Protocol of the Session on July 8, 2015

Schon die reine Unterbringung der Flüchtlinge ist eine Her kulesaufgabe. Es geht aber darüber hinaus auch darum, dass wir für die Integration von Flüchtlingen sorgen, dass wir Ver fahren optimieren, dass wir bundespolitische Impulse setzen. Ich höre doch an den Landesgrenzen von Baden-Württemberg nicht auf zu denken. Ich setze mich auch ernsthaft und sach lich mit den Vorbehalten und Ängsten der Bevölkerung aus einander. Wenn es z. B. um neue Aufnahmeeinrichtungen geht, dann gehe ich auch persönlich zu den Bürgerversammlungen. Die Taskforce, von der Sie sprechen, organisieren im Notfall THW und Feuerwehr, damit, falls es notwendig wird, Feld betten aufgestellt werden. Die anderen Dinge machen wir.

Die Überzeugungskraft unserer Lösungen zeigt sich inzwi schen auch im Vergleich mit anderen Bundesländern. Genau das hat mir gestern der BAMF-Präsident bestätigt, kurz bevor er zur CDU-Fraktion gegangen ist.

Diese Dimension der Integrationspolitik kommt mir bei den Bewertungen des Rechnungshofs zu kurz. Der Bericht be leuchtet sehr stark die Kostenseite aus buchhalterischer Sicht. Mir fehlt die Darstellung des Nutzens und der Wirksamkeit unserer Integrationspolitik. Diese Erfolge lassen sich aber sehr gut am Integrationsmonitoring der Länder ablesen. In vielen Bereichen ist Baden-Württemberg inzwischen besser als der Bundesdurchschnitt. Vor allem zeigen etliche Indikatoren ei ne Verbesserung im Vergleich zum Jahr 2011, also dem Jahr, in dem das Ministerium eingerichtet wurde – siehe da!

Die Überbetonung der Kostenseite ergibt ein schiefes Bild und korrespondiert mit der Vorstellung von der Verwaltung als rei nem Ressourcenfresser. Bei der Bewertung von politischen Schwerpunktsetzungen und in Fragen der Zukunftsfähigkeit des Landes kann die Kostenseite nicht der alleinige Maßstab sein. Natürlich kann man Integrationspolitik auch einem an deren Ressort als Abteilung angliedern – nur würde das der Aufgabe nicht gerecht.

Integrationspolitik ist die Politik, die die Folgen der Globali sierung im Inland handhabbar macht. Wir wissen, dass halb herzige Integration zu erheblichen Folgekosten führt. Deshalb teile ich die Analyse des Rechnungshofs nicht. Zu den Prü fungsergebnissen haben wir deshalb auf 35 Seiten ausführlich Stellung bezogen. Auch das kann ich Ihnen geben; ich habe das mitgebracht.

Auch zu der vom Rechnungshof angezweifelten Gesamtkon zeption haben wir uns geäußert. Natürlich haben wir eine Ge samtkonzeption. Auch das war schon einmal Gegenstand von parlamentarischen Anfragen. Schließlich hat der Rechnungs hof selbst unsere Strategien zur besseren Teilhabe von Mig ranten und zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen anerkannt.

Generell gilt: Man muss genauer hinsehen. Denn der Rech nungshof stellt in seiner Denkschrift auch eine Alternative zur Abschaffung des Ministeriums zur Diskussion, nämlich die Ausweitung unserer Zuständigkeiten. Deshalb kann man den Rechnungshof kaum als Kronzeugen für eine Abschaffung des Ministeriums vereinnahmen. Im Rückblick wird eines Tages klar werden: Dieses kleine Haus hat in Sachen Integration viel bewirkt, mehr, als mancher annimmt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Und es stimmt, es war eine vorausschauende Entscheidung, ein Integrationsministerium einzurichten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Glück das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Bei den Reden, die wir vom Kolle gen Lede Abal und von Kollegin Grünstein gerade gehört ha ben, kam die Kritik zum Ausdruck, der Bericht des Landes rechnungshofs in seiner Denkschrift wäre noch nicht öffent lich. Ich darf aus den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 29. Juni zitieren:

Der Landesrechnungshof in Karlsruhe hat sich das von Grün-Rot geschaffene Integrationsministerium angeschaut. Ergebnis: Das Haus... ist... zu klein, um effizient zu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass jetzt die Denkschrift aus Anlass dieser Aktuellen Debatte et was früher veröffentlicht wurde, zeigt doch nur, dass die Ak tuelle Debatte ihren Namen verdient hat, also aktuell ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zu Ihren Bekenntnissen, das Integrationsministerium als ei genständiges Ministerium wäre schon richtig: Nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass die Kritik des Rechnungshofs darauf abzielt, das Integrationsministerium entweder einzu stampfen und die Aufgaben einem anderen Ministerium zu übertragen oder diese in einem anderen Ministerium aufge hen zu lassen – dann bleibt das Haus nicht als eigenständiges Ministerium erhalten – oder aber das Ministerium mit weite ren Aufgaben zu betrauen.

Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass die Ministerin selbst es auch so sieht. Ich möchte es kurz vorlesen:

Ministerin Bilkay Öney... plädierte... dafür, das Integra tionsministerium in einem größeren Haus mit demogra fischen und gesellschaftlichen Schwerpunkten aufgehen zu lassen.

Vorbild könnte das sein, was die NRW-CDU 2005 geschaffen hat: ein Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration.

Noch ein Satz der Ministerin:

Die Orientierung an diesem Beispiel wäre für die vielfäl tigen Herausforderungen sinnvoller.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn eine Ministe rin sagt, ihr Haus sollte besser in einem anderen Haus aufge hen, weil man dann die Aufgaben besser erbringen könnte, ist das ein Eingeständnis, dass das Integrationsministerium als eigenständiges Ministerium gescheitert ist. Nehmen Sie also zur Kenntnis: Deutlicher geht es nicht!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

(Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Wenn wir auf die Vorschläge schauen, die in dieser De batte gemacht worden sind, sehen wir: Die FDP/DVP schwelgt in alten Zeiten, als sie noch den Integrationsbeauftragten ge stellt hat. Das sind aber Zeiten, die niemand zurückhaben möchte, insbesondere nicht die kommunalen Integrationsbe auftragten oder die kommunalen Integrationsbeiräte und de ren Landesebene, LAKI und LAKA. Sie werden feststellen, dass niemand dahin zurückwill.

Es geht aber nicht nur um die Verbandsvertreter und die Funk tionsträger, sondern auch um die Menschen hier im Land. Ich bin der Meinung, dass sich die Migrantinnen und Migranten hier im Land, die Menschen mit Migrationshintergrund, von dieser Ministerin und diesem Ministerium hervorragend ver treten fühlen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der Rechnungshof fordert kein bestimmtes Modell. Der Rech nungshof hat verschiedene Modelle ins Spiel gebracht. Sie, Herr Lasotta, wollten das Ministerium am liebsten auflösen, ohne genau zu sagen, was Sie damit machen wollen. Sie wol len es irgendwo hinschieben – vielleicht ins Staatsministeri um, vielleicht ins Innenministerium. Das entspricht auch der CDU-Linie, Integrationspolitik immer noch vor allem als Si cherheitspolitik zu verstehen. Diese Auffassung teilen wir aus drücklich nicht.

(Zuruf von der CDU: Das ist doch Quatsch! – Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Er hat verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen und es ausdrücklich offengelassen. Das Einzige, was ihm wichtig war: Es soll aus der Öffentlichkeit verschwinden.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Zuru fe)

Herr Glück, das, was Sie gerade angesprochen haben – der Rechnungshof habe empfohlen, das Ministerium einzustamp fen –, das steht – –

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Das habe ich nicht gesagt!)

Doch, Sie haben gerade eben hier vorn gesagt, es sei einzu stampfen. Das hat der Rechnungshof in keiner Weise empfoh len. Der Rechnungshof hat sich ausdrücklich mit Blick auf die neue Regierungsbildung im nächsten Jahr geäußert.

(Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Bullinger?

Werter Kollege, ich will vorausschicken, ich habe 20 Jahre lang in verschiedenen Stufen Exekutive erlebt, zuletzt auch als Amtschef.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wir wissen das!)

Ich weiß, was „Vorkabinett“ heißt und wie man berät, wenn das Kabinett anschließend tagt.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Frage!)

Die Frage ist: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass es, um das Thema wirklich vorwärtszubringen, sinnvoller gewesen wäre, eine Staatsministerin Öney mit einer Truppe im Staats ministerium anzusiedeln, um diese Querschnittsaufgaben für das Land entsprechend zu koordinieren?

Das ist meine Erfahrung: Wenn es so gelaufen wäre, hätte man ein Mehrfaches erreicht, als wenn man als kleine Mannschaft am Katzentisch sitzt.

Lieber Herr Kol lege Bullinger, die entscheidende Frage ist doch, warum zu FDP/DVP-CDU-Regierungszeiten niemand auf Ihre Einga ben und Ihre Auffassung zu dieser Frage Wert gelegt hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich schätze Ihre Meinung sehr, aber Sie haben in dieser Rich tung überhaupt nichts vorzuweisen. Sie hatten das Thema im Justizministerium versteckt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Arbeit war gut!)

In den Zeiten, als Sie in Berlin mitregierten, haben Sie das Thema auch versteckt. Das ist wirklich wohlfeil, was Sie hier machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)