(Beifall bei den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sie sind die Einzigen, die hier Wind machen! – Abg. Peter Hauk CDU: Aber es geht auch um die Frage der ökonomischen Effizienz!)
Das entscheidende Thema, bei dem die ganze Unverbindlichkeit Ihrer Regierungserklärung deutlich wird, ist der Landeshaushalt. Die Lage der Landesfinanzen ist explosiv. Nach neuen Schulden in Höhe von 4,5 Milliarden € im laufenden Doppelhaushalt tun sich für die folgenden Jahre weitere Deckungslücken in Höhe von 7 Milliarden € auf. Das werfen wir Ihnen nicht vor, Herr Mappus, aber wir werfen Ihnen vor, dass Sie überall erzählen, wie lange noch nicht gespart wird und wo überall nicht gespart werden soll.
Dazu kommt ja, dass die Haushaltszahlen nicht die Wahrheit sagen. Die Regierungsfraktionen haben im Finanzausschuss durchgesetzt, dass die Steuermindereinnahmen nicht komplett veranschlagt werden, sondern nur zur Hälfte. Das war ein einmaliger und skandalöser Vorgang. Da kann man nur sagen: Mehrheit statt Wahrheit.
Die mittelfristige Finanzplanung ist voller geschönter Zahlen. Ein Wachstum von 4 % werden wir nicht erreichen. Da ist jede Menge Schminke drauf, aber darunter bleibt eben das hässliche Gesicht einer dramatischen Bugwelle von Schulden.
Unsere Vorschläge – Stichwort Beamtenpensionen – haben Sie alle abgelehnt. Wenn der Rechnungshof Vorschläge macht, wird das von Ihnen im Ausschuss verwässert und verschoben. Der Landeshaushalt ist auf einer abschüssigen Bahn. Wenn
Mit Ihrer Politik des Abwartens und Verschiebens werden Sie den Zeitpunkt verpassen, bis zu dem noch zu verhindern ist, dass es einen Crash gibt, spätestens wenn die Schuldenbremse wirkt.
Vieles von dem, was Sie haben anklingen lassen, kostet Geld, aber nirgendwo – zu keinem Punkt! – sagen Sie, wo Sie einsparen wollen. Nur beim Länderfinanzausgleich
(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Das ist billig! – Ge- genruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wollen Sie das nicht?)
werden Sie plötzlich mutig und hauen auf den Putz. Aber das tut natürlich nicht weh und kommt gut an. Sie kritisieren den Länderfinanzausgleich seit Monaten mit dem Argument, da würden sich Nehmerländer Dinge leisten, die wir uns nicht leisten können.
Das ärgert zweifellos uns alle, aber es nützt nichts. Der Länderfinanzausgleich ist ein reiner Einnahmeausgleich und ist völlig unberührt davon, was ein Land hinsichtlich seiner Ausgaben macht.
Den Länderfinanzausgleich zu ändern werden Sie bis zum Jahr 2019 nicht hinbekommen. Das, was Sie machen, ist eine populistische Masche, ist Fundamentalopposition ohne die geringste Aussicht auf Realisierung.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Was wollen denn Sie, Herr Kretschmann?)
Die klamme Lage der Kommunen jetzt mit dem Hinweis auf den Länderfinanzausgleich zu beklagen, bringt denen keine müde Mark, sondern es kaschiert nur – das soll es auch – Ihre Steuersenkungspläne, die Sie allerdings hätten verhindern können. Das haut den Kommunen in den Karton.
Sie haben keinerlei Aussicht darauf, Ihre Vorstellungen vom Länderfinanzausgleich umsetzen zu können. Das müssten Sie eigentlich wissen.
Sie mahnen eine Aufgabenkritik des Staates an. Sie stellen Fragen: Was können wir uns nicht mehr leisten? Welche Ge
wohnheiten und Besitzstände entsprechen nicht mehr unserer Zeit? Sie wollen offen und ohne falsche Rücksicht Gewohntes infrage stellen, Standards abbauen. Aber welche, bitte? Welche Gewohnheiten passen nicht mehr in die Zeit? Was können wir uns nicht mehr leisten? Eine Regierungserklärung soll Antworten geben und keine Fragen aufwerfen.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht! – Abg. Peter Hauk CDU: Da klatscht nicht einmal Ihre Fraktion! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie waren wirklich nur körperlich anwesend!)
Was Sie offensichtlich viel besser können, ist, wirklich widerliche Debatten über den Sozialstaat anzuzetteln.
Auch Ihr Stellvertreter hat dann von „panem et circenses“ gesprochen. Das alles muss man sich anhören, wenn man weiß: Es gibt siebenmal so viele Arbeitslose wie offene Stellen.
Man muss sich einmal vorstellen, was solche Reden bedeuten. Das ist wirklich einfach nur so, wie es Hans-Peter Keitel vom BDI gesagt hat: Da werde eine Debatte über Leistung und Verteilungsgerechtigkeit fahrlässig aus wahltaktischen Gründen losgetreten, und das belege einen Mangel an Ernsthaftigkeit. Dem kann man nur zustimmen.
Die Aussage Ihres Stellvertreters, der Staat sollte einmal zwei Jahre lang wie eine Firma geführt werden, ist Ihnen selbst zu dumm geworden, Herr Ministerpräsident, und Sie mussten ihn zurückpfeifen.
Ich sage Ihnen: Den Sozialstaat und die soziale Marktwirtschaft zu erhalten und unter den Bedingungen der Globalisierung, der demografischen Entwicklung und der Überschuldung der öffentlichen Haushalte weiterzuentwickeln gehört zu den schwierigsten Herausforderungen der Politik. Diese Aufgabe verträgt keinen populistischen Radau mit dazu noch falsch verwendeten Metaphern des römischen Imperiums, der die Gesellschaft nur weiter spaltet. Das Gegenteil ist erforder
lich. Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken: Was hält die moderne Gesellschaft zusammen, welche Werte und welche Weichenstellungen in der Politik?
Finanz-, Wirtschafts- und Klimakrise, soziale Spaltung: Viele Menschen erkennen, dass wir nicht einfach dort weitermachen können, wo wir vor zwei Jahren, vor dem Kollaps der Bankenwelt und der Wirtschaft, noch gestanden haben. Sie sehen beim gescheiterten Klimagipfel die Ohnmacht, das Unvermögen, ja auch den Unwillen von Politik, auf die dramatischen Anzeichen der Klimakrise richtig zu reagieren. Aber sie wissen, dass wir nicht einfach so weitermachen können wie bisher. Sie wissen, das wir umdenken müssen. Sie sind bereit dazu.
Nachhaltigkeit in der Krise, Herr Ministerpräsident, heißt Veränderung, und kluge Veränderung heißt, Alternativen zu prüfen. Dazu braucht man Offenheit, dazu braucht man Mut, dazu braucht man eine konkrete Agenda, mit der man sich konkret auseinandersetzen kann. Das hat Ihre Regierungserklärung leider vermissen lassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ministerpräsident hat mit seiner Regierungserklärung, meine ich, einmal mehr gezeigt, dass die anstehenden Herausforderungen seitens der Regierungskoalition und der Regierung klar erkannt werden und dass gezielte Lösungen gefunden werden.