Protocol of the Session on May 6, 2010

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP)

Deshalb hat die SPD Baden-Württembergs in der Vergangen heit

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nichts ge macht!)

jede Aktion politisch wie juristisch unterstützt, die eine Än derung dieses ungerechten Systems zum Ziel hatte. Wir un terstützen auch heute und in Zukunft politische und – als Ul tima Ratio – auch juristische Initiativen, um diesen Zustand zu verändern.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Na also! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Prima!)

Ich frage mich angesichts der exaltierten Tonlage, in der Sie diesen Gassenhauer anstimmen, manchmal jedoch ernsthaft, ob es Ihnen nur um Wahlkampf geht oder um die Sache, mei ne sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU: Darauf können Sie sich verlas sen!)

Denn noch im September 2009 hat Ihr Finanzministerium in der Darstellung des Länderfinanzausgleichs ausgeführt, dass

die neu gefundene Regelung den Zielvorstellungen BadenWürttembergs entspreche.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus! Jetzt seid ihr aufgewacht! Guten Morgen! – Zuruf des Abg. Bernhard Schätzle CDU)

Es war Ihre Regierung, es waren Sie von der CDU und der FDP/DVP, die den jetzt gültigen Länderfinanzausgleich aus gehandelt haben. Sie haben ihm unter dem Jubel dieser bei den Regierungsfraktionen zugestimmt,

(Beifall bei der SPD)

obwohl unser damaliger Fraktionsvorsitzender Wolfgang Drexler darauf hingewiesen hat, dass diese Neuregelung für Baden-Württemberg nicht gerade der große Fortschritt ist. Das Saarland beispielsweise hat damals pro Kopf 47 DM mehr er halten, während der Zugewinn Baden-Württembergs gerade einmal bei 24 DM lag.

Deshalb hat die SPD damals nicht in die Jubelarien einge stimmt, sondern hat darauf hingewiesen: Sie haben schlecht verhandelt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Dann haben Sie im Rahmen der Föderalismusreform II noch einen zweiten Länderfinanzausgleich mit den sogenannten Schuldendiensthilfen für arme Bundesländer draufgesattelt. Sie haben nicht nur weiteren Millionenabflüssen aus dem Lan deshaushalt von Baden-Württemberg zugestimmt, sondern Sie haben eine Neuerung – weg von der Einnahmeorientierung, hin zur Ausgabenorientierung –, nämlich Schuldendiensthil fen, in die Ausgleichssysteme eingebaut. Auch darauf haben ich und andere frühzeitig hingewiesen. Damals, Herr Mappus, haben Sie als Fraktionsvorsitzender diesen zweiten Länderfi nanzausgleich bejubelt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus!)

Deshalb sage ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Her ren von der CDU und der FDP/DVP und lieber Herr Mappus: Sie rennen gegen eine Wand, die Sie selbst hochgezogen und festzementiert haben. Deshalb entpuppt sich all das Getöse immer mehr als plumpes Manöver der Ablenkung von Ihren eigenen politischen Fehlern. Sie lenken von den Versäumnis sen der Vergangenheit in der Haushaltspolitik des Landes ab.

Schon Ende der Neunzigerjahre hat die SPD darauf hingewie sen, dass die steigenden Beamtenpensionen zu einer Belas tung der kommenden Haushalte werden. Andere Bundeslän der haben schon in den Neunzigerjahren gegengesteuert. Sie haben erst jüngst einen Beamtenpensionsfonds eingerichtet – viel zu spät, um die Lasten abzufedern. Deshalb reicht es nicht aus, immer nur die Bestimmungen des Länderfinanzausgleichs vorzurechnen. Er ist nun einmal Bestandteil der geltenden Rechts- und Verfassungslage in Deutschland. Und Politik nach dem Motto „Wenn die Katze ein Pferd wäre, könntest du den Baum hochreiten“ zu machen, ist alles andere als seriös.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Herr Mappus, Sie lenken auch von Ihrer finanzpolitischen Geisterfahrt bei aktuellen Fragen der Haushaltspolitik ab. Ich

erinnere nur an das Hickhack um die „Steuer-CD“, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da hätten Sie Eigenverantwor tung für die Finanzen dieses Landes übernehmen können, Herr Mappus.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU)

Sie lenken ab von der Taten- und Ideenlosigkeit in der Haus haltspolitik, Herr Mappus.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Was hat das mit dem Finanzausgleich zu tun?)

Sie kündigen markig harte Einschnitte bei Hartz IV an, und Sie kündigen immer wieder einen harten Sparkurs im Land an: Wir würden uns noch wundern, was da alles kommt. Da zu sage ich Ihnen, Herr Mappus: Sie haben sich noch nicht entschieden, welchen finanzpolitischen Kurs Sie fahren wol len. Sie erinnern mich an einen Tanzbären, der einmal zur Pol ka der Steuersenkung auftanzt und das andere Mal den Wal zer der Haushaltssanierung vorführt. Entscheiden Sie sich: Wollen Sie eine solide Finanzpolitik, oder geht es Ihnen nur um verbale Kraftmeierei, Herr Mappus?

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der CDU)

Für die SPD sage ich Ihnen zu: Im Interesse des Landes un terstützen wir einen gemeinsamen Anlauf für eine Neurege lung des Länderfinanzausgleichs. Dieses nachhaltige Finanz interesse des Landes darf aber nicht kurzfristigen parteipoli tischen Manövern geopfert werden, Herr Mappus. Deshalb sage ich Ihnen: Wenn Sie klagen wollen, dann klagen Sie zü gig. Ziehen Sie dieses Thema nicht in den Wahlkampf hinein. Natürlich brauchen Sie eine Vorbereitungszeit; das gestehe ich Ihnen zu.

(Abg. Manfred Groh CDU: Danke! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist aber nett!)

Sie haben gesagt, Sie wollten bis nach der Sommerpause, bis spätestens November die Klage vorbereitet haben. Deshalb werden wir heute mit einem präzisierten Beschlussantrag be antragen, dass Sie diese Klage bis zum 31. November 2010 einreichen. Dann haben Sie uns an Ihrer Seite.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Den gibt es gar nicht! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Warum nicht bis zum 31. Februar? SPD und Zahlen!)

Bis zum 30. November. Vielen Dank; danke für den Hin weis. Ein Tag weniger. Sehen Sie, ich hätte Ihnen diesen ei nen Tag noch gegönnt.

(Zurufe)

Bereiten Sie die Klage sorgfältig vor, Herr Mappus. Verges sen Sie aber nicht: Die Klage ist nur der Anfang. Es wird beim Bundesverfassungsgericht keinen Big Bang geben, sondern es geht dann in die Mühen der Ebene. Dann geht es darum, die Anreize zu Mehreinnahmen zu verbessern. Es geht darum, über den neu eingerichteten Stabilitätsrat die Zügel bei der Beobachtung der Haushaltspolitik der Länder anzuziehen.

Ich kann nur eines sagen: Wer als Bulldozer in diese Verhand lungen hineingeht und wer so schlecht verhandelt wie damals Herr Teufel, der kann dreimal klagen, und der Länderfinanz ausgleich wird trotzdem so ungerecht bleiben. Deshalb sage ich: Weg vom Getöse, hin zur Sacharbeit. Dann haben Sie die SPD an Ihrer Seite.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Unruhe)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Sie haben eine Debatte zum Länderfinanzausgleich angezettelt. Die Frage, um die es da bei geht, lautet: Geht es um Populismus, oder geht es um Per spektiven?

(Zurufe: Geld! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Im Moment geht es um Geld!)

Jedenfalls könnte man diese Debatte mit Blick auf das Jahr 2018, wenn die Regelung zum Länderfinanzausgleich aus läuft, sinnvoll führen, wenn man sie konstruktiv in Inhalt und Ton führt.

Wenn man diese Debatte führt, dann geht es darum, zum ei nen die Interessen des Landes Baden-Württemberg zu wah ren und zum anderen allen Ländern eine angemessene Aufga benerfüllung zu gewährleisten. Das ist nämlich Bestandteil unserer Verfassungsordnung.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So ist es!)

Herr Mappus, was Sie allerdings in den letzten Wochen gebo ten haben, ist der billige Versuch, sich einfach nur emotional aufgeladen – Herr Hauk, Sie haben es genauso gemacht – und zugleich mit einer bornierten Tonlage zum Rächer der Enterb ten aufzuspielen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist ja unglaublich! – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist allerhand!)

Sie setzen einzig und allein darauf, dass die Leute den Län derfinanzausgleich gar nicht kennen, und nutzen dies für fi nanzpolitische Bauernfängereien. Darum gilt es, erst einmal einiges klarzustellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist ja unglaublich! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt kommt Klarheit!)

Erstens: Der Länderfinanzausgleich ist ein reiner Einnah meausgleich bezüglich der Landessteuern und hat mit den Ausgaben eines Landes überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei den Grünen – Widerspruch bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf: Er versteht es nicht!)

Auch wenn Schleswig-Holstein und Berlin alle Lehrerinnen und Lehrer entlassen würden, hätten sie noch keinen ausge glichenen Haushalt.