Protocol of the Session on June 17, 2015

Aber über jedes Stöckle springen wir nicht. Wir lassen es schon gar nicht zu, dass Sie nachher draußen herumrennen und sagen: Sie haben die Sozialdemokraten gezwungen, im Parlament von ihrer Konzeption abzurücken.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU – Lachen des Abg. Guido Wolf CDU)

Wir haben eine klare Konzeption: die, die ich gerade beschrie ben habe und die wir gesetzgeberisch auf den Weg bringen. Da können Sie dann zustimmen und zeigen, dass Sie die gu ten Vorschläge der Regierung zur besseren Aufgabenerledi gung in Baden-Württemberg unterstützen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die baden-württembergische Verwal tung ist eine gute Verwaltung. Das brauchen wir nicht nach einander zu betonen, weil wir Länderpatrioten sind, sondern es gab bekanntlich mehrere Untersuchungen, die der badenwürttembergischen Verwaltung hohe Qualität bescheinigen, zuletzt sogar die höchste Qualität im Bundesvergleich über haupt. Die Verwaltung kann natürlich nichts dafür, dass alles immer komplizierter wird und wir heute den kuriosen Zustand

haben, dass „Dienst nach Vorschrift“ eine Streikform ist. Da rauf weise ich immer hin.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt so viele Vorschriften, die die Verwaltung umzusetzen hat, Vorschriften, die sie nicht macht, aber umzusetzen hat und im Schnitt in einer sehr guten Weise umsetzt. Das verdient, betont zu werden.

Genauso stellen wir fest: Leider findet die baden-württember gische Verwaltung, jedenfalls was die Landeszuständigkeit an geht, nicht die Wertschätzung, die ihr für ihre gute Arbeit zu stehen würde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Denn hier diskutieren wir natürlich über Themen wie „Absen kung der Eingangsbesoldung“ und „Übertragung von Tarif abschlüssen“. Wir werden uns hüten, der Beamtenschaft die Wünsche von den Augen ablesen zu wollen. Das kann es nicht sein. Aber auf der anderen Seite stellen wir nüchtern fest, dass die Beamtenschaft im Land in einer nicht nachvollziehbaren Weise schlecht behandelt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zu einer guten Verwaltung gehört sicher auch die Frage der Motivation, der Vergütung. Wenn Sie sich in der Verwaltung umhören, merken Sie: Gerade das Thema „Absenkung der Eingangsbesoldung“ hat es in sich. Das wird in diesen Tagen, Wochen und Monaten zu einem Qualitätsthema in der Verwal tung, ob man gute Leute bekommt oder nicht. Dazu gehören Bezahlung, Motivation und natürlich die richtige Struktur, um die es heute in dieser Debatte geht.

Es macht keinen Sinn, zur richtigen Struktur ein verwaltungs wissenschaftliches Seminar zu veranstalten. Die Sache hat im Land ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte. Es sind schon große Reformen genannt worden. Ich erwähne die aus meiner Sicht wichtigsten:

Erst gab es die große Gemeinde- und Kreisreform der Siebzi gerjahre mit, aufs Ganze gesehen, ordentlichen Ergebnissen.

Dann kam die Reform von Erwin Teufel. Diese hat er sehr in tensiv mit sich selbst und vermutlich auch mit einigen be freundeten Landräten abgestimmt. Da würde ich akzeptieren, wenn einer sagt: Da hätte man über Alternativen diskutieren können. Aber es gab auch keine zwingenden Alternativen, sondern einen sehr guten Vorschlag, und damals sind die Wei chen gestellt worden. Der Zug ist damals mit dieser Reform in eine bestimmte Richtung – Stärkung der Landräte – abge fahren.

Dann kam die Reform mit der Bildung der Region Stuttgart. Auch da haben wir in der Folge gesehen – wenn man das als dritte große Reform bezeichnen will –, dass eine Übertragung auf andere Landesteile eigentlich nirgendwo auf große Liebe gestoßen ist, sodass die Region Stuttgart ein Solitär geblieben ist – sinnvoll in diesem Ballungsraum, aber nicht wirklich übertragbar auf andere Räume.

So haben wir gerade auch durch diese Reformen insgesamt eine ordentliche Struktur erreicht. Sie haben recht, das Bes

sere ist immer der Feind des Guten. Deshalb finde ich den Än derungsantrag von Grün und Rot gar nicht so schlecht formu liert,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der ist gut, nicht?)

wenn man daran erinnert, dass man natürlich immer über sinn volle Reformen nachdenken muss. Das muss jeder; das wol len wir auch. Aber wenn ich den Antrag so lese, bin ich mir nicht ganz sicher – an die Kolleginnen und Kollegen von Grün und Rot gerichtet –, ob sie nicht doch bloß die Schotten für den Landtagswahlkampf dichtmachen

(Abg. Guido Wolf CDU: So ist es!)

und ob das nicht nur ein taktisch bestimmtes Verhalten ist. Denn immerhin haben Sie, lieber Herr Schmiedel, die große Reform, die uns ins Auge springt, vorher gelobt. Wenn diese Reform die Polizei nach Ihren Worten – Sie haben die Verbin dung hergestellt – in die Lage versetzt, bei Wohnungseinbrü chen besonders gut zu ermitteln, frage ich mich schon, war um ich heute in der „Waiblinger Kreiszeitung“ wieder lese, dass wir bei nicht aufgeklärten Wohnungseinbrüchen einen Rekordstand haben. – Aber wohlgemerkt, Sie haben die Ver bindung hergestellt.

(Zuruf des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

Wenn Sie die Reform an diesem Ergebnis messen wollen, hat sie ein vernichtendes Urteil verdient.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Vor allem müssen Sie unser Misstrauen schon verstehen; denn wenn Sie handeln, wenn Sie eine Reform machen, geht sie ge nau in Richtung Regionalkreise und nicht in irgendeine ande re Richtung. Dann geht sie in Richtung großer Einheiten. Be kanntlich soll man die Leute an ihren Taten und nicht an ih ren Worten messen. Deswegen trauen wir der Geschichte nicht so ganz.

Ich halte fest: Wenn wir wissen wollen, was diese Regierung wirklich will, dann würden wir es wahrscheinlich nur erfah ren, wenn sie die Gelegenheit bekäme, auch nächstes Jahr noch weiter zu regieren. Das, meine Damen und Herren, ist ein guter Grund – neben vielen anderen Gründen –, es nicht dazu kommen zu lassen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags. Zu dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/6730, liegt der Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/7032, vor. Zu diesem Änderungsantrag hat die Fraktion der CDU den Änderungs antrag Drucksache 15/7034 gestellt, der Ihnen vor Kurzem auf den Tischen verteilt wurde.

Ich stelle zuerst den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/7034, der zu dem Änderungsantrag der Regie

rungsfraktionen gestellt wurde, zur Abstimmung. Dieser Än derungsantrag ergänzt den Änderungsantrag der Regierungs fraktionen um einen Satz. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/7034, zum Änderungsan trag der Regierungsfraktionen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

(Zurufe von der CDU – Unruhe)

Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜ NE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/7032, abstim men. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? –

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Sonst hätten wir zugestimmt!)

Wer enthält sich? – Damit ist dem Änderungsantrag der Re gierungsfraktionen mehrheitlich zugestimmt.

Die Abstimmung über den ursprünglichen Antrag der Frakti on der CDU, Drucksache 15/6730, hat sich erledigt.

Damit ist auch Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infra struktur – Menschen- und umweltgerechter Ausbau der Rheintalbahn – Großprojekt bis 2030 realisieren – Druck sache 15/6723 (Berichtigte Fassung)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion fest gelegt.

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Wolf.

(Zurufe: Ui!)

Herr Präsident, meine lieben Kolle ginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist der wirtschaft liche Motor in Europa, und Wirtschaft braucht – das haben wir heute auch schon im Rahmen einer Aktuellen Debatte dis kutiert – Logistik, sie braucht Verkehrsinfrastruktur. Es ist Aufgabe der Politik, auch optimale Rahmenbedingungen für diese wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen.

Auch wenn wir in diesem Hohen Haus in der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen nicht immer einer Meinung sind, freue ich mich umso mehr, dass es gelungen ist, diesen ge meinsamen Antrag mit allen Fraktionen auf den Weg zu brin gen.

Der Ausbau der Rheintalbahn ist – neben einem anderen Pro jekt hier ganz in der Nähe – wohl das wichtigste Schienenpro jekt für Baden-Württemberg, Deutschland und Europa. Wir, die CDU, die wir immer für Stuttgart 21 waren, haben auch immer hinzugefügt, das eine zu tun, ohne das andere zu las sen. Das war von Anfang an das Bekenntnis auch zur Rhein talbahn.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Bei aller Euphorie für diesen wichtigen Schritt hatten wir je doch immer auch die Menschen im Blick, die vor Ort betrof fen sind. Denn gerade Stuttgart 21 hat uns gelehrt, natürlich immer auch die Akzeptanz der Menschen im Auge zu behal ten, nicht an den Menschen vorbeizuplanen, ihre Sorgen mit einzubeziehen.