Protocol of the Session on July 13, 2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben für Amok prävention insgesamt 13 Millionen € vorgesehen. Das heißt also, hier wird nicht nur geredet, hier wird auch gehandelt. Wir sind dabei – auch das muss erwähnt werden –, eine Risi kobürgschaft, eine Rückbürgschaft für die L-Bank, für unse re Landesförderbank, einzustellen, und zwar dergestalt, dass unsere mittelständische Wirtschaft noch mehr und noch schneller mit Krediten versorgt werden kann. Wir stellen vor sorglich einen Titel für das ein, was die so wichtige Enquete kommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft“ an konkreten Vorschlägen für die Zukunft und die Zukunftssi cherheit bringen wird. Wir schaffen ein Programm zur Ver besserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Schließlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir auch das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ mit 4 000 zusätzlichen Studienanfängerplätzen nicht vergessen.

Dieser Nachtrag gibt uns Gelegenheit, die Mai-Steuerschät zung einzuarbeiten. Sie wissen, dank vorsichtiger Kalkulati on und unter Berücksichtigung des Wachstumsbeschleuni gungsgesetzes ergibt diese Steuerschätzung zunächst einmal Steuermehreinnahmen in Höhe von 229 Millionen € netto für das Jahr 2010. Dort sind Sondereffekte und auch Einnahmen aufgrund von Selbstanzeigen dabei. Aber wenn man dann sieht, dass 2011 bereits ein Minus von 208 Millionen € ein tritt, dann heißt das, dass es ausgeglichen ausgehen wird. Ich finde es großartig, dass wir trotzdem einen Schuldenabbau von ca. 50 Millionen € in diesem Doppelhaushalt vornehmen können. Ich denke, das ist ein ganz klares Signal, das damit auch für den Einstieg in die Konsolidierungspolitik gegeben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur mittelfristigen Finanzplanung: Mit diesem Haushalt haben wir eine mittel fristige Finanzplanung für die Jahre 2012 und 2013 vorgelegt. Wir halten es für richtig, dass wir uns, auch aufgrund eines Antrags der Regierungsfraktionen, dahin bewegen, dass wir sagen: Die mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 2014 fort zuschreiben ist dann geboten, wenn man fundierte, transpa rente und größtmögliche Verlässlichkeit für die weiteren Jah re hat.

Wir gehen davon aus, dass die mittelfristige Finanzplanung nach der November-Steuerschätzung konkreter sein wird. Ein großer Vorteil wird dabei sein, dass sich der bundesweite Ar beitskreis „Steuerschätzungen“ darauf verständigt hat, den Zeitraum für die November-Steuerschätzung künftig von zwei Jahren auf fünf Jahre auszudehnen. Das heißt also, wenn wir darangehen, die mittelfristige Finanzplanung für 2014 aufzu stellen, werden wir noch mehr Klarheit im Sinne dessen ha ben, was dem Parlament wichtig ist, nämlich einer konkreten Finanzplanung für die Zukunft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Steuerschät zung und insbesondere die darauf folgende Finanzplanung ge ben uns für die folgenden Jahre die Möglichkeit, die Karten ganz offen auf den Tisch zu legen. Ich denke, das wird auch gut so sein; denn wir wollen mit klaren Aussagen, insbeson dere auch vor der Landtagswahl, aufzeigen, wohin die finanz politische Zukunft geht, wohin der Weg geführt werden muss. Ich kann mir vorstellen, dass sich alle im Landtag vertretenen Parteien geradezu in einen Konkurrenzkampf begeben, wenn es darum geht, wer wohl für die zukünftigen Haushalte die besten Konsolidierungsvorschläge unterbreiten kann.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Da bin ich ein mal gespannt!)

Die SPD-Fraktion hat im Zusammenhang mit dem Nachtrag noch einmal bezüglich der Schuldenbremse nachgefragt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: In NRW, oder wo?)

Dazu einige wenige Anmerkungen: Die Schuldenbegrenzung und die Begrenzungsregeln, die wir uns für Baden-Württem berg gegeben haben, sind sehr streng. Trotzdem muss die Schuldenbegrenzung flexibel gehandhabt werden, insbeson dere dann, wenn Ausnahmesituationen entstehen. Zwei Aus nahmesituationen sind zugelassen, nämlich zum einen, wenn die Steuereinnahmen des Landes um mehr als 1 % zurückge hen, und zum anderen, wenn Naturkatastrophen oder ver gleichbar schwerwiegende Situationen der öffentlichen Hand ein entsprechendes Haushaltsgebaren abverlangen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Naturkatastrophen haben wir schon!)

Ich glaube, es ist unbestritten, dass diesmal beide Alternati ven erfüllt sind. Die Steuereinnahmen sind in der Folge der tiefsten Rezession der Nachkriegszeit eingebrochen, und zwar beispiellos. Ich habe die Zahlen vorhin genannt: Es sind 2,6 Milliarden €, netto 1,6 Milliarden € im Jahr 2010. Bereits im Jahr 2009 sind diese Steuereinnahmen, eingerechnet die vom Bund zu erstattenden Einnahmeausfälle aus der Kfz-Steuer, um 9,3 % zurückgegangen. Im Jahr 2010 lagen die Steuerein nahmen erneut um 2,8 % hinter dem schlechten Ergebnis von 2009 zurück, und selbst im Jahr 2011 werden es nochmals 1,0 % weniger im Vergleich zum Ergebnis des Vorjahrs sein. Das heißt, die eine Voraussetzung – Einbruch der Steuerein nahmen – ist voll erfüllt, und der Tatbestand der Ausnahme regelung ist gegeben. Deswegen ist die Notwendigkeit wohl unbestritten, dass man jetzt neue Schulden aufnimmt.

Aber selbst wenn es wieder aufwärtsgeht, verpflichtet uns die se Schuldenregelung natürlich dazu, den Schuldenabbau ganz

konkret festzulegen. Das, was über dem Niveau von 2007 an neuen Schulden aufgetürmt wird, muss in einem ganz klaren Tilgungsplan über die nächsten sieben Jahre hinweg einer Til gung zugeführt werden. Das wird die große Kraftanstrengung der Zukunft. Denn selbst im Jahr 2014 – selbst 2014! – wer den die Steuereinnahmen des Landes noch um rund 700 Mil lionen € unter denen des Jahres 2008 liegen. Wenn man jetzt bedenkt, welche Steigerungen in der Zwischenzeit bei Perso nalkosten, Betriebskosten, Sachausgaben, Ausgaben für Mie te und Heizung eingetreten sein werden, kann man sich vor stellen, dass die Schere zwischen notwendigen Ausgaben und nach wie vor verhaltener, von Rezession geprägter Einnahme situation kaum zu schließen sein wird. Das wird den kommen den Parlamenten größte Kraftanstrengungen abverlangen.

Meine Damen und Herren, deswegen brauchen wir die Rück führung der Neuverschuldung innerhalb von sieben Jahren. Wir sind froh, dass wir bereits jetzt mit 50 Millionen € begin nen können. Aber ganz klar ist – das muss unmissverständ lich deutlich werden –: Das, was an Schulden in den Jahren 2010 und 2011 aufzunehmen sein wird, muss bis 2017 und 2018 wieder getilgt sein.

Deswegen wird es darum gehen, dass wir mit klaren finanz politischen Vorstellungen in die kommenden Jahre gehen. Da wird es keine Tabus mehr geben, was Personalausgaben, För derprogramme, Investitionen betrifft. Es müssen Schwerpunk te gesetzt werden. Insbesondere im Versorgungsbereich dro hen gewaltige Lücken, die es zu schließen gilt. Kurzum: Es wird eine große Kraftanstrengung sein.

Ich denke, wir setzen mit diesem Nachtragshaushalt ein wei teres deutliches Signal: einerseits Zukunftssicherung, neue Ausgaben da, wo sie der Zukunftsfähigkeit dienen und not wendig sind; andererseits gleichzeitig aber auch der Abbau erster Schulden als deutliches Zeichen der Konsolidierung. Deswegen möchte ich Sie bitten, diesem Nachtragshaushalt zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, das Prä sidium hat für die Aussprache eine Redezeit von zehn Minu ten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gel ten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Ich glaube, das Bemerkenswerteste an diesem Nachtragshaushalt ist, dass wir in keinem Bereich eine grundlegende Umsteuerung brauchen

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was? – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

und dass wir in keinem Bereich zulasten des Haushalts, also unter Inkaufnahme einer weiteren Verschuldung – NordrheinWestfalen lässt grüßen –,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Warten Sie lieber ein mal ab, was der Kassensturz bringt und was dann auf uns zukommt!)

Zusätzliches investieren müssen.

Wir haben bei der Aufstellung des Haushalts für 2010 und 2011 gut daran getan, solide zu rechnen und damit auch den Haushalt solide zu finanzieren. Wahr ist wohl, dass das eine Rekordverschuldung für 2010 und 2011 bedeutet. Wahr ist aber auch, dass wir genau diese Verschuldung ein Stück weit brauchten, um der Rezession des Jahres 2009 entgegenzusteu ern und die notwendige Stimulierung vor allem am Arbeits markt – gemeinsam auch mit dem Bund – zu befördern.

Unabhängig davon, ob man sich bemüßigt sieht, darüber zu spekulieren, welche Bedeutung der politische Einfluss, der Einfluss des Bundes oder des Landes hat, muss man doch ei nes festhalten: Die Konjunkturpakete, die der Bund und das Land im vergangenen Jahr ergänzend auf den Weg gebracht haben, haben auch gegriffen. Im Bereich der Arbeitsmarkt zahlen haben wir eine Situation, wie wir sie auch in unseren kühnsten Träumen nicht vermutet hätten. Wir konnten nicht erwarten, dass sich diese Zahlen so gut entwickeln. Wahr scheinlich werden wir gegen Ende des Jahres bundesweit we niger als drei Millionen Arbeitslose haben. Das ist ein Wert, der im vergangenen Jahr als überhaupt nicht erreichbar ange sehen worden ist.

Es ist festzuhalten, dass mit Sicherheit einerseits die Maßnah men der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags vor allem in der Frage des Kurzarbeitergelds gegriffen haben und dass andererseits auch die Unternehmen verantwortlich ge handelt haben. Aber auch wir haben dazu einen Beitrag ge leistet. Machen wir uns nichts vor: Im Jahr 2008 war eine der wesentlichen Wachstumsbremsen in Baden-Württemberg nicht etwa ein Mangel an Aufträgen. Ganz im Gegenteil: Als Wachstumsbremse in Baden-Württemberg erwies sich, dass Facharbeiter, qualifizierte Beschäftigte in den Betrieben und Ingenieure nicht in genügendem Umfang zur Verfügung stan den. Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt im Nachtragshaus halt eine klare Weichenstellung für eine verbesserte individu elle Förderung im Bildungsbereich vornehmen, damit die li mitierte Zahl von Facharbeitern und von Qualifizierten nicht so bald wieder zur Wachstumsbremse wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eines ist dabei ganz klar: Wir brauchen eine noch stärkere in dividuelle Förderung. Deshalb senken wir die Klassenteiler, und deshalb gibt es weitere Pädagogische Assistenten. Diese wollen wir möglichst individuell einsetzen, und zwar in ei nem gegliederten Schulsystem und nicht in Einheitsschulen und Gemeinschaftsschulen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Denn wohin dieser Weg führen würde, sieht man am besten anhand der Jugendarbeitslosenzahlen in anderen Flächenlän dern; meist wird das nördlich der Mainlinie sehr deutlich.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Und in SPD-regierten Ländern!)

Man sieht es vor allem auch dort, wo die Sozialdemokraten regieren.

(Abg. Klaus Herrmann CDU zur SPD: Ja, das müsst ihr immer wieder hören, weil ihr es nicht glauben wollt! – Widerspruch bei der SPD – Gegenruf des Abg. Peter Hofelich SPD: Herrmann, das Superhirn! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Unruhe)

Lieber Herr Gall, auch dann, wenn wir das immer wieder betonen, wird es nicht weniger wahr. Überall dort, wo die Uni on regiert, ist das Bildungssystem besser, sind die Noten bes ser, sind die Vergleichssysteme besser. Auch das ist ein Teil der Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Es mag Ihnen nicht gefallen, weil Sie mit Ihrer Ideologie viel leicht am Ende doch einsehen müssen, dass Sie nicht so ganz recht haben. Offensichtlich geht man in Nordrhein-Westfalen jetzt wieder genau diesen Weg. Ich bin heilfroh, dass wir ein föderalistisches Bildungssystem und kein Einheitssystem ha ben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Peter Hofelich SPD: Hilflosigkeit, dein Name ist Hauk!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Die nordrhein-westfälischen Kin der, die sich in dem neuen rot-grünen Bildungssystem behaup ten müssen und die ihren Lebens- und Berufsweg darauf auf bauen müssen, tun mir schon heute leid.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Weg – mehr Bildung, individualisierte Bildung, individuelle Förderung, und zwar in einer gegliederten, auf die Person, auf den Men schen, und nicht in einer auf eine anonyme Einheitsgemein schaft abgestimmten Weise – müssen wir konsequent weiter gehen. Das ist ein Teil unseres Erfolgs.

Denn am Ende ist es auch eine Frage der Chancengerechtig keit. Das Thema Gerechtigkeit führt die SPD immer wieder im Mund. Das ist immer wieder das Schlagwort.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Da gibt es eben kein Sparpaket; es wird die soziale Gerech tigkeit bemüht, es wird die Chancengerechtigkeit bemüht.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Meine Damen und Herren, das höchste Maß an Gerechtigkeit, das ein Staat mitgeben kann, ist die Möglichkeit, eine indivi duelle, gute Bildung auf den Weg zu bringen. Das ist das höchste Maß.

(Beifall bei der CDU)

Nach diesen Beurteilungskriterien – wenn man die Schulab brecherquote betrachtet, wenn man die Jugendarbeitslosen quote betrachtet – sind die beiden sozialsten Länder in Deutschland Bayern und Baden-Württemberg,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Ge genruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eintrag ins Klassenbuch!)

weil allein wir dem Anspruch hoher sozialer Gerechtigkeit, gerade im Bildungswesen, entsprechend gerecht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser Zeit, in der wir den Nachtragshaushalt verabschieden, deuten die Kon