Protocol of the Session on April 14, 2010

Herr Abg. Walter. Bitte?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die CDU ist, glaube ich, zuerst dran!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich versuche, es einfach noch einmal zu erklären.

(Unruhe – Vereinzelt Heiterkeit)

Nein, nein. Es hat keinen Sinn.

Ich erkläre es noch einmal in Ruhe: Wenn das erste Regie rungsthema abgehandelt ist – das darf bis zu 30 Minuten lang dauern –, kommt eine der beiden Oppositionsfraktionen zu Wort. Das ist in diesem Fall heute die SPD-Fraktion. Wenn dieses Thema wechselseitig abgehandelt wird, dann trifft Zif fer 5 der Richtlinie zur Umsetzung des Antrags zur inneren Parlamentsreform und Geschäftsordnung zu, in welcher sinn gemäß steht: Nach Behandlung des zweiten Themas können Fragen zu weiteren Themen gestellt werden, soweit die Zeit reicht.

Die Zeit reicht noch. Es gibt dazu nach den Beschlüssen des Präsidiums keine Festlegung hinsichtlich der Reihenfolge der Fraktionen. Da kommt es schlichtweg darauf an, wer zuerst den Finger streckt.

(Abg. Werner Pfisterer CDU, Abg. Hagen Kluck FDP/DVP und Abg. Jürgen Walter GRÜNE melden sich.)

Als Erster hat der Kollege von der CDU gestreckt.

(Zurufe von der CDU: Genau! – Sehr gut! – Unruhe)

Ja. Ich kann es nur so sagen. Nicht weil die CDU-Fraktion dran wäre, sondern weil der Kollege als Erster gestreckt hat.

(Beifall des Abg. Volker Schebesta CDU – Abg. Vol ker Schebesta CDU: Bravo!)

Ich sage Ihnen das. So ist die Regelung.

Jetzt sage ich noch einmal in Ruhe: Wenn die beiden Haupt themen abgehandelt sind, geht es darum, wer als Erster streckt, weil keine Reihenfolge vereinbart wurde. Deswegen haben Sie, Herr Kollege, das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Vielleicht sollte man da einen Moderator einsetzen! – Lebhafte Hei terkeit)

Das geht aus der Richtlinie hervor.

(Unruhe – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ruhe jetzt!)

Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Regie rungsmitglieder und Kollegen! Der Wissenschaftsrat hat im Januar 2010 empfohlen, an zwei bis drei Standorten in der Bundesrepublik einen Fachbereich für islamische Studien auf zubauen. Meine Frage lautet daher: Wie steht das Land dazu? Wird eine Notwendigkeit gesehen, an einer baden-württem bergischen Universität einen Fachbereich für islamische Stu dien einzurichten?

Vielen Dank, Herr Ab geordneter. – Die Frage wird von Herrn Staatssekretär Birk vom Wissenschaftsministerium beantwortet.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dr. Birk! – Abg. Peter Hauk CDU: So viel Zeit muss sein! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Trotz der Aufregung heu te!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde durch Herrn Kollegen Pfisterer schon festgestellt, dass der Wissenschaftsrat empfoh len hat, theologie- und religionsbezogene Wissenschaften an deutschen Hochschulen einzuführen. Dieser Aufgabe wird sich auch die Landesregierung von Baden-Württemberg stel len.

Wir haben in der Kabinettssitzung am 30. März die Absicht bekräftigt, die Universitäten des Landes dabei zu unterstüt zen, einen Fachbereich für islamische Studien aufzubauen. Das Wissenschaftsministerium wurde beauftragt, die darauf abzielenden Überlegungen der Universitäten Freiburg, Hei delberg und Tübingen konstruktiv zu begleiten und dabei ins besondere erstens die Zusammenarbeit mit den muslimischen Glaubensrichtungen in der Form eines Rates für islamische Studien zu bestärken und zweitens die Einwerbung zusätzli cher Fördermittel des Bundes zu unterstützen.

Wir sehen in dieser Fragestellung eine wesentliche Möglich keit, die Integration zu befördern, insbesondere auch als eine Antwort auf die Moscheevereine und die islamischen Be kenntnisschulen, die eher abgrenzend und nicht integrativ ar beiten.

Deshalb wird es auch das Ziel der Landesregierung sein, dass gerade auch islamische Glaubensinhalte in deutscher Sprache vermittelt werden, dass dies dialogorientiert mit den unter schiedlichen Glaubensrichtungen des Islams geschehen muss. Wir wollen das prüfen und dann, wenn daraus ein Konzept er wächst, dies auch weiterverfolgen. Derzeit sind wir in einer Prüfungsphase. Wir wollen uns auch die entsprechende Zeit nehmen, diese Prüfung durchzuführen.

Weitere Fragen? – Herr Abg. Pfisterer.

Ich darf noch einmal nachfra gen: Welche Ressourcen werden dafür gebraucht, und wel cher Zeitrahmen ist dafür vorgesehen?

Der Wissenschaftsrat geht derzeit davon aus, dass für den Bereich der islamischen Stu dien eine Größenordnung von vier bis sechs Professuren be nötigt wird, und zwar nicht ausgerichtet an den einzelnen Glaubensrichtungen, sondern an den Fachinhalten, ähnlich wie das bei der christlichen Theologie auch der Fall ist. Wir

gehen davon aus, dass für diese vier bis sechs Professuren pro Fachbereich ein Finanzvolumen von 1 Million bis 1,5 Milli onen €, einschließlich Personalaufwendungen und sächlicher Ausstattung, benötigt wird.

Sie haben den Zeitplan angesprochen. Die Landesregierung wird sich noch im Lauf dieses Jahres mit einem weiteren Be richt auf der Grundlage der Konzepte der betreffenden Uni versitätsstandorte beschäftigen, und wir werden dann zu ent scheiden haben, in welchem zeitlichen Rahmen Fachbereiche eingeführt werden. Ich würde beim heutigen Stand davon aus gehen, dass dies letztlich in diesem bzw. im nächsten Jahr ent schieden werden muss.

Für die Fraktion der FDP/DVP stellt jetzt Herr Abg. Kluck eine Frage.

Herr Staatssekretär, teilt die Landesregierung meine Auffassung, dass sich die Universität Tübingen sehr gut als einer der Standorte für diese islamischen Studien eignet?

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Richtig! – Zuruf von der CDU: Jetzt kommt der nächste Unistandort auch noch!)

Herr Kollege Kluck, die Universität Tübingen ist sicherlich genauso in der Lage, wie es die Universitäten Freiburg und Heidelberg sind, ein solches Konzept zu entwickeln. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie auch wegen Ihrer in räumlicher Nähe zur Universität Tübin gen ein Interesse an der Universität Tübingen haben. Ich weiß aber auch von Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, auch der FDP/DVP-Fraktion, die mit ihrer jeweiligen Hoch schule verbunden sind, dass sie das auch für „ihre“ Hochschu le in Anspruch nehmen. Lassen Sie uns das anhand der Inhal te, anhand der Konzepte und insbesondere auch anhand der Frage entscheiden, wie es uns gelingt, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen des Islams so zu integrieren, dass deren Vertreter sich an einem entsprechenden Konzept beteiligen.

Mir liegen keine wei teren Fragen vor. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär Dr. Birk.

Wir haben nun noch Zeit für ein weiteres Thema. Bitte, Herr Abg. Walter für die Fraktion GRÜNE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Wochen gab es immer wieder Pres seberichte im Zusammenhang mit der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes an Herrn Würth. Insbesondere gab es widersprüchliche Aussagen vonseiten der Landesregierung. Das ist das, was uns in diesem Zusammenhang interessiert.

Ich habe daher folgende Fragen:

Erstens: Treffen Presseberichte zu, dass das Justizministeri um Einspruch gegen die Herausgabe der Akten an das Bun despräsidialamt erhoben hat?

Zweitens: Hat das Justizministerium oder das Staatsministe rium geprüft, ob eine Übersendung des Strafbefehls möglich ist, wenn man die dem Steuergeheimnis unterliegenden Da ten schwärzt? Wenn ja, welches Ergebnis hat diese Prüfung erbracht?

Drittens: Trifft es zu, dass weder das Staatsministerium noch das Justizministerium die datenschutzrechtlichen Möglichkei ten und Grenzen der Herausgabe des Strafbefehls gegen Herrn Würth mit der Dienststelle des Landesdatenschutzbeauftrag ten erörtert hat? Wenn ja, warum ist das nicht geschehen?

Für die Beantwortung erteile ich Herrn Justizminister Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die erste Frage zu beant worten: Das Justizministerium hat darauf keinerlei Einfluss genommen. Das war ein Verfahren, das sich bislang nach den absolut üblichen Regeln abgespielt hat, und zwar folgender maßen:

Derzeit läuft beim Bundespräsidialamt ein Prüfungsverfah ren, ob das Große Bundesverdienstkreuz von Herrn Würth aufgrund des Strafbefehls im Steuerstrafverfahren zurückge zogen, ihm also wieder abgenommen werden sollte. Aus die sem Grund hat das Bundespräsidialamt beim Staatsministeri um nachgefragt, ob es den Strafbefehl haben könne. Diese Frage ist vom Staatsministerium aus zu uns gekommen, und wir haben sie an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterge leitet, und zwar ohne Kommentar. Wir haben also nichts an deres getan, als weiterzuvermitteln. So ist es üblich.

Die Staatsanwaltschaft hat den Sachverhalt daraufhin geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass man ihrer Meinung nach aufgrund der bestehenden Vorschriften den Strafbefehl nicht herausgeben darf. Dafür spricht übrigens schon der Wortlaut der Vorschrift. Dort wird davon ausgegangen, dass man hierfür wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr verurteilt worden sein muss. Herr Würth ist jedoch nicht wegen eines Verbrechens verurteilt.

Das zweite mögliche Hindernis ist § 30 der Abgabenordnung, das Steuergeheimnis. Aus diesem Grund hat die Staatsanwalt schaft, die der Meinung war, dass auch § 30 der Abgabenord nung einer Herausgabe entgegenstehe, bei der Finanzverwal tung nachgefragt. Seitens der Finanzverwaltung wurde der Standpunkt der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass man auch aus Gründen des Steuergeheimnisses, aus Rechtsgründen, den Strafbefehl nicht herausgeben darf. Das war das Ergebnis bei der Staatsanwaltschaft.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das ist ganz selbstverständlich!)

Auch darauf haben wir im Weiteren keinen Einfluss genom men und hätten nach meiner Meinung auch gar keinen Ein fluss nehmen können; denn auch das theoretisch bestehende externe Weisungsrecht lässt dies nicht zu. Dabei will ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass zumindest Tei le der einen Hälfte dieses Hauses dieses Weisungsrecht be kanntlich ganz abschaffen wollen. Es besteht noch in Resten, aber diese Reste lassen es sicher nicht zu, dass wir in einem Fall, in dem die Staatsanwaltschaft eine Meinung vertritt, die nicht nur gut vertretbar ist, sondern die wahrscheinlich sogar die einzig Richtige ist, eine solche Anweisung geben. Das ist völlig ausgeschlossen.

Vielen Dank. – Ich se he keine Zusatzfragen mehr. Vielen Dank, Herr Justizminis ter.

Wenn es keine Wortmeldungen zu einem neuen Thema für ei ne weitere Fragerunde gibt, kann ich diesen Tagesordnungs punkt abschließen. Ich möchte zuvor jedoch noch einmal, weil es eine gewisse Verwirrung gab, auf Folgendes hinweisen, lie be Kolleginnen und Kollegen – da hat sich zuvor etwas als falsch dargestellt, daher will ich das Verfahren noch einmal erklären –: Zuerst trägt die Regierung ein Thema vor. Vom Präsidium wird dabei festgelegt, welche Fraktion bei der da ran anschließenden Fragerunde aufgrund des von der Regie rung formulierten Themas als Erste das Wort erhält. Das kön nen auch einmal die Grünen sein, bevor es dann reihum wei tergeht.

Für das zweite Thema ist das auch entsprechend festgelegt. Als erste Fraktion hatte heute die SPD das Fragerecht. In die sem Fall bekommt danach zunächst die CDU das Wort, und dann geht es entsprechend weiter.