Die Verwaltung ist ein Stück effektiver, wobei dabei die Be mühungen sicherlich niemals zu Ende sein dürfen. Es muss immer ein stetiges Bestreben sein, die Verwaltung noch effek tiver und besser zu machen.
Aber sie ist in Baden-Württemberg auch deutlich transparen ter und bürgernäher als jemals zuvor, behaupte ich. Die Poli tik des Gehörtwerdens, meine Damen und Herren, und der Be teiligung auch der Beschäftigten ist mittlerweile ein Marken zeichen öffentlicher Verwaltung in Baden-Württemberg.
Dieser Prozess der Überprüfung und Anpassung verläuft auch völlig anders als zu Ihrer Regierungszeit.
Ihre Reform 2005 und Ihre anschließende Evaluation waren gegenüber den Beteiligungsprozessen, die wir durchführen, doch wahre Geheimveranstaltungen.
Mitwirkung? Fehlanzeige. Externer Sachverstand? Fehlanzei ge. Kritische Bewertungen und Analysen? Fehlanzeige bzw. unerwünscht.
Wir haben uns selbstverständlich auch mit den Folgen Ihrer Verwaltungsreform beschäftigt, beschäftigen müssen. Denn es war nun wirklich nicht alles Gold, was glänzt – in allen Be reichen. Es gab genügend Themen, bei denen nachjustiert wurde, nachjustiert werden musste. Ich erinnere an die Auf gabenübertragung für die Wartung der Bundes- und Landes straßen –
mit einem hohen zweistelligen Defizit für die Landkreise. Ich erinnere an die strukturellen Probleme der Lebensmittelüber wachung, die Ihre Reform nicht gelöst hat; wir mussten auch im Bereich der Stellen der Lebensmittelkontrolleure gewaltig nachbessern. Ich erinnere auch an die Probleme in der Ver messungsverwaltung, in der durch die Privatisierung Einnah men weggebrochen sind. Ich könnte eine ganze Reihe weite rer Probleme Ihrer Verwaltungsreform benennen, die wir jetzt korrigieren mussten.
Für die Zukunft – um da Klarheit zu schaffen, meine Damen und Herren – gilt natürlich Folgendes: An eine Verwaltungs reform, deren Notwendigkeit wir definitiv nicht sehen und die wir auch definitiv nicht anstreben, müssten hohe Maßstäbe angelegt werden.
Sie ließe sich z. B. nur rechtfertigen, wenn eine Verwaltung unter allen denkbaren Gesichtspunkten der alten Struktur überlegen ist – in jeder Beziehung. Das wäre ein ganz wesent liches Kriterium. Eine Veränderung müsste zudem auch den Landeshaushalt sehr nachhaltig entlasten.
Wir sind definitiv nicht in dieser Situation. Deswegen gibt es auch keine Umbaupläne im Keller – weder bei uns noch bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Das, was Sie ver muten, ist also tatsächlich substanz- und gegenstandslos.
Aber, meine Damen und Herren, wir sollten uns darauf ver ständigen: Die Alternative zum Erhalt der Ergebnisse der be währten Verwaltungsstrukturreform heißt jetzt auch nicht, ei ne Käseglocke darüberzustülpen und gar nichts zu tun, son dern heißt, selbstverständlich behutsam und angepasst an die modernen Entwicklungen, bestehende Verwaltungsstrukturen weiterzuentwickeln und auch offen zu sein für Wünsche und Forderungen.
Nehmen wir doch einmal das Thema Reutlingen und den viel leicht kommenden Antrag einer Auskreisung. Mit diesem wird sich eine Landesregierung entlang der Verfassung seriös aus einandersetzen müssen.
So ist es denkbar und vorstellbar, dass z. B. auch in der nächs ten Legislaturperiode ähnliche Begehren an uns herangetra gen werden. Dafür müssen wir offen sein und kreativ damit umgehen und die Verwaltung verbessern.
Aber die von Ihnen vermutete Verwaltungsstrukturreform fin det definitiv nicht statt. Deswegen ist unser Änderungsantrag die richtige Antwort.
Sie scheinen sich ja quasi schon damit abgefunden zu haben, dass wir auch in der nächsten Legislaturperiode regieren. Denn nur dies erklärt auch Ihre Kleinlichkeit bei der Stellung Ihres Antrags und der Nachreichung eines Änderungsantrags zu unserem Änderungsantrag.
Zunächst einmal zeigt der Antrag, den Sie heute vorgelegt ha ben, dass der Opposition nicht wirklich etwas einfällt.
Denn wenn man das Ganze übersetzt, heißt das: „Alles ist gut, und es soll so bleiben.“ Das ist ein merkwürdiges Verständnis von Oppositionsarbeit.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was wollen Sie denn ändern? – Abg. Thomas Blenke CDU: Wir haben Sie nur zitiert!)
Was steht im Mittelpunkt staatlichen Handelns? Im Mittel punkt staatlichen Handelns steht eine gute Aufgabenerledi gung, nicht die Struktur als Selbstzweck, sondern eine gute Aufgabenerledigung. Deshalb ist es wichtig – bei allen be währten Strukturen verändern sich die Aufgaben –: Man muss ab und zu überprüfen, ob die Strukturen noch stimmen.
Das hat man in den Siebzigerjahren mit der großen Gemein de- und Kreisreform gemacht und die Strukturen den gewach senen Aufgaben der Kommunen angepasst. Das hat Erwin Teufel 2004/2005 mit der Eingliederung der Sonderbehörden in die Regierungspräsidien und in die Landkreise getan.
Da kann man sich auch vergaloppieren. Das haben Sie damals getan und große Unsicherheit bei der Polizei verbreitet. Im Gesetzgebungsverfahren haben Sie es dann noch einmal kor rigiert und die Polizei nicht in die Landkreise eingegliedert, weil Sie gemerkt haben, dass das ein großer Fehler gewesen wäre. Die Schulämter haben Sie eingegliedert – und sie nach kurzer Zeit wieder ausgegliedert. Verlässlichkeit, Herr Kolle ge Hollenbach, sieht also anders aus. Weil wir an einer guten Aufgabenerledigung interessiert sind, stellen wir natürlich staatliche Verwaltungsstrukturen auf den Prüfstand.
Jetzt muss man doch zugeben, dass die Polizei in der alten Struktur nicht in der Lage gewesen ist, der Cyberkriminalität und der Bedrohung durch islamistischen Terror zu begegnen. Das gilt auch für die Aufklärung bei Wohnungseinbrüchen. Erst durch die Polizeistrukturreform ist die Polizei in dieser Aufgabenerledigung massiv gestärkt worden.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen bei der CDU – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU – Weitere Zurufe von der CDU)
Sie haben den Denkmalschutz in die Regierungspräsidien ein gegliedert. Doch was haben wir festgestellt? Nicht jedes Re gierungspräsidium ist gleichermaßen in der Lage, zu jedem Thema, jedem Zeitalter, jeder thematischen Fragestellung den erforderlichen Sachverstand zu liefern. Deshalb haben wir ein Vor-Ort-Präsidium geschaffen, in dem Kompetenzen gebün delt werden, die dann im ganzen Land zur Verfügung stehen. Das sind notwendige Änderungen.
Wir haben übrigens etwas angepackt, was Sie liegen gelassen haben, obwohl es jedes Jahr einen dicken zweistelligen Mil lionenbetrag kostet. Sie haben es nicht geschafft, die IT-Struk tur des Landes zu bündeln, weil sich das Finanzministerium mit dem Innenministerium nie einigen konnte. Wir haben das auf den Weg gebracht und hier verabschiedet. Wir werden ei nen hohen zweistelligen Millionenbetrag sparen, ohne dass die Bürger etwas merken, und die IT-Struktur wird sich gleich zeitig verbessern.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Volker Schebesta CDU: Was ist denn jetzt mit den Regionalkreisen?)
Sie beziehen Ihren Antrag auf eine Äußerung von mir. Nach dem ich gefragt wurde: „Wie sieht es eigentlich aus?“, habe ich Folgendes gesagt: Wir haben ein Problem
mit unterschiedlich starken Kreisen und unterschiedlich star ken Gemeinden. Die Lösung im heutigen Zeitalter liegt aber nicht mehr in einer schlichten Zusammenlegung, sondern sie liegt in einer besseren Zusammenarbeit.
Das Gesetz über kommunale Zusammenarbeit stammt aus dem Jahr 1974 und ist im Kern noch in diesem Zeitalter ver haftet. Deshalb werden wir das Thema „Unterschiedliche Leistungsstärken und daher unterschiedlich starke Aufgaben erfüllung“ dadurch lösen, dass wir die kommunale Zusam menarbeit stärken. Dazu hat die Regierung einen Gesetzent wurf verabschiedet, der derzeit in der Anhörung ist und er möglichen soll, beispielsweise selbstständige Kommunalan stalten zu schaffen, auf deren Grundlage die Kommunen viel besser als im Zweckverband zusammenarbeiten können, so dass unterschiedliche Größen nicht mehr unterschiedliche Aufgabenerfüllungen mit sich bringen.
Das ist neben der Modernisierung einzelner Themen der ei gentliche Kern. Was ich gesagt habe, gilt. Wo kommen wir denn hin, wenn wir das, was Herr Wolf irgendwo draußen sagt, hier im Parlament beschließen? Ein Mann, ein Wort; das gilt.
Aber über jedes Stöckle springen wir nicht. Wir lassen es schon gar nicht zu, dass Sie nachher draußen herumrennen und sagen: Sie haben die Sozialdemokraten gezwungen, im Parlament von ihrer Konzeption abzurücken.