Protocol of the Session on December 10, 2009

Sie können es nachher noch einmal erklären. Ihr vorheriger Beitrag war doch wie immer sinnfrei.

(Heiterkeit des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie verstehen es halt nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie haben gar nichts erklärt. Sie können vielleicht hinterher erläutern, was Sie unter Ihren eigenständigen Antworten verstehen. Eines ist jedenfalls klar: Um das zu machen, sind Schulden notwendig. Das ist das, was Sie uns immer vorwerfen. Sie sagen, die Krise erfordere eigenständige Antworten. Die gibt es: Entlastung der Familien, Entlastung der Mittelschicht, Entlastung der Unternehmen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das ist doch nicht die Mittelschicht!)

Aber dann sagen Sie: Um Gottes willen! Schulden! Schulden darf man nicht machen, nicht wahr? Mit den Schulden, die wir über Jahrzehnte angehäuft haben, haben Sie kein Problem, aber wenn wir jetzt für die Familien, für die Mittelschicht, für die Unternehmen Steuern senken, sagen Sie, das sei eine unsolide Haushaltspolitik, damit schade man den Interessen des Landes Baden-Württemberg.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Aber genau das Gleiche schlagen Sie mit Ihrem „SchmiedelFonds“ und dem, was Sie sonst immer als Krisenreaktion in den Raum stellen, vor.

(Zuruf von der SPD)

Insofern möchte ich schon gern hören, welche eigenständigen Antworten Sie uns entgegenzusetzen haben. Denn wir haben diese eigenständigen Antworten gegeben. Die passen Ihnen zwar nicht – das weiß ich –, aber dennoch haben Sie zumindest heute keine Konzeption von Ihrer Seite aus vorgelegt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Lachen der Abg. Marian- ne Wonnay SPD)

Frau Sitzmann war da schon etwas konkreter. Sie hat von Innovationspolitik geredet,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wo sind die Ver- suche in Baden-Württemberg?)

und sie hat von Elektromobilität geredet.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wo gibt es das in Stuttgart?)

Es ist Ihnen wahrscheinlich nicht entgangen, dass wir das Thema Elektromobilität in erheblichem Umfang aufgegriffen haben.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Marian- ne Wonnay SPD: Jahre zu spät!)

Schauen Sie sich den Haushaltsentwurf einmal daraufhin an, was zum Thema Elektromobilität drinsteht.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sie kommen doch hinterher wie die alte Fasnet!)

Wir werden in diesem Bereich in ganz erheblichem Maß Anstrengungen unternehmen.

Dass das Land Baden-Württemberg nicht innovativ wäre, kann man uns wirklich nicht vorwerfen. Schauen Sie sich einmal an, wie Baden-Württemberg trotz dieser Krise bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung noch immer dasteht. Mit 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts marschiert das Land noch immer an der Spitze, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Reden Sie doch nicht von „weltweit“! Als Heimatforscher von „weltweit“ re- den!)

Sie können dann wirklich nicht behaupten, wir hätten nicht verstanden, dass die Innovationspolitik eine wesentliche Voraussetzung für das ist, was Herr Schmiedel vielleicht als eigenständige Antwort hätte formulieren wollen. Denn diese Innovationspolitik, die in Baden-Württemberg in vielen Bereichen beispielgebend ist, ist ein wesentlicher Bestandteil dessen, was wir tun, um dieser Krise zu begegnen.

Weiteres in der zweiten Runde.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Baden-Württemberg ist groß und stark geworden durch eine starke Industriepolitik, die in diesem Land über Jahrzehnte erfolgreich betrieben worden ist. Dadurch konnten Arbeitsplätze geschaffen und bestehende Arbeitsplätze gesichert werden. Dies muss auch in der Zukunft so bleiben.

Deshalb bin natürlich auch ich froh, dass es gelungen ist, eine Arbeitsplatzgarantie für alle Beschäftigten bei Daimler in Sindelfingen zu erreichen. Meine Damen und Herren, dieser Erfolg hat viele Väter.

Ich sage Ihnen: Die Aufgabenteilung zwischen Wirtschaft und Politik ist eigentlich klar. Wenn ein Unternehmen eine unternehmerische Entscheidung trifft und glaubt, diese auch begründen zu können, dann ist dies eine unternehmerische Entscheidung, bei der sich die Politik zunächst einmal zurückzuhalten hat. Anders ist es, wenn diese unternehmerische Entscheidung dazu führen kann, dass Arbeitsplätze in großem Umfang gefährdet werden. Dann muss sich die Politik zu Wort melden,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Genau!)

ohne Frage.

Genau dies hat die Landesregierung getan, und sie hat es zum richtigen Zeitpunkt, mit dem richtigen Ton und vor allem so angelegt getan, dass am Schluss nicht nur Getöse und Geschrei stehen, sondern Erfolg zu verzeichnen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP: Bravo!)

Unterm Strich wurde erreicht, dass diese Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020 gehalten werden.

Ich sage Ihnen aber auch, meine Damen und Herren: Dies genügt mir nicht. Wir befinden uns in einem unglaublichen globalen volkswirtschaftlichen Wandel. Niemand ist in der Lage, seine Hand dafür ins Feuer zu legen, dass die Arbeitsplätze, die wir heute in diesen Industriebranchen und in den industrienahen Branchen haben, automatisch auch in zehn oder 20 Jahren noch vorhanden sein können.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: So ist es!)

Wir haben im Augenblick die Situation, dass die baden-würt tembergische Wirtschaft eine ganz ordentliche Delle abbekommen hat. Wenn man sich überlegt, woran es liegt, dass das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg im ersten Halbjahr 2009 um sage und schreibe 10 % zurückgegangen ist und auf das ganze Jahr 2009 gerechnet um etwa 7 % zurückgehen wird – im Bundesdurchschnitt beträgt der Rückgang etwa 5 bis 6 %; der Rückgang bei uns ist auf jeden Fall überdurchschnittlich hoch –, dann wird klar: Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Baden-Württemberg sehr stark exportorientiert ist und eine starke Industrieorientierung hat.

Daraus darf man jetzt aber nicht die falschen Schlüsse ziehen. Man darf daraus nicht etwa den Schluss ziehen, dass wir auf diese Industriearbeitsplätze, auf diese industriellen Kerne im Maschinenbau, im Automotivebereich, bei der Elektrotechnik

und wo auch immer, verzichten sollten. Das wäre das Dümms te, was wir tun könnten.

(Zurufe von der SPD)

Wir müssen uns aber überlegen, wie wir diese Industrien, gewissermaßen diese Industrien der Vergangenheit, hinüber in die Neuzeit bringen können, und die dazu notwendigen Maßnahmen treffen.

Ich glaube, dass die Ausgangsvoraussetzungen dafür überhaupt nicht schlecht sind. Prognos lässt uns in diesen Wochen wissen – Sie haben es gelesen –, dass in Baden-Württemberg die besten Wachstumschancen in Europa vorhanden sind. Ich wiederhole: dass hier die besten Wachstumschancen in Europa vorhanden sind.

Die dieser Tage veröffentlichte Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft weist darauf hin, dass Bayern und Baden-Württemberg europaweit die Länder sind, die sowohl von der Wirtschaftskraft als auch von der Innovationskraft her an der Spitze stehen.

Meine Damen und Herren, das hören wir gern, und wir haben dafür auch gearbeitet. Nur: Es sind natürlich Prognosen für die Zukunft, und Prognosen allein reichen nicht aus. Vielmehr müssen wir die Dinge jetzt schon konkret auf den Weg bringen, um den Übergang in diesem Globalisierungsprozess auch tatsächlich zu schaffen.

(Zuruf von der SPD: Welche? Sagen Sie das ein- mal!)

Darum geht es. – Ich werde gleich darauf zurückkommen.

Es geht also nicht nur um das Sichern von Arbeitsplätzen – ich bin froh, dass dies bei Daimler gelungen ist –, sondern es geht auch um das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen. Wie kann dies gelingen?

Es ist aus meiner Sicht kein Zufall, dass vor zwei Tagen der IT-Gipfel in Stuttgart stattgefunden hat und in der letzten Woche fünf Tage lang der Kreativ-Wirtschaftsgipfel in Ludwigsburg mit mehr als 2 000 Gästen aus der ganzen Welt stattgefunden hat. Baden-Württemberg ist der Standort, der dafür geeignet ist, dass neue Wertschöpfungspotenziale ausgeschöpft werden können, z. B. im IT-Bereich. Das hat dieser Gipfel eindeutig gezeigt.

Warum ist der IT-Bereich für Deutschland, für Baden-Würt temberg so wichtig? Er ist deshalb wichtig, weil er in der Zwischenzeit eine Querschnittstechnologie geworden ist. Er ist nicht eine Branche per se, sondern eine Querschnittstechnologie. Es wird kein Auto der Zukunft ohne modernste Anwendungen aus der IT-Branche geben. Das gilt für den Maschinenbau und für viele andere Branchen auch.

Auf dem Gipfel in Stuttgart ist deutlich geworden, dass 40 % aller Innovationen, 40 % aller Produktivitätsfortschritte dem IT-Bereich geschuldet sind. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es ist auch deutlich geworden, dass der IT-Bereich Arbeitsplätze, die in den nächsten Jahren möglicherweise wegfallen, in vollem Umfang kompensieren oder überkompensieren kann. Das ist ein konkretes Beispiel dafür, dass wir auf diese neuen Technologien setzen müssen.

Der Kreativ-Gipfel hat z. B. gezeigt, dass innerhalb kurzer Zeit in Baden-Württemberg 160 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen worden sind. Das ist ein Umsatzvolumen von rund 20 Milliarden €. Inzwischen entfällt auf die Kreativwirtschaft ein Anteil von rund 6 % am Bruttoinlandsprodukt. Übrigens ist das in keinem anderen Land so ausgeprägt wie in Baden-Württemberg. Das ist ein zweites Beispiel.

Ich nenne diese Beispiele nur, um Ihnen deutlich zu machen: Sichern ist gut, aber neue Arbeitsplätze zu schaffen ist noch besser. Das Land Baden-Württemberg hat hier notwendige Maßnahmen ergriffen.