Protocol of the Session on December 12, 2014

... ein hoher Schuldenstand reduziert die Handlungsfä higkeit des Staates.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum haben Sie das dann gemacht?)

Geld, das für Zinszahlungen ausgegeben wird, kann nicht in Schulen, Straßen oder die Förderung von Innovation investiert werden...

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf: Sehr richtig!)

Dem kann man nur beipflichten. Aber wie sieht es tatsächlich in Baden-Württemberg aus?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 43 Milliarden € Schul den haben wir geerbt! Wir haben von Ihnen den gan zen Schuldenberg geerbt! Erblast! – Gegenruf des Abg. Konrad Epple CDU: Das Geld kommt doch rein!)

Darauf kommen wir nachher noch zu sprechen.

Die Schulden des Landes sind von Ende 2010 bis 2013 um fast 2 Milliarden € gestiegen. Die Pro-Kopf-Verschuldung hat sich im selben Zeitraum von 3 918 € auf 4 174 € erhöht.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Parallel dazu kann man jetzt die Einnahmen betrachten. Die Isteinnahmen betrugen im Haushaltsjahr 2011 36,9 Milliar den € und stiegen bis Ende 2013 auf 42,8 Milliarden €, also um sage und schreibe 5,9 Milliarden € oder 16 % – in drei Jahren!

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Super!)

Die Landesregierung hatte also, was die Istberechnung be trifft, in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt einen Spielraum von 7,9 Milliarden € zur Verfügung.

Sie haben dann – trotz guter Haushaltslage – 2013 1,78 Mil liarden € Schulden in den Haushalt eingestellt; 2014 haben Sie 1,2 Milliarden € an Kreditermächtigungen eingestellt, ob wohl Sie eine ganze Menge Kassenüberschüsse haben.

Hinzu kommt, dass Sie auf der Grundlage der Steuerschät zung vom 6. November 2014 weitere 800 Millionen € an Mehreinnahmen erwarten können.

Ich sage es ganz offen: Ihr Haushaltsgebaren zielt darauf ab, für 2015 und 2016 genügend Geld zu bunkern, damit Sie im Wahljahr 2016 und bereits auch 2015 entsprechende Ausga ben machen können,

(Abg. Konrad Epple CDU: Geschenke!)

um Ihre Basis

(Zuruf von der SPD: Chapeau! – Abg. Martin Rivoir SPD: Gut für das Land!)

befriedigen zu können.

Es handelt sich also bei dem Haushalt 2015/2016 um ein Bud get für all solche Wahlgeschenke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Ihr kapiert es nie!)

Lassen Sie mich auf das Haushaltsgebaren näher eingehen. Bei genauer Betrachtung gibt es im Haushalt Überschüsse und Kreditermächtigungen. Ich nenne Ihnen diese im Einzelnen, weil Sie es sonst sicherlich nicht glauben würden: Überschüs se in den Vorjahren: 3 Milliarden €. Das hat Ihnen übrigens auch der Rechnungshof attestiert. Nicht in Anspruch genom mene Kreditermächtigungen: 1,5 Milliarden €. Mehreinnah men aus der Steuerschätzung von November: 800 Millionen €. In der Summe ergibt dies 5,3 Milliarden €. Davon abgezogen werden müssen Ausgabereste 2013 von 2,2 Milliarden €.

So haben Sie insgesamt also eine erhebliche Verfügungsmas se – was übrigens der Bund der Steuerzahler in einem Artikel als „Verschleierungspolitik“ bezeichnet.

(Abg. Konrad Epple CDU: Skandal!)

Die Verfügungsmasse hätte also gut ausgereicht, um in den beiden Jahren keine neuen Schulden zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Der Rechnungshof hat es Ihnen ganz deutlich ins Stammbuch geschrieben – ich zitiere –:

Die Aufnahme neuer Kredite bei gleichzeitig hohen kas senmäßigen Überschüssen ist... nicht nachvollziehbar. Der stetige und zuletzt sprunghafte Anstieg der kassen mäßigen Überschüsse im vergangenen Haushaltsjahr zeigt, dass die Nettokreditaufnahme verzichtbar war.

Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen, und zwar auf die überzogenen Rücklagen. Der Haushalt enthält nach unserer Auffassung einen großen Teil überzogene Rück lagen. Wir haben deshalb in den Beratungen des Finanzaus schusses entsprechende Anträge gestellt. Sie sind dem nicht gefolgt. Wir haben Ihnen in Bezug auf globale Mehrausgaben bei Personalausgaben und Zuführungen zu den Rücklagen für Haushaltsrisiken Vorschläge gemacht, und wir werden diese Vorschläge nachher nochmals zur Abstimmung stellen. Ich hoffe, dass Sie diesen Vorschlägen dann zustimmen.

(Lachen der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Würden Sie diesen Vorschlägen folgen, so wäre die Nettokre ditaufnahme im Jahr 2015 nicht notwendig. Sie haben dies nicht getan, und zwar aus den eben dargelegten Gründen.

Es ist unseres Erachtens ein Armutszeugnis, dass Baden-Würt temberg im Unterschied zu anderen Bundesländern keine Schulden zurückzahlt und auch die Nullneuverschuldung nicht erreicht. Ich verweise auf einige andere Bundesländer, um Ihr Problembewusstsein zu schärfen: Da ist Bayern mit Rückzah lungen in Höhe von 1,7 Milliarden €; es folgen Brandenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hessen, Thüringen usw. Diese Länder haben bereits im Jahr 2013 etliche Schulden zurück gezahlt. Am Ende der Skala stehen nur noch Baden-Württem berg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat denn das AAA? Schleswig-Holstein etwa?)

Trotz dieser guten Haushaltslage planen Sie für die Jahre 2017 und 2018 weitere Schuldenrunden in einem Umfang von rund 1,5 Milliarden €. Sie werden wohl 2016 offenbar die Nullneu verschuldung erreichen; in den Jahren 2017 und 2018 wollen Sie jedoch erneut eine Dreiviertelmilliarde Euro an Schulden aufnehmen.

Ich komme noch einmal auf den Artikel in der „Börsen-Zei tung“ zurück. Der Finanzminister hat dort auch gesagt:

Sparen schafft zwar langfristig Spielräume zur Gestal tung – doch nur, wenn man eben nicht kaputtspart.

Der Finanzminister bezieht sich in diesem Zusammenhang auf einen Artikel von Marcel Fratzscher vom Deutschen Ins titut für Wirtschaftsforschung. Dieser bemängelt, dass in Deutschland zu viel von der Substanz gelebt wird und zu we nig investiert wird. Dem kann man nur beipflichten.

Ich sage Ihnen auch: Diese Regierung hat zu wenig investiert. Ich nenne Ihnen kurz die Investitionsquoten, beginnend mit dem Jahr 2010: 2010 waren es 10,8 %, 2011 10,7 %; die In vestitionsquote für 2013 beträgt 9 % und für 2015 und 2016 jeweils 8,9 %.

Wir stehen damit am Ende der Skala der Bundesländer, und das ist für Baden-Württemberg zu wenig.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Sie loben im Augenblick die hohe Investitionsquote. Sie lo ben die Wirtschaft. Sie loben die Patente. Sie loben die For schungsdichte. Es sind aber private Investitionen der Unter nehmen. Es sind Investitionen, die durch die Arbeitnehmer und Unternehmer in Baden-Württemberg zustande kommen. Sie haben zu wenig Investitionen vorgesehen.

Ich kann Ihnen nur raten: Nehmen Sie unsere Anträge an. Dann haben Sie weitere Spielräume, und Baden-Württemberg erreicht eine Nullneuverschuldung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir stehen heute vor dem Abschluss der intensiven Beratungen des Haushalts 2015/2016. Deshalb möchte ich im Namen meiner Fraktion erst einmal allen herz lich Dank sagen, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die Beratungen im Finanz- und Wirtschaftsausschuss liefen trotz aller Unterschiede in der Sache kollegial und sachlich ab. Dafür auch ganz herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen.

Vor allem möchte ich meinen Dank an den Vorsitzenden, Herrn Karl Klein, richten,

(Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD)

und zwar für seine konzentrierte, aber immer gelassene und souveräne Sitzungsleitung. Nochmals ganz herzlichen Dank!