem wollen wir entgegenwirken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir wollen dies in einem Gesamtkonzept tun, in einem Ge samtkonzept mit zwei Handlungssträngen.

Der erste Handlungsstrang wird sein, mehr Transparenz her zustellen. Denn die Bürgerinnen und Bürger lesen immer von der Pro-Kopf-Verschuldung Baden-Württembergs, bei der wir in der Tat im Bundesländervergleich mit Platz 3 hinter Bay ern und Sachsen einen ganz ordentlichen Platz belegen. Aber das ist nicht die Wahrheit; das ist nicht einmal die Hälfte der Wahrheit. Wenn wir die Pensionsverpflichtungen berücksich tigen, wenn wir die fehlenden Rückstellungen für unsere Ge bäude und unseren Sanierungsstau bei den Landesstraßen be rücksichtigen, dann liegen wir eben nicht mehr auf Platz 3. Experten der Universität Freiburg haben im Auftrag des Fi nanzwissenschaftlichen Instituts des Bundes der Steuerzahler einmal errechnet, dass wir, wenn wir allein die implizite Ver schuldung durch Pensionsrückstellungen mit einrechnen, auf dem viertletzten Platz im Bundesländerranking sind. Hinter uns sind nur noch Berlin, Bremen und Hamburg, die Stadt staaten. Es sieht also mitnichten so gut aus.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wir zahlen in den Länderfinanzausgleich!)

Wir wollen durch die Einführung von Elementen der Vermö gensrechnung in den Haushalt mehr Transparenz über die tat sächliche Situation im Landeshaushalt herstellen. Elemente dabei sollen dann z. B. der Sanierungsstau und auch die feh lenden Pensionsrücklagen sein.

Wenn wir diese Transparenz haben, wenn wir also ein ehrli ches Bild unseres Landeshaushalts und der tatsächlichen Si tuation unseres Landes haben, können wir uns, Herr Dr. Rül ke, über die Werkzeuge unterhalten, die wir dann einsetzen. Da kann eine erhöhte Pensionsrücklage ein probates Mittel sein. Es kann aber rechnerisch auch sinnvoller sein, zuerst die Landesstraßen anzugehen oder zuerst den Sanierungsstau bei den Gebäuden anzugehen. Das muss man sehr genau betrach ten.

Sie vertreten als Partei immer auch die Interessen des mittel ständischen Gewerbes und des Handwerks. Wenn ein Hand werker eine solche Rechnung aufmachen müsste, müsste er streng betriebswirtschaftlich Abschreibungen für Betriebsver mögen, das verzehrt wird, erwirtschaften; er müsste beispiels weise Rückstellungen für Betriebsrenten bilden.

Da wir all dies nicht auf einmal machen können, werden wir diese Werkzeuge im Lichte des Gesamtkonzepts betrachten. Wir laden Sie ein, an der Diskussion über die Werkzeuge für den Umgang mit diesen Altlasten mitzuwirken. Dann werden wir schauen, was finanzwirtschaftlich und betriebswirtschaft lich gesehen der sinnvollste Weg ist und was wir zuerst ange hen, ob wir also zuerst die Altlasten der Vorgängerregierun gen im Bereich der Landesstraßen, im Bereich der Gebäude oder bei den Pensionsverpflichtungen angehen.

Ich lade Sie, wie gesagt, ein, diese Diskussion mitzugestalten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, ge statten Sie eine Kurzintervention des Herrn Abg. Kößler?

Sehr gern.

Bitte, Herr Kößler.

Herr Rust, Sie haben vorhin ge sagt, dass Sie im Grunde sehr viel tun wollen. Ich möchte Ih nen einmal einen Vorschlag machen. Wir haben Ihnen schon in der Vergangenheit vorgeworfen, dass Sie Steuermehrein nahmen in einer bestimmten Höhe nicht für den Pensionsfonds nutzen. Es wäre doch jetzt möglich, zumindest einen Teil da von für Zuführungen in den Fonds zu nutzen.

Der zweite Punkt: Es geht darum, dass man den Anstieg von 2020 bis 2040 ein bisschen kappt. Es geht nicht darum, dies voll abzudecken. Aber man sollte doch versuchen, der kom menden Generation ab 2020 im Sinne der Generationenge rechtigkeit etwas entgegenzukommen und da ein bisschen zu kappen. Ich nenne jetzt keine Größenordnung. Aber es sollte uns doch gelingen, da etwas zu kappen. Denn die 3,3 Milliar den €, die wir im Augenblick für 2020 haben, nützen nur we nig.

Ich möchte noch einmal auf meinen Vorschlag zurückkom men. Ich denke, wir alle müssten uns einig sein: Wir müssen uns binden, und zwar dahin gehend, dass wir das Wachstum der Steuereinnahmen zur Richtschnur für das Wachstum der Personalausgaben machen. Das wäre die Vorstufe zur Schul denbremse. Dahin sollten wir kommen. Dazu bedarf es des guten Willens aller; es geht dabei nicht um Polemik oder um Parteipolitik, sondern es geht um Generationengerechtigkeit, und es geht um die Zukunft.

Bitte, Herr Staatssekre tär.

Vielen Dank, Herr Kößler, für die Kurzintervention. Das ist genau das, was wir machen wollen. Denn den zukünftigen Generationen ist es unter dem Strich egal, ob wir ihnen Pensionslasten, Lasten bei den Gebäuden oder Lasten bei den Straßen hinterlassen. Rein fiskalisch be trachtet sind das unterschiedslos Lasten, die sie schultern müs sen.

Deshalb sollten wir die Frage in einem Gesamtzusammenhang sehen und uns bemühen, den kommenden Generationen mög lichst wenig Zukunftslasten zu hinterlassen. Unter Umstän den kann es sinnvoll sein, zuerst die Pensionsverpflichtungen anzugehen; ebenso kann es aber sein, wenn man die Finanz instrumente anschaut, dass es sinnvoller ist, zuerst in anderen Bereichen zu intervenieren.

Wir wollen die Fragen also in einem Gesamtkonzept angehen. Wenn Sie, Herr Dr. Rülke, dies dennoch isoliert tun wollen, dann lade ich Sie ein, im Rahmen der anstehenden Haushalts beratungen Änderungsanträge dahin gehend zu stellen, Mit tel für eine erhöhte Pensionsrücklage einzustellen. Dabei soll ten Sie aber auch sagen, woher man die Mittel bekommt. Denn dazu ist in Ihrem Gesetzentwurf bisher nichts zu sehen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der Allgemeinen Aussprache liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/206. Der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle.

Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 15/206 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer ent hält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abge lehnt.

Punkt 5 der Tagesordnung ist abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Verkehr und Infrastruktur – Flugverkehrs belastung durch den Flughafen Zürich – Drucksache 15/186 (geänderte Fassung)

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Sitzung ist erst beendet, wenn dieser Tagesordnungs punkt abgeschlossen ist.

(Heiterkeit)

Das will ich hier nur einmal sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich für die CDU-Fraktion Herrn Abg. Schreiner.

Herr Präsident, sehr geehrte Da men und Herren Kolleginnen und Kollegen! Als jungem Land tagsabgeordneten ist es mir eine besondere Ehre

(Zuruf von der SPD: So siehst du gar nicht aus!)

es geht schon los, bevor es mit meiner Rede überhaupt los geht –,

(Heiterkeit)

dass ich meine erste Rede im Landtag von Baden-Württem berg ausgerechnet zu einem Wahlkreisthema halten darf.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Dass diese Rede wegen der Aktualität notwendig wird, ist für mich jedoch weniger erfreulich.

Seit vielen Jahren dominiert der Streit über die Belastungen durch den Betrieb des Flughafens Zürich-Kloten für die süd badische Raumschaft die Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz. Ich will es deshalb heute auch ganz deutlich sagen: Die Bevölkerung in Südbaden fordert eine Lösung im Fluglärmstreit, sie fordert vom Land und vom Bund, dass sie mit ganzer Kraft für eine Reduzierung der Flugverkehrsbelas tungen eintreten.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Wir, die CDU-Fraktion, haben uns immer klar zu den Forde rungen der im Jahr 2009 verabschiedeten „Stuttgarter Erklä rung“ bekannt – sowohl in der CDU-geführten Landesregie rung als auch jetzt in der Opposition. Als CDU sind wir unter der Federführung der ehemaligen Verkehrsministerin Tanja Gönner mit der Einführung des deutschen Fluglärmbeirats in die Offensive gegangen. Ich kann Sie, Frau Staatssekretärin Dr. Splett, nur herzlich dazu auffordern, dass Sie als neue Vor sitzende dieses Gremiums diese Arbeit fortsetzen und dass Sie sich nicht auf den Errungenschaften der ehemaligen CDU-ge führten Landesregierung ausruhen.

(Beifall bei der CDU)

So sind wir Ihnen, Frau Dr. Splett, für Ihre Stellungnahme zu dem Antrag, den wir heute hier beraten, im Grunde auch dank bar, und wir freuen uns, dass Sie sich größtenteils zur Positi on der alten Landesregierung bekennen und sich ihr anschlie ßen.

Auch dass die Landesregierung die Anpassung der Durchfüh rungsverordnung – DVO – zur Luftverkehrs-Ordnung als Op tion einer einseitigen Lösung des Fluglärmstreits in Erwägung zieht, begrüße ich ausdrücklich, denn wir haben die Interes sen der südbadischen Bevölkerung zu vertreten und nicht die Interessen der Schweiz.

(Beifall bei der CDU)

Aber, sehr geehrte Damen und Herren der Regierung, das, was Sie uns schriftlich mitteilen, und das, was Sie durch die Pres se kommunizieren, widerspricht sich. Deshalb schien es uns auch wichtig, einen Antrag zu formulieren.

Kurz nach der Landtagswahl hat Minister Hermann, der im Moment nicht anwesend ist, in einem Interview mit der „Neu en Zürcher Zeitung“ Raum für Spekulationen gelassen. Der Herr Minister hat das Fehlen von konkreten Zahlen im Koa litionsvertrag damit erklärt – ich zitiere, Herr Präsident –, dass Sie „keinen Zahlensalat anrichten und sich eine gewisse Fle xibilität bewahren“ wollen.