Vielleicht ist es einfach eine Überfrachtung und ein Irrweg, die Investitionsschutzabkommen mit hineinzubringen, die am Ende das Abkommen gefährden und vielleicht verhindern werden, dass die baden-württembergische Automobilindus trie auf dem amerikanischen Markt besser vorankommt.
Weil Sie den Grünen-Parteitag angesprochen haben, der En de November in Hamburg dazu einen Beschluss gefasst hat, möchte ich gern aus diesem Beschluss zitieren:
Der ISDS-Mechanismus begünstigt Großkonzerne, die so geltendes nationales Recht und die staatliche Gerichts barkeit umgehen können. Sollte ein entsprechender Me chanismus in die Abkommen mit Kanada und den USA in tegriert werden, würde dies massive negative Folgen für Mitgliedsstaaten der EU und für die mittelständische Wirtschaft nach sich ziehen.
Allerdings war dies ein Zitat im Zitat. Vielleicht kommt es je mandem hier im Raum bekannt vor. Kollege Reinhart schreibt gerade mit. Das war ein Zitat aus einer Beschlussfassung des Grünen-Bundesparteitags, die einen Beschluss des Bundes verbands mittelständische Wirtschaft wörtlich zitiert.
Dieser Beschluss ist vom Januar. Zu diesem Zeitpunkt war Kollege Wolfgang Reinhart noch nicht der neue Geschäfts führer Politik des Bundesverbands mittelständische Wirt schaft. Aber vielleicht kennt er den Text, den der Grünen-Par teitag in seinem Beschluss bestätigt hat, trotzdem. Diesem schließen wir uns an.
Ihr neuer Arbeitgeber, Herr Ohoven, hat das im Februar in ei nem Podcast noch einmal zum Ausdruck gebracht.
Herr Kollege Rülke hat vorhin bezüglich Standards gesagt, große Unternehmen täten sich leichter, diese Hürden zu über winden. Das gilt aber umgekehrt eben auch für die Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit.
Jenseits des Themas Investor-Investor-Schiedsgerichtsbarkeit ist es für uns elementar, dass Investor-Staat-Schiedsgerichts barkeiten innerhalb von demokratischen Rechtsstaaten in kei ner Weise notwendig sind und sogar – im Gegenteil – unsere demokratischen Verfahren delegitimieren. Gegen diese wen den wir uns.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Über 70 hat die Bundesregie rung!)
Das ganze Haus hält die kommunale Daseinsvorsorge sehr oft hoch. Ich erinnere mich an Debatten über die EU-Dienstleis tungsrichtlinie, wozu hier Beschlüsse gefasst worden sind, dass nämlich das, was wir als kommunale Daseinsvorsorge definieren, im Sinne der Gemeindefreiheit gewahrt bleiben muss. Daher ist es für uns weiterhin ein wichtiger Punkt, dass es Ausnahmen von Marktzugangsverpflichtungen für Leistun gen der kommunalen Daseinsvorsorge geben muss. Unsere Gemeinden brauchen ja auch Organisationsfreiheit, wie sie ihre Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger anbie ten wollen. Da unterstützen wir die Beschlussfassung des Deutschen Städtetags bezüglich TTIP, welchen Passus wir nicht in Ordnung fänden, wenn er am Ende hineinverhandelt würde.
Freihandel bringt Vorteile, wenn er fair abläuft. Wir setzen uns dafür ein, dass der Freihandel zwischen den USA und Euro pa mit guten Rahmenbedingungen vorangetrieben wird. Wir sehen, dass die Europäische Kommission berechtigte Kritik punkte, die vorgebracht wurden, nach und nach aufnimmt. Wir wünschen gute und erfolgreiche Verhandlungen. Wir werden dies daher weiter konstruktiv begleiten und damit der Wirt schaft in Baden-Württemberg nützen.
Herr Präsident, verehrte Kollegin nen und Kollegen! Ich muss zugeben: Ich habe mich bis heu te Morgen auf diese Debatte gefreut. Man hat mir zugerufen, die FDP/DVP wolle über TTIP diskutieren.
Als ich dann den eigentlichen Titel der Debatte – so, wie er formuliert ist – habe auf mich wirken lassen und gesehen ha be, wen die FDP/DVP für diese Debatte ins Rennen schickt, war mir klar: Heute geht es nicht um TTIP, heute geht es um Stimmung.
Der eigentliche Untertitel der Debatte ist: „Verzweifelte Su che der FDP nach einem eigenen politischen Profil“.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! Genau! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
Ich hätte mir gewünscht, sehr geehrter Kollege Rülke, dass Sie sich dem Thema ernsthaft genähert hätten,
dass Sie der Aschermittwoch schon erreicht hätte. Aber man hat den Eindruck: Die Liberalen sind noch ein bisschen jeck. Denn Sie haben – –
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Haben Sie sich das gestern schon aufschreiben lassen? – Gegen ruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat er doch im Kopf! Im Gegensatz zu Ihnen mit Ihren Karten!)
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die Rede passt nicht zur Debatte! Da hat Ihnen jemand etwas Falsches auf geschrieben!)
Wenn eine Rede nicht zur Debatte passt, dann eine, die sich ausschließlich auf die Wirtschaftsinteressen fokussiert,
die EU-Standards verniedlicht oder herunterredet, die Beden ken nicht ernst nimmt, die wieder einmal die alte Mär vom „Chlorhühnchen“ bemüht. Das sollte man mittlerweile blei ben lassen. Da kommt vielmehr zum Ausdruck, dass derjeni ge, der so argumentiert, die Bürger nicht ernst nimmt
und im Übrigen auch die Kommunen nicht ernst nimmt. Ver antwortung, sehr geehrter Kollege Rülke, ist für mich immer noch die seriöse Abwägung von Chancen und Risiken.
Insofern, verehrte Damen und Herren, fehlt es dieser Debatte natürlich auch am aktuellen Bezug – nicht, weil Kollege Rein hart zu Recht angesprochen hat, dass dieses Thema in der Öf fentlichkeit breit diskutiert wird. Ich habe vorhin ganz bewusst bei Ihnen applaudiert, weil Sie bis dato der einzige Redner waren, der das Thema Sorge in den Mund genommen hat, das es ernst zu nehmen gilt. Das möchte ich voll und ganz unter streichen.
Diese Debatte wird in der Öffentlichkeit geführt. Aber diese Debatte geht an der Landesregierung vorbei.
Sie hat in keiner Weise Anlass für Vermutungen gegeben, dass es an ihrem Willen fehlt, dieses Abkommen im Rahmen ihrer Möglichkeiten für alle Beteiligten zu einem erfolgreichen Ab schluss zu führen.
Wenn Sie die Frage stellen, welche Antwort die Herren Schmid und Kretschmann auf die aktuelle TTIP-Diskussion geben, dann würde ich einmal unterstellen, dass sie dieselbe Antwort geben, der Sie vor einem Jahr zugestimmt haben.
Sie erinnern sich: Vor gut einem Jahr wurde auf Antrag der Regierungsfraktionen hier im Haus eine Resolution zum The ma TTIP beschlossen. Soweit ich mich erinnern kann, haben auch weite Teile der Opposition damals dieser Resolution zu gestimmt. In ihr steht ja schon alles.
Es werden die Chancen betont, es wird der Wille betont, zu einem tragfähigen Abschluss dieses Abkommens zu kommen. Es wird darin betont, dass das wirtschaftliche Potenzial im Land zu heben ist, dass Handelshemmnisse abzubauen sind, dass dabei aber auch ein besonderes Augenmerk auf unsere Errungenschaften im Bereich der Sozialstandards, der Um welt-, der Lebensmittel-, der Gesundheits-, der Datenschutz standards, der Arbeitsschutzrechte und dergleichen mehr ge legt werden soll.
Es wird übereinstimmend bemängelt, dass die Verhandlungen intransparent geführt wurden, dass dies viele offene Fragen aufwirft und auch zu einem Vertrauensschwund in der Bevöl kerung beiträgt. Deswegen soll eine umgehende Veröffentli chung des Verhandlungsmandats erreicht werden.