Sein Staatssekretär hat in der vergangenen Woche, am 2. Ju li, in Karlsruhe beim Landesseniorentag die Landesregierung vertreten. Er hat für die Landesregierung eine Festrede gehal ten, also nicht als Staatssekretär Murawski, nicht als Staats sekretär im Staatsministerium, sondern als offizieller Vertre
ter der Landesregierung. Als offizieller Vertreter der Landes regierung hat er erklärt, dass er die ganze Diskussion nicht verstehe, da es in keinem Beruf ein gesetzliches Verbot gebe, den Beruf über ein gewisses Alter hinaus auszuüben. Daher sei es auch unverständlich, eine solche Altersgrenze bei Bür germeistern oder Landräten einzuhalten, meine Damen und Herren.
Vorhin saß er noch auf der Regierungsbank, mittlerweile hat er sich genauso wie der Ministerpräsident davongeschlichen, weil auch er gemerkt hat, dass die Regierungskoalition dem Staatsministerium eben nicht folgt.
Haben Sie den Mut, das zu machen, was Hessen unter einer grünen Regierungsbeteiligung im Jahr 2015 beschlossen hat, nämlich die Aufhebung der Altersgrenze. Auch im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen gibt es solche Altersgrenzen nicht.
Der „Schwäbischen Zeitung“ habe ich entnommen, Kollege Schwarz, dass dieser Vorschlag ein „klassischer Rülke“ sei. Das hat mich wirklich persönlich getroffen und enttäuscht, Herr Kollege Schwarz.
Mir und meiner Fraktion wird immer vorgeworfen, dass wir Fundamentalopposition machten. Jetzt greifen wir etwas auf, bei dem der Ministerpräsident derselben Meinung ist – Sie ha ben sich ja auch so geäußert –,
Anstatt sich einmal darüber zu freuen, dass man Sie bei der Regierungsarbeit unterstützt, machen Sie einen solchen Vor wurf.
man bekommt immer Fundamentalopposition vorgeworfen –, und jetzt so etwas. Nein, meine Damen und Herren, haben Sie den Mut, diese Regelung einfach abzuschaffen! Sie ist anti quiert, sie ist überkommen, und sie bevormundet die Bürge rinnen und Bürger.
Jetzt haben Sie offensichtlich einen typisch politischen For melkompromiss gefunden. Da hat man nun über die Frage dis kutiert: Was machen wir? Dann hat man festgestellt: Wenn wir die Altersgrenze von 65 Jahren aufheben, dann ergibt das eine „Lex Kuhn“. Dann kann der Stuttgarter Oberbürgermeis ter Kuhn nochmals kandidieren. Da gab es offensichtlich in
der SPD Bedenken; insbesondere in der Stuttgarter SPD gab es Bedenken. Offensichtlich ist man mit der Amtsführung des grünen Kandidaten, den man da im OB-Wahlkampf unterstützt hat, nicht so ganz zufrieden.
Deshalb hat es geheißen: Eine „Lex Kuhn“ darf es nicht ge ben; also lassen wir die Altersgrenze für die Kandidatur bei 65 Jahren und heben die Altersgrenze für den Verbleib im Amt von 68 Jahren an. Dann hat man aber plötzlich festgestellt: Wenn man das macht, bekommt man Probleme, das Alter des Ministerpräsidenten zu vermitteln, weil kein Mensch im Land Baden-Württemberg versteht, warum man einem 65-jährigen Bürgermeister verbietet, wieder anzutreten, und ein 67-jähri ger Ministerpräsident nochmals antritt. Dieses Problem haben Sie gehabt.
Dann kreißte der Berg. Der Sitzmann-Schmiedel-Berg kreiß te und gebar eine Maus, nämlich den Kompromiss, zu sagen: Jetzt ist unser Ministerpräsident genau 67. Was können wir denn machen, damit diese Diskussion nicht aufkommt? Da haben wir eine geniale Idee: Wir heben die Altersgrenze ge nau auf 67 an, genau auf das Alter des Ministerpräsidenten, und damit kommt niemand auf die Idee, über sein Alter zu dis kutieren.
(Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Staats sekretär Klaus-Peter Murawski betreten den Plenar saal.)
Einen sachlichen Grund dafür gibt es nicht. Sie können auch nicht mit der Rente mit 67 argumentieren; denn Sie wollen ja mit 67 noch einmal anfangen. Es ist also völliger Blödsinn, zu sagen: „Wir argumentieren mit der Rente mit 67, und mit 67 kann man wieder anfangen und bis 73 weitermachen.“
Insofern gibt es da wirklich nur einen einzigen Grund: Sie wollen damit eine Altersdiskussion um den Ministerpräsiden ten vermeiden und setzen die Altersgrenze genau so, dass das Alter des Ministerpräsidenten, wenn er bei der Landtagswahl wieder antritt, dem entspricht, was Sie für Bürgermeister zu lassen.
Nein, meine Damen und Herren: „Lex Kretschmann“, „Lex Kuhn“ – alles Quatsch. Schaffen Sie das Ding ab. Überlassen Sie es den Bürgerinnen und Bürgern. Das, was Sie da als Kompromiss vorgeschlagen haben, das taugt nichts.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Hauch von Freiheit weht heute durch den Ple narsaal, möchte ich einmal sagen.
Die Altersgrenze für Bürgermeister, Landräte, Beigeordnete und Amtsverweser soll nun endlich abgeschafft werden. Die Bürger sollen ohne Altersgrenze frei entscheiden dürfen, wen sie zum Oberbürgermeister oder auch zum Bürgermeister wählen.
In der Tat geht es nur um diese Ämter; denn, Herr Dr. Rülke, kein Bundeskanzler oder keine Bundeskanzlerin, kein Minis terpräsident oder keine Ministerpräsidentin, aber auch keine Landrätin oder kein Landrat wird direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Das ist ein Unterschied, und das soll ten wir bei der Diskussion auch entsprechend beachten.
Bei der FDP/DVP kann ich die Gesetzesinitiative noch eini germaßen nachvollziehen. Sie trägt ja den grenzenlosen Frei heitsgedanken in sich. Ich möchte auch behaupten: Sie hat nicht so viele Bürgermeister; deshalb legt sie viel Wert dar auf, dass sie die wenigen dann vielleicht auch länger im Amt halten kann.
Bei den Grünen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine solche Initiative in meinen Augen nur schwer nachzu vollziehen.