Protocol of the Session on September 30, 2015

Dass es hierfür schon lange Zeit wurde, zeigen nicht nur die aktuellen Übergangszahlen. Denn wenn man sich anschaut, wie die Realschulen in den vergangenen Jahren zusammen gesetzt waren, muss man feststellen: Die Realschule hat schon immer die größte Heterogenität aufgewiesen. Es gab immer Übergänge von Hauptschülern auf die Realschule, es gab im mer einen großen Anteil an Übergängen von Gymnasiasten an die Realschule.

Wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, dass auch zukünftig das erweiterte Niveau an der Realschule vorgehalten werden kann, dann muss ich Sie fragen: Wissen Sie nicht, was das Ziel der Realschule bisher war? Die Realschule hat bisher das erwei terte Niveau nicht angeboten. Es ist die Aufgabe der Realschu le, zum mittleren Abschluss zu führen. Die beruflichen Gym nasien, die Sie als Übergang erwähnen, setzen genau am mitt leren Abschluss an und nicht daran, dass im Vorfeld ein er weitertes Niveau angeboten wurde. Daher können wir diesem Antrag schon aus grundsätzlichen Gründen nicht zustimmen. Aber es ist natürlich möglich, dass auch an den Realschulen wie an allen anderen Schularten individualisierte Lernblätter zur Verfügung gestellt werden, um die Kinder individuell zu

fördern. Aber wenn Sie jetzt hier davon sprechen, es habe in der Vergangenheit ein erweitertes Niveau an den Realschulen gegeben, dann muss ich sagen, da haben Sie die Realschulen noch nicht so wirklich besucht.

Uns ist wichtig, dass die Orientierungsstufe an den Realschu len eingeführt wird. Ihren Ausführungen, Herr Wacker, und den Interviews der vergangenen Wochen entnehme ich, dass auch Sie die Haupt- und Werkrealschulen mit den Realschu len zusammenführen und eine Orientierungsstufe einführen wollen. Deswegen wundert es mich, dass Sie Kritik an der von uns vorgesehenen Orientierungsstufe äußern.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist eine ande re Art!)

Sie haben einen Antrag eingebracht, wonach es für die Real schulen zukünftig eine Kannlösung geben soll.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wesentlicher Un terschied!)

Soweit ich es verstanden habe, wollen auch Sie die Orientie rungsstufe.

(Abg. Georg Wacker CDU: Sie haben es wirklich nicht verstanden!)

Dann haben Sie Ihren Antrag nicht richtig gelesen.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Darin steht, dass eine Orientierungsstufe eingerichtet werden kann. Das bedeutet, dass sie nicht eingerichtet werden muss.

(Abg. Georg Wacker CDU: Sie müssen mal gucken, was die FDP/DVP schreibt und was die CDU schreibt!)

Okay.

Jedenfalls sind wir mit dem Realschulgesetz, wie wir es jetzt auf den Plan gebracht haben, zufrieden. Das bekräftigen auch die Rückmeldungen aus der Anhörung, beispielsweise von der GEW, die diesem Gesetz sehr positiv gegenübersteht, und den Realschulrektoren, die dieses Gesetz mit begleitet haben. Wir wollen damit auf die Veränderungen in der Bildungslandschaft reagieren. Wir wollen damit den Realschulen darin entgegen kommen, wie sie sich zukünftig weiterentwickeln wollen.

Wir werden natürlich diesem Gesetzentwurf zustimmen. Wir brauchen für die Zukunft eine gute Beratung und eine gute Unterstützung für die Realschulen. Deswegen haben wir die Fortbildungsmittel für diesen Bereich erhöht. Wir werden die Beratung für die Realschulen erweitern, sodass die Realschu len gut auf dieses Gesetz vorbereitet sind. Die Rückmeldun gen aus den Schulen – auch aus den Schulen, die ich besucht habe – sind diesem Gesetz gegenüber sehr positiv. Vor allem auch Schulen, die in der Vergangenheit als Verbundschulen zusammengearbeitet haben, sehen dies als einen wichtigen Schritt und eine wichtige Unterstützung. Dementsprechend werden wir diesem Gesetzentwurf heute zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich Herrn Abg. Käppeler.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Änderung des Schulgesetzes zeigen wir den Realschulen in unserem Land, dass diese einen festen Platz in unserem zukünftigen Zweisäulenmodell haben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Als Gemein schaftsschule! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, genau!)

Denn sie sind Teil der integrativen Säule und bieten aufwach send ab dem nächsten Schuljahr neben dem Realschulab schluss auch den Hauptschulabschluss an.

Meine Damen und Herren, selten wurde in einer Legislatur periode so intensiv über die Realschule diskutiert, allerdings aus zwei recht unterschiedlichen Motivlagen: Während die CDU völlig unbegründet vor einer Abschaffung warnte und damit Angst und Verunsicherung in den Kollegien schürte,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ja!)

stärkte die grün-rote Landesregierung die Schulart kontinu ierlich durch die Erhöhung der Zahl der Poolstunden:

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

erst 1,5, dann 2,2, in diesem Schuljahr sechs und bald zehn Poolstunden für die individuelle Förderung pro Zug. Herr Wa cker, sagen Sie dazu nicht, das wäre nichts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, finden Sie es nicht paradox, dass Sie uns vorwerfen, wir würden ei ne erfolgreiche Schulart dadurch abschaffen, dass wir deren personelle Ausstattung massiv ausweiten? Ich finde, Sie soll ten etwas mehr Respekt vor der Leistung dieser Landesregie rung und unseres Kultusministers haben,

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sehr gut! – Lachen bei der CDU)

besonders in Anbetracht der Tatsache, dass Sie jahrzehntelang die Chance vertan haben, die Realschulen den anderen Schul arten gleichzustellen und mit zusätzlichen Poolstunden aus zustatten.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Völlig richtig!)

Dann ist da noch der stete Vorwurf, wir würden die Realschu le zu einer „Gemeinschaftsschule light“ weiterentwickeln.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, richtig! – Zu ruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Welch ein Unsinn!

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Genau!)

Da hilft es auch nichts, dass Sie sogenannte Experten in die mündliche Anhörung einladen, die diesen Unsinn wiederho len.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wer war denn da kein Experte?)

Wie Ihnen bekannt sein sollte, ist jede Schule zusammen mit dem Schulträger maßgeblich selbst verantwortlich, ob und wann sie sich auf den Weg zur Gemeinschaftsschule macht.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wer war denn da kein Experte?)

Herr Kollege Dr. Kern, wenn Sie eine Zwischenfrage stel len wollen, fragen Sie bei der Präsidentin nach. Sie erteilt Ih nen das Wort oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schulmeis ter! – Zuruf: Oberlehrer! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Kern?

(Große Heiterkeit – Abg. Niko Reith FDP/DVP: Das ist aber unlogisch! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist aber billig! Das ist ganz billig!)

Herr Dr. Kern, Sie dürfen – so, wie Sie das auch handhaben – gern am Ende meiner Ausführungen zu Ihrer Frage kom men. Diese beantworte ich Ihnen dann.

Jetzt sage ich Ihnen Folgendes:

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Frontalunterricht!)

Fakt ist: Die Realschule wurde und wird von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Lernbiografien und Leis tungspotenzialen nachgefragt. Dieser Herausforderung wird man allerdings nicht gerecht, wenn man Kinder und Jugend liche im Gleichschritt unterrichtet, Leistungsstärkere dadurch unterfordert und Leistungsschwächere überfordert, in der Fol ge abschult. Wir möchten durch den Hauptschulabschluss an Realschulen hingegen erreichen, dass man Schülerinnen und Schülern ein differenziertes Lernangebot macht und ihnen die Möglichkeit eröffnet, an der Schule einen Abschluss zu ma chen, die sie bereits in der Eingangsklasse besuchen.

Die CDU hat dies in Teilen erkannt und spricht nun selbst von einer Realschule, die auch den Hauptschulabschluss anbietet und die eine gemeinsame Orientierungsstufe in Klasse 5 und 6 vorsieht – oder vielleicht auch nicht; das wissen wir noch nicht ganz so genau, Herr Wacker.

Worum geht der bildungspolitische Streit also im Detail? Fak tisch unterscheidet sich unser Konzept von den Vorstellungen der CDU nur in einer zentralen Fragestellung. Diese lautet: Wollen wir die Schülerinnen und Schüler nach Klasse 6 wie der in eine Schublade stecken?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Nein!)