Warum ist die Zielrichtung positiv? Zum einen ist die Senkung der Körperschaftsteuer bei GmbHs und Aktiengesellschaften sicherlich der richtige Weg. Auch sind wir dankbar dafür, dass die Ausgestaltung der Abgeltungssteuer mittelstandsfreundlich ausfallen wird, sodass der Mittelstand, der oftmals auf Fremdfinanzierung angewiesen ist, in dieser Hinsicht eine deutliche Fortentwicklung feststellen kann. Wir sind auch dankbar, dass mittel- und langfristig der Weg eingeschlagen wird, die Gewerbesteuer zu einer kommunalen Unternehmensteuer weiterzuentwickeln. Das ist eine schon seit vielen Jahren bestehende Forderung der FDP/DVP.
Dennoch müssen wir uns gerade in Baden-Württemberg die Frage stellen: Was dient dem Mittelstand, was dient den kleineren und mittleren Unternehmen, die vielfach nicht von der Körperschaftsteuer, sondern von der Einkommensteuer betroffen sind, die immer noch in der Spitze bei 42 % liegt?
Hinzu kommt, dass die Gewerbesteuer zunächst erhalten bleibt – eine im internationalen Bereich einmalige Zusatzbelastung.
Wir konnten in einer der letzten Ausgaben der „Wirtschaftswoche“ einen eindrucksvollen Bericht lesen, in dem deutlich gemacht wird, warum die baden-württembergische Wirtschaft so erfolgreich ist, warum wir so hohe Wachstumsraten haben, warum wir schon seit Jahren die im Bun
desvergleich niedrigste Arbeitslosigkeit haben. Es ist der Mittelstand, es sind die kleinen und mittleren Unternehmen, die in diesem Land vielfach einkommensteuerpflichtig sind.
Für den Mittelstand wird aus unserer Sicht in dieser Unternehmensteuerreform, die von der Großen Koalition diskutiert wird, zu wenig getan. Da ist das, was Ministerpräsident Oettinger in einer Pressemitteilung im Sommer dieses Jahres angeregt hat, nicht besonders hilfreich, nämlich die unterschiedliche Besteuerung der thesaurierten, also der wieder investierten oder einbehaltenen Gewinne und deren Ungleichbehandlung mit den entnommenen Gewinnen. Natürlich sind auch uns investierte Gewinne lieber als entnommene Gewinne, aber wir sehen es ordnungspolitisch als außerordentlich problematisch an, hier eine Ungleichbehandlung vorzunehmen, und zwar insbesondere vor dem Hintergrund des ja immer noch anzustrebenden Ziels einer Entbürokratisierung. Hier sehen wir im Endeffekt neue, zusätzliche Bürokratie und ordnungspolitische Schwierigkeiten durch diesen Weg, wenn er denn gegangen wird.
Darüber hinaus gibt es weitere Kritikpunkte. Einen davon habe ich schon angesprochen: Eine Steuervereinfachung sehen wir bei dieser Reform nicht. Ein Beispiel habe ich genannt. Darüber hinaus wird uns nicht deutlich, wie dieser viel zitierte Anteil von 60 % deutschsprachiger Werke an der gesamten weltweiten Steuerliteratur durch das zurückgeführt werden kann, was bezüglich der Unternehmensteuerreform diskutiert wird. Wir sehen es auch nicht als hilfreich an, dass über eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage auf verschiedenen Feldern diskutiert wird; denn gerade für den Mittelstand wirkt sich dies natürlich faktisch wie eine Steuererhöhung aus. Wir halten – Herr Herrmann, da gebe ich Ihnen durchaus Recht – auch überhaupt nichts davon, die Erbschaftsteuer an den Erhalt von Arbeitsplätzen zu koppeln. Denn in der Praxis wird eine solche Regelung natürlich umgangen. Wenn beispielsweise von 10 % pro Jahr gesprochen wird, dann würde es in der Praxis natürlich so aussehen, dass der Arbeitsplatzabbau bereits vor der Betriebsübergabe erfolgt. Hinzu kommt, dass den betroffenen Unternehmen dann nicht die Möglichkeit gegeben würde, in Krisensituationen flexibel zu reagieren. Das wirkt sich dann wieder als besonderes Problem für den Mittelstand aus.
Fazit: Die generelle Richtung ist richtig und begrüßenswert, aber im Detail gibt es noch einiges nachzuarbeiten. Da möchte ich namens der FDP/DVP-Fraktion unseren geschätzten Koalitionspartner CDU, der ja bekanntermaßen einflussreich in Berlin ist, dazu aufrufen, diesen Einfluss zu nutzen, um die Unternehmensteuerreform in ihrer Ausgestaltung in eine Richtung zu bringen, von der auch der baden-württembergische Mittelstand, mithin das Land BadenWürttemberg profitiert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor zwei Jahren waren steuerpolitische Diskussionen hier noch eine einfache Sache.
Man wusste genau, wer der Gegner war und wer hinter einem stand. Jetzt sitzen wir mit der SPD in der Großen Koalition, und was Herr Metzger sagt, ist immer richtig. Ob er in der richtigen Partei ist, weiß ich nicht.
Lassen Sie mich jetzt auf einige differenzierte Dinge eingehen. Es hat etwas lustig geklungen, es ist aber ganz ernsthaft so – und das gilt, glaube ich, auch für die SPD –: Wir hatten früher über den Vermittlungsausschuss natürlich ganz andere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Heute besteht in der Großen Koalition immer die Gefahr, dass entscheidende Festlegungen irgendwann in Nachtsitzungen fallen; denn zum Vermittlungsausschuss dringt ja gar nichts mehr vor.
Bei dieser Steuerreform geht es in der Tat darum, dass sich die Steuersätze insbesondere für die international tätigen Gesellschaften in den letzten Jahren in Deutschland anders entwickelt haben als im Rest von Europa. Nach der letzten Steuerreform lagen wir ungefähr in der Mitte, und in der Zwischenzeit sind die anderen Länder mit ihren Steuersätzen ziemlich weit nach unten gegangen, sodass wir jetzt doch wieder ziemlich an der Spitze liegen.
Auf eine Sache muss ich aber hinweisen, weil immer wieder Beispiele gebracht werden, die sich, wenn man etwas näher hinschaut, als nicht zutreffend herausstellen. Zum Beispiel hat Österreich in der Tat einen niedrigen Gewinnsteuersatz, aber einen Zuschlag von 9,4 % auf die Lohnsumme, eine Lohnsummensteuer, sodass in Österreich die Unternehmen letzten Endes stärker besteuert werden als bei uns. Hinzu kommt aber noch etwas ganz anderes: Das, was dort als Flucht angesehen wird, ist oft keine Produktionsflucht, sondern eine Steuerflucht. Das heißt, hier wird produziert, und die Gewinne werden im Ausland versteuert. Das ist ja ein Riesenthema, das wir heute bei dieser ganzen Sache angehen müssen.
Im Mittelpunkt dieser Steuerreform steht ohne Frage die Besteuerung der Unternehmen, und zwar zunächst einmal der Kapitalgesellschaften. Ich komme gleich noch darauf, was das für den Mittelstand bedeutet. Aber ich muss auch darauf hinweisen – damit wir einmal eine vernünftige Diskussion führen –, dass man nicht sagen kann: Kapitalgesellschaften sind das eine, und der Mittelstand ist das andere.
Fast alle größeren Mittelstandsunternehmen haben doch die Form der GmbH. Ich meine, das wird hier immer so dargestellt. Deswegen muss man beim Mittelstand unterscheiden, ob das zum Beispiel die Firma Stihl ist, die sich Mittelstand nennt, oder der Handwerker, der normalerweise gemeint ist, wenn es hier um Diskussionen geht. Ich glaube, das ist ganz wichtig.
Zunächst einmal will man bei der Körperschaftsteuerreform dafür sorgen, dass die Steuersätze, die heute zusammen mit der Gewerbesteuer ungefähr 39 % betragen – das hängt ganz davon ab, wie hoch der Hebesatz für die Gewerbesteuer ist; das können mal 38,5, aber auch mal 39,5 % sein –, auf ungefähr 29 % fallen sollen. Da sind sich eigentlich alle einig.
Die Frage lautet jetzt, was das für den Mittelstand bedeutet. Der Mittelstand, der exportiert und der im internationalen Wettbewerb steht, hat zum allergrößten Teil die Rechtsform der GmbH. Für den gilt das zunächst auch einmal; das ist klar. Nun ergibt sich allerdings ein Problem: Was geschieht eigentlich, wenn Gewinne ausgeschüttet werden? Da ist vorhin gesagt worden, es dürfte nicht nachversteuert werden. Aber bei den Kapitalgesellschaften wird natürlich auch nachversteuert. Die Kapitalgesellschaften werden heute beim Gewinn höher belastet als die Nicht-Kapitalgesellschaften, auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird. Denn die Kapitalgesellschaft zahlt 39 %, und bei der Ausschüttung unterliegt sie noch dem Halbeinkünfteverfahren. Wenn dann nun einer 42 %, also die höchste Progressionsstufe hat, dann kann das bis auf 53 % gehen. Auch das sollte man einfach mal sagen, um die Diskussion wieder zur Realität zurückzuführen.
Wir wollen nun in Zukunft das, was bei Kapitalgesellschaften ausgeschüttet wird, der Abgeltungssteuer unterwerfen. Das ist das nächste Problem. Es sollen ja nicht nur Zinsen und Dividenden sein, sondern zum Beispiel auch Ausschüttungen von GmbHs. Das ist so weit unumstritten – auch beim Koalitionspartner SPD. Das wird dazu führen, dass die Abgeltungssteuer sicher höher sein wird als der Steuersatz beim jetzigen Halbeinkünfteverfahren, der im höchsten Fall 21 % sein konnte, nämlich die Hälfte von 42 %. Dann werden es 25 % sein. Durch die Senkung werden wir aber dennoch eine niedrigere Gesamtsteuerbelastung von Gewinnen aus Kapitalgesellschaften nach Ausschüttung haben, als wir sie heute haben. Das kann man auf jeden Fall feststellen.
Jetzt kommt die Frage nach den Personenunternehmen. Da muss man unterscheiden, ob es große Personenunternehmen sind, die wirklich mit einem großen Teil ihres Gewinns bei 42 % Besteuerung liegen, oder ob es kleinere sind. Wenn ein großes Unternehmen 10 Millionen € Gewinn hat, dann muss es den größten Teil in der Tat mit 42 % versteuern; denn die Freibeträge und die Steuerprogression hören ja schon bei 100 000 bzw. 120 000 € auf. Das muss man genau betrachten.
Bei den großen Mittelständlern – das sieht die Union etwas anders; aber man bewegt sich aufeinander zu – wollen wir,
dass sie ein Optionsrecht haben, dass sie sich genauso behandeln lassen können wie Kapitalgesellschaften – vorausgesetzt, dass es keine sind. Das heißt also, ein großes Mittelstandsunternehmen, das in der Form eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft geführt wäre, würde zunächst wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werden. Aber wenn es dann anschließend den Gewinn entnimmt, wird dieser nachversteuert. Da bin ich etwas anderer Meinung als der Sprecher der SPD-Fraktion.
Mir geht es doch um Folgendes: Die Personengesellschaft oder der Einzelunternehmer zahlt ja Einkommensteuer. Wenn er nun den Gewinn im Unternehmen lässt und wir ihn genauso behandeln wie eine Kapitalgesellschaft, dann muss er den Gewinn, den er entnimmt, natürlich genauso behandelt sehen wie z. B. der Arbeitnehmer sein Einkommen oder wie der Minister sein Einkommen oder sonst einer, nämlich es muss der Einkommensteuer unterworfen werden. Ich glaube, das ist eigentlich ganz selbstverständlich. Das wird aber immer noch weniger sein als die Ausschüttung der Kapitalgesellschaft.
Wir stellen uns also vor, dass die großen Mittelständler ein Optionsrecht haben, bei dem dann die thesaurierten Gewinne – die Gewinne, die im Unternehmen bleiben – weniger besteuert werden. Wenn die Gewinne aus dem Unternehmen entnommen werden, sollen sie auf die Einkommensteuer gewissermaßen „hochgehievt“ werden.
Problematisch wird die Sache bei den ganz Kleinen, denn diese zahlen ja in der Regel nicht 42 %, sondern wesentlich weniger – zumindest im Durchschnitt. Die 42 % sind ja der Grenzsteuersatz, den man erst in der Spitze bezahlt. Wenn jemand ein Einkommen von 10 Millionen € hat, ist der Grenzsteuersatz praktisch identisch mit dem Durchschnittssteuersatz. Aber wenn er sich mit seinem Einkommen gerade so an der Progressionsgrenze befindet, ist die Höhe des Grenzsteuersatzes ganz anders als die des Durchschnittssteuersatzes.
Den kleinen Handwerkern, den kleinen Unternehmern würde diese Reform allein also nichts nützen. Das muss man mit aller Klarheit sagen. Weil wir aber wollen, dass es ihnen auch etwas nützt, haben wir die Idee entwickelt – ich habe die Hoffnung, dass sie auch durchzusetzen ist –, die Ansparabschreibung zu verbessern oder eine steuerfreie Gewinnrücklage vorzusehen.
Darüber wird diskutiert werden. Die Idee mit der Ansparabschreibung würde bedeuten, dass man abschreiben kann und somit gewissermaßen steuerfrei eine Rücklage bilden kann, die dann allerdings innerhalb einer gewissen Zeit für Investitionen genutzt werden muss.
Nun noch zu einer anderen Frage. Es ist so dargestellt worden, als ob sich Herr Steinbrück da in allem durchgesetzt
Zunächst einmal zur Gewerbesteuer: Auch da wird es eine Veränderung geben. Ich bin übrigens wie auch der Ministerpräsident der Meinung, dass diese Steuer langfristig abgeschafft werden muss. Aber man darf doch, Herr Dr. Schmid, auch einmal eine Vision haben, von der man weiß, dass sie im Augenblick nicht durchsetzbar ist. Ich bin der Meinung, dass man die Gewerbesteuer – das ähnelt dem, was vorhin auch schon einmal gesagt worden ist – nach den Vorstellungen der Stiftung Marktwirtschaft umgestalten sollte.
Das wäre auch für die Kommunen gut. Hätten wir übrigens den Kommunen diesen Vorschlag vor drei Jahren gemacht, wären sie mit fliegenden Fahnen zu uns übergelaufen. Inzwischen fließt die Gewerbesteuer. Jetzt sagen alle: „Was ich habe, habe ich. Ich lasse mich auf keine Experimente ein.“ Das verstehe ich in gewisser Weise, okay. Aber das muss man einfach so erläutern.
Die Gewerbesteuer, die die Einzelunternehmen bezahlen, kann in Zukunft bis zu einem Hebesatz von 380 % von der Einkommensteuerschuld abgezogen werden. Das heißt, das Einzelunternehmen wird zwar Gewerbesteuer zahlen, aber keine tragen – um auch das einmal mit aller Deutlichkeit zu sagen.