Im Jahr 2012 fand als Beispiel für eine hervorragende Zusam menarbeit zwischen Behörden, wissenschaftlichen Einrich tungen und Ehrenamtlichen während der Sommersaison eine Grabung des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Uni versität Heidelberg auf dem Burggelände statt. Bei dieser Gra bung traten nicht, wie erwartet, die Mauern der alten Kern burg zutage, sondern weitere Spuren aus noch früherer Zeit. Unter der Grasnarbe warten also die Hinterlassenschaften aus mehreren Jahrtausenden, die unberührt im Dornröschenschlaf liegen.
Der „Arbeitskreis Burg Wersau“ hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, diese Artefakte zu bergen, die Entwicklungsge schichte der Region zu erforschen und für jedermann erleb bar zu machen. Dies geschieht unter Mitarbeit zahlreicher frei williger Helferinnen und Helfer. Es gibt regelmäßig sogar be gleitete Grabungen unter Mitwirkung von interessierten Kin dern und Jugendlichen.
Wir sehen, auch das ist Baden-Württemberg – Menschen, die sich im Ehrenamt für die Bewahrung von Kulturgeschichte aktiv einsetzen. So bleibt diese auch für kommende Genera tionen erlebbar.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! In Baden-Württemberg gibt es immer wieder Diskussionen über eine zentrale Museumseinrichtung, so jüngst bezüglich eines zentralen Eiszeitmuseums. Die Fund orte und Kulturstätten liegen aber in der Regel dezentral. Oft ist daher die Präsentation direkt an den Ausgrabungsstätten auch nicht sinnvoll, so z. B. beim „Löwenmenschen“ aus dem Lonetal, der sinnvollerweise im Ulmer Museum ausgestellt wird.
Wie man jedoch exzellent vor Ort Geschichte und Ausgrabun gen zeigen kann, konnte ich kürzlich beim Besuch auf der Heuneburg – sie wurde heute schon mehrfach erwähnt – nach vollziehen.
Die Stärken Baden-Württembergs liegen draußen, also in der Fläche. Monumentalbauten und Zentralausstellungen sind nicht in jedem Fall sinnvoll, doch gilt es, eine mögliche An gebotszerfaserung im Auge zu behalten.
An dieser Stelle, werte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich die Hochachtung vor der Qualität der Arbeit und ein großes
Dankeschön für das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesdenkmalamts – an vorderster Stelle sind der ehemalige Präsident Professor Dr. Planck und sein Nachfolger Professor Dr. Wolf zu nennen – aussprechen. In diesen Dank schließe ich auch das Ministerium ein und vor allem auch deinen Einsatz mit Herzblut, lieber Ingo. Ein Dan keschön geht auch an viele Gemeinden, die bei der Präsenta tion und bei den Ausgrabungen an einem Strang ziehen.
Die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst befinden sich auf der Schwäbischen Alb. Ich fordere Sie, Herr Staatssekretär Rust, auf, sich verstärkt darum zu kümmern, dass diese der UNESCO als Vorschlag zur Anerkennung als Weltkulturerbe vorgelegt werden können.
Weiter hätte ich gern von Ihnen erfahren, wie weit die geplan te Zuständigkeitsreform beim Gesetz zum Schutz der Kultur denkmale ist und wann wir im Parlament damit rechnen kön nen, dass dieses Gesetz in die Beratung geht.
Zudem hätte ich gern von Ihnen erfahren, wie es mit der Bün delung der Zuständigkeit beim Regierungspräsidium Stuttgart steht und ob ein Landesdenkmalrat beim Finanz- und Wirt schaftsministerium eingerichtet werden soll.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ist zu erwarten, dass es zu künftig ein transparenteres und durch klare Kriterien gestal tetes Verfahren für die Verteilung und Ausstellung von Fun den geben wird? Mir fehlt hier ein klares, transparentes Ver fahren für die Zukunft.
Zum Abschluss – gestatten Sie mir dies in der Sommerzeit – eine kleine Vision: Dank der guten Möglichkeiten der Archäo logie in Baden-Württemberg wird in 2 000 Jahren sicher auch die kurze Epoche der grün-roten Regierung ausgegraben wer den.
Fundstücke werden sein: Bienenstöcke, verrostete Windräder und sicherlich auch ein altes Hörgerät – Letzteres deshalb, weil es mit dem Gehörtwerden nicht immer so gut klappt.
(Heiterkeit der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Zuruf von den Grünen: Das goldene Zeitalter! Das 200-jährige freudige Zeitalter!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu nächst herzlichen Dank dem Antragsteller für die fundierten Nachfragen, die wir nach bestem Wissen und Gewissen zu be antworten versucht haben. Aus der Stellungnahme zu dem An trag und aus der heutigen Debatte ist eines deutlich geworden: Baden-Württemberg ist, was sein kulturelles Erbe, vor allem das archäologische Erbe, angeht, wirklich einmalig.
Unser Land hat eine lange Geschichte im Herzen, im Zent rum Europas, und wir haben viele Zeugnisse aus den verschie denen Epochen dieser Zeit: Bau- und Kulturdenkmale sowie archäologische Denkmale. Ich denke an das Kloster Maul bronn und die Klosterinsel Reichenau, zwei herausragende UNESCO-Welterbestätten aus dem Bereich der Bau- und Kul turdenkmale in unserem Land, die international hoch aner kannt sind.
Unser Land gehört auch, wie schon von den Vorrednern er wähnt, zu den an archäologischen Denkmalen, an archäologi schen Schätzen reichsten Fundstätten. Im nationalen und in ternationalen Vergleich zeichnet sich Baden-Württemberg durch eine außerordentliche Quantität und Qualität der Fund stücke, der Bodendenkmale aus, und zwar dezentral im gan zen Land und nicht nur an einzelnen oder wenigen Stellen. In unseren Böden schlummern unglaublich viele Zeugnisse der Geschichte. Mit dem Obergermanisch-Raetischen Limes im Norden des Landes und den Pfahlbauten am Bodensee haben wir seit 2011 auch zwei archäologische UNESCO-Welterbe stätten – ein internationales Projekt mit internationaler Aus strahlung.
Die zeitlichen Dimensionen, mit denen wir uns beschäftigen – sie sind heute auch schon deutlich geworden –, sprengen ei gentlich unsere menschliche Vorstellungskraft. Wenn wir bei spielsweise die Reste der römischen Baukultur vor etwa 2 000 Jahren mit den vor 40 000 Jahren konstruierten, entwickelten, vielleicht erfundenen Musikinstrumenten oder Kunstwerken vergleichen, sind unsere römischen Funde vergleichsweise modern und neuzeitlich.
Bemerkenswert sind vor allem – die Kollegen haben darauf hingewiesen – die bei uns gefundenen Kunstwerke. Die ältes ten Kunstwerke der Menschheit kommen aus Baden-Würt temberg. Das muss man sich einmal vorstellen. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten: Kunst und Kultur sind in Baden-Württemberg erfunden worden. Kunstwerke, die inter nationale Reputation haben und international ausgestellt wer den, sind etwa die „Venus vom Hohle Fels“, ein bekanntes Kunstwerk, das kleine Mammut, der „Löwenmensch“ vom Hohlenstein-Stadel oder auch das kleine Pferd vom Vogel herd, das Frau Kollegin Gurr-Hirsch heute als Schmuckstück um den Hals trägt.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ihnen zu Ehren! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das Ori ginal?)
Nicht das Original, aber eine Replik. Ein Bekenntnis der Kollegin zur archäologischen Denkmalpflege. Herzlichen Dank auch dafür.
Meine Damen und Herren, auch die ältesten Musikinstrumen te der Menschheit wurden in Baden-Württemberg gefunden. Vor 40 000 Jahren eine Flöte zu konstruieren, das war schon eine Leistung. Diese wurde bei uns in Baden-Württemberg er bracht – wirklich bemerkenswert.
Ganz aktuell – auch das wurde schon angesprochen – hat die Kultusministerkonferenz deshalb am 12. Juni in Berlin be schlossen, unsere Höhlen der ältesten Eiszeitkunst auf Platz 1 der deutschen Tentativliste, also der Vorschlagsliste für die UNESCO, zu setzen.
Deutschland kann pro Jahr nur e i n e Stätte zur Anerken nung als UNESCO-Welterbe anmelden und bei der UNESCO anerkennen lassen. Das heißt, es wäre schon ein großer Fort schritt, wenn wir mit dieser Stätte der ältesten Kunst der Menschheit von den bisher vier UNESCO-Welterbestätten zu einer fünften kommen würden. Wir haben bis 1. Februar 2016 Zeit, den Antrag auszuformulieren und weiterzuleiten. Wir werden das natürlich mit Hochdruck tun, Herr Kollege Dr. Bullinger.
An dieser Stelle möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen in der Landesarchäologie sehr herzlich danken, die es mit ei ner rein fachlichen Arbeit geschafft haben, einen solchen Er folg zu erzielen. Denn der Fachbeirat, der über die Tentativ liste entscheidet, setzt sich aus internationalen Fachleuten zu sammen. Es gibt in diesem Bereich keine Möglichkeit, irgend wie politisch Einfluss zu nehmen. Das heißt, es muss wirklich fachlich überzeugen, und das ist den Kolleginnen und Kolle gen gelungen. Herzlichen Dank deshalb allen, die an diesem großartigen ersten Etappensieg mitgearbeitet haben.
Ist der Antrag erfolgreich, haben wir neben dem Obergerma nisch-Raetischen Limes und den Pfahlbauten ein drittes ar chäologisches Welterbe, was, wie gesagt, ein großer Erfolg für die Vielfalt der archäologischen Denkmale in unserem Land wäre.
Diese Vielfalt zu schützen, Denkmale für die Nachwelt und die nächste Generation zu sichern ist eine ebenso ehrenvolle wie wichtige Aufgabe, die aber nicht immer einfach ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass es immer wieder Konflikte mit der archäologischen Denkmalpflege und auch mit der Bau denkmalpflege gibt, wenn es darum geht, Bauprojekte, die umgesetzt werden sollen, zunächst für einige Wochen anzu halten, um entdeckte Funde zu sichern oder zumindest zu do kumentieren.
Ich denke an den Bereich der Landwirtschaft, wo es Hügel gräber gibt, die durch die landwirtschaftliche Bearbeitung je des Jahr ein Stück mehr abgetragen werden. Dadurch werden Fundstücke nach oben getragen und unter Umständen bei der landwirtschaftlichen Bearbeitung zerstört. Auch dort gibt es immer wieder Konfliktpotenzial, und es ist wichtig, dass Po litik und Verwaltung zur archäologischen Denkmalpflege, zum Erhalt des kulturellen Erbes stehen und darauf bestehen, Fun de zumindest zu dokumentieren, wenn sie schon nicht gesi chert werden können.
Der Stellenwert der Denkmalpflege ist in Baden-Württemberg hoch. Die Bewahrung des kulturellen Erbes ist in der Verfas sung des Landes Baden-Württemberg verankert. Das ist nicht in jedem Bundesland der Fall; auch darauf sei hingewiesen. Das heißt, für uns, die Landesregierung, ist die Bewahrung des kulturellen Erbes ein Verfassungsauftrag und deshalb ei ne wichtige Aufgabe. Die Bedeutung sieht man auch an der
Entwicklung der Mittel, die wir aus dem Wettmittelfonds, al so aus den staatlichen Lotterien, dafür einsetzen.
Sie sind deutlich gestiegen, und zwar von 3,3 Millionen € im Jahr 2011 auf 4,7 Millionen € im Jahr 2014. Das ist wirklich eine hervorragende Entwicklung.
Auch bei der Denkmalförderung für Bau- und Kunstdenkma le, über die Sie auch immer nachrichtlich informiert werden, liegen wir deutschlandweit an der Spitze. Andere Bundeslän der, die Denkmaleigentümer in anderen Bundesländern benei den uns um diese hervorragende Denkmalförderung.