Protocol of the Session on December 17, 2009

Künftig entscheiden die Fraktionen selbst über die ihnen geeignet erscheinenden Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit. Frau Kollegin Bauer hat schon darauf hingewiesen, dass wir in einer Mediendemokratie leben. Das heißt, wir müssen uns darstellen, wir müssen die neuen Wege und Möglichkeiten nutzen. Das wollen wir tun. Deswegen kann es auch keine thematische oder auch zeitliche Begrenzung der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen geben.

Dieser Landtag ist keine „Gesetzesherstellungsmaschine“, obwohl es auch zu unseren wichtigen Aufgaben gehört, Gesetze zu erlassen. Wir sind vielmehr auch das parlamentarische Forum, das Ansichten, Wünsche und Interessen der Bürgerschaft wahrnimmt, aufgreift und zum Gegenstand der Debatten hier macht. Daher sind wir ein Teil der politischen Meinungsbildung. Diese Meinungsbildung können wir jetzt, wenn dieses Gesetz Wirklichkeit wird, deutlich besser wahrnehmen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Es wird dann immer

klar sein, dass die Fraktionen eine wichtige Aufgabe erfüllen.

Die Trennung zwischen Fraktion und Partei soll es weiterhin geben. Das ist völlig klar; darüber sind wir uns einig.

Bei allen Aktionen muss immer ein Bezug zur Parlamentsarbeit vorhanden sein, und die Urheberschaft der Fraktionen selbst muss erkennbar sein. Dem kommen wir gern nach. Das haben wir auch immer gemacht, wie ich gleich hinzufügen will. Mit diesem Gesetz verlangen wir also nichts Ungebührliches. Vielmehr passen wir einfach die Arbeit des Landtags und die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen an die neuen Gegebenheiten an. Das ist überfällig.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 14/5578 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dieser Überweisung zu.

Tagesordnungspunkt 5 ist damit erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6:

Beschlussempfehlungen und Berichte des Finanzausschusses zu den Mitteilungen des Rechnungshofs vom 24. Juni 2009 – Denkschrift 2009 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2007 – Drucksachen 14/4700, 14/4701 bis 14/4727 und 14/5301 bis 14/5327

Berichterstatterin: Abg. Ursula Lazarus

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Lazarus das Wort.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sie ist nicht da!)

Die Kollegin Lazarus ist noch nicht da. Können wir dann mit einem anderen Sprecher fortfahren?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Einverstan- den!)

Ja. Gut.

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Rust das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Zunächst darf ich an dieser Stelle dem Rechnungshof für die erneut ausgezeichnete Arbeit an der Denkschrift 2009 sehr herzlich danken. Herr Präsident Munding, Sie haben mit Ihrer Arbeit, den Prüfungen und Empfehlungen für die verschie

denen Bereiche der Landesverwaltung sehr, sehr gute Empfehlungen für mehr Wirtschaftlichkeit und substanzielle Einsparungen im Landeshaushalt vorgelegt. Wir danken Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Aufgrund der sehr beschränkten Redezeit möchte ich mich auf drei Beiträge in der Denkschrift konzentrieren. Insgesamt waren es 27 Einzelbeiträge.

Zunächst zum Thema Landesschulden, dem Beitrag Nummer 3 in der Denkschrift: Das Haushaltsjahr 2008 war für Baden-Württemberg unter dem Aspekt der Schuldenentwicklung ein besonderes Jahr. Es war aufgrund der besonders guten Steuerentwicklung das erste und vorläufig auch letzte Jahr, in dem Einnahmen und Ausgaben ohne Schuldenaufnahme real ausgeglichen werden konnten. Andere Bundesländer haben dies schon im Jahr 2007 erreicht. Auch Baden-Württemberg hätte dies erreichen können; die Landesregierung hat aber damals 1 Milliarde € neue Schulden aufgenommen, die sie im Jahr 2007 gar nicht benötigt hat, um dann im Jahr 2008 und im Jahr 2009 die Nullneuverschuldung besser erreichen zu können.

Im kommenden Jahr schreibt das Land Baden-Württemberg eine absolute Rekordverschuldung von bislang im Haushaltsplan veranschlagten 2,5 Milliarden € – wir haben es vorhin vom Finanzminister gehört –, und im Jahr 2011 sind es noch einmal 2 Milliarden € Neuverschuldung. Dabei sind die zusätzlichen Steuerausfälle durch die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung noch gar nicht berücksichtigt, die weitere Milliardenlöcher in den Haushalt des Landes und in die Haushalte der Kommunen reißen werden.

Ich möchte meinen Appell von der letzten Plenarsitzung wiederholen: Stoppen Sie im Interesse der Kommunen des Landes und im Interesse des Landeshaushalts dieses unsinnige Bundesgesetz! Ohne die Stimmen des Landes Baden-Württemberg hat dieses Gesetz im Bundesrat keine Mehrheit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ist das Ihr Ernst?)

Der zweite Beitrag, auf den ich eingehen möchte, ist der Beitrag Nummer 7: Umsetzung und Finanzierung des Generalverkehrsplans. Hier geht es um die Verantwortung der Landesregierung für den wichtigen Bereich der Infrastruktur der Landesstraßen, im Übrigen auch um einen wichtigen Vermögensbereich des Landes, wenn man bedenkt, wie viel Vermögen in den Landesstraßen steckt. Dort bestätigt der Rechnungshof das, was die SPD-Fraktion seit vielen Jahren immer wieder kritisiert hat: Der Generalverkehrsplan ist ein Plan, auf den sich niemand verlassen kann. Von den 1 300 vorgesehenen Maßnahmen im Vordringlichen Bedarf – allein im Vordringlichen Bedarf – werden am Ende der Laufzeit des Generalverkehrsplans im Jahr 2012 mehr als 600 vorgesehene Maßnahmen nicht verwirklicht sein. Annähernd jede zweite im Generalverkehrsplan vorgesehene Baumaßnahme wird damit nicht erfolgen.

Die Landesregierung weigert sich seit Jahren, einen Generalverkehrsplan vorzulegen, der sich an den finanziellen Mög

lichkeiten orientiert, oder die finanziellen Möglichkeiten am Generalverkehrsplan zu orientieren.

Was ist der Grund für dieses Fehlverhalten? Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen scheuen Konflikte vor Ort, versprechen möglichst vielen Leuten viele Straßen, obwohl sie genau wissen, dass sie diese Versprechen aufgrund der finanziellen Möglichkeiten überhaupt nicht umsetzen können.

Wir fordern nachhaltig und zum wiederholten Mal, klare Prioritäten zu setzen und nur so viele Maßnahmen tatsächlich zu versprechen, wie Sie am Ende finanzieren können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen deshalb – wir stimmen dem ausdrücklich zu –, in den Vordringlichen Bedarf des neuen Generalverkehrsplans nur solche Maßnahmen aufzunehmen, die im Hinblick auf den Planungszeitraum und auf die finanziellen Möglichkeiten, die in diesem Zeitraum zur Verfügung stehen, durchgeführt werden können, und zweitens alle aufzunehmenden Maßnahmen in einem standardisierten Verfahren mit klaren und objektiven Kriterien zu priorisieren, damit auch die Kommunen vor Ort planen können, Planungssicherheit erhalten und wissen: Kommt unsere Umgehungsstraße oder unsere Straßensanierung in zehn Jahren, in 15 Jahren oder erst in 20 Jahren? Das wäre mehr als fair gegenüber den Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinderäten und Kreistagen.

Drittens möchte ich noch kurz auf den Beitrag Nummer 19 – Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung – eingehen. In diesem Beitrag stellt der Rechnungshof fest: Jeder dritte Einkommensteuerbescheid, bei dem Unterhaltszahlungen berücksichtigt wurden, war in diesem Punkt fehlerhaft. Der Steuerausfall im Veranlagungszeitraum 2005 betrug 16 Millionen €, nachzulesen auf Seite 114 der Denkschrift.

Ein wesentlicher Grund für diesen Missstand ist nach Auffassung des Rechnungshofs, dass den Bediensteten die Zeit fehle, alle erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen. Das Finanzministerium erhebt keine Einwände gegen diese Sachverhaltsdarstellung des Rechnungshofs und weist darauf hin, dass die gewünschte Verbesserung der Arbeitsqualität zu einer zeitlichen Mehrbelastung der Beschäftigten führen werde.

Damit reiht sich dieser Beitrag in eine lange Reihe von Beiträgen des Rechnungshofs ein, der immer wieder bemängelt hat, dass im Finanzbereich, in unseren Finanzämtern zu wenig Personal zur Verfügung stehe, um die Steuereinnahmen einzutreiben, die dem Land zustünden und zustehen. Ich erinnere nur an die Beiträge des Rechnungshofs zur Veranlagung, zur Betriebsprüfung und zur Steuerfahndung in den letzten Jahren.

Deshalb appelliere ich auch dieses Mal wieder an die Landesregierung und die Fraktionen von CDU und FDP/DVP: Treffen Sie endlich Maßnahmen, um die Steuerverwaltung im Land wieder zu stärken. Diese Maßnahmen rechnen sich. Sie kosten nichts, sie bringen dem Land Mehreinnahmen und führen außerdem noch zu mehr Steuergerechtigkeit im Land.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Meine Damen und Herren, damit möchte ich zum Ende kommen. Noch einmal herzlichen Dank dem Rechnungshof. Wir sind gespannt auf die nächste Denkschrift, die Denkschrift 2010.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

Für die CDU-Fraktion darf ich jetzt Frau Abg. Lazarus das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Präsident Munding, sehr geehrte Damen und Herren! Obwohl der zeitliche Druck für den Finanzausschuss im Herbst 2009 – noch überlagert durch Maßnahmen zur Bewältigung der Banken- und Wirtschaftskrise – außergewöhnlich hoch war, haben wir es geschafft, die Denkschrift noch vor Jahresende abschließend zu beraten. Der Rechnungshof hat wie alljährlich in einer unerhörten Fleißarbeit die Ausgaben des Landes durchforstet und ist auf 90 Millionen € Einsparpotenzial gestoßen. Dazu gleich einige Bemerkungen.

Herr Präsident Munding hat sich bei der Vorstellung der Denkschrift auch zur allgemeinen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Lage geäußert. Dabei war Ungewohntes zu hören. Sparen sei gut, aber es solle nicht übermäßig erfolgen. In Zeiten schlechter Konjunktur, sogar einer aktuellen Wirtschaftskrise, müsse die wirtschaftliche Entwicklung auch mit Krediten der öffentlichen Hände – von Bund, Ländern und Gemeinden – stabilisiert werden. Das heißt im Klartext, dass die mühsam erreichte Nullnettoneuverschuldung im kommenden Jahr Schnee von gestern sein wird.

Wer es noch nicht begriffen hatte: Dieses Wort des Rechnungshofs zeigt die ganze Dramatik der aktuellen Lage. Neue Schulden seien unerlässlich, Kaputtsparen wäre die falsche Richtung. Der Staat habe eine aktive Rolle zu spielen; nur so sei es zu rechtfertigen, dass der Staat Milliarden für die Rettung von Banken ausgebe.

Im Vergleich dazu erscheinen die 90 Millionen € Einsparvorschläge nicht gewaltig. Und doch ist es im Tagesgeschäft und konkret schwer genug, sie zu realisieren – so schwer, dass der Finanzausschuss nicht in allen Punkten dem Rechnungshof gefolgt ist.

Ein Schwerpunkt der Prüfung lag bei der Bildung, bei Forschung und Kultur, ein anderer lag beim Verkehr.

Die Landesbühnen waren in das Visier des Rechnungshofs geraten, da sie ihrer Aufgabe, die Regionen flächendeckend mit Gastspielen zu versorgen, nach Auffassung des Rechnungshofs nicht gerecht würden. Das Land bezuschusst die drei Bühnen zu immerhin zwei Dritteln, während die rein kommunalen Theater eben nur ein Drittel erhalten. Der Finanzausschuss sieht das im Prinzip durchaus auch so, ist aber der sehr strikten Vorgabe des Rechnungshofs nicht in aller Härte gefolgt. Dennoch wird die Erfüllung den Landestheatern und ihren Standorten einiges abverlangen.

Auch die Befassung mit Museen und Ausstellungen hat Mängel sichtbar gemacht. Sie sollten ihre Organisation verbessern, z. B. Transportkosten optimieren bzw. ihren Betrieb straffen und transparenter machen.