Protocol of the Session on September 30, 2015

Lieber Herr Zimmermann, in unserem Haus gibt es fünf Abteilungen. Von den fünf Ab teilungsleitern sind drei Männer ausgeschieden. Zwei Abtei lungsleiterstellen sind noch nicht wieder besetzt; diese Abtei lungen werden im Moment kommissarisch geführt. Auf einer Stelle gab es eine Rotation eines Abteilungsleiters, der aus dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst kam, sodass wir faktisch aus den unterschiedlichsten Grün den bisher zwei Stellenbesetzungen noch nicht vornehmen konnten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auf Deutsch: null! – Beifall des Abg. Konrad Epple CDU)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. – Damit ist das erste Thema beendet.

Ich rufe das zweite Thema auf:

A u f e n t h a l t s r e c h t e t c.

Für dieses Thema erteile ich das Wort Herrn Abg. Glück.

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Nach Ansicht der Europäischen Kom mission weist Deutschland Migranten ohne Aufenthaltserlaub nis zu zögerlich aus. Nun droht ein Vertragsverletzungsver fahren.

Nach Berichten des Magazins „Focus“ lebten im vergange nen Jahr 128 000 Personen ohne Aufenthaltsberechtigung in Deutschland. Nur 34 000 davon wurden zur Ausreise aufge fordert, und lediglich 22 000 folgten dieser Aufforderung.

Ich frage nun die Landesregierung: Wie sah es in den letzten zwölf Monaten in Baden-Württemberg aus? Wie viele Mig ranten ohne Aufenthaltserlaubnis und wie viele Anweisungen zur Ausreise gab es? Wie viele Ausreisen erfolgten daraufhin tatsächlich?

Die zweite Frage, die ich stelle: Was sind die Gründe für die fehlende zeitnahe Ausweisung bzw. Ausreise, und welche Maßnahmen hat die Landesregierung in den letzten sechs Mo naten ergriffen, um diese Quote zu erhöhen?

Danke schön. – Für die Landesregierung darf ich dem Herrn Innenminister das Wort geben.

Werte Frau Präsidentin, Kol leginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Glück, bei dem Sachverhalt, den Sie angesprochen haben, will ich mich nicht auf den „Focus“ oder sonst etwas beziehen, sondern auf das, was die Europäische Kommission tatsächlich von der Bun desrepublik Deutschland eingefordert hat. Es handelt sich nicht um die Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens, oder wie auch immer Sie es gerade nennen wollten. Vielmehr handelt es sich um nichts anderes als ein formloses Anschrei ben der Europäischen Kommission an die Bundesrepublik. Es werden Erklärungen erwartet, wie die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union umgesetzt wird, was die Rückfüh rungen anlangt. Es geht also um ein Verwaltungsschreiben, das jetzt entsprechend beantwortet wird.

Wir haben – weil Sie jetzt auch nach exakten Zahlen und da nach gefragt haben, wie sich die Entwicklung in Baden-Würt temberg darstellt – auch in den zurückliegenden Monaten im mer wieder einmal diskutiert, wie groß tatsächlich die Zahl derer ist, die zum Teil seit vielen Jahren – – Ich habe die Zah len jetzt nicht exakt im Kopf; das kann ich auch nicht haben. Ich hoffe, Sie erwarten dies auch nicht von mir. Ansonsten wären manchmal entsprechende Hinweise vor der Regierungs befragung hilfreich; dann kann man wirklich fundiert Antwort geben.

Wir haben die Zahlen immer wieder einmal genannt. Im Jahr 2012 waren es rund 12 000 Menschen, die nach den gelten den Regelungen vollumfänglich ausreisepflichtig gewesen sind. Wir haben aber immer auch deutlich gemacht, warum sich diese Menschen noch in Baden-Württemberg befinden.

Ich habe die Zahl für 2012 deshalb genannt, weil sich daran erkennen lässt, dass die Zahl in den letzten Jahren gestiegen ist; das ist überhaupt keine Frage. Das hat mit dem erhöhten Zustrom zu tun, aber auch mit anderen Gegebenheiten und Regelungen, die so, wie sie 2012 und in den Jahren zuvor ge wirkt haben, auch heute noch wirken. Hier sind die Stichwor te „Humanitäre Gründe“, „Entscheidungen der Härtefallkom mission“ und Petitionsverfahren zu nennen, aber auch Verän derungen in Bezug auf das Bleiberecht.

Unabhängig davon, wer auf der Bundesebene regiert hat, gab es immer Bleiberechtsregelungen, die die Zahl derer, die blei ben dürfen, obwohl sie ausreisepflichtig wären, erhöht haben.

Das hat mit gesetzlichen Altfallregelungen zu tun. Das hat aber beispielsweise auch damit zu tun, dass sich die Zahl der Unionsbürger, die Freizügigkeit genießen und für die Aufent haltsregelungen gelten, deutlich erhöht hat. Es hat außerdem mit der Rechtsprechung zu tun, die nicht ganz unerheblich zu diesen Zahlen beiträgt, aber auch – auch darüber haben wir schon diskutiert – mit Abschiebehindernissen. Durch den Be schluss von Bund und Ländern, der jetzt in Gesetze gegossen wird, ist eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, um bisher bestehende Abschiebehindernisse zu minimieren. Ich denke, Sie kennen die Vorschläge, die in diese Richtung gehen.

Fakt ist aber, was Abschiebungen anlangt – wenn ich Ihnen einfach einmal ein paar wenige Zahlen nennen darf –: Im Jahr 2010 wurden aus Baden-Württemberg 843 Personen zwangs weise rückgeführt – nach der Sprachregelung –, Abschiebun gen vorgenommen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Es waren ja gar nicht so viele da!)

Ich habe die Zahl schon genannt. – Im Laufe dieses Jahres haben wir – Stand gestern – 1 644 Personen rückgeführt.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Prozentual?)

Baden-Württemberg gehört zu den drei Bundesländern – Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg –, die die höchsten Rückführungszahlen haben.

(Abg. Dieter Hillebrand und Abg. Thaddäus Kunz mann CDU: Prozentual?)

Prozentual kann ich Ihnen das nicht sagen; denn es hängt von der Basis ab, von der ausgehend ich die Prozentzahlen ausrechne. Nehme ich die Zahl derjenigen, die neu hinzuge kommen sind, oder die Zahl derjenigen, die schon bisher im Prinzip nicht hierbleiben durften, als Basis?

(Abg. Dieter Hillebrand und Abg. Thaddäus Kunz mann CDU: Von den Ausreisepflichtigen!)

Von den Ausreisepflichtigen. Ich habe es Ihnen ja gesagt: 2010 waren rund 10 000 Personen ausreisepflichtig. Von de nen wurde nur – so sage ich einmal – unwesentlich abgescho ben, weil es Gründe dafür gibt – ich hatte sie gerade zu erklä ren versucht –, warum sie nicht rückgeführt werden können.

Jetzt kann man sich darüber unterhalten, wie viele von denen, die neu im Asylverfahren ablehnende Bescheide erhalten ha ben, rückgeführt werden konnten.

Ich erlaube mir aber trotzdem den Hinweis: Wir sollten nicht versuchen, in der Öffentlichkeit – diesen Eindruck habe ich manchmal – ein falsches Bild zu erzeugen. Wenn im Moment täglich rund 1 500 Personen nach Baden-Württemberg kom men, hier ins Asylverfahren eintreten, deren Anträge beschie den werden, kann man – unabhängig davon, wie hoch die An erkennungsquote sein wird – nicht ernsthaft davon ausgehen, dass wir pro Tag die gleiche Anzahl von Personen zurückfüh ren können.

Gehen Sie ganz einfach einmal davon aus: Wir haben die Zah len – ich habe versucht, den Weg anzudeuten – in den zurück

liegenden Jahren Schritt für Schritt erhöht. Wir werden mit ei ner erhöhten Intensität genau das umsetzen, was auf Bundes ebene beschlossen worden ist. Wir haben Vorsorge getroffen, um dies auch bewerkstelligen zu können. Das heißt im Klar text: Wir haben die Anzahl der Stellen im Regierungspräsidi um Karlsruhe, die sich mit den Themen Rückführung und Rücküberstellung bei Dublin-Verfahren beschäftigen, um rund 30 erhöht.

Aber auch da will ich der Wahrheit halber dazusagen: Die Stellen allein helfen noch nicht. Wir haben erhebliche Prob leme, diese Stellen auch tatsächlich zu besetzen. Wir sind in Gesprächen. Wir befinden uns in Einstellungsverfahren. Wir gehen davon aus, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres – wenn die neuen Abgänger von den Verwaltungshochschulen kom men – diese Stellen vollumfänglich besetzen können.

Herzlichen Dank. – Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Blenke.

Herr Minister, ich darf die Fra ge, die hier jetzt schon ein paar Mal in Zwischenrufen kam, etwas konkretisieren: Können Sie uns sagen, wie viele voll ziehbar ausreisepflichtige Personen Stand heute im Land sind und bei wie vielen davon keine Ausreise- bzw. Rückführungs hindernisse bestehen, wie viele das Land also wirklich verlas sen müssen? Wie viele davon sind im Jahr 2015 bis heute ih rer Rückkehrpflicht nachgekommen und wie viele nicht? Es stellt sich die Frage, bei wie vielen der Personen, die ihrer Rückkehrpflicht bisher nicht nachgekommen sind, eine Ab schiebung stattfindet.

Herr Blenke, diese Zahlen kann ich Ihnen aus dem Stand nicht nennen. Ich will Ihnen auch sagen: Die Zahlen verändern sich im Prinzip tagtäglich. Es ist doch, glaube ich, völlig klar, dass sich in den letzten drei, vier Monaten – da rede ich jetzt nicht von einem Jahr – dort eine enorme Dynamik entwickelt hat, obwohl Asylver fahren zum großen Teil noch gar nicht abgeschlossen sind.

Sie wissen aber auch – weil wir dann darauf vielleicht noch einmal genau schauen müssen –, dass diese Zahl, die Sie jetzt angefordert haben, für sich allein so auch nicht stehen bleiben kann. Denn selbst wenn klar festgestellt ist, dass das Asylver fahren beendet ist und alle möglichen Wege – über die Härte fallkommission, eine Petition, Rechtsweg; alles – ausge schöpft sind, gibt es immer noch eindeutige Hemmnisse, die uns daran hindern, diese Menschen rückzuführen. Ich nenne beispielsweise – das ist ein sehr erheblicher Anteil – mangeln de Identitätsfeststellungen. In diesen Fällen können wir diese Personen gar nicht identifizieren. Das bedeutet, dass wir dann auch nicht wissen, wohin sie rückgeführt werden sollten. Es besteht in einigen Herkunftsländern nach wie vor durchaus ein Mangel an Bereitschaft, diese Personen wieder aufzuneh men. Das ist keine Frage. Nur dann lässt sich dies auch be werkstelligen.

Ich möchte Ihnen einfach die Botschaft geben: Wir werden das mit den Möglichkeiten umsetzen, die wir haben. Ich ha be Ihnen aufgezeigt, wie wir vorgehen, was die Stellen be trifft. Wir werden uns jetzt auch organisatorisch noch besser aufstellen. Das heißt, in unserem Haus werden wir eine Ab teilungsstruktur schaffen, die uns handlungsfähiger macht, aber insbesondere auch im Regierungspräsidium Karlsruhe

Maßnahmen ergreifen, um exakt dem nachzukommen, was die Europäische Union, übermittelt durch dieses Anschreiben, erwartet, und vor allem, um das umzusetzen, was der Gesetz geber jetzt auf den Weg gebracht hat. Wenn ich das alles rich tig sehe und höre, dann werden diese Gesetze allgemeine Zu stimmung in den entsprechenden Gremien erhalten. Das heißt für uns: Wir müssen es umsetzen.

Was ich Ihnen zusagen kann: Die Zahlen, die Sie detaillierter einfordern, lasse ich Ihnen zukommen, aber aus dem Stand kann ich sie Ihnen verständlicherweise – ich hoffe, auch bei Ihnen trifft das auf Verständnis – nicht sagen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Okay! Das ist okay!)

Herzlichen Dank. – Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Glück das Wort.

Herr Minister, genau das wollte ich eben auch noch einmal vorschlagen. Natürlich macht Ihnen niemand einen Vorwurf, wenn Sie jetzt nicht die ganzen Zahlen auswendig sagen können. Aber das wäre auch meine Frage gewesen, ob Sie uns diese vielleicht nachliefern könnten.

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Minis ter.

Ja, klar.

Er hat versprochen, dass er das macht.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist das The ma beendet. Herzlichen Dank.

Ich rufe das dritte Thema auf, beantragt von der Fraktion der SPD:

N e u b a u e i n e r J u s t i z v o l l z u g s a n s t a l t i n R o t t w e i l

Ich darf Herrn Kollegen Kopp das Wort geben.

Frau Präsidentin, meine sehr verehr ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Wie gestaltet sich nach dem posi tiven Bürgerentscheid in Rottweil vom 20. September 2015 das weitere Verfahren zum Bau einer neuen Justizvollzugsan stalt, und wie wird die Landesregierung versuchen, beim Bau dieser neuen JVA in Rottweil die sensible Umgebung des Standorts Esch in die Planungen einzubeziehen bzw. zu schüt zen?