Protocol of the Session on November 13, 2014

b) Wann beendet das Innenministerium endlich den anhalten

den unwürdigen Umgang mit Bürgern, die bereit sind, in ihrer Freizeit Dienst für die Sicherheit der Bevölkerung zu leisten?

Vielen Dank.

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Herrn Innenminister Gall.

Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Ich beantworte die Mündliche An frage des Kollegen Blenke namens der Landesregierung wie folgt:

Wie Sie, meine Damen und Herren, wissen, soll grundsätzlich jede Person, die in einer Dienststelle arbeitet – unabhängig

von der Art des Beschäftigungsverhältnisses – Beschäftigter sein und im Zusammenhang mit dem Landespersonalvertre tungsgesetz demzufolge auch das Wahlrecht besitzen.

Entscheidend ist jedoch – ich zitiere aus § 4 des Landesper sonalvertretungsgesetzes –, wer „weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der Dienststelle eingegliedert und inner halb dieser tätig“ ist. Es kommt also nach der aktuellen Fas sung des Landespersonalvertretungsgesetzes auf die tatsäch liche Eingliederung in die Dienststelle an. Aber auch das ist nichts Neues. Das hat auch nach dem alten Landespersonal vertretungsgesetz schon gegolten. Auch schon nach dem al ten Recht wurde nämlich hinsichtlich der Beschäftigteneigen schaften von Personen, die weder Beamte noch Arbeitnehmer waren, von der Rechtsprechung auf die tatsächliche Einglie derung in der Dienststelle abgestellt.

Das neue Landespersonalvertretungsgesetz hat deshalb, wenn Sie so wollen, nur noch deutlicher festgeschrieben, was bis her schon herrschende Auffassung in der Rechtsprechung war. Das bedeutet, dass sich für die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes im Grundsatz jedenfalls nichts verändert hat. Schon gar nicht wird ihnen das Wahlrecht – Sie versuchen of fensichtlich, dies zu suggerieren – vorenthalten.

Offensichtlich ist dies aber zu Ihrer Regierungszeit, Herr Kol lege Blenke, genau so gewesen. Denn anscheinend hat sich seinerzeit niemand darum gekümmert oder geschert. Die Po lizeifreiwilligen waren Ihnen offensichtlich doch nicht so viel wert, wie Sie innerhalb und außerhalb dieses Hauses vorgau keln wollen, jedenfalls nicht, wenn es um ihre diesbezügli chen Rechte ging.

Wir mussten Ihnen ja bei der letzten Mündlichen Anfrage zu diesem Thema nicht bestätigen, sondern wir mussten Sie da rüber informieren, welche Rechte die Polizeifreiwilligen auch in der zurückliegenden Zeit tatsächlich gehabt hätten.

Wir schaffen jetzt Klarheit und machen damit den Angehöri gen des Freiwilligen Polizeidienstes zum ersten Mal offen sichtlich und richtig deutlich, dass sie an Personalratswahlen teilnehmen können, wenn die entsprechenden Voraussetzun gen – darauf kommt es jetzt an – gegeben sind.

Wir haben aufgrund einer Vielzahl von Einsprüchen gegen die Aufnahme von Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes in die Wählerverzeichnisse reagiert. Deshalb hat sich das In nenministerium im Interesse einer einheitlichen Handhabung im Land zu näheren Auslegungshinweisen veranlasst gesehen – u. a. dazu, unter welchen Voraussetzungen bei Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes von einer tatsächlichen Ein gliederung in die Dienststelle ausgegangen werden kann. Die se Voraussetzungen beinhalten im Kern die Aussage, dass ein Polizeifreiwilliger, der nicht zur Dienstleistung aufgerufen wird, nicht im Sinne der Beschäftigteneigenschaft in die Dienststelle eingegliedert ist.

Bei der konkreten Beurteilung der Frage der Wahlberechti gung von Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes darf als Hilfskriterium beispielsweise aber auch der zeitliche As pekt nicht außer Acht gelassen werden. Das heißt im Klartext: Wer am Wahltag seit mehr als zwölf Monaten beurlaubt ist, ist nach § 11 Absatz 1 des Landespersonalvertretungsgesetzes eben nicht wahlberechtigt. Das war aber im Übrigen auch nach dem alten Recht so. Allerdings haben wir die Frist von

sechs Monaten im alten Recht jetzt auf zwölf Monate verän dert. Das ist, wenn man so will, für die Beschäftigten eine bes sere Regelung.

Das bedeutet hinsichtlich der Wahlberechtigung von Angehö rigen des Freiwilligen Polizeidienstes: Sie sollen auch nicht bessergestellt werden als Beschäftigte, die seit mehr als einem Jahr beispielsweise beurlaubt sind, weil sie sich z. B. im Er ziehungsurlaub befinden.

Im Übrigen ist es allein Sache des Wahlvorstands – nicht der Beamten im Innenministerium und schon gar nicht des Mi nisters –, darüber zu entscheiden, wer ins Wählerverzeichnis für die Personalratswahlen aufgenommen wird.

Bestehen Zweifel bezüglich der Wahlberechtigung einzelner Personen oder Personengruppen, hat man gemäß § 86 Ab satz 1 Nummer 1 des Landespersonalvertretungsgesetzes die Möglichkeit, hierüber schon im Vorfeld der Wahl einen klä renden verwaltungsgerichtlichen Beschluss herbeizuführen. An die Hinweise des Innenministeriums ist der Wahlvorstand im Übrigen dann auch nicht gebunden.

Ihre Frage unter Buchstabe b beantworte ich wie folgt: Was an der Schaffung – da kommt es jetzt schon, Herr Kollege Blenke, ein bisschen auf Ihre Formulierung an – der rechtli chen Voraussetzung zur erstmaligen und tatsächlichen Teil nahme an Personalratswahlen „unwürdig“ sein soll, das er schließt sich mir und, glaube ich, auch vielen Kolleginnen und Kollegen im Haus nicht.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Unwürdig scheint mir eher die Polemik zu sein, mit der Sie diesbezüglich offensichtlich Zwietracht in die Polizei tragen wollen.

Wie ich bereits zu Ihrer letzten Mündlichen Anfrage ausge führt habe, will ich auch hier noch einmal ausdrücklich sagen: Es ist zwar wahr: Wir wollen den Freiwilligen Polizeidienst – über die Gründe haben wir hier im Haus nun wirklich schon häufig und genug diskutiert – auslaufen lassen. Aber nieman dem wird gekündigt. All diejenigen, die weiterhin Dienst tun wollen, können dies im Rahmen der Möglichkeiten, die wir eröffnet haben, tun – nicht mehr in gefahrengeneigten, aber beispielsweise in präventiven Bereichen. Deshalb weise ich die Unterstellung, die in der Frage begründet ist, ganz eindeu tig zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Es gibt keine weiteren Fragen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Haben Sie sich gemeldet?

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ja!)

Also, eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Blenke.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ich meinte auch eine Reaktion bei Ihnen gesehen zu haben!)

Ich habe keine Reaktion gezeigt. Ich habe es nicht gesehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das kommt vor!)

Vielen Dank, Herr Innenminis ter, für die Beantwortung. – Ich konkretisiere meine zweite Frage hinsichtlich der aus unserer Sicht unwürdigen Behand lung. Sie haben zunächst festgestellt und den Polizeifreiwil ligen mitgeteilt: „Ihr seid jetzt wahlberechtigt.“ Darüber ha ben sie sich gefreut. Dann gab es Einsprüche gegen das Wäh lerverzeichnis, vermutlich von gewerkschaftlicher Seite. Da raufhin haben Sie sich überlegt: „Was können wir machen?“ und sind auf den Gedanken gekommen, den Polizeifreiwilli gen das Wahlrecht nur dann einzuräumen, wenn sie in den letzten zwölf Monaten zum Dienst aufgerufen wurden.

(Zuruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Jetzt kommt das aus unserer Sicht Unwürdige. Ich frage Sie, ob Sie das nicht nachvollziehen können. Aufgrund Ihres Be schlusses, den Freiwilligen Polizeidienst auslaufen zu lassen, werden die Polizeifreiwilligen fast nicht mehr oder immer we niger zum Dienst aufgerufen. Das heißt, Sie haben damit ganz bewusst die Zahl derjenigen, die, obwohl sie Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes sind, nicht mehr zum Dienst auf gerufen werden und damit nicht mehr an der Wahl teilnehmen können, erhöht. Das halte ich für einen unwürdigen Umgang mit denjenigen, die sich in ihrer Freizeit freiwillig zur Verfü gung stellen, um Dienst für die Sicherheit der Bevölkerung zu leisten.

Erlauben Sie bitte noch eine zweite Frage: Beziehen sich die Worte „in den vergangenen zwölf Monaten“ auch auf haupt amtlich Beschäftigte, die in den vergangenen zwölf Monaten aus irgendwelchen Gründen nicht im Dienst waren?

Bitte, Herr Minister.

Ich fange mit der zweiten Fra ge an: Selbstverständlich; das habe ich aber auch ausgeführt. Bei einem Blick in das Landespersonalvertretungsgesetz wür de sich das automatisch ergeben. Denn so steht es dort ge schrieben. So haben wir es auch im Landtag mehrheitlich ver abschiedet.

Zu dem Begriff „unwürdig“: Was daran unwürdig sein soll – das will ich ausdrücklich noch einmal sagen –, dass wir jetzt dafür gesorgt haben, dass die Freiwilligen zum ersten Mal in ihrer Dienstzeit tatsächlich an Personalratswahlen teilnehmen können, erschließt sich mir nicht. Deshalb weise ich die in der Frage begründete Unterstellung noch einmal zurück. Wir ge hen mit den Freiwilligen so um wie mit anderen Beschäftig ten auch. Wir räumen ihnen die Rechte ein, die ihnen zuste hen, was offensichtlich in der Vergangenheit nicht der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Be handlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 4 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 5 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. B e r n d H i t z l e r C D U – R ü c k t r i t t d e s V o r s t a n d s d e s W ü r t t e m b e r g i s c h e n N o t a r v e r e i n s a u s P r o t e s t g e g e n d i e L a n d e s r e g i e r u n g

Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus dem

Rücktritt des Vorstands des Württembergischen Notarver eins am 11. Oktober 2014, der aus Protest gegen die Lan desregierung erfolgt ist, gezogen?

b) Was unternimmt die Landesregierung, um die geforderte

sozial verträgliche Umsetzung der Reform des Notariats- und Grundbuchwesens für die rund 3 000 Betroffenen zu gewährleisten?

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Minister Stickelberger das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf die Fragen des Kollegen Hitzler namens der Landesregierung wie folgt beantworten und eigentlich mit einer Gegenfrage beginnen: Welche Konsequenzen soll die Landesregierung aus dem Rücktritt des Vorstands des Württembergischen Notarvereins im nicht öffentlichen Teil der Mitgliederversammlung am 11. Oktober in Ulm ziehen?

Da liegt es nahe, zu sagen: Es ist in erster Linie Sache des Ver eins, des Verbands selbst, wie er seine Vorstände wählt und zusammensetzt. Der erste Teil der Frage klingt so, Herr Kol lege Hitzler, als trügen wir, die Landesregierung, die Schuld am Rücktritt des Vereinsvorstands.