Protocol of the Session on June 9, 2010

Für eine weitere Frage erhält Herr Abg. Kaufmann von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Minister, ich will das einmal ein bisschen klarer formulieren. Müssten Sie nicht ei gentlich sagen, dass Ihre Vorgaben, die seinerzeit als Kriteri en in den Abwägungsprozess eingeflossen sind, einfach zu hart waren, weshalb Sie einen großen Fehler gemacht haben, was in Baden-Württemberg dazu geführt hat, dass die Wind kraft mit Null-Komma-was-weiß-ich Prozent fast unter den Tisch gefallen ist? Das wollen Sie jetzt korrigieren – so habe ich Sie verstanden –, indem Sie sagen, es müssten eigentlich mehr Vorranggebiete ausgewiesen werden.

Das heißt aber – das müssen Sie auch klar sagen –: Wir müs sen andere Vorgaben machen. Sie sind zurzeit ja auch dabei, eine Windpotenzialanalyse durchzuführen, wenn ich das rich tig mitbekommen habe.

Soweit wir das können.

Das heißt, wir stellen den Re gionalverbänden einen neuen Windatlas zur Verfügung, wir überprüfen die Referenzgröße, die bislang gegolten hat – es hat sich in der Zwischenzeit auch in der Technik einiges ver ändert –, wir prüfen die Abstände, wir prüfen genau die Kri terien, die in den Abwägungsprozessen eingeführt wurden, und hoffen, dann zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Das müssten Sie klar und deutlich formulieren, Herr Minis ter.

Herr Minister.

Noch einmal, Herr Kol lege Kaufmann: Ich beabsichtige nicht – jedenfalls nicht in dieser Kabinettsvorlage –, mich von den sogenannten Vor rang- und den Ausschlussgebieten zu verabschieden.

(Abg. Johannes Stober SPD: Dafür gibt es eine Ge setzesvorlage!)

Sie wissen, dass es dazu notwendig wäre, das gesamte Lan desplanungsgesetz vollkommen umzuformulieren. Das wird – jedenfalls in dieser Legislaturperiode – nicht mehr stattfin den. Das kann ich Ihnen sagen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Warum nicht?)

Aber ich will Ihnen noch etwas anderes sagen.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Sie dürfen unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen! Das ist das Prob lem!)

Herr Kaufmann, ob Sie diese Ausschluss- und Vorrangge biete haben oder nicht, das ist für mich nicht einmal der ent scheidende Punkt. Der entscheidende Punkt – das will ich in großer Deutlichkeit sagen; da habe ich auch dazugelernt – in der Frage, ob Baden-Württemberg in der Zukunft mehr Wind kraft bekommt oder nicht, ist das Akzeptanzproblem bei den Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wenn es uns nicht gelingt, die Menschen und beispielsweise auch die Gemeinderäte mitzunehmen –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

ich hatte Ihnen gerade gesagt: in diesem speziellen Fall war es ein Gemeinderat, der Nein gesagt hat, obwohl es damals noch gar keine Ausschluss- und Vorranggebiete gegeben hat –, wenn es uns nicht gelingt, bei den Bürgerinnen und Bür gern diese Akzeptenz für mehr Windkraft zu erreichen, wird das alles nichts nützen. Dann können wir Gesetze machen, wie wir gerade wollen. Dafür gibt es auch viele Beispiele. Ich habe das in der letzten Debatte gesagt. Das ist für mich der entscheidende Punkt, der auf den Weg gebracht werden muss.

Eine weitere Frage, Herr Abg. Lehmann für die Fraktion GRÜNE.

Herr Minister Pfister, Ih re Aussage, dass Sie jetzt alle Regionalteilpläne Wind infra ge stellten, lässt mich ein bisschen ratlos zurück. Sie kennen den Schriftverkehr, den ich mit Ihnen und dem Vorsitzenden des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee, Herrn Bollacher, geführt habe. Dieser hat gesagt: „Wir haben das nach den vor gegebenen Regeln gemacht; das ist vom Ministerium abge stempelt worden.“ Er sieht nicht ein, warum hier überhaupt eine Änderung vorgenommen werden soll.

Mich interessiert, mit welchem Biss Sie an diese Verhandlun gen herangehen, ob Sie Herrn Bollacher einfach noch einmal streicheln und welche Instrumente Sie benutzen wollen, da mit der Regionalverband Hochrhein-Bodensee bzw. sein Vor sitzender erkennt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Das ist für mich noch unklar. In welchen Fristen Sie dies machen wol len, ist mir auch unklar.

Der Regionalverband Hochrhein-Bodensee hat einen genehmigten Regionalplan. Das ist nun einmal so. Das kann ich im Augenblick auch nicht ändern.

(Abg. Johannes Stober SPD: Das ist auch nicht rechtswidrig!)

Aber ich kann schon darauf hinweisen, dass dem Regional verband Hochrhein-Bodensee natürlich genau das Gleiche passieren kann, was der Region Heilbronn-Franken mit dem Urteil passiert ist. Dann ist man auch dort gezwungen, Ände rungen vorzunehmen.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Sie müssten jetzt handeln! – Abg. Johannes Stober SPD: Sie müssen handeln!)

Dann wären sie auch dort dazu gezwungen, den Teilplan für die Windenergie zu ändern. Deshalb suche ich den politischen Weg.

Ich sage noch einmal: Ich muss auf Akzeptanz setzen. Diese Akzeptanz kann ich noch nicht überall erkennen. Dafür gibt es auch viele Beispiele. Ich werbe – hoffentlich mit Ihrer Hil fe – für Akzeptanz. Ich will gleichzeitig auch sagen, dass die Rechtsprechung jedenfalls deutlich gemacht hat, dass auch beim Vorliegen von Ausschlussgebieten und Vorranggebieten alles getan werden muss, um in Zukunft windhöffige Gebie te auszuweisen.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das heißt, Sie machen nichts!)

Eine weitere Zusatzfra ge des Herrn Abg. Untersteller für die Fraktion GRÜNE.

Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass die restriktive Haltung, die die Landes regierung in den letzten zehn Jahren in Sachen Windenergie eingenommen hat, mitverantwortlich für die Akzeptanzprob leme ist, die wir heute vor Ort haben?

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Nein! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Stimmen Sie mir zu, dass eine Lösung, um diese Akzeptanz probleme in den Griff zu bekommen, wäre,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: So ein Schmarren! – Heiterkeit)

dass Sie von der Schwarz-Weiß-Lösung abrücken, die wir bis lang haben,...

Das glaube ich nicht.

... und zu einer SchwarzGrau-Weiß-Lösung kommen, dass wir also auch an dem ei nen oder anderen Punkt zu Einzelfallentscheidungen kommen, so, wie dies zum Teil auch in anderen Ländern, z. B. in Rhein land-Pfalz, der Fall ist?

Herr Untersteller, ich meine nicht, dass es damit getan ist, einfach zu glauben, dass durch eine Gesetzesänderung, wie Sie das gerade skizziert ha ben, das Problem gelöst wird.

Ich habe Ihnen beim letzten Mal das Beispiel Trier genannt. Rheinland-Pfalz hat in der Tat mehr Windkraft als BadenWürttemberg. Wenn Sie aber nach derjenigen Region in Rheinland-Pfalz suchen, die am meisten Windkraft hat, dann finden Sie die Region Trier. Diese Region hat genau die glei chen Voraussetzungen, wie sie in Baden-Württemberg beste hen, das heißt die gleiche Ausweisung von Vorrang- und Nachranggebieten. Dort gelten genau die gleichen rechtlichen Voraussetzungen, wie dies in Baden-Württemberg der Fall ist.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das Landespla nungsgesetz in Rheinland-Pfalz ist anders als das in Baden-Württemberg!)

Trotzdem ist es in Trier – aus welchen Gründen auch immer – gelungen, mehr Windkraft auf den Weg zu bringen, als dies in Baden-Württemberg der Fall war. Es stimmt schon: Wir müssen bei den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin für Ak zeptanz bei diesem Thema werben.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Bei den Bürgermeis tern!)

Natürlich, auch bei den Gemeinderäten. Ich kann Ihnen doch tausend Fälle nennen, in denen es entsprechende Anträge ge geben hat, wie z. B. in dem vorliegenden Fall, bei dem es letz ten Endes die Gemeinderäte waren, die – aus welchen Grün den auch immer – Nein gesagt haben. Das ist der Ansatzpunkt.

(Zuruf des Abg. Gunter Kaufmann SPD)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Stober von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Minister, ich befürchte, wir werden uns bei der Frage „Schwarz-Weiß-Lö sung oder Schwarz-Grau-Weiß-Lösung?“ nicht einigen. Wo rin wir uns möglicherweise aber einig sind, ist, dass wir auch unter den jetzigen gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr er reichen können.

Ja, einverstanden.

Ich nehme Ihnen auch ab, dass die Region Trier in Rheinland-Pfalz sehr gute Arbeit macht. Wäre es dann nicht der richtige Weg, ganz gezielt das Ge spräch mit der Region Trier sowie mit den betroffenen Regi onalverbänden in Baden-Württemberg zu suchen?

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sprecht doch mit denen, die dort regieren!)

Es spricht alles dafür, dass in allen Regionalverbänden dieser Teilplan Wind letzten Endes rechtswidrig ist, dass man jetzt, solange man die bestehende gesetzliche Regelung hat, aus dem, was die dort offensichtlich hervorragend gemacht ha ben, lernt.

Ja.

Sie sollten in der Funktion und in der Aufgabe, die Sie als Vertreter der Rechtsaufsichtsbe hörde haben, mit dem entsprechenden Nachdruck dafür sor gen, dass dies auch passiert.

Einverstanden. Ich tue das aber auch. Ich habe erst kürzlich mit allen Regionalver bänden zwei Stunden lang diskutiert. Am nächsten Donners tag werde ich beim Regionalverband Karlsruhe sein. Ich ge he zu jedem einzelnen Regionalverband und werbe für diesen Gedanken.