Protocol of the Session on April 15, 2015

Sie sehen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Die musi kalische Bildung im Land ist gesichert. Die Landesregierung wird ihrem Bildungsauftrag in diesem wichtigen Feld vorbild lich gerecht.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das Anliegen des hier zu beratenden Antrags ist wahrlich keine Petitesse. Denn wir müssen uns wirklich fragen: Mit welchen Mitteln können wir unsere viel fältige und hochwertige Musiklandschaft in Baden-Württem berg, so gut es geht, unterstützen? Denn es gilt für uns Ver antwortliche hier im Land, den vorhandenen, überragenden Bildungs- und Kulturschatz auch in Zukunft zu hegen und zu pflegen.

Meine Damen, meine Herren, wir Freien Demokraten verste hen uns als die Qualitätskontrolle dieser Regierung.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Jetzt wisst ihr’s!)

Deshalb steht für uns folgende Frage im Mittelpunkt der heu tigen Diskussion: Welche bildungspolitischen Weichenstel lungen von Grün-Rot gefährden eventuell die Existenz dieser einmaligen Musiklandschaft?

(Unruhe bei den Grünen und der SPD)

Ich kann die Frage für Sie gern wiederholen: Welche bil dungspolitischen Weichenstellungen von Grün-Rot gefährden eventuell die Existenz dieser einmaligen Musiklandschaft?

Zu Recht wird vonseiten der Musikschulen und Musikverei ne in diesem Zusammenhang vor allem der Ganztagsausbau als die derzeit wichtigste Herausforderung betrachtet. Heraus forderung heißt dabei: sowohl eine Bedrohung ihrer Existenz als auch eine Chance für die Nachwuchsgewinnung.

Deshalb ist die zentrale Frage, ob bei der von Grün-Rot ins Schulgesetz geschriebenen Ganztagsgrundschule die Weichen für eine gelingende Kooperation mit den Musikschulen und den Musikvereinen richtig gestellt wurden.

Dass die Schulen die Hälfte der ihnen zugewiesenen Perso nalressourcen in Geldmittel umwandeln können, begrüßen wir

Freien Demokraten ausdrücklich. Dadurch können die Ange bote von Musikschullehrern oder Musikmentoren von einer Schule entlohnt werden. Das Instrument der Monetarisierung scheint unkompliziert zu funktionieren und lässt den Verant wortlichen vor Ort die wichtige Gestaltungsfreiheit.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Gut so!)

In diesem Punkt haben Grüne und SPD ganz offensichtlich dazugelernt und mittlerweile den Wert der Einbindung des ge sellschaftlichen Umfelds in eine Schule erkannt.

(Zuruf: Sehr gut!)

Insgesamt betrachtet hat die grün-rote Koalition bei der Ganz tagsschule die Weichen aber grundfalsch gestellt, denn das grün-rote Gesetz schreibt allen Ganztagsschulen Rhythmisie rung vor. Von ehrenamtlich Tätigen ist aber ein Vormittagsan gebot meist sehr viel schwerer zu organisieren als ein Nach mittagsangebot. Leider verweigert sich die Landesregierung bisher dem Vorschlag der Freien Demokraten, auch die offe ne Ganztagsschule ins Schulgesetz aufzunehmen – mit Unter richt am Vormittag und offenen Angeboten am Nachmittag.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schade!)

Unser Vorschlag bedeutet echte Wahlfreiheit für die Eltern, auch wenn sie einmal ein außerschulisches Angebot des Mu sikvereins oder der Musikschule für ihre Kinder wahrnehmen und dafür lieber auf die Angebote der Schule verzichten wol len. Denn die im Schulgesetz vorzufindende Wahlform bedeu tet nichts anderes, als dass an einer Schule ein verpflichtend rhythmisierter Ganztagszug und ein Zug mit Vormittagsunter richt angeboten werden. Ein Zug mit offenen Angeboten am Nachmittag ist aber nicht vorgesehen.

Die von Grün-Rot geschmähten offenen Ganztagsschulen aus christlich-liberaler Zeit haben sich nun sehr zurückhaltend bei der Umwandlung in Ganztagsschulen verpflichtend rhythmi sierten Typs gezeigt. Meine Damen und meine Herren von Grün-Rot, das ist doch ein glasklarer Beleg dafür, dass die of fene Form allseits sehr geschätzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Im Sinne echter Wahlfreiheit und für ein gelingendes Neben- und Miteinander von Schulen und Vereinen wie Musikschu len erneuert die FDP/DVP-Fraktion deshalb ihre Forderung, dass auch die offene Form der Ganztagsschule im Schulge setz ihren festen Platz bekommen sollte. Auch dies wäre aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt, der geeignet wäre, hohes Konfliktpotenzial aus der Bildungspolitik herauszunehmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Stoch das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Be reits der Titel der Landtagsdrucksache, über die wir heute sprechen, spricht für sich: „Musikschulen und Musikvereine als Bildungsträger erhalten“. Ich darf Ihnen versichern, mei

ne sehr geehrten Damen und Herren und liebe Frau Kollegin Gurr-Hirsch, Sie sprechen uns mit diesem Titel aus dem Her zen. Sowohl dem Kultusministerium als auch der Landesre gierung insgesamt ist es ein großes Anliegen, die Musikschu len und die Musikvereine als Bildungsträger in der bereits seit Jahren und Jahrzehnten bestehenden hohen Qualität in BadenWürttemberg zu erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen und wir müssen es bei sich verändernden gesellschaftlichen Struktu ren – wir alle kennen die Veränderungsfaktoren, u. a. auch das Thema Demografie – schaffen, dass wir auch zukünftig im Bereich der musisch-kulturellen Erziehung Kinder gut in ihr Leben schicken.

Baden-Württemberg darf sich zu Recht „Musikland Num mer 1“ nennen, und diese Landesregierung hat – Frau GurrHirsch hat darauf hingewiesen – wie auch die früheren Lan desregierungen viel dafür getan, dass wir diese Spitzenposi tion in Deutschland einnehmen, und die wollen wir halten und auch gemeinsam ausbauen.

In dem heute diskutierten Antrag des Kollegen Locherer und seiner Fraktion wird nur ein Teil des Themas „Kulturelle Bil dung“ angesprochen, nämlich die Kooperation und das Mit einander von Schulen, Musikschulen und Musikvereinen in unserem Land und die Sicherung des Erhalts genau dieser Bil dungsträger. Gleiches könnten wir natürlich auch in den Be reichen Kunst und Theater besprechen, in diesen ebenfalls sehr wichtigen Bereichen, wenn es um das Thema Landes kunstkonzeption geht, wenn es um das Thema „Musisch-äs thetische Bildung von Kindern“ geht. Wir können mit Stolz einige erfolgreiche Maßnahmen in der Bildungspolitik benen nen, mit denen wir, so denke ich, gute Voraussetzungen ge schaffen haben, um die Kooperation und das Miteinander von Schulen, Musikvereinen und Musikschulen zu verstärken.

Ich nenne hier als Erstes – das wurde bereits von mehreren Vorrednern angesprochen – unsere neue Konzeption zum Aus bau der Ganztagsgrundschulen, die bereits zum kommenden Schuljahr in der zweiten Antragsrunde erfolgreich umgesetzt wird.

Mit der Möglichkeit der Monetarisierung, das heißt, bis zu 50 % der Lehrerwochenstunden als Geldleistung in Anspruch zu nehmen, haben die Schulen das wichtige Instrument in der Hand, die beiden Bereiche zusammenzuführen, die ansonsten in Konkurrenz zueinander zu stehen drohen, nämlich schuli sche Bildung so zu definieren, dass auch außerschulische Bil dungsträger Teil der Schule sein können. Ich denke, dass wir genau an dieser Stelle ein ganz wichtiges Ziel erreichen.

Besonders in der Grundschule – natürlich auch in den weiter führenden Schulen – erreichen wir alle Kinder, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, auch unabhängig vom Willen und Wunsch des Elternhauses. Das heißt, wir haben die Möglich keit, mit einer sehr niedrigschwelligen Herangehensweise vie le Kinder in Kontakt mit Musik, mit Musikinstrumenten zu bringen. Deswegen bin ich auch sehr dankbar, dass die Mu sikschulen im Land Baden-Württemberg genauso wie die Mu sikvereine diese Veränderung hin zum Ganztagsschulangebot als riesengroße Chance und nicht als Bedrohung betrachten und nicht Angst haben, dass sie darunter irgendwie leiden

könnten. Sie wollen diese Chance ergreifen, gemeinsam mit uns möglichst vielen Kindern ein hervorragendes Angebot zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Zuge ha ben wir bereits im vergangenen Jahr mit zahlreichen gesell schaftlichen Organisationen – es sind über 50 Organisationen – eine Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit im Bereich der Ganztagsschule geschlossen. Am 23. Februar dieses Jah res haben wir nach intensiven Gesprächen mit dem Landes verband der Musikschulen eine spezielle Vereinbarung für die sen Bereich getroffen, weil hier die Spezifika der Musikschu len einer besonderen Regelung bedurft haben. Deswegen glau be ich, dass dies ein ganz wichtiges Zeichen dafür ist, dass die Musikschulen Teil dieser Entwicklung an unseren Schulen sein wollen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Rapp?

Sehr gern können wir auch die Blasmusik berücksichtigen.

(Heiterkeit der Abg. Thomas Poreski GRÜNE und Dr. Stefan Fulst-Blei SPD – Zuruf des Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)

So einfach ist es nicht. – Herr Minister, Sie haben gerade darüber geredet, welche Möglich keiten der Einbindung – Ehrenamt, Musikschulen etc. – es gibt. Inwieweit ist denn geplant, im bevorstehenden Bildungs plan für die musikalische Ausbildung den Schulen von der Grundschule bis zu den weiterführenden Schulen wieder ein eigenständiges Fach Musik zukommen zu lassen?

Herzlichen Dank, Herr Kollege Rapp. Das Thema wäre ohne hin noch gekommen, aber ich ziehe es gern nach vorn.

Sie wissen, dass in der Bildungsplankonzeption 2004 die so genannten Fächerverbünde ein Phänomen waren, das damals intensiv genutzt wurde. Wir haben – das haben wir auch schon im Koalitionsvertrag aufgeführt – diese Fächerverbünde in tensiv untersucht und evaluiert. Leider hat sich gerade in der Grundschule für den Bereich Musik – Sie kennen den Fächer verbund MeNuK – gezeigt, dass in diesem Fächerverbund ein zelne Bestandteile eher nachrangig behandelt wurden. Das ist jetzt sehr vorsichtig ausgedrückt. Das heißt, es gab die Prob lematik, dass Lehrkräfte Fächer unterrichtet haben, für die sie nicht ausgebildet waren, und dann natürlich auch ein gewis ses subjektives Empfinden hatten, ob sie etwas behandeln möchten oder nicht.

Deswegen haben wir uns entschlossen, diesen Fächerverband MeNuK aufzuheben. Wir werden – das ist, glaube ich, auch eine lange erhobene Forderung der Musikschulen und der Mu sikvereine im Land Baden-Württemberg – zukünftig von der ersten Klasse an wieder Musik als eigenständiges Fach in Ba den-Württemberg haben, weil wir glauben, dass die Musik so wichtig ist, dass sie auch als gesondertes Fach erhalten blei ben sollte.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Dr. Patrick Rapp CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden auch an den bewährten Förderungsmaßnahmen im Rahmen des Pro gramms „Kooperation Schule/Verein“ im Bereich der Ama teurmusik ohne Abstriche festhalten, und es gibt künftig durch die Maßnahmen der Landesregierung ein Mehr an Koopera tionen. Ich darf Ihnen sagen: Wir haben beispielsweise auch das Mentorenprogramm ausgebaut, das heißt, mehr Mittel in den Bereich der Chormentoren, der Instrumentalmentoren ge geben, um Jugendliche in die Lage zu versetzen, Chöre zu lei ten, Instrumentalverbünde zu leiten. Das heißt, auch an die ser Stelle wollen wir für Weiterbildung sorgen, um die mu sisch-ästhetische Bildung weiterzubringen.

Zudem haben wir die musikalische Frühförderung ausgebaut, indem wir das Förderprogramm „Singen – Bewegen – Spre chen“ in die allgemeine Sprachförderung in Tageseinrichtun gen für Kinder mit Zusatzbedarf – Sie kennen es unter dem Namen SPATZ – integriert und damit das Angebot noch mehr Einrichtungen zugänglich gemacht haben. Auch diese Maß nahme wird von der Arbeitsgemeinschaft der Musikschulen und der Amateurmusik – wir haben darüber intensive Gesprä che geführt – sehr begrüßt. Dazu gehört dann auch – wie be reits gesagt –, im neuen Bildungsplan 2016 Musik wieder als eigenständiges Unterrichtsfach zu berücksichtigen.

Ich kann deshalb für die Landesregierung bekräftigen, dass wir in der Regierung bei der Förderung der musisch-kulturel len Bildung an den Schulen nicht nur unsere Hausaufgaben erledigt haben, sondern dass wir – ich glaube, das ist auch wichtig – auch auf die neuen und veränderten Rahmenbedin gungen bei der Förderung der Kooperation von Schulen, Mu sikschulen und Musikvereinen in unserem Land eingehen.

Ich bedanke mich für die heutige Diskussion. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei Frau Kollegin Gurr-Hirsch für die sen sehr sachlichen und für mich als Kultusminister in einer Parlamentsdebatte eher ungewohnten Ton. Darüber freue ich mich sehr, denn es ging heute wirklich um die Sache. Es freut mich, dass wir da an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, die Musikschulen und Musikvereine in Baden-Württem berg weiter mit dem zu versorgen, was sie dringend brauchen, um ihre gute Arbeit fortsetzen zu können, nämlich neugieri ge und gute Kinder und Jugendliche, die sich in diesem Be reich betätigen wollen. Da wird die Schule eine wichtige Rol le spielen, und da brauchen wir gute Musikschulen und gute Musikvereine.

Herzlichen Dank.