Protocol of the Session on July 16, 2015

so in der Diskussion – auch der öffentlichen Diskussion – ist, wie das bei anderen Netzausbauprojekten der Fall ist, sondern dort vor allem die Frage der Konverter am Beginn des Pro jekts und am Ende des Projekts in der öffentlichen Debatte steht.

Aber noch einmal: Insgesamt rechnen wir mit einer zeitlichen Verzögerung. Das bedeutet natürlich, dass in der Zwischen zeit zusätzliche Maßnahmen von den Netzbetreibern getrof fen werden müssen, um Versorgungssicherheit zu gewährleis ten. Ich würde bei diesem Thema nicht schwarzmalen wollen. Vielmehr müssen zusätzliche Maßnahmen getroffen werden. Das heißt, insbesondere die Zahl der Netzeingriffe wird zu nehmen, die Zahl der Redispatch-Maßnahmen wird zuneh men, und gegebenenfalls wird auch die notwendige Kontra hierung von Reservekapazitäten vorübergehend zunehmen.

Gibt es weitere Zusatzfragen? – Dem ist nicht so. Dann ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 1 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. F r i e d r i c h B u l l i n g e r F D P / D V P – A u s w i r k u n g e n i m F a l l e e i n e r U m s e t z u n g d e r j ü n g s t e n B e s c h l ü s s e d e r B u n d e s r e g i e r u n g z u r E r b s c h a f t s t e u e r a u f d i e f a m i l i e n g e f ü h r t e n m i t t e l s t ä n d i s c h e n U n t e r n e h m e n i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g

Bitte schön, Herr Abg. Dr. Bullinger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Mit welchen Auswirkungen haben nach Ansicht der Lan

desregierung die familiengeführten mittelständischen Be triebe in Baden-Württemberg zu rechnen, wenn die jüngst gefällte Entscheidung des Bundeskabinetts zur Reform der Erbschaftsteuer so umgesetzt wird?

b) In welchem Umfang ist durch die geplanten oben genann

ten novellierten Regelungen zur Erbschaftsteuer insbeson dere die stark mittelständisch geprägte Wirtschaftsstruktur der Region Heilbronn-Franken betroffen?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter.

Zur Beantwortung darf ich für die Landesregierung Herrn Mi nister Dr. Schmid das Wort erteilen. – Bitte schön, Herr Mi nister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Lan desregierung beantworte ich die Anfrage des Abg. Dr. Bullin ger wie folgt:

Zu a: Die Auswirkungen speziell auf familiengeführte mittel ständische Betriebe sind für die Landesregierung ein entschei dender Punkt bei der Reform der Erbschaftsteuer. Der aktuel le Gesetzentwurf der Bundesregierung kommt den Forderun gen Baden-Württembergs bereits in vielen Punkten entgegen. So wurde bei der Lohnsummenregelung nachgebessert, um eine geringere Belastung der Unternehmen mit vier bis 15 Be

schäftigten zu erreichen. Hier soll eine abgestufte Lohnsum menregelung gelten, die auf Betreiben der Landesregierung eine Erleichterung gerade auch für mittelständische Unterneh men mit sich bringt. Betriebe mit bis zu drei Beschäftigten sind dabei nach wie vor von der Lohnsummenregelung aus genommen, sodass sich für sie insofern keine Änderung er gibt.

Diese ausgenommenen Betriebe machen nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts 79 % aller Betriebe insgesamt aus. Demnach werden weiterhin viele Unternehmen in den Genuss einer Ausnahme von der Lohnsummenregelung kom men.

Nach den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts muss auch eine Verschonungsbedarfsprüfung für Unternehmen mit hohem zu begünstigenden Vermögen eingeführt werden. Es soll ausgeschlossen werden, dass Erwerber großer Unterneh men automatisch von der Erbschaftsteuer verschont werden, ohne zu überprüfen, ob sie die Erbschaftsteuer tragen könn ten. Das war die Auffassung des Verfassungsgerichts.

Die Landesregierung hat sich hier bereits erfolgreich für eine möglichst hohe Prüfschwelle für diese Bedürfnisprüfung ein gesetzt, um eine unbillige Belastung von mittelständischen Unternehmen auf jeden Fall auszuschließen. In konkreten Zahlen ausgedrückt, wird pro Erwerb erst oberhalb von 26 Millionen € an begünstigtem Vermögen eine Verscho nungsbedarfsprüfung notwendig. Sollte ein Unternehmen zu gleichen Teilen an vier Personen vererbt werden, so läge da mit die Prüfschwelle bei 104 Millionen € insgesamt.

Für typische Familienbetriebe mit entsprechenden Satzungen, die das Unternehmen in Familienhand halten sollen, sieht der Kabinettsentwurf des Bundes noch höhere Prüfschwellen vor, nämlich von 52 Millionen € pro Erwerb.

Sollte ein Betrieb so groß sein, dass er mit seinem begünstig ten Vermögen über der Prüfschwelle von 26 Millionen € bzw. 52 Millionen € pro Erwerb liegt, dann räumt der Kabinetts entwurf den Erwerbern nach der Reform ein Wahlrecht ein. Der Erwerber kann die Verschonungsbedarfsprüfung wählen und damit einen Erlass der Erbschaftsteuer erreichen, soweit er sie nicht entrichten kann. Sollte die Verschonungsbedarfs prüfung negativ ausfallen, so sieht der Gesetzentwurf außer dem eine automatische Stundung vor, um unbillige Härten zu vermeiden.

Alternativ kann nach dem Vorschlag des Bundeskabinetts der Erwerber einen abschmelzenden Verschonungsabschlag wäh len. Damit kann er die Offenlegung seiner privaten Vermö gensverhältnisse vermeiden. Die Verschonungssätze von 85 bzw. 100 %, die im Grundmodell der Erbschaftsteuer ange legt sind, schmelzen dann linear ab. Bei Erreichen einer Ober grenze von 116 Millionen € an begünstigtem Vermögen wird ein Mindestverschonungssatz von 20 bzw. 35 % erreicht.

Bei Familienbetrieben mit entsprechenden Satzungsbeschrän kungen liegt die Obergrenze pro Erwerb bei 142 Millionen €. Auch hier hat der Bund nochmals nachgebessert.

Insgesamt konnten bereits viele für den Mittelstand entschei dende Verschonungsregelungen beibehalten bzw. entspre chend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu an gepasst werden. Die Landesregierung konnte hier die Interes

sen des für unser Land so wichtigen Mittelstands erfolgreich vertreten und insbesondere gute Bedingungen für Familien betriebe sicherstellen. Denn letzten Endes geht es ja darum, dass das Betriebsvermögen dazu dient, Jobs zu erhalten.

Zu Frage b: Selbstverständlich gilt all das Vorgesagte auch für die Region Heilbronn-Franken.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Die dortige Wirtschaftsstruktur ist Ausdruck der unser Bun desland gerade auszeichnenden starken mittelständischen Fa milienunternehmen, die durch die Prinzipien der Kontinuität und Verlässlichkeit entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes beitragen.

Wir wissen ja, Herr Bullinger, Hohenlohe-Franken ist die Hei mat vieler Hidden Champions, vieler Weltmarktführer. Die Verschonungsregelungen für Familienunternehmen werden auch diese Betriebe begünstigen und vor einer zu starken Be lastung durch die Erbschaftsteuer schützen.

Die Landesregierung sieht hier nach wie vor eine der wich tigsten Aufgaben im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Erbschaftsteuer und wird sich auch weiterhin für die Interessen dieser Familienbetriebe, natürlich auch der aus der genannten Region, einsetzen. Es geht darum, durch eine maßvolle Korrektur der bisherigen Vorschriften die Rechtspre chung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Insofern ist klar: Die Vorgaben müssen in neues Recht gegossen wer den. Sie werden auch zu Mehrbelastungen von Betriebsver mögen führen. Das ist nun einmal die Vorgabe des Verfas sungsgerichts. Wir werden aber gerade auf den oft in Famili enhand befindlichen Mittelstand unserer verschiedenen Wirt schaftsräume und -regionen in Baden-Württemberg besonde re Rücksicht nehmen.

Herr Minister, vielen Dank. – Ei ne Zusatzfrage, Kollege Paal, bitte.

Herr Minister, gestern habe ich bei einer Veranstaltung, wenn ich richtig zugehört habe, so etwas wie einen Dank an den Ministerpräsidenten, dass er sich so für die Erbschaftsteuer einsetze, verstanden. Deshalb meine Frage: Habe ich da etwas verpasst? Hat er sich mittlerweile zu dem Thema geäußert? Das wäre an mir vorbeigegangen. Ich möchte Ihnen die Gelegenheit bieten, wenn Sie schon na mens der Landesregierung sprechen, zu sagen, ob sich auch der Ministerpräsident mittlerweile dazu geäußert hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP zu Minister Dr. Nils Schmid: Ist er dir also gefolgt?)

Ergänzend frage ich, was Sie davon halten, dass im Bundes tagswahlprogramm der Grünen von Ende 2014 immer noch die Rede davon ist, dass sich das Erbschaftsteueraufkommen verdoppeln sollte.

Der Einsatz der Landesregierung für eine mittelstandsfreund liche Ausgestaltung der Erbschaftsteuer und für die Bewah rung von Jobs insbesondere bei familiengeführten mittelstän dischen Unternehmen ist ein gemeinsamer Einsatz gewesen. Das wird auch für die weiteren Schritte des Gesetzgebungs verfahrens der Fall sein.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So viel zur Formalität!)

Mir ist bekannt, dass in den Programmen von Bundespartei en, z. B. auch der Grünen, mit einer Erhöhung des Erbschaft steueraufkommens geliebäugelt wird. Ich glaube, dass die Umsetzung der Vorgaben des Verfassungsgerichts dazu füh ren wird, dass Betriebsvermögen weniger verschont wird – das ist nun einmal die klare Vorgabe –, insbesondere wenn ich an die Frage des Verwaltungsvermögens denke. Insofern wird man eher mit einem gesteigerten Aufkommen rechnen dürfen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung geht ja selbst von ei nem leichten Anstieg aus. Der Rest eines weiter gesteigerten Aufkommens wird sich durch die Entwicklung der nächsten Jahre und Jahrzehnte aufgrund der Vermögensentwicklung in Deutschland quasi automatisch ergeben. Insofern sehe ich kei nen großen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

(Zuruf des Abg. Claus Paal CDU)

Wir wollen einmal schauen, was die Grünen im nächsten Bun destagswahlprogramm zu diesem Punkt fordern.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: War das nicht von der Wagenknecht?)

Eine weitere Zusatzfrage, Kolle ge Maier, bitte.

Herr Minister, wie konnte sich die Landesregierung in den Verhandlungen mit Bundesfinanzmi nister Schäuble durchsetzen? Es gab ja zwei verschiedene Po sitionen, einmal die des Bundesfinanzministers, einmal die der Landesregierung. Welche konkreten Punkte haben Sie für Baden-Württemberg durchgesetzt?

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir haben uns Stand heute – das Verfahren ist ja noch nicht zu Ende – schon in mehreren Punkten entscheidend durchset zen können. Insofern hat sich auch der Einsatz gelohnt.

Bei der Frage der sogenannten Lohnsummenüberwachungs grenzen wollte Bundesfinanzminister Schäuble von der be währten Anknüpfung an die Anzahl der im Unternehmen Be schäftigten abrücken. Sein Eckwertepapier vom Frühjahr die ses Jahres sah hier vor, dass jedes Unternehmen mit einem Unternehmenswert ab 1 Million € die Lohnsumme hätte über wachen müssen. Das hätte nicht nur einen Paradigmenwech sel bedeutet, der vom Verfassungsgericht gar nicht vorgege ben war, sondern auch ein Bürokratiemonster für die Unter nehmen. Das haben wir verhindern können. Der Referenten entwurf und auch der Kabinettsentwurf knüpfen wieder an das Kriterium der Beschäftigtenzahl an. Klar ist, die Schwelle musste abgesenkt werden. Das war durch den Wortlaut des Urteils – „einige wenige“ steht meiner Erinnerung nach im Urteil drin – vorgegeben. Deshalb erfolgt eine Absenkung auf drei.

Wir haben uns in den weiteren Beratungen für eine Staffelung eingesetzt. Dieser Gedanke ist auch aufgegriffen worden: Zwi schen vier und zehn Arbeitnehmern wird die Mindestlohn summe auf 250 % bzw. 500 % abgesenkt, abhängig von der Behaltensdauer von fünf bzw. sieben Jahren, und die Staffe

lung zwischen elf und 15 Arbeitnehmern, die jetzt eingeführt worden ist, verlängert diese Staffelung; das war auch ein An liegen von uns.

Bei den Prüfschwellen war Herr Schäuble im Februar bei den Eckwerten bei einer Freigrenze von 20 Millionen € gestartet, jetzt sind es 26 Millionen € bzw. 52 Millionen € für Famili enunternehmen. Was aber noch viel wichtiger ist, ist die jetzt im Kabinettsentwurf eingeräumte Verschonungsoption. Die ser abschmelzende Verschonungsabschlag als Wahlrecht für den jeweiligen Erwerber scheint mir ein sehr guter Vorschlag zu sein.

Wie Sie wissen, ist im Grundmodell der Erbschaftsteuer eine Verschonung von 85 % bei einer Behaltensfrist von fünf Jah ren oder 100 % bei einer Behaltensfrist von sieben Jahren vor gesehen. Bei großen Betriebsvermögen wird das jetzt in zwei Stufen abgeschmolzen, ohne dass eine Bedürfnisprüfung durchgeführt werden muss und ohne dass Privatvermögen an gerechnet werden soll. Das halte ich für einen sehr eleganten Vorschlag, der übrigens auch von der Verwaltung her wahr scheinlich einfacher zu administrieren ist als die Frage der Be dürfnisprüfung. Ich freue mich, dass Herr Schäuble diesen Ge danken, den ich auch in den Gesprächen der Länderfinanzmi nister mit Herrn Schäuble vorgetragen habe, aufgegriffen hat.

Insofern haben wir für die mittelständisch geprägte Wirtschaft und die Jobs in den mittelständischen Betrieben in BadenWürttemberg viel erreicht.

Eine weitere Zusatzfrage, Kolle ge Herrmann.