Protocol of the Session on July 23, 2014

Besten Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank an die CDU-Fraktion für diesen Antrag, der ein wichtiges Thema aufgreift: die Bedeutung der Schienen infrastruktur, der Logistik, der Straßeninfrastruktur. Dies ist für unseren Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg sehr wich tig.

Ich möchte auch Minister Hermann danken, dass er ein Gut achten zum kombinierten Verkehr in Auftrag gegeben hat, das im letzten Jahr veröffentlicht wurde. In der Stellungnahme zu dem Antrag heißt es jetzt, dass ein weiteres Gutachten folgt, das inzwischen wohl vorliegt oder in Kürze vorliegen soll, das die weiteren Standorte Eutingen im Gäu, Reutlingen und Plo chingen bezüglich des kombinierten Verkehrs untersuchen und noch einmal stärker analysieren soll. Es wäre sicherlich auch interessant, dazu etwas zu hören.

Der Schlüssel – so das Verkehrsministerium – liegt in der Stär kung des Schienengüterverkehrs und in der Wettbewerbsstär kung. Wer würde dem widersprechen wollen? Ein zentrales Problem, das wir sicherlich im Schienengüterverkehr haben, sind extrem lange Laufzeiten und entsprechende Unpünktlich keiten. Das wird oft unterschätzt. Nicht umsonst setzen des halb Spediteure nach wie vor vor allem auf den Lkw. Da muss mehr passieren. Da brauchen wir auch mehr Finanzmittel vom Bund. Da müssen SPD und CDU ihren Einfluss geltend ma chen, damit wir die Mittel für die Schieneninfrastruktur auf bauen können.

In den vergangenen Jahren wurden viele Firmengleisanschlüs se zurückgefahren. Allein in der Region Stuttgart gab es An fang der Zweitausenderjahre eine Straffung, eine – wie es so schön heißt – marktorientierte Optimierung des Angebots im Schienengüterverkehr der DB. Es gibt gerade noch acht In dustriegleise in der Region Stuttgart.

Ich weiß, dass Unternehmen, die ein Interesse daran haben, wieder mehr Güter auf der Schiene zu transportieren, erheb liche Schwierigkeiten haben, dies umzusetzen. Teilweise gibt es hohe Auflagen, um Gleisanschlüsse zu ermöglichen oder zu reaktivieren. Ich glaube, auch hier kann das Verkehrsmi nisterium einwirken, sodass Industrieunternehmen, die ein In teresse daran haben, stärker unterstützt werden.

Man muss schon fragen – Kollege Haller hat es auch ange sprochen –: Wo sehen wir im Bereich der Schienengüterver kehre Potenziale? Wo sehen Sie, Minister Hermann, die Po tenziale? Wenn man den Ausbau der Oberrheinstrecke oder Ihr Zielkonzept 2025 für den Schienenpersonennahverkehr betrachtet, stellt sich die Frage: Wo sind die Potenziale für den Güterverkehr?

An dem Gutachten „Konzeption zur Förderung des Kombi nierten Verkehrs“ sehen wir bereits, welche Konflikte in der Metropolregion Stuttgart bestehen. Im Gutachten heißt es da zu:

Die Metropolregion Stuttgart verfügt über ein relativ dichtes Schienennetz, das vor allem im Zentrum von ei ner intensiven Mischnutzung durch den Regionalverkehr, die S-Bahn und den Schienenpersonenfernverkehr ge

prägt ist. Der Schienengüterverkehr in der Metropolregi on Stuttgart... ist stark auf den nördlich gelegenen Um schlag- und Rangierbahnhof Kornwestheim sowie auf den Hafen Stuttgart konzentriert. Kornwestheim ist nach Mannheim die zweitgrößte Zugbildungsstelle in BadenWürttemberg und die zentrale Drehscheibe für den Schie nengüterverkehr in der Metropolregion Stuttgart. Dies führt zu stark belasteten Zu- und Ablaufstrecken von und in Richtung Kornwestheim: Mehr als 40 000 Güterzüge jährlich (etwa 115 Züge täglich) verkehren unmittelbar nördlich von Kornwestheim.

Zu erwarten ist laut Gutachten ein weiterer Anstieg im Güter verkehr bis 2025 um bis zu 110 %. Eine Entlastung ist durch die Neubaustrecke Stuttgart–Ulm zu erwarten. Um den Aus bau der Schieneninfrastruktur voranzutreiben, müssen in der nächsten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung des Bun des also Mittel generiert werden.

Das Stichwort Bahnlärm hat Kollege Haller ebenfalls schon genannt. Der Bahnlärm ist in diesem Zusammenhang, glaube ich, nicht zu unterschätzen.

Ein großes Potenzial sieht man bei der Kombination von Stra ßen- und Schienenverkehr sowie Straßen- und Wasserstraßen verkehr. In diesem Zusammenhang muss man den Ausbau der 26 Neckarschleusen ansprechen, den wir natürlich brauchen, um tatsächlich den kombinierten Verkehr zu intensivieren.

Wir setzen auf den Wettbewerb durch die Attraktivität der Ver kehrsträger. Sowohl beim Güterverkehr als auch beim Perso nenverkehr sollte ein Modal Split selbstverständlich sein.

Abschließend in Erinnerung an die Aktuelle Debatte heute Morgen: Es ist wichtig, die Mittel für die Verkehrsinfrastruk tur bereitzustellen, anstatt den Anteil konsumtiver Mittel im Bundeshaushalt immer weiter zu erhöhen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Verkehrsminister Hermann das Wort.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Och nö!)

Sie können noch so stöhnen. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, alle Redner ha ben deutlich gemacht: Der Schienengüterverkehr ist ein wich tiges Anliegen der Verkehrspolitik. Verschiedene Redner ha ben deutlich gemacht, dass es unterschiedliche Zuständigkei ten und Kompetenzen gibt.

Herr Kunzmann, weil Sie mich in Ihrer Rede mehrfach be lehrt haben, möchte ich Ihnen auch einen Rat geben: Es ge hört zur Kunst der Politik, dass man auf der richtigen Ebene mit den richtigen Vorschlägen ansetzt.

Die Landespolitik hat in Sachen Schienengüterverkehr nun einmal eine sehr begrenzte Kompetenz. Entscheidende Fra gen sind auf Bundesebene, auf kommunaler Ebene oder von den großen Bahnverkehrsunternehmen zu klären. Es ist we nig erfolgversprechend, wenn man ausgerechnet diejenigen

adressiert, die trotz begrenzter Kompetenzen einiges tun. Wir, die Landesregierung, tun alles, um unsere Möglichkeiten aus zuschöpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Thad däus Kunzmann CDU: Sie haben es doch in den Ko alitionsvertrag geschrieben!)

Weil wir dies für ein wichtiges Anliegen halten, haben wir im Unterschied zu Ihnen bei der Bundesverkehrswegeplanung ei ne ganze Reihe von Strecken angemeldet, die wir für den Schienengüterverkehr wie auch im Schienenpersonenverkehr für dringend notwendig erachten; das betrifft die partielle Zweigleisigkeit oder auch die Elektrifizierung von Strecken. Sie können das nachlesen; ich möchte Ihnen das nicht alles vorbeten.

Wir haben hier im Haus schon mehrfach über den Ausbau der Rheintalbahn gesprochen, eine zentrale Güterverkehrsachse, die von der Landesregierung unterstützt wird. Etwa in Frei burg oder im Markgräflerland ergänzen wir die Bundesmittel sogar um 125 Millionen €, damit es vorangeht, damit der Schienengüterverkehr auch in Baden-Württemberg besser funktioniert als bisher.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Allerdings wird es dauern, bis wir die falsche Vorrangpolitik der vergangenen Jahre korrigiert haben. Die Bundespolitik hat sich in den letzten Jahren sehr stark am Ausbau des PersonenHochgeschwindigkeitsverkehrs und zu wenig am Güterver kehr orientiert. Hier müssen wir jetzt dringend nacharbeiten und dies verbessern.

(Unruhe)

Wir, das Land, handeln nicht einfach. Wenn man kein Kon zept hat, kann man nicht blind loslegen. Selbst wenn wir nicht viel Geld haben, sollten wir dieses Geld nicht hinausschmei ßen, sondern wir sollten uns genau überlegen: Was ist sinn voll? Wo können wir im Land etwas tun?

Deswegen war es dringend notwendig, dass wir zunächst ei ne Studie in Auftrag gegeben haben, die sich mit der Frage befasst: Wo sind geeignete Standorte z. B. für Terminals zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schie ne oder auf die Wasserstraße? Wo ist das Potenzial in der Wirt schaft? Ist die Wirtschaft bereit, die Verkehre zu verlagern und entsprechende Transportwege zu nutzen? Wenn das geklärt ist, können wir sagen: Wir fördern das.

Übrigens können wir, das Land, auch das nur begrenzt för dern, weil die Kompetenz für kombinierte Terminals wie auch für die Strecken selbst beim Bund angesiedelt ist. Die Fähig keit des Landes besteht darin, diese Koordinationsarbeit zu leisten, zu initiieren, Konzepte zu entwickeln, Leute aus dem Bereich der Wirtschaft, aus dem Bereich der Bahn, aber auch aus den Kommunen zusammenzubringen: Die Kommunen müssen letztendlich bereit sein, z. B. Flächen für Terminals zur Verfügung zu stellen.

Hier haben wir, glaube ich, einiges vorzuweisen. Sie haben es angesprochen: Die erste Studie ist abgeschlossen. Die zweite Studie wird im Sommer fertiggestellt. Wir werden dann si cherlich ein Konzept für Baden-Württemberg entwickeln.

Gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu den Daten, die Sie mit dem vorliegenden Antrag abgefragt haben. Als wir die Stellungnahme zum Antrag verfasst haben, lag die Ver kehrsprognose des Bundes noch nicht vor. Heute wissen wir schon einiges mehr. In gewisser Weise ist beruhigend – –

(Unruhe)

Sie haben das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir hören zu, Herr Minister! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das merke ich nicht direkt. – Jedenfalls scheint es mir wichtig zu sein, sich die Zahlen und Prognosen genau anzu schauen. In frühen Prognosen ist man z. B. von extrem hohen Wachstumsraten ausgegangen. Jetzt zeigt sich jedoch, dass die Wachstumsraten in vielen Sektoren nicht annähernd so hoch sind wie gedacht. Das finde ich eher entlastend. Denn wenn die Prognosen von einst Realität würden, würden alle unsere Transportsysteme zusammenbrechen und nicht ausrei chen.

Es gibt also moderate, gar nicht einmal kleine Zuwächse im Güterverkehr. Erfreulich ist die Prognose, dass im Schienen güterverkehr wirklich viele Möglichkeiten gegeben sind. Es besteht die große Erwartung, dass sich dieser entsprechend weiterentwickelt.

Der Anteil des Straßengüterverkehrs wird weiterhin sehr hoch bleiben. Bei einem Anteil von 72 % am Gesamtgüterverkehr ist völlig klar: Man wird die Güter nicht alle auf der Schiene transportieren, sondern der größte Teil wird auch weiterhin auf der Straße transportiert.

Aber wir können dort, wo Schienen vorhanden sind, die Zu fahrten verbessern, und dort, wo Verkehre auf die Schiene ver lagert werden können, die Voraussetzungen dafür schaffen, dass dies funktioniert.

Das alles tun wir. Das alles wollen wir anstoßen. Deswegen unterstützen wir kombinierte Terminals.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Sie haben zu Recht gesagt, dass es, wenn man Verkehre ver lagern will, auch auf die Wettbewerbsbedingungen ankommt. Aus meiner Sicht ist hier entscheidend: Wie sieht es mit der Lkw-Maut aus? Die Einführung der Lkw-Maut hat zumindest dazu geführt, dass der Anteil des Schienengüterverkehrs, der vor der Einführung gerade einmal bei 12 % lag, nun immer hin auf 17 % gesteigert worden ist. Das ist ausschließlich auf die Veränderung der Bedingungen zurückzuführen, nämlich auf die Einführung der Lkw-Maut. Deswegen ist es von gro ßer Bedeutung, ob wir die Lkw-Maut weiterentwickeln oder ob wir – wie es der Bundesverkehrsminister beabsichtigt – die Lkw-Maut in den nächsten Jahren sogar absenken. Wenn wir die Kosten auf der Straße wieder senken, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sich der Verkehr nicht auf die Schiene verlagert, sondern sich noch stärker auf die Straße konzentriert. Das halten unsere Straßen nicht aus. Das ist auch aus ökologischen Gründen nicht zumutbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wir legen großen Wert auf den kombinierten Verkehr, weil in diesem Bereich tatsächlich Zuwächse erzielbar sind. In der Wirtschaft gibt es den Wunsch – auch im Zusammenhang mit dem Containerverkehr –, verstärkt auf einen sicheren Trans portweg zu setzen. Mit Blick auf die zeitliche Planung ist die Straße inzwischen kein sehr sicherer Weg mehr, weil man nicht „just in time“, sondern „just verspätet“ ankommt, aber auf jeden Fall nie so, wie man es sich denkt. Der Transport über die Straße ist schon seit Langem viel unpünktlicher als über die Schiene.

Die Landesregierung verfolgt das Ziel, Standorte zu finden und in Zusammenarbeit mit den Kommunen zu entwickeln. Im Süden des Ballungsraums Stuttgart gibt es entsprechende Möglichkeiten in Plochingen, Eutingen und Reutlingen. Das sind die drei zurzeit möglichen Standorte. Dort gibt es ein lo kales Interesse, den Standort als solchen zu entwickeln. Dort gibt es auch keinen Bürgerprotest, sondern vor Ort heißt es: „Das könnten wir machen.“ Dort unterstützen wir die jewei ligen Initiatoren. Wenn aber die Kommune Eigentümerin ist und das nicht will, dann können wir gar nichts machen. Wir können nur helfen, fördern und unterstützen.

Dass wir Firmen durch einen Gleisanschluss unterstützen, ist gut. Es ist aber auch eine Selbstverständlichkeit, dass man das Geld nicht einfach ohne Förderbedingungen aus dem Fenster wirft. So wird verhindert, dass die Firmen nicht einfach nach zwei Jahren wieder mit dem Lkw fahren. Eine Förderung muss natürlich auch an die Nutzung gebunden sein. Das ist doch wirklich eine Selbstverständlichkeit.

In der Metropolregion Stuttgart haben wir das Riesenproblem, dass der Terminal in Kornwestheim dazu zwingt, durch den Stauraum zu fahren. Deswegen nutzen viele diesen nicht gern.