Protocol of the Session on March 10, 2010

Wer wirklich Schulstandorte erhalten will, der muss rein rechnerisch – da reicht auch die Volksschulbildung in Göppingen aus, Herr Dr. Birk – die Schüler länger zusammen lernen lassen. Dann könnten wir mehr Schulstandorte in diesem Land halten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Zurufe von der CDU)

Davon hängt nicht nur

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Damit schließen Sie Grundschulen, Herr Kollege! Haben Sie das schon einmal bedacht? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In zehn Jahren schließen Sie dann die Realschulen! – Unruhe)

die Schulstandortentwicklung ab, sondern auch, lieber Herr Röhm –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dann ist die Real- schule weg und die gymnasiale Oberstufe auch!)

als Schulleiter wissen Sie das ganz genau –, das intakte Gemeinwesen einer Kommune. Das hängt davon ab, dass es ein Rathaus mit einem Schultes gibt, ein Gasthaus, die Kirche, den Kindergarten, den Sportplatz und eine Schule.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ein Gasthaus ist wichtig! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber bei Ihnen gibt es die dann nicht!)

Deshalb sage ich Ihnen: Mit unserem Konzept, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Glocke des Präsidenten – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Deshalb haben wir den Klassenteiler in der Grundschule gesenkt! Damit die Schulen im Dorf bleiben!)

wird die Schule im Dorf bleiben, und das ist genau das, was dieses Land und was diese Gesellschaft brauchen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Schmid, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kluck?

Bitte schön, Herr Kluck.

Herr Kollege Dr. Schmid, können Sie uns bitte einmal vorrechnen, wie viele Schulen in der Fläche übrig bleiben würden, wenn wir das Konzept der SPD mit diesen Mittelpunktschulen

(Zurufe: Regionalschulen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Basisschulen und Regionalschulen!)

mit diesen Regionalschulen – in die Tat umsetzen würden?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die SPD ist auf dem Holzweg!)

Herr Kollege Kluck, wir haben wissenschaftlichen Beistand, den ich Ihnen zitieren kann. Unser Konzept führt dazu, dass Hunderte von Schulstandorten mehr erhalten blieben, nämlich 70 %. Das ist ein hervorragendes Konzept für die Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Drückeberger! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Die Landesregierung und Sie, Herr Mappus, stehlen sich aber auch bei der Frage, wie wir die öffentlichen Aufgaben zukünftig solide finanzieren können, aus der Verantwortung. Denn Herr Oettinger hatte immerhin noch die Verantwortung für solides Haushalten übernommen; Sie haben damit wenig am Hut.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie wollen gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass nach dem aktuellen Doppelhaushalt und nach der mittelfristigen Finanzplanung in vier Jahren zusätzliche, neue Schulden in Höhe von rund 7 Milliarden € vorgesehen sind – und das ist noch schöngerechnet. Sie haben weder heute noch in der Vergangenheit Antworten darauf gegeben, wie Sie den Landeshaushalt nachhaltig neu ausrichten wollen und wie Sie aus dieser Schuldenfalle herauskommen wollen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und ihr?)

Sie haben zu Recht den Bildungsbereich angesprochen, der natürlich wichtig ist. Aber Sie haben in den anderen Bereichen keine konkreten Vorschläge für Einsparungen gemacht. Wir als SPD haben in mehreren Haushaltsberatungen strukturelle Vorschläge gemacht:

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wo denn?)

Zusammenlegen von Ministerien, Einsparen einer Verwaltungsebene, Abbau von Agrarsubventionen und von Agrarverwaltung und Begrenzung von Beamtenstellen auf einen strikt hoheitlichen Bereich. Das sind die Antworten für eine solide Finanzpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist bezeichnend, dass zum ersten Mal seit vielen Jahren kein konkretes Datum für das Ziel der Nullverschuldung genannt wird.

(Zurufe der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE und Heide- rose Berroth FDP/DVP)

Das heißt, Sie haben die finanzpolitische Solidität der Vorgängerregierungen aufgegeben. Was das Ganze auf die Spitze treibt, ist, dass Sie, Herr Mappus, in dieser Lage noch weiteren Steuersenkungen das Wort reden. Da hat Sie die „Wes terwelle“ voll erfasst. Denn jeder weiß: Angesichts der prekären Finanznot – nicht nur des Landes, sondern auch der Kommunen – sind weitere Steuersenkungen Gift für die öffentlichen Haushalte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Wer jetzt noch die Gewerbesteuer infrage stellt, muss sich vorhalten lassen, dass er die kommunalen Haushalte noch mehr in Bedrängnis bringt. Denn es kann nicht sein, dass Sie die Gewerbesteuer infrage stellen und kein durchgerechnetes Kon zept haben, das besser ist als die bisherige Gewerbesteuer.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Haben wir doch! Das haben wir doch!)

Sie haben damit schon jetzt jeglichen Kredit in der Finanzpolitik verspielt, und das lautstarke Eindreschen auf den Länder

finanzausgleich, lieber Herr Mappus, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist doch wirklich ein wenig seltsam.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der ist zu hinter- fragen!)

Die gleichen Fraktionen, die jetzt ein großes Bohei machen, haben damals, als die Neuregelung hier im Parlament zur Debatte stand, das Verfahren positiv begleitet, es verstärkt und dem zugestimmt. Jetzt stellen Sie fest, dass es vielleicht doch nicht so gut war; aber das ist ein bisschen spät. Die Unterschrift steht, bis 2019 ist der Solidarpakt festgezurrt. Deshalb sage ich Ihnen: Das ist nichts anderes als ein plumpes Ablenkungsmanöver von Ihrem finanzpolitischen Versagen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Was sollen die in Rheinland-Pfalz sagen?)

Der Staat braucht eine solide Finanzbasis, denn er lebt von der Substanz. Die öffentliche Infrastruktur, die Hochschulen, die Landesstraßen wurden in den letzten Jahren mangelhaft unterhalten. Deshalb ist für die Handlungsfähigkeit des Staates eine angemessene Ausstattung mit Steuermitteln unerlässlich.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Jawohl!)

Deshalb wollen wir über eine Stärkung der Steuerverwaltung Steuergerechtigkeit konsequent durchsetzen.

Aber es verbirgt sich noch etwas Grundsätzliches dahinter, nämlich die Frage nach dem Staats- und Gesellschaftsverständnis. In Ihren Reihen gibt es viele Stimmen, die sagen: Steuern sind ein Geschenk an den Staat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich bezahle gern Steuern!)

Ich sage Ihnen: Steuern zu zahlen ist selbstverständliche Bürgerpflicht, und wir alle sind der Staat.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Richtig! Bravo!)

Deshalb war es so fatal, dass Sie bei den Steuerhinterziehern nicht hart durchgegriffen haben; denn Sie leisten damit einem Gesellschaftsbild Vorschub,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir zahlen gern Steuern!)

das auf Entsolidarisierung setzt und nicht auf sozialen Zusammenhalt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)