Scheinheiligkeit, erster Teil: Sie lassen Ihren Ministerialdirek tor eine Pressekonferenz veranstalten, weil die Medien schein bar über Kostenexplosionen und das Verschweigen höherer Kosten spekulieren. Dabei sind Sie es selbst, der den Medien seit Wochen selektiv überholte Kalkulationen und alte Akten des Ministeriums zuspielt – teils geschwärzt, teils ungeschwärzt. Peinlich für Sie! Die Unterlagen sind der beste Beweis dafür, dass die Verwaltung und auch die vorherige Landesregierung mit großem Nachdruck auf der Einhaltung der Kosten bestan den haben.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei den Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sel ten so gelacht!)
Die Akten haben alle eines gemeinsam: Sie waren Teil der Entwurfsplanungen und hatten deshalb zum Zeitpunkt der Entscheidung des Lenkungskreises am 10. Dezember 2009 keinerlei Relevanz.
Scheinheiligkeit, zweiter Teil: Sie schüren gezielt Zweifel und Kritik an der guten Arbeit der Mitarbeiter Ihres Hauses, damit Ihr MD sie dann wortreich in Schutz nehmen kann. Gleich zeitig entbinden Sie aber eine hoch qualifizierte Referatslei terin von ihren Aufgaben und ersetzen sie durch Parkschüt zer.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich!)
Herr Minister, Sie wissen eben, dass die Beamtenschaft sach orientiert arbeitet und sich nicht nach Ihren Vorstellungen ver biegen lässt.
Deshalb unterhalten Sie, wie der „Focus“ am vergangenen Montag geschrieben hat, seit Ihrem Dienstantritt als Taskforce – ich zitiere – „ein Küchenkabinett von Hardcore-S-21-Geg nern auf Staatskosten“, die in Schlapphüten und Trenchcoats im Ministerium herumgeistern.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das Problem ist: Die Kollegin glaubt selbst nicht, was sie sagt! Das ist das eigentliche Problem! – Gegenruf des Abg. Vol ker Schebesta CDU: Sie glaubt das, was in der Zei tung steht!)
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das trifft, weil sie die Wahrheit sagt! Das können die Grünen nicht hören! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das wird noch besser! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Wahrheit tut halt weh! – Abg. Andrea Lindlohr GRÜ NE: Ich habe keine Angst vor Schlapphüten!)
Woher kommt denn plötzlich der Sinneswandel der landesei genen Nahverkehrsgesellschaft, die immer beteiligt war? Ob es wohl am neuen Mitarbeiter liegt, der aus dem Sonderkom mando kommt?
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Der Herr Klingel? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, klar! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: „Sonder kommando“! „Helfershelfer“!)
Da taucht doch – seltsam, seltsam! – rechtzeitig zur für heu te anberaumten Übergabe des SMA-Gutachtens ein Vermerk vom 14. Juli auf. Man beachte: Das war der Tag, der zunächst für die Präsentation geplant war. An Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist, dass Ihr MD nach wenigen Stunden seine ei gene Pressekonferenz komplett revidieren und zurückrudern musste.
Plötzlich ist seine Behauptung, Stuttgart 21 koste eher 5 Mil liarden € als die vereinbarten 4,5 Milliarden €, nicht mehr die Meinung der Landesregierung, sondern – ich zitiere – „seine persönliche Sicht der Dinge“.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Geisterfahrt! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der MD ist Pri vatmann!)
die derzeit durch die Bahn belegten Kosten die Grenze von 4,5 Milliarden € nicht überschreiten werden.
Erst stellen Sie alles an, um der Bahn Täuschung zu unterstel len, und dann müssen Sie kleinlaut zugeben, dass die Bahn richtig gerechnet hat.
Denn Fakt ist: Nicht der Verhandlungsprozess ist entschei dend, sondern die Kostenkalkulation, die dem Lenkungskreis am 10. Dezember 2009 vorlag: 4,088 Milliarden € plus Risi kopuffer. Damals wie heute gab und gibt es keine Anhalts punkte, die dafür sprechen, dass der Gesamtkostenrahmen von 4,5 Milliarden € nicht gehalten werden kann.
Die Projektpartner haben sich hierbei strikt an die Finan zierungsvereinbarung vom April dieses Jahres gehalten. In dieser ist verbindlich festgelegt, dass die Kosten für Stuttgart 21 mit der Entwurfsplanung, einer nunmehr ver tieften, detaillierten Planung, von der Bahn aktualisiert und dem Land bis spätestens Ende dieses Jahres
vorgelegt werden müssen. Nach Prüfung durch das Land hat der Lenkungskreis heute die Signale für Stuttgart 21 auf Grün gestellt.
Die Bundesregierung hat in einem Schreiben vom 30. Novem ber 2009 gegenüber dem damaligen Vorsitzenden des Ver kehrsausschusses des Deutschen Bundestags, Winfried Her mann, bestätigt, dass es keine Erkenntnisse gibt, wonach die Baukosten die kalkulierten Gesamtkosten plus Risikoschirm überschreiten. Vielleicht erinnern Sie sich an dieses Schrei ben.
Fakt ist weiter: Die Vorwürfe der Grünen zur Kostensteige rung sind uralt und lange widerlegt. Schon am 17. Februar 2010 hat die damalige Landesregierung in ihrer Stellungnah me zu einem Antrag der Grünen alle Kosten und Kostenent wicklungen transparent dargelegt.
Fakt ist schließlich: Alle drei Wirtschaftsprüfer, auch die von den Gegnern vorgeschlagene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, haben in der Schlichtung die Kalkulation der Bahn überprüft, und zwar nicht nur die Kosten, sondern auch die Einsparpo tenziale.