Das Finanzministerium Baden-Württemberg schrieb im Sep tember 2009 unter der Überschrift „Der bundesstaatliche Fi nanzausgleich“ wörtlich:
Der seit 2005 geltende Finanzausgleich erfüllt die badenwürttembergischen Zielvorstellungen von einer Absen kung der Ausgleichsintensität und einer stärkeren Anreiz gerechtigkeit.
„Erfüllt“! Nicht zum Teil erfüllt, sondern erfüllt! Im Jahr 2009! Hier saß die Regierung, und Sie saßen da und haben nicht gesagt: „Stimmt nicht.“ Jetzt entdecken Sie das Ding, gehen vor die Presse und sagen: „Im Oktober, spätestens im November reichen wir die Klage ein.“ Wir bringen heute den Antrag ein und sagen: mit dem Rückhalt des Parlaments, mit Zustimmung des Parlaments, im November. Kollege Schmid nannte vorhin den 30. November
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Den 31.! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Schmiedel, der Klassen kämpfer!)
Dann kommen Sie und sagen: „Können wir das nicht Ende Februar machen, denn im März sind doch die Landtagswah len? Dann können wir noch richtig schön draufhauen, in den Versammlungen auf die Schenkel klatschen und auf die ande ren schimpfen, die mit unserem Geld in Saus und Braus le ben.“
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sehr durchsichtig! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie haben Angst vor uns! – Unruhe)
Deshalb lassen wir natürlich über unseren Antrag abstimmen, dass Sie diese Klage spätestens im November 2010 einrei chen.
So neu, wie Sie tun, ist die Thematik nicht. Wolfgang Drex ler hat schon damals darauf hingewiesen, dass der Länderfi nanzausgleich unsere Maßstäbe nicht erfüllt. Zig Sachverstän dige haben sich schon Gedanken darüber gemacht. So unter schiedlich sind die Interessen auch nicht, als dass Sie nicht – wie Sie es angekündigt haben – bis Ende November
Wir wollen eine sachliche, aber auch eine juristische Ausein andersetzung. Dies ist aber nur eine begleitende Maßnahme für das, was politisch notwendig ist. Politisch ist es notwen dig, in der Bundesrepublik eine breite Basis dafür zu gewin nen, dass wir von diesem Ausgleichsföderalismus zu einem Wettbewerbsföderalismus kommen. Es nützt allen nichts, wenn die Starken geschwächt werden. Wir brauchen Struktu ren, von denen alle profitieren. Wir unterstützen Sie bei der Klage. Wir unterstützen Sie aber nicht, wenn Sie hier in Ba den-Württemberg lospoltern, auf anderen herumtrampeln, nur, um hier Punkte zu machen, und dabei die Voraussetzungen dafür kaputt machen, dass es in der Bundesrepublik gerech ter zugeht und für alle besser wird.
(Oh-Rufe – Zurufe: Auch noch? – Oje! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Das kann nur noch besser werden!)
Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Erstens: Ich habe Baden-Württemberg nicht mit Griechenland verglichen.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber natürlich! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Doch! – Zuruf: Dann lesen wir es doch nach!)
(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bei Ihren Reden braucht man auch ein Hörgerät!)
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie haben gesagt, der Virus sei auch in Baden-Württemberg an gekommen!)
(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Das werden wir tun! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ge nau! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Unruhe)
Zwischen unseren Ansichten bestehen hier genug Differen zen. Wir müssen nicht noch welche erfinden und dem politi schen Gegner Aussagen unterstellen, die er gar nicht gemacht hat, damit man draufhauen kann.
Das ist einfach nicht nötig. Die Differenzen, die zwischen uns bestehen, genügen völlig, um uns hier zu beharken.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU – Zuruf des Abg. Man fred Groh CDU)
Ich habe von dem griechischen Virus gesprochen. Sie haben dieses Bild dankenswerterweise aufgenommen, Herr Kollege Hauk. Von mehr habe ich nicht gesprochen. Das sollten wir einfach lassen.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie haben ge sagt, er sei auch in Baden-Württemberg angekom men! Wenn das kein Vergleich ist! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Er sei in Baden-Württem berg angekommen! – Unruhe)
Noch einmal: Der Länderfinanzausgleich ist Bestandteil un serer Verfassungsordnung. Er sieht vor, dass die finanzstarken Länder zum Teil einen Ausgleich an die finanzschwachen Län der leisten. Das ist der Sinn dieser Finanzordnung. Dies zu be
klagen ist erst einmal absurd. Denn es ist doch der Sinn des Finanzausgleichs, dass die Finanzunterschiede ein Stück weit ausgeglichen werden. Dazu gibt es ihn ja.
Die Fragen, ob Baden-Württemberg, seit es die Bundesrepu blik Deutschland gibt, schon immer zu den finanzstarken Län dern gehört hat und wie viel das Land insgesamt schon be zahlt hat, sind doch für eine Klage völlig unerheblich.
Das ist für eine Klage völlig unerheblich. Eines dieser Klage länder, nämlich Bayern, hat selbst viele Jahre lang von die sem Länderfinanzausgleich profitiert.
Bayern war allerdings auch das einzige Land – das muss man anerkennend sagen –, das den Sprung vom Nehmerland zum Geberland geschafft hat.
(Abg. Ernst Behringer CDU: Ja! So soll es bei den anderen Ländern auch sein! Dafür muss man Anrei ze schaffen!)
Deswegen sollten wir uns nicht auf das Niveau einlassen, nur Polemiken abzulassen. Sie und Wowereit kicken sich gegen seitig die Bälle zu. Wenn Ihnen die Ausgabenpolitik von Herrn Wowereit nicht passt, verstehe ich das. Dafür gibt es gute Gründe. Dann müssen Sie aber in Berlin eine bessere Oppo sitionspolitik machen, damit Sie dort an die Regierung kom men.
Aber hier im Landtag von Baden-Württemberg darüber her umzukrähen, das hat keinerlei Erfolg. Das erfahren die Berli ner noch nicht einmal.
Aber Sie sind leider unfähig dazu, in Berlin mit gerade ein mal 20 % eine Oppositionspolitik zu machen.
Herr Ministerpräsident, wenn man ein Vorhaben in Aussicht hat, bei dem man die Verfassung ändern muss, was nun ein mal – auch das gehört zu unserer Verfassungsordnung – nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundes rat möglich ist, dann dürfen Sie nicht jene vor den Kopf sto ßen, deren Stimmen Sie letztlich brauchen.
Wenn noch mehr Stimmen dazukommen, brauchen Sie die Stimme von Herrn Wowereit nicht unbedingt. Dass der Kol lege Wowereit einer Änderung zustimmt – da gebe ich Ihnen recht –, wäre auch höchst unwahrscheinlich; denn Berlin sackt fast die Hälfte des gesamten Länderfinanzausgleichs ein. Aber Sie müssen wenigstens die Stimmen der anderen Nehmerlän der bekommen; die dürfen Sie nicht auch noch verprellen. Das kann ich Ihnen nur raten.