Frau Präsidentin, mei ne sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man aus der bis herigen Debatte ein Fazit ziehen will, dann muss man sagen: Wir sind hinsichtlich der Umsetzung des Integrierten Rhein programms auf dem Weg. Wir haben, wenn das Vorhaben Rheinschanzinsel vollendet ist, 45 % der Aufgabe erledigt. Jetzt kommt die Opposition wie immer und sagt: „Das ist al les gut und recht, aber es muss viel schneller gehen.“ Zum Schluss hat Herr Kaufmann gesagt: „Wir brauchen mehr Geld.“
Ja, das sagt auch der Rechnungshof. Aber der Rechnungs hof ist in der glücklichen Lage, dass er für das Geldbesorgen nicht zuständig ist.
Aber der Opposition möchte ich jetzt einmal Folgendes ganz deutlich sagen: Bei jedem wichtigen Tagesordnungspunkt stellt sich einer von Ihnen hier hin und sagt: „Wir brauchen dafür mehr Geld.“
Bei den Haushaltsplanberatungen schicken Sie Ihre Frakti onsvorsitzenden, die dann sagen, wir seien die Schuldentrei ber der Nation.
Wir können ja eigentlich zufrieden sein. Solange Sie nicht mit einer größeren Ehrlichkeit Politik machen, brauchen wir kei ne Angst zu haben, dass Sie hinsichtlich der Prozente in un sere Nähe kommen.
Zweite Feststellung: Dass es in dem Tempo, wie Sie es wol len, nicht vorangeht, hängt auch damit zusammen, dass wir mit der Verständlichmachung des Integrierten Rheinpro gramms Schwierigkeiten haben. Bei jedem Polder sagen die Leute: „Wir sind für das Integrierte Rheinprogramm, aber das, was ihr in der Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms ausgerechnet bei uns macht, ist des Integrierten zu viel.“ Das heißt, es ist außerordentlich schwierig, in der Bevölkerung vor Ort die notwendige Unterstützung für diese 13 Maßnahmen zu erreichen.
Das Letzte, meine Damen und Herren: Seien wir doch ehr lich. Jeder von uns hat mehr oder weniger Kontakt zu Bürger initiativen in seinem Wahlkreis. Ich bin mir ganz sicher, dass der Kontakt ab und zu auch so aussieht, dass man sagt: „Wir helfen euch, wir unterstützen euch, ihr habt ja schon recht“, auch wenn dies der Haltung der eigenen Fraktion hier im Landtag widerspricht. Da brauchen wir uns doch nicht zu wundern – da können wir uns alle selbst an die Brust schla gen –, wenn das Ganze nicht im Idealtempo vorwärtsgeht.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um diese drei Gründe anzusprechen, warum wir auch in Zukunft wahr scheinlich eher Verzögerungen als ein Tempo erreichen wer den, bei dem wir, wie gewollt, im Jahr 2020 oder 2028 fertig sein können.
(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Doch! – Abg. Jo hannes Stober SPD: Frau Dr. Splett hat sich gemel det!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will noch ein mal auf das Thema Geld eingehen, weil ich das so nicht ste hen lassen will. Natürlich ist es bei den Haushaltsberatungen für alle Fraktionen schwierig, irgendwo Geld loszureißen und zu sagen, woher das Geld kommen soll. Aber ich möchte da rauf hinweisen, dass ich in meinem Redebeitrag sehr deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass wir auch eine ökonomi sche Optimierung der Maßnahmen fordern. Man kann eben nicht beliebig teure Maßnahmen planen, wie das bei einzel nen Poldern und einzelnen Rückhaltebecken der Fall ist, und sich dann anschließend wundern, dass das Geld für die Um setzung nicht reicht. Ich finde, es gehört zur Ehrlichkeit dazu,
uns zu überlegen: Wie können wir den Hochwasserschutz möglichst effizient verwirklichen? Es geht nicht darum, im mer nur die Geldmenge zu erhöhen.
Das Zweite: Frau Ministerin, Sie haben gesagt: „Wir haben doch Gespräche geführt“, und wundern sich, dass ich jetzt nicht auf die Meinung der Landesregierung eingeschwenkt bin. So einseitig können die Gespräche nicht stattfinden. Wenn die Argumente nicht überzeugend sind, hat man danach noch immer die Position, die man vorher hatte.
Meine Damen und Herren, bei diesen drei Anträgen handelt es sich um reine Be richtsanträge. Wir können sie deshalb nach der Aussprache für erledigt erklären.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Die Konjunkturkrise erfolg reich überwinden: Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfachung des Vergaberechts in Baden-Würt temberg – Drucksache 14/3877
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine ver ehrten Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag, den wir ge stellt haben, wurde schon vor einer Weile in den Landtag ein gebracht. Er bezog sich damals im Wesentlichen auf die Situ ation, dass die Landesregierung erst nach einigem Zögern be reit war, die Empfehlungen des Bundes im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Wirtschaftskrise auch im Bereich der Vergaberichtlinien für Handwerksleistungen umzusetzen.
Wir haben in den letzten Jahren immer wieder auf einen Re formbedarf hinsichtlich dieser Vergaberichtlinien hingewie sen; dies ist aber in der Regel bei den Regierungsfraktionen nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, bis der Bund dann im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise eine wesentlich groß zügigere Regelung vorgegeben hat. Insofern ist dieser Antrag inhaltlich gesehen in der Zwischenzeit erledigt, denn die Lan desregierung ist schließlich auf die Forderungen eingegangen.
Ich möchte trotzdem die Gelegenheit nutzen, um einen Ver besserungsbedarf bei den Vergaberegeln deutlich zu machen. Wir haben bei Vergaben der öffentlichen Hände für mittelstän dische Unternehmen häufig das Problem, dass der Standard
fall der Vergabe, nämlich die unbeschränkte öffentliche Aus schreibung, im regionalen Umfeld zu nicht sehr zuträglichen, ja zu unproduktiven Ergebnissen führt. Die Streuverluste sind oft sehr groß.
Viele qualifizierte Handwerksbetriebe bewerben sich in vie len Fällen gar nicht mehr auf unbeschränkte öffentliche Aus schreibungen, weil sie sich sagen: Da tummeln sich alle mög lichen Firmen am Markt, teilweise aus Hunderten Kilometern Entfernung; da gibt es manchmal 30, 40, 50 Bewerbungen, da ist die Chance, dass man überhaupt den Aufwand zurückbe kommt, sehr gering. Die Folge ist, dass sich häufig die seriö sesten und qualifiziertesten Betriebe gar nicht an solchen Aus schreibungen beteiligen.
Nun muss man aber auch wissen, dass das Handwerk bei uns seinem Grundcharakter nach ein regional und lokal verwur zelter Wirtschaftsbereich ist. Der Handwerksbetrieb steht so zusagen in der Stadt, im Ort, in der Region, im Kreis im Schaufenster. Wenn er Pfusch macht, dann spricht sich das he rum. Das heißt, er hat einen Ruf zu verlieren. Er steht unter Beobachtung, er muss versuchen, eine gewisse Markenbil dung in der Region zu erreichen. Das gehört zu seiner Boni tät und seiner Beurteilbarkeit dazu. Das gilt für wandernde Betriebe, die über die Grenze oder von sonst woher kommen, nicht.
Demgegenüber fordern aber die rechtlichen Regelungen im Wesentlichen ganz formalistische Prüfkriterien. Das spitzt sich meist auf die Frage zu: Wer ist der Billigste? Denn immer dann, wenn man aus irgendwelchen guten, qualitativen Grün den nicht den Billigsten nimmt – das kann man in der Tat –, läuft man als Auftraggeber Gefahr, dass der Rechnungshof et was zu bemängeln hat. Um dem also zu entgehen, versucht man das schon einmal gar nicht erst.
Hier gibt es nach unserer Ansicht einen gewissen Deregulie rungsbedarf. Der Deregulierungsbedarf darf allerdings nicht dazu führen, dass der Wettbewerb eingeschränkt wird. Ein Un ternehmer, der eine neue Fabrikhalle baut, schaut sich nicht 300 km entfernt nach einem Vertragspartner um, sondern er schaut sich die Betriebe an, die dafür in einem vernünftigen Umfeld infrage kommen. Da kann er dann notfalls auch in Gewährleistungsfragen wieder vorsprechen oder auch Ser viceleistungen in Anspruch nehmen. So bildet er sich einen qualifizierten Umkreis von Anbietern, die dann untereinander im Wettbewerb stehen. Diesen Fall müssten unsere Vergabe regeln besser erfassen, als das heute der Fall ist. Das ist das, was ich dazu vom Grundsätzlichen her noch sagen wollte.
Hinzu kommt natürlich, dass das Motiv, das wir im Zusam menhang mit der Wirtschaftskrise mit dem Konjunkturpro gramm II hatten, nämlich eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, ein gutes Motiv ist und im Grunde genommen auch über die Wirtschaftskrise hinaus sinnvoll wäre und angestrebt werden sollte. Das heißt, die Regeln sollten so entstaubt wer den, dass sie raschere Verfahren erlauben.
Wie das am Ende gemacht werden kann, darüber werden wir uns noch Gedanken machen müssen. Wir appellieren aber in diesem Zusammenhang an die Regierung, im Unterschied zur Vergangenheit ein bisschen mehr gesunden Menschenverstand zu zeigen und ein bisschen unbürokratischer und eher in Rich
tung Deregulierung zu denken. Das, glaube ich, sind wir un serem guten Handwerk in Baden-Württemberg schuldig.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Regeln des Vergaberechts sind, wie das gesamte Wettbewerbsrecht, unbequem; sie sind un bequem, weil sie die unternehmerische Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand einschränken. Sie sind aber erforder lich, weil der Leistungswettbewerb zu den elementaren Spiel regeln am Markt gehört. Der Staat vergibt jedes Jahr Aufträ ge mit einem Volumen von rund 350 Milliarden €. Diskrimi nierungsfreier Zugang zu öffentlichen Aufträgen ist ein Grundpfeiler unseres Binnenmarkts. Unsere exportorientier te heimische Wirtschaft profitiert davon.
Auch wenn der Staat in Zeiten der Wirtschaftskrise das Füll horn ausschüttet und mehr als 2 Milliarden € aus dem Kon junkturpaket II und dem Infrastrukturprogramm des Landes in die öffentlichen Haushalte von Baden-Württemberg flie ßen, ist er dem Steuerzahler eine Kontrolle schuldig. Es war richtig, die Konjunktur anzukurbeln, Straßen zu sanieren, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen zu modernisie ren und die Breitbandverkabelung auf dem Land voranzutrei ben. Es war auch richtig, den Hemmschuh der sperrigen öf fentlichen Ausschreibung für zwei Jahre zurückzudrängen, um die Chancen einer vereinfachten und beschleunigten Ver gabe mit erhöhten Wertgrenzen für unsere mittelständische Industrie zu nutzen. Die Kommunen, Herr Prewo, haben dies ja auch genutzt; sie sind der Empfehlung gefolgt. Die Welt wirtschaft beeinflussen wir damit nicht, aber wir stärken die Wachstumskräfte im Land.