Protocol of the Session on July 29, 2010

und kann nicht verhindert werden, die zweite auf ehrlichen Kostenrechnungen. Wenn Sie diese Rechnung einmal aufma chen, dann werden Sie bei Stuttgart 21 und der Neubaustre cke überhaupt keine anderen Verhältnisse finden als bei sons tigen Großprojekten, egal welcher Konvenienz und egal, wo sie realisiert werden.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Scheuermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kretschmann?

Herr Kretschmann.

Herr Kollege Scheu ermann, die 200 Millionen €, die bei der Steigerung der Kos ten für die Neubaustrecke auf die Inflation zurückzuführen sind, seien Ihnen zugestanden.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Sehr gut! Immer hin!)

Das ist schon einmal et was.

Aber woher kommt der Rest?

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wie kommt es zu einer solch dramatischen Kostensteigerung um über eine halbe Milliarde Euro, obwohl Sie immer behaup tet haben, alles sei bestens berechnet?

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie verwechseln Äpfel mit Birnen! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Bei Stuttgart 21 war es haargenau das Gleiche.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein, da gab es einen Puffer!)

Sie haben – außer dem Teil, der auf die Inflation zurückzufüh ren ist; dieser Teil sei Ihnen zugestanden – nie darlegen kön nen, warum Sie auf einmal zu solch neuen, dramatischen Kos tensteigerungen kommen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Du sagst doch, dass es um das Dreifache teurer wird!)

Lieber Herr Kretsch mann, es ist schon ein Zugeständnis von Ihnen, dass Sie sa gen, von der Kostensteigerung für die Neubaustrecke Wend lingen–Ulm in Höhe von 800 Millionen € seien 200 Millio nen €

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Okay!)

nicht zu verhindern.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber das kann man auch vorher prognostizieren! Dass es In flation gibt, weiß man!)

Jetzt zu der übrigen Kostensteigerung. Wenn ich im Jahr 2000 oder im Jahr 2004 eine Kostenschätzung vornehme – im Jahr 2004 war die letzte Kostenschätzung für die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm –, dann erfolgt dies aufgrund des Planungs stands im Jahr 2004.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Gott sei Dank sind wir heute hinsichtlich des Planungsstands viel weiter. Drei Abschnitte der Neubaustrecke Wendlingen– Ulm sind planfestgestellt, und bei den anderen laufen die Ver fahren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Alle in der Anhörung!)

Dass man dann auch eine realistischere Sicht auf die Kosten hat, ist doch auch für Sie völlig klar. Das wollen Sie bei die sem Bahnprojekt nur nicht ganz wahrhaben.

Meine Damen und Herren, ich bin noch einmal ans Redner pult getreten, weil ich unbedingt noch auf eines hinweisen möchte. Herr Kretschmann, Sie müssten uns wirklich einmal völlig ehrlich erklären, worin Ihre Alternative besteht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt wird es interessant! – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Hören Sie mir einmal zu! – Sie sagen immer, die Alternati ve sei die Beibehaltung des Kopfbahnhofs und die Sanierung. Das kann mindestens zweierlei bedeuten:

Das kann zunächst einmal bedeuten, dass man den Kopfbahn hof saniert,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: 1,3 Milliarden €!)

auf den bestehenden Gleisen bis nach Wendlingen fährt und dann auf die Neubaustrecke wechselt. Wenn man so etwas will, müssen wir klipp und klar sagen: Das wäre für uns kei ne Alternative. Das wäre auch keine Schnellfahrstrecke zwi schen dem Norden und dem Süden oder dem Südosten Deutschlands, sondern ein Murks.

Jetzt nehme ich einmal zu Ihren Gunsten an, dass Sie dies nicht wollen. Somit komme ich zur zweiten Alternative. Die se wollen Sie dann aber, wenn Sie von der Sanierung des Kopfbahnhofs sprechen.

Die zweite Alternative heißt: Man saniert den Kopfbahnhof; er bleibt ein Kopfbahnhof. Dann muss man über eine Schnell fahrstrecke aus dem Kopfbahnhof ausfahren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Zwei Gleise!)

Der Kopfbahnhof liegt höher als das ebene Gelände in Stutt gart. Man kann also nicht quasi über eine Sprungschanze so fort in den Tunnel, wie dies bei unserer Lösung möglich ist. Das heißt, man muss mitten durch die Stadt, muss eine Stre cke auf einem Damm von mehr oder weniger Höhe durch die Stadt führen, bis man überhaupt einmal auf ein Niveau kommt,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

um einen Tunnel bauen zu können. Sagen Sie uns hier bitte: Wollen Sie das, oder wollen Sie das nicht?

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! Genau!)

Ich kann nicht annehmen, dass Sie die erste Alternative wol len, denn sie wäre unsinnig. Wenn Sie die zweite Alternative wollen, können Sie mit ihr die Auseinandersetzung fortfüh ren. Dabei werden wir jederzeit sehr gut aussehen.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Fragen Sie gleich dazu, wie viele Bäume dafür gefällt werden müssen!)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Lieber Herr Kretschmann, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben ein ähnliches Schauspiel vollführt, als es um den Bau der Start- und Landebahn des Stuttgarter Flughafens ging. Durch Prozesse kam es zu einer Verzöge rung von 20 Jahren. Heute können Sie sich und kann ich mir nicht vorstellen, dass es diese Start- und Landebahn nicht gä be.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das könnte ich mir durchaus vorstellen!)

Sie haben ein ähnliches Schauspiel veranstaltet, als es um den Bau der Messe ging.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Heute können Sie sich und kann ich mir nicht vorstellen, dass es die Messe nicht gäbe.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Auch das könnte ich mir vorstellen! – Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜ NE)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Sie brauchen ein Fanal, hin ter dem Sie Ihre Truppen sammeln können.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Dieses Fanal ist bis zur Unumkehrbarkeit Stuttgart 21. Wenn Sie ehrlich sind, werden Sie dies so einräumen.